Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz, Kaufvertrag, Schadensersatzanspruch, Marke, Pflichtverletzung, AGB, Aufhebung, Anzahlung, Anspruch, Anlage, Bekanntgabe, Umfang, Klage, Zinsen, pauschalierter Schadensersatz

Aktenzeichen  14 HK O 18917/19

Datum:
13.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 57844
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger € 89.985,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.11.2019 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweiligen Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich im vollen Umfang als begründet.
1. Der Klägerin steht jedenfalls aus abgetretenen Recht der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung bez. des Kaufvertrages der zehn Kfz zu.
Die Zahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag ist erloschen, da die Parteien sich geeinigt hatten, den Kaufvertrag aufzuheben. Dies ergibt sich insbesondere aus der Mail der Beklagtengeschäftsführerin vom 28.04.2016, wonach die Beklagtenseite darlegte, dass eine schriftliche Bestätigung der Stornierung notwendig sei, die ihr nachgereicht worden war.
2. Der Beklagten stehen auch keine Ansprüche auf Schadensersatz wegen Aufhebung dieses Kaufvertrages zu.
a) Ein Anspruch auf Schadensersatz steht er Beklagten schon deshalb nicht zu, da es insoweit an einer Pflichtverletzung der Klägerseite fehlt. Die Beklagte hat vielmehr dem Aufhebungsbegehren der Klägerseite zugestimmt, so dass eine vertragliche Einigung über die Aufhebung des Kaufvertrages zu Stande gekommen ist.
Insoweit spielt auch keine Rolle, inwieweit zum damaligen Zeitpunkt bereits die Käuferin tatsächlich ein Rücktrittsrecht gehabt hätte wegen eines angeblichen Fehlverhaltens der Beklagten, weil diese Fahrzeugidentifizierungsnummern nicht rechtzeitig an die Klägerseite weitergegeben habe.
b) Selbst wenn man jedoch eine Einigung über die Aufhebung des Kaufvertrages verneint (weil beispielsweise die Beklagtenseite der Ansicht gewesen wäre, dass ein weiteres Festhalten angesichts einer von der Beklagten angenommenen Pflichtverletzung der Klägerseite sinnlos wäre) steht auch bei unterstellter Pflichtverletzung der Klägerseite der Beklagten ein Schadensersatzanspruch nicht zu.
Die Beklagte hat insoweit keinerlei Schaden schlüssig darlegen können.
aa) Der Beklagten stehen keine pauschalierten Schadensersatzansprüche aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie in Anlage B1 formuliert sind, zu. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen beginnen in der Auftragsbestätigung Anlage B 1 auf Seite fünf und handeln von „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Vermittlungsveträge“.
Diese sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da zwischen den Parteien ein Kaufvertrag und kein Vermittlungsvertrag abgeschossen worden war. Daß eine Einigung über die Kaufvertragsaufhebung zustande gekommen ist, zeigt auch die Mail der Beklagtengeschäftsführerin vom 09.05.2016 (vgl. Anlagenkonvolut K10), wonach die Beklagte für den Fall einer Kaufvertragsaufhebung 15 Prozent der Anzahlung als Kompensationszahlung zurückbehalten wolle, nicht jedoch 15 Prozent des Kaufpreises wie es im Prozess hier nunmehr geltend machte.
Dass eine Einigung über die Kaufvertragsaufhebung zustande gekommen ist, zeigt auch die Mail der Beklagtengeschäftsführerin vom 09.05.2016 (vgl. Anlagenkonvolut K10), wonach die Beklagte für den Fall einer Kaufvertragsaufhebung 15 Prozent der Anzahlung als Kompensationszahlung zurückbehalten wolle nicht jedoch 15 Prozent des Kaufpreises wie es in dem Prozess hier geltend machte.
Aus diesem Grund ist eine pauschalisierte Schadensersatzvepflichtung nach § 5 Ziffer 2 gem. Anlage B1 Seite 6 ausgeschlossen.
Soweit die Beklagtenseite hinsichtlich der AGB geltend macht, dass ab Seite acht vereinbart gewesen seien die „Allgemeinen Geschäftsbedienungen (sig) für Kaufverträge“ und sich die Beklagte dementsprechend dort auf den pauschalisierten Schadenssatz nach Ziffer V 3 stützt, kann ihr nicht gefolgt werden. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kaufverträge sind schon nicht Vertragsbestandteile geworden; ein Vertragspartner braucht auch im kaufmännischen Verkehr nicht damit zu rechnen, wenn hinter allgemeinen Geschäftsbedingungen, die als erstes genannt und auch so einpaginiert sind, plötzlich weitere allgemeine Geschäftsbedingungen für Kaufverträge folgen, die dann ab Seite acht einpaginiert wurden in das Vertragswerk.
Hinzu kommt, dass die von der Beklagten herangezogene Klausel (V 3 auf Seite 10 des Vertragswerks Anlage B1) auch vom Tatbestand her nicht passt. Ein pauschalisierter Schadensersatz wird dort vereinbart „im Falle der Nichtabnahme“. Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor; ein Schadensersatz wäre nur denkbar, wenn eine kaufvertragliche Verpflichtung zur Abnahme – wie beispielsweise in § 433 II BGB postuliert – noch besteht. Eine solche Verpflichtung war jedoch im Folge der gemeinsamen Aufhebung des Kaufvertrages weggefallen, weshalb eine Nichtabnahme im Sinne des Tatbestands dieser Klausel gar nicht vorliegt.
Zwar wäre auch denkbar, den Rechtsbegriff „Nichtabnahme“ weit auszulegen. Dies würde jedoch dem Trangsparenzgebot bei allgemeinen Geschäftsbedingungen zuwiderlaufen, im vorliegenden Fall um so mehr, als die „Nichtabnahme“ mitsamt der dort postulierten Rechtsfolge des pauschalisierten Schadensersatz in gar nicht mehr erwartbaren weiteren allgemeinen Geschäftsbedingungen auftaucht.
3. Einen konkreten Schaden hat die Beklagte ebenfalls nicht dargelegt.
a) Auch hier gälte zunächst einmal, dass eine Schadensersatzverpflichtung der Käuferseite überhaupt existent sein muss, was angesichts der vertraglichen Aufhebung des Kaufvertrags nicht in Betracht kommt.
b) Darüber hinaus hat die Beklagte auch im nachgelassenen Schriftsatz nicht dargetan, worin ihr Schaden bestehen soll. Die Beklagte behauptete einen Notverkauf der 10 Fahrzeuge an eine Firma Dalian zu einem deutlich niederen Kaufpreis. Die Beklagte blieb jedoch jegliche weiteren Daten schuldig, insbesondere wer wann auf Grund welchen Vertrages mit welchen Regelungen mit der angeblichen Käuferin Dalian geschlossen habe.
Vorgelegt wurde lediglich ein „beispielhafter Kaufvertrag“ mit Intercar (auszugsweise) in der Anlage B3, wobei es sich bei der Firma … nach Darstellung der Beklagten um ihren Lieferanten gehandelt haben soll. Irgendwelche näheren Daten oder Urkundsvorlagen bezüglich des Weiterverkaufs an die Firma … wurden unterlassen.
Insoweit spielt es auch keine Rolle mehr, dass die vorgelegten Anlagen B3 bis B5 im wesentlichen in polnischer Sprache und unübersetzt vorgelegt wurden.
Kosten vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 91, 709 ZPO

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