Aktenzeichen 23 O 2723/15
BGB § 286, § 288, § 289, § 320, § 388 S. 1, § 641 Abs. 2 Nr. 1, § 648a, § 823 Abs. 2
ZPO § 92, § 100 Abs. 2 u. Abs. 3, § 285, § 355, § 709
VOB/B § 16 Abs. 3 Nr. 1
StPO § 170 Abs. 2
HGB § 328 Abs. 1 S. 3
StGB § 17
InsO § 178 Abs. 3
BauFordSichG § 1
Leitsatz
Nach dem Gesetz ist nicht vorgesehen, dass Baugeld auf ein Treuhandkonto einbezahlt und dort vor dem Zugriff von Gläubigern gesichert oder in der Insolvenz besonders geschützt werden muss, vgl. BGH IX ZR 220/11, so dass es Sache des Baugeldempfängers ist, ob und wie er sicherstellen will, dass das Baugeld (nur) seiner Zweckbestimmung zugeführt wird. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 1.335.229,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB aus 10.000,00 € ab dem 04.11.2015 und aus 1.325.229,70 € ab dem 31.12.2016 Zugum-Zug gegen Abtretung in gleicher Höhe der aus dem beim Amtsgericht Landshut unter der Geschäftsummer IN 473/13 laufenden Insolvenzverfahren resultierenden und festgestellten Insolvenzforderung, zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin 22%. Der Beklagte zu 1) trägt seine außergerichtlichen Kosten im Übrigen selbst. Von den bis zum 23.06.2017 angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und den Gerichtskosten trägt der Beklagte zu 1) 39%, die Klägerin trägt von diesen Kosten 61%. Von den nach dem 23.06.2017 angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und den Gerichtskosten trägt der Beklagte zu 1) 78%, die Klägerin 22%. Die Klägerin trägt von den Kosten der Streithelfer 22%.
Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 1.725.299,72 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage war zum überwiegenden Teil begründet. Die Klagepartei musste sich allerdings Abzüge in der Schadenshöhe wegen nicht behobener Mängeln am Bauwerk gefallen lassen. Auch hinsichtlich der Zinsen war die Klage nur in Höhe der Prozesszinsen begründet.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klagepartei bilden §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 1 Abs. 1 B.. Der Beklagte als (ehemaliger) Finanzvorstand der A. ist persönlich schadensersatzpflichtig, wenn er vorsätzlich Baugeld i.S.d. § 1 B. zweckwidrig verwendet hat und deshalb eine der Klägerin als Bauunternehmerin zustehende Werklohnforderung nicht erfüllt wird, vgl. BGH VI ZR 92/16, NZBau 2018, 601.
I. 1. § 1 Abs. 1 B. ist Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Forderungen der Klagepartei sämtlich dem Schutzbereich des § 1 B. unterfallen, denn ihnen liegen Leistungen der Klagepartei für den Bau der H. zugrunde. Es ist zwischen den Parteien auch unstreitig, dass die Zahlungen des Staates Aserbaidschan Baugeld i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 2 B. sind. Nach dem unstreitigen Sachvortrag steht auch fest, dass es zur Insolvenzeröffnung kam und das Baugeld – jedenfalls separiert – nicht mehr vorhanden war bei Insolvenzeröffnung. Es wäre nun Sache des Beklagten, die anderweitige ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes für das streitgegenständliche Bauvorhaben nachzuweisen, OLG Jena, Urteil vom 19.02.2009, Az. 1 U 972/07, BGH VII ZR 270/86, NJW 1988, 263, BGH VII ZR 305/99, NZBau 2002, 392. Dazu ist kein Vortrag von Seiten des Beklagten erfolgt. Aus den Kontounterlagen, die die Klagepartei vorgelegt hat, ergibt sich, dass nach dem Eingang des Baugeldes auf dem Konto der A. von diesem Konto aus Zahlungen geleistet wurden, die nichts mit dem Bauvorhaben zu tun hatten.
2. Dabei ist es – entgegen der Auffassung der Klagepartei – nicht bereits entscheidend, dass er das aus Aserbaidschan eingehende Baugeld nicht auf einem Treuhandkonto separiert habe. Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen, dass Baugeld auf ein Treuhandkonto einbezahlt und dort vor dem Zugriff von Gläubigern gesichert oder in der Insolvenz besonders geschützt werden muss, vgl. BGH IX ZR 220/11. Es ist also Sache des Baugeldempfängers, ob und wie er sicherstellen will, dass das Baugeld (nur) seiner Zweckbestimmung zugeführt wird.
3. Der Beklagte verteidigt sich gegen den Anspruch der Klagepartei weiter damit, sämtliche gestellten und fälligen Forderungen der Klägerin seien doch stets bezahlt worden, es habe nichts Offenes mehr gegeben. Diese habe also keinen Schaden erlitten und hat sich hierzu auf das Zeugnis des Zeugen R. S. berufen.
Der als Zeuge vernommene ehemalige Mitarbeiter der A. R. S. war im Jahre 2012 Leiter der Finanzabteilung der A.. Der Zeuge berichtete, das Geld aus Aserbaidschan sei auf das Hauptkonto gegangen. Auf die Frage, warum das Geld nicht komplett auf dem B.-Konto lag, „so war die entweder ursprüngliche oder spätere Abverfügung auf das Hauptkonto wohl aus geldpolitischen Gründen so gemacht worden.“ Der Zeuge war sich ursprünglich nicht mehr sicher, ob das Geld direkt auf das Hauptkonto ging oder ob es zunächst auf das Baukonto floss und dann erst auf das Hauptkonto überwiesen wurde. Auf Vorhalt der Kontoauszüge bestätigte der Zeuge aber, dass Aserbaidschan direkt auf das Hauptkonto zahlte. Der Zeuge führte weiter aus „Österreich hat uns immer wieder Geld zur Verfügung gestellt, damit wir unsere fälligen Leistungen bezahlen konnten.“ Der Zeuge war sich im übrigen aber sicher, dass sämtliche ihm zur Zahlung vorliegenden Rechnungen über B. auch bezahlt worden waren.
Allerdings ist daraus nicht zu schließen, dass der Klägerin materiell keine Ansprüche mehr zustanden. Der Zeuge und auch die Beklagten J. und V. beschrieben das Procedere, das üblich war, bis eine Rechnung in der Finanzabteilung zur Anweisung kam. Dass die Prüfung in den vorbefassten Stellen nicht zu dem Ergebnis führte, dass eine Rechnung freigegeben werden konnte, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass der Klägerin die Bezahlung der Rechnung nicht doch zugestanden hätte. Allein deshalb, weil in der Finanzabteilung nichts zur Überweisung abgerufen wurden, war die Klage also nicht abzuweisen.
4. Der Beklagte behauptet weiter, es sei zum Zeitpunkt seines Ausscheidens im September auf einem Konto der A. mehr als die – berechtigen – Forderung als Guthaben vorhanden gewesen. Auch dieser Einwand kann dem Klageabweisungantrag allerdings nicht zum Erfolg verhelfen. Es mag zutreffend sein, dass beim Ausscheiden des Beklagten noch ausreichende Guthaben auf dem Konto der A. vorhanden waren, auch dass später noch weitere Gelder des Bauherrn auf das Geschäftskonto der A. geflossen sind, die die noch offenen Forderungen der Klagepartei überstiegen haben. Das würde den Beklagten allerdings nur dann entlasten, wenn er zuvor dafür gesorgt hätte, dass das Baugeld ausschließlich für das Bauvorhaben in B. verwendet wird. Dass es nachträglich noch möglich gewesen wäre, bei der Klägerin keinen konkreten Schaden eintreten zu lassen – weil die noch zu erwartenden Mittel höher als die Forderung der Klagepartei waren und die Amtsnachfolger diese Rechnungen bezahlen – lässt den Verstoß gegen das B. in objektiver Hinsicht nicht entfallen. Nachdem der Beklagte keinen Schädigungsvorsatz zu haben braucht, um den Tatbestand zu erfüllen (s.u.) ist es ohne rechtliche Bedeutung, wenn er sich über den Eintritt eines konkreten Schadens bei der Klägerin keine Gedanken gemacht oder diesen für nicht wahrscheinlich oder für ausgeschlossen gehalten hat.
5. Der Beklagte ist im September 2012 aus dem Vorstand ausgeschieden. Die Abschlagsrechnungen der Klägerin datieren, bis auf die Rechnung vom 29.11.2012, sämtlich aus der Zeit, als der Beklagte noch Finanzvorstand der A. war. Es war auch im Verantwortungsbereich des Beklagten als Finanzvorstand der A., die Verwendung der Gelder zu organisieren. Der Beklagte hätte dafür Sorge tragen müssen, dass auch für die Werklohnforderungen der Baubeteiligten, die nach seinem Ausscheiden fällig werden – etwa weil der Werkunternehmer noch Mängel beseitigen muss oder weil noch Rechnungen geprüft werden müssen – noch das bereits empfangene Baugeld zur Befriedigung vorhanden ist. Es ist richtig, wenn die Klagepartei vorträgt, eine aktuell fällig Forderung des Subunternehmers sei nicht Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestands des Verstoßes gegen § 1 B.. Insoweit wird auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Klagepartei ausdrücklich Bezug genommen. Entscheidend ist nämlich, dass das Baugeld anderweitig und damit missbräuchlich verwendet wird mit der Folge, dass die Bauleistungen später nicht mehr aus dem Baugeld bezahlt werden könnten.
6. Der Verstoß gegen das B. führt nur dann zum Schadensersatz, wenn er vorsätzlich begangen wurde, BGH VI ZR 47/80, NJW 1982, 1037. Ist der Empfänger des Baugeldes eine juristische Person, dann haftet im Falle seines Verschuldens auch ihr gesetzlicher Vertreter.
Ohne den Rückgriff auf die konkret verfügungsbefugte natürliche Person wäre die Schutzfunktion der Vorschrift in Frage gestellt. Dabei ist es allerdings für den Vorsatz ausreichend, dass die Entfremdung von Baugeld vorsätzlich erfolgt ist, auf die Billigung eines Schadenserfolges – und damit auf die Hoffnung, es werde kein Schaden eintreten – kommt es nicht an, siehe BGH a.a.O.
Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass er die Eigenschaft als Baugeld kannte, auch nicht, dass er selbst maßgeblich Verantwortlicher war. Er verteidigt sich lediglich damit, dass er davon ausgegangen sei, die Vorschriften des B. einzuhalten im Hinblick auf die projektbezogenen Kostenrechnung, die bei der A. geführt worden sei. Damit berühmt sich der Beklagte nicht eines Tatbestands-, sondern eines Rechtsirrtums, vgl. BGH VI ZR 230/ 89, NJW-RR 1991, 141.
Im Zivilrecht gilt grundsätzlich die sogenannte Vorsatztheorie, wonach zum Vorsatz auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört, so dass bei einem Verbotsirrtum eine Haftung entfällt. Handelt es sich allerdings um ein Schutzgesetz aus dem Strafbereich, wo der Verbotsirrtum nur entlastet, wenn er unvermeidbar war (§§ 17 StGB, 11 Abs. 2 OWiG, Schuldtheorie), so gilt das auch im Anwendungsbereich des § 823 II BGB. § 2 B. ist in Zusammenhang mit § 1 B. zu sehen, also ein Schutzgesetz aus dem Strafbereich. Mithin kann sich der Beklagte nur dann auf fehlende Schuld berufen, wenn der Irrtum über die Anforderungen an das B. für ihn unvermeidbar war, vgl. BGH VII ZR 92/16, NJW 2018, 2115.
Es ist für jemanden, der noch dazu in einer so herausgehobenen Position wie der Beklagte tätig war, schwer vorstellbar, dass ein Irrtum über das Bestehen eines Schutzgesetzes unvermeidbar ist, soweit dieses für seinen Arbeitsbereich erlassen wurde. Jeder ist nämlich im Rahmen seines Wirkungskreises verpflichtet, sich über das Bestehen von Schutzgesetzen zu unterrichten. Der Beklagte bestreitet auch nicht, dass er Kenntnis von diesem Schutzgesetz und seinem wesentlichen Inhalt hatte. Ein Irrtum ist nur dann unvermeidbar, wenn der Täter trotz der ihn nach den Umständen des Falles seiner Persönlichkeit sowie seinem Lebens- und Berufskreis zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Handelns nicht zu gewinnen vermochte. Das setzt voraus, dass er alle seine geistigen Kenntniskräfte eingesetzt und etwa auftauchende Zweifel durch Nachdenken und erforderlichenfalls durch Rat beseitigt hat. Hätte der Täter bei gehöriger Anspannung seines Gewissens das Unrechtmäßige seines Tuns erkennen können, so ist sein Verbotsirrtum verschuldet. Dabei sind an den Täter höhere Anforderungen zu stellen als hinsichtlich der Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei den Fahrlässigkeitsdelikten.
Hätte der Beklagte diese Sorgfalt angewendet, dann hätte er erkennen können, dass nicht die Dokumentation der Verwendung, sondern die Verwendung selbst das Gebot des § 1 B. war. Damit ist seiner Argumentation, er habe einer Bescheinigung der Wirtschaftsprüfer vertrauen dürfen, der Boden entzogen.
Es kann den Beklagten insoweit auch nicht entlasten, dass die Staatsanwaltschaft Landshut das Verfahren gegen ihn gem. § 170 II StPO eingestellt hat. Die Staatsanwaltschaft Landshut hat die Einstellungsverfügung auf die schriftlichen Dokumente der Wirtschaftsprüfer gestützt, diese aber nicht selbst vernommen und aus Sicht der Kammer den Text der Bescheinigung damit fehlinterpretiert.
Vorliegend ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Formulierung in dem Schreiben der D. vom 12.12.2011 (B 1 -42) die Interpretation zu lassen würde, die A. habe den gesetzlichen Verpflichtungen des B. „durch die Dokumentation anhand einer projektbezogenen Kostenrechnung“ genügt.
Die durchgeführte Beweisaufnahme hat aber ergeben, dass das Schreiben gerade nicht die tatsächliche Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen bestätigen sollte, sondern nur das Vorliegen einer geeigneten Dokumentation. Vor dem Hintergrund der Erstellung des Schreibens wird auch deutlich, dass der Beklagte dies hätte erkennen können. Der Geltungsanspruch des Rechtes erfordert daher, dass der Verpflichtete das Risiko seines Irrtums über die Rechtslage selbst trägt.
Die uneidliche Einvernahme der Zeugen F. K. und M. N. im Termin vom 14.12.2017 lieferte Aufklärung zu dem Hintergrund, der zur Erstellung der Schreiben führte, auf die sowohl die Staatsanwaltschaft Landshut ihre Einstellungverfügung gestützt hat als auch auf die der Beklagte sich bezieht, wenn er meint, er hafte nicht für den Verstoß. Hier handelt es sich um die Schreiben vom 12.12.2011 (Anlage B 1-42) und 10.08.2012 (Anlage B 4).
Der Zeuge N., der konkret mit der Abschlussprüfung bei der A. beschäftigt war, erklärte im Termin vom 14.12.2017 (Bl. 460 d.A.), dass nach dem Update des Bauforderungssicherungsgesetzes im Jahre 2009 die Diskussion aufgekommen sei, wie dieses im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zu berücksichtigen sei. Hierzu habe es ein Protokoll des Immobilienwirtschaftlichen Fachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) gegeben. An der Auskunft der IDW orientiert, seien fehlende Treuhandkonten bei Vorliegen einer projektbezogenen Kostenrechnung für einen Abschlussprüfer kein Indiz für einen Verstoß gegen das Bauforderungssicherungsgesetz, so dass kein Vermerk im Abschlussbericht erforderlich wird. Er sei sich zu 99,9% sicher, dass der Beklagte V. mit einem Rundschreiben des Bau- und Industrieverbands auf die Abschlussprüfer zugekommen war, das auf dieses Protokoll des Immobilienwirtschaftlichen Fachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer Bezug nimmt und eine entsprechende Stellungnahme für die A. haben wollte. Gegenstand der beauftragen Abschlussprüfung sei nicht die Einhaltung des B. gewesen, sondern die Einhaltung von Rechnungslegungsvorschriften. Gemäß § 328 Abs. 1 S. 3 HGB sei man in diesem Rahmen verpflichtet gewesen, Tatsachen, die Verstöße erkennen lassen, im Prüfbericht festzuhalten. In Bezug auf das B. war die projektbezogene Kostenrechnung erforderlich, wenn es keine Treuhandkonten gab. Der Zeuge führte dazu aus: „Diese ist für die zuständigen Organe des Unternehmens ausreichend, um die Baugeldverwendung zu monitoren“. Wenn die projektbezogene Kostenrechnung vorlag, gab es für die Prüfer keine Notwendigkeit im Abschlussprüfbericht zu vermerken, dass sie einen Verstoß erkennen konnten. Für den Fall, dass man weder Treuhandkonten noch eine projektbezogene Kostenrechnung gefunden hätte, dann hätte es einen entsprechenden Bericht gegeben (“Ein entsprechender Hinweis bzw. ein entsprechender Bericht wäre erfolgt, wenn weder Treuhandkonten vorhanden gewesen wären, noch eine projektbezogene Kostenrechnung.“).
Dieser Hintergrund der Stellungnahme vom 12.12.2011 wurde auch vom Zeugen K. bestätigt. Weiter gab dieser an, dass die Intention der Schreiben trotz der unterschiedlichen Formulierung dieselbe war und verwies dabei darauf, dass in allen Schreiben jeweils auf die Einschätzung des Immobilienwirtschaftlichen Fachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer Bezug genommen wird.
Die protokollierten Angaben der Zeugen waren für das Gericht auch glaubhaft. Diese waren in sich schlüssig und gut nachvollziehbar. Auch waren die Angaben der Zeugen jeweils für sich genommen, aber auch zueinander widerspruchsfrei.
Eine juristische Bewertung, ob die Voraussetzung des B. eingehalten werden, haben die Zeugen nicht vorgenommen. Mit der projektbezogenen Kostenrechnung hatte der Vorstand der A. lediglich ein grundsätzlich passendes Monitoring-Instrument zur Hand um überhaupt festzustellen, welche Gelder in welches Bauvorhaben flossen und die Verwendung des Baugeldes entsprechend zu steuern. Die bloße Tatsache, dass die Verwendung des Baugeldes dokumentiert wird, sagt nichts dazu aus, ob dieses Baugeld auch „richtig“ verwendet wird. Gerade die richtige Verwendung ist aber mit Strafe bewehrt, nicht die Dokumentation oder deren Fehlen, dass das Baugeld anderweitig verwendet worden ist. Der Hintergrund der Anfrage war auch nicht, die Verwendung des Baugeldes überprüfen zu lassen, sondern einen entsprechenden Vermerk im Abschlussbericht zu vermeiden. Anders als die Staatsanwaltschaft Landshut in ihrer Einstellungsverfügung B1-38 vom 21.05.2014 ist die Kammer also nicht der Meinung, dass sich der Beklagte V. hier entlasten kann. Den Rat, den ihm Wirtschaftsprüfer – keine Juristen – gegeben haben, war vor einem völlig anderen Hintergrund. Die Kostenrechnung stellte nur sicher, dass die Verwendung des Baugeldes überhaupt überprüft werden konnte. Sie ersetzte aber nicht die Überprüfung der Baugeldverwendung, geschweige denn die richtige Steuerung der Zahlungsströme an diejenigen, die tatsächlich Leistungen erbrachten.
Ausgehend von den Grundsätzen, die der BGH in seiner Entscheidung VI ZR 163/17 vom 10.07.2018 (ZIP 2018, 1678 f.) aufgestellt hat, kommt die Kammer zum Ergebnis, dass sich der Beklagte nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen kann.
II. 1. Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist es allerdings für die Höhe des Schadensersatzanspruchs entscheidend, wann ihre Forderungen fällig geworden sind. Forderungen, die erst nach der Insolvenzeröffnung fällig wurden, wären auch nicht aus dem Baugeld zu befriedigen gewesen, wenn dieses zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch auf den (allgemeinen) Konten der A. vorhanden gewesen wäre. In der Insolvenz selbst fällt auch das Baugeld in die Insolvenzmasse, siehe BGH IX ZR 220/11, Beschluss vom 26.04.2013, NJW 2013, 2514, OLG Brandenburg, 16.11.2014, 4 U 202/10, NZBau 2012, 166, OLG Stuttgart, 10 U 25/13, 24.06.2014, Beck RS 2015,0584. In diesem Fall hätte die Klägerin einen Schaden nur insoweit erlitten, als sich die Insolvenzmasse nicht entsprechend erhöhte, weil das für sie gedachte Geld dort nicht mehr vorhanden war. Der Klägerin würde dann die Insolvenzquote an einer höheren als der tatsächlich vorhandenen Masse zustehen, hier also als Insolvenzquote geschätzte 5% gem. Aussage des Zeugen M.A.K., Bl. 426 d.A. – an einem um ihre ausgefallene Forderungen erhöhten Vermögen der Insolvenzschuldnerin.
Das bedeutet, dass sich der Schaden der Klägerin danach bestimmt, was sie zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung tatsächlich von der A. verlangen konnte. Waren Forderungen der Klägerin noch nicht fällig, standen der A. Zurückbehaltungsrecht zu – etwa wegen noch nicht beseitigter Mängel – oder hatte die A. zu diesem Zeitpunkt bereits wirksam mit eigenen Ansprüchen (Schadensersatz, Minderung oder Selbstvornahmekosten) aufgerechnet, reduziert sich der ersatzfähige Schaden der Klägerin und damit deren Anspruch in dieser Höhe.
Ein Baugeldgläubiger hat nämlich auch dann keinen Schaden erlitten, wenn eine pflichtgemäße Zahlung insolvenzrechtlich anfechtbar gewesen wäre, vgl. BGH IX ZR 220/11 a.a.O, weil die Klägerin mit der vollständigen Bezahlung des Werklohnes eine Befriedigung erlangte, die sie nicht zu beanspruchen hatte, § 131 InsO.
2. Der Beklagte hat sich – grundsätzlich erheblich – damit verteidigt, die gesamte Forderung der Klägerin sei noch nicht fällig gewesen, ganz unabhängig von Aufrechungen und Zurückbehaltungsrechten. Das trifft jedoch nicht zu.
a) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die A. ihrerseits vom Auftraggeber bis zur Insolvenzeröffnung den gesamten vertraglich vereinbarten Werklohn vom 135.307.489,00 € gem. K 19 ausbezahlt erhalten hat. Der Beklagte wendet hier zwar ein, der Bauherr habe ja die Bürgschaft gezogen, so dass man nicht davon ausgehen könne, es sei der gesamte Werklohn geflossen. Tatsächlich hat Aserbaidschan am 13.08.2013 von der Bürgin H. die Bezahlung von zunächst gut 2.800.000,00 € verlangt, sich nach späteren Verhandlungen aber mit einem geringeren Betrag zufrieden gegeben. Die Tatsache, dass hier eine Bürgschaft gestellt worden war, hat keinen Einfluss auf die Zuordnung der Zahlungen für das Bauvorhaben. Mit der Stellung einer Bürgschaft wurde nur eine Sicherheit geleistet. Die Zahlungen an die A. erfolgten vollständig auf das Bauvorhaben und zu dessen Vergütung, es gab keine Zahlungen etwa nur unter Vorbehalt. Auch wurde die Bürgin erst nach dem Insolvenzantrag in Anspruch genommen, so dass dieser Aspekt für das Geschehen vor der Antragstellung nicht in den Blick genommen werden muss.
Unter der Geltung des § 641 Abs. 2 Nr. 1 BGB (“Durchgriffsfälligkeit“) war der Werklohn, den die Klägerin verlangen konnte, somit grundsätzlich ebenfalls fällig. Es soll demjenigen, der eine Leistung tatsächlich erbracht hat, seine Vergütung gesichert sein, wenn der Dritte, der das Werk tatsächlich erhält, dem Besteller zur Leistung verpflichtet ist und diese auch bezahlt. Es soll widersprüchliches Verhalten des Hauptunternehmers zu Lasten des Subunternehmers ausgeschlossen werden. Damit entfällt allerdings nicht das grundsätzliche Leistungsverweigerungsrecht des Hauptunternehmers wegen eines Mangels, auch wenn der Besteller wegen des Mangels keine Rechte geltend macht oder geltend machen kann, vgl. BGH, 01.08.2013, VII ZR 75/11, NJW 2013, 3297.
b) Unter der Geltung der VOB/B für den streitgegenständlichen Vertrag war zusätzlich eine Schlussrechnung gefordert, § 16 VOB/B.
Es gab ausweislich der vorgelegten Dokumente eine Vielzahl von Verhandlungen über die Schlussrechnung der Klägerin. Hierzu erstellte die A. mit Datum vom 14.06.2012 eine Zusammenfassung über eine Besprechung vom 13.06.2012. Es heißt dort, „the billing sum for works beeing performed by T. in the total amount of EUR 22.557.000,00 The final amount revised and accepted by A. Deutschland AG results in EUR 22.823.000 Amount still to be released for final settlement of EUR 22.823.000 by A.B.D. AG ist EUR 1.557.864,69. Please forward your final invoice in the amount of EUR 1.557.864,69 ..“
Das Schreiben endet mit einem Absatz über die „snag list items“, dazu siehe unten.
Die A. hat, nachdem die Klagepartei entgegen der Aufforderung vom 14.06.2012 keine Schlussrechnung erstellt hat, selbst einen „Final account“ erstellt mit Datum vom 08.12.2012, § 14 Abs. 4 VOB/B. Die Klagepartei legt hier ein von der A. stammendes Schreiben K 4 vom 11.12.2012 vor, das als Anhang unter der Überschrift „T. – Final account“ mit 1.825.229,72 € endet und Bezug nimmt auf „Summary T. Final account“.
Dieser „final account“ hatte zur Folge, dass die Fälligkeit der dort festgestellten Summe spätestens mit Eingang der Rechnung bei der Klägerin eintrat, vgl. Locher in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., Rn 10 zu § 14 Abs. 4 VOB/B, BGH VII ZR 480/00.
Dass die Klägerin diesen „final account“ erhalten hat, ist nicht zweifelhaft. Der Klägervertreter nimmt in seinem Schreiben an den Insolvenzverwalter vom Mai 2014 (K 14) weiter Bezug auf eine Besprechung in Istanbul im Mai 2013, in der „noch ein Betrag von fast 1.700.000,00 € anerkannt“ wurde. In der Korrespondenz der A. mit dem Insolvenzverwalter wird ein weiterer „Final Account“ genannt, nämlich der vom 24.05.2013, der mit einer Summe von 1.655.375,88 € endet (S. 5 der Anlage K 13, auch Anlage 2 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 23.09.2019). Zu dieser Rechnung befragt berichtete der Zeuge R. H., kaufmännischer Projektleiter der A. in B., in seiner uneidlichen Einvernahme im Termin vom 26.09.2019 (Bl. 948 ff. d.A.) das sei der Betrag gewesen, der der T. rechnerisch nach den Verträgen und unter Abzug der bereits geleisteten Zahlungen zugestanden habe.
Der Beklagte wendet gegen die Fälligkeit weiter ein, dass es an den entsprechenden Aufmaßen gefehlt habe. Die Klagepartei hat dazu behauptet, den Abschlagsrechnungen seien jeweils Aufmaße beigefügt gewesen. Es konnte dahinstehen, ob das zutrifft oder nicht. Die A. hat das Fehlen von Aufmaßen jedenfalls in 2013 nicht beanstandet und damit darauf im Ergebnis verzichtet. Nachdem die Fälligkeit aus den einzelnen Abschlagsrechnungen nicht (nur) an – möglicherweise – fehlenden Aufmaßen, sondern an Leistungsmängeln scheiterte, war diese Frage nicht weiter zu vertiefen.
Eine Prüfungsfrist für die A. gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B ergab sich im Hinblick auf die von ihr selbst erstellte Schlussrechnung (“T. ist der Aufforderung eine entsprechende Schlussrechnung einzureichen, nicht nachgekommen…“, siehe K 13) nicht mehr, so dass die Forderungen der Klägerin – unterstellt, es gab keine Zurückbehaltungsansprüche wegen Mängeln – zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 01.09.2013 und auch schon zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags am 19.06.2013 fällig gewesen wären.
III. Zur Höhe der klägerischen Forderung ist das Gericht davon überzeugt, dass der Klägerin – vorbehaltlich der Mangelfreiheit der Leistungen – zum 24.05.2013 eine Vergütung von 1.725.229,72 € zugestanden hätte.
Dieser Betrag ergibt sich nicht nur aus den Schreiben der Klägerin an die A. (K 56) sondern auch aus der Aufstellung, die die A. selbst unter der Überschrift „Final Account“ – Anlage 2 zum Schriftsatz KV vom 23.09.2019, auch K 57 erstellt hat, auch wenn dieser „Final Account“ mit 1.655.375,88 € endet. Ausgehend von einer im Juni 2012 einschließlich eines Bonus vereinbarten Vertragssumme von 23.173.000,00 € und Nachträgen von 346.880,00 € sowie 57.000,00 € kommt es zu einem Gesamtvolumen von 23.576.880,00 €. Abzüglich Zahlungen durch die A. (21.149.939,28 € und 57.000,00 € und 100.000,00 €) und den Bauherrn direkt (305.219,00 € und 7.500,00 €) sowie Kostenbeteiligungen in Prozentbeträgen ergibt dieses 1.725.229,72 €. Im final account sind zur Ermittlung der Endsumme nämlich weitere 69.853,84 € (“Less invoice No 5, Less Invoice No 6, Less Invoice for May“) als bereits bezahlt in Abzug gebracht, die allerdings nicht mehr geflossen waren.
Der Zeuge W. hat in seinem Schreiben an den Insolvenzverwalter (B 1-40) vom 22.01.2014 die Forderungen der T. rechnerisch bestätigt in Höhe von 1.655,375,68 € für den Statement of Account vom 24.05.2013 (S. 2 zur Notiz vom 13.01.2014) und dabei bei den Zahlungen die angeblich weiter bezahlten 69.853,84 € nicht als tatsächlich bezahlt bestätigt, sondern nur die 21.306.939,28 €, die sich aus den oben genannten Zahlungen ergeben.
Der Beklagte hat sich im Schriftsatz vom 11.12.2016 gegen die Annahme dieser Höhe gewandt und Bezug genommen auf eine Aufstellung B 1-36, in der Barzahlungen dokumentiert sind in Höhe von 313.046,56 € für die Zeit bis zum 25.04.2012. Diese Aufstellung unterscheidet zwischen Barzahlungen an die Klägerin durch die A., die auch unterzeichnet und quittiert sind sowie einer Aufstellung über „Migration Penalty“ und Medical Expenses“. Zudem ist in der Aufstellung eine Kostenankündigung für Reinigungsarbeiten (anteilig) enthalten. Diese Aufstellung ist, anders als der Beklagte meint, in der Abrechung der A. vom 24.05.2013 allerdings bereits enthalten, und zwar als Abzug „Less Payment thru B.“ (AZN 313.046, exch rate 0.975) und einem Abzug von 305.219,00 €.
IV. Die Klägerin muss sich wegen der „Beistellkosten“ keinen Abzug von ihrer Forderung gefallen lassen.
1. Die (behauptete) Gegenforderungen der A. von 3.217.898,44 € (“Beistellkosten“) gem. Anlage B 27 (Konvolut von 69 Rechnungen) setzt sich zusammen aus den Positionen „Technical Support, Scaffolding, Equipment, Staff & Labors, Painting Works und Acceleration Cost.“, die sämtlich in der Zeit bis 06.06.2012 angefallen sein sollen.
a) Im Schriftsatz vom 11.11.2016 (Bl. 197 ff.) erläutert der Beklagte näher, um welche Aufwendungen es sich hier im einzelnen gehandelt hat und welche Arbeiten ausgeführt worden sind. Auf diese detaillierten Ausführungen wird ausdrücklich Bezug genommen. Die Kammer geht davon aus, dass die Aufwendungen, die durch Rechnungen (Anlage B 27) dokumentiert sind, tatsächlich beim Bauvorhaben angefallen sind und von der A. auch intern als „Gegenverrechnungspositionen“ zu Lasten der Klägerin geführt wurden. Dem im Schriftsatz vom 23.07.2018 enthaltenen Beweisangebot, die Zeugin E. zu den Kosten der Ersatzvornahmen u.ä. zu vernehmen, war daher nicht nachzukommen, Bl. 560 d.A.
b) Dieser – behauptete Gegenanspruch der A. bringt die Vergütungsforderung der Klagepartei – und damit deren Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten – nur dann zu Fall, wenn die A. ihrerseits vor Insolvenzeröffnung die Aufrechung mit ihr zustehenden Schadensersatz- oder Selbstvornahmekosten erklärt hat. Eine Aufrechung erfolgt gem. § 388 BGB durch eine Aufrechungserklärung als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung gem. § 388 Abs. 1 BGB. Eine blosse Aufrechnungslage mit Gegenansprüchen der A., seien es Schadensersatz, Vertragsstrafen oder Selbstvornahmekosten reduziert die Höhe des ausgefallenen Werklohnes nicht. Nach Insolvenzeröffnung könnte allenfalls der Insolvenzverwalter eine solche Aufrechung erklären, was hier aber ausdrücklich nicht geschehen ist. Insoweit wird auf die Einvernahme des Zeugen M.A.K.e Bezug genommen. Dieser erklärte im Termin vom 24.08.2017 (Bl. 426 d.A.), er erinnere sich nicht daran, dass die tatsächliche Geltendmachung dieser Forderungen von 3.300.000,00 € „Gegenstand unserer Überlegungen“ war.
c) Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass es eine Aufrechnungserklärung gegeben hat. Die Aufrechnungserklärung ist eine Willenserklärung, § 388 S. 1 BGB. Sie ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und erst sie führt unmittelbar zur wechselseitigen Tilgung von Haupt- und Gegenforderung.
Diese Gegenforderungen der A. waren nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme Gegenstand der Besprechung zwischen der Klägerin und der A. am 13.06.2012. Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 09.05.2017 dazu erklärt, es seien in der Besprechung vom 13.06.2012 die Kosten „geltend gemacht“ worden, ein endgültiger Abzug sei aber nicht vorgenommen worden (Bl. 351 d.A.), sondern dieser sei auf den Zeitpunkt der Schlussrechnung, zu deren Stellung die Klägerin aufgefordert worden sei, verschoben worden.
So findet sich in den Unterlagen denn auch ein Schreiben der A. (G. W., R. H.) vom 05.12.2012 (B 1-23), also Monate nach der Besprechung vom 13.06.2012. In diesem Schreiben wird lediglich angekündigt, „As indicated in our previous correspondence, we will therefore charge our supervision costs to your“. Dass es tatsächlich bisher zu einer Aufrechung gekommen ist, ergibt sich aus diesem Schreiben allerdings gerade nicht, sondern es handelt sich um eine bloße Absichtserklärung, dass man Forderungen der Klägerin in Rechnung stellen werde. Das bestätigt den ursprünglichen Sachvortrag des Beklagten, der Abzug sei angekündigt, aber verschoben worden.
2. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25.11.2020 (Bl.1185 ff.) dann erstmals behauptet, es sei im Termin vom 13.06.2012 die Aufrechung mit den Gegenforderungen erklärt worden und dazu die Zeugen R. H. und M. T. benannt. Die Klägerin hat im Termin vom 26.11.2020 bestritten, dass es zu einer Aufrechnungserklärung gekommen sei und den gesamten Sachvortrag als verspätet gerügt.
Die Kammer weist den Sachvortrag des Beklagten hinsichtlich einer Aufrechnungserklärung der A. im Rahmen der Besprechung vom 13.06.2012 gem. § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurück. Die Klagepartei hat bereits im Termin vom 26.11.2020 einen entsprechenden Antrag gestellt und diesen mit Schriftsatz vom 15.12.2020 wiederholt.
Bis zum Schriftsatz vom 25.11.2020 hatte der Beklagte vorgetragen, es sei wegen der Beistellkosten zu keinem Abzug von der klägerischen Forderungen gekommen, Bl. 351 d.A. Diesen Vortrag hat die Kammer so verstanden, dass man die im Rahmen von Besprechungen zur finanziellen Situation zwischen der A. und ihrem Subunternehmer seitens der A. eigene Aufwendungen erneut zur Sprache gebracht, aber keine vertragsgestaltende Aufrechnungserklärung abgegeben hat. Ob eine solche Aufrechung damals möglich oder sinnvoll gewesen wäre, weil die Klägerin aus Sicht der A. erst einmal eine Schlussrechnung erstellen musste, ist ohne Belang. Wenn keine Aufrechnungserklärung gem. § 388 S.1 BGB abgegeben wird, erlischt die Gegenforderung nicht.
Diese rechtliche Wertung der Kammer war Grund dafür, u.a. den Zeugen M. T., der ursprünglich im Beweisbeschluss zum Inhalt der Verhandlungen genannt worden war, nicht mehr zu laden. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 14.02.2020 (Bl. 1108 ff.) der Beweisbeschluss vom 15.02.2018 insoweit ausdrücklich aufgehoben.
Eine Stellungnahme des Beklagten zu dieser Vorgehensweise ist nicht erfolgt. Erst einen Tag vor dem Termin vom 26.11.2020 behauptete der Beklagte und stellte unter Beweis, dass es zu einer Aufrechnungserklärung gekommen sei. Die Kammer hätte, wenn der Zeuge unter diesem Beweisangebot rechtzeitig benannt worden wäre, den Zeugen zum Termin 26.11.2020 noch hinzugeladen. Die Beklagtenvertreterin erklärte im Termin, sie habe vor einer Woche mit dem Zeugen R. H. telefoniert und „diese Information“ erhalten. Die Kammer sieht hier ein grobes Verschulden auf Seiten des Beklagten. Dass die ursprünglichen Beweisangebote nach Auffassung der Kammer unbeachtlich waren, war seit Februar 2020 bekannt. Auch der Termin vom 26.11.2020 war schon seit 27.07.2020 bestimmt. Es war auch bekannt, dass in diesem Termin nur der Sachverständige angehört werden sollte. Der Beklagte konnte auch davon ausgehen, dass die Kammer alle Zeugen umgehend lädt, die zu seinen Behauptungen benannt sind. Der Zeuge R. H. war zudem bereits einmal vernommen worden, ohne dass er zur Frage der Aufrechungserklärung von Beklagtenseite befragt worden ist.
Der Vortrag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 14.12.2020, man sei bisher davon ausgegangen, die Aufrechnungserklärung an sich sei bereits nachgewiesen, steht in Widerspruch zum eigenen prozessualen Verhalten und erscheint als Schutzbehauptung. Es hätte keinen Anlass gegeben, diese Tatsache im Schriftsatz vom 25.11.2020 – erstmals – unter Beweis zu stellen und auch nicht, den Zeugen R. H. dazu zu befragen, wenn man davon ausgegangen wäre, die Aufrechung gem. § 388 S. 1 BGB sei unstreitig oder bereits erwiesen.
Unstreitig war lediglich, dass die A. sich eigener Ansprüche berühmte hatte. Durch die bisherige Beweisaufnahme hatte sich nur bestätigt, dass der Klägerin die angeblichen Beistellkosten der A. bekannt waren und dass man davon ausgehe, das sei ein Teil, den A. nicht bezahlen wolle. Sowohl der Zeuge G. W. als auch der Zeuge A. berichteten übereinstimmen, diese Frage sei offen geblieben.
Zu einem selbstständigen Verrechnungsvertrag war es also ebenfalls nicht gekommen.
Die Verspätung beruht daher auf „grober Nachlässigkeit“ i.S. des § 296 Abs. 2 ZPO. Die Prozeßförderungspflicht des § 282 ZPO wurde in ungewöhnlicher Weise verletzt, als erst am Tag vor dem Termin ein erhebliches neues Verteidigungsmittel (§ 282 ZPO) in den Rechtsstreit eingeführt wurde.
Eine Vernehmung der Zeugen T. und H. zu den von der beklagten Partei genannten Aufrechungserklärung würde – mindestens – einen weiteren Termin bedingen. Nach dem maßgeblichen Begriff der „absoluten Verzögerung“ (Seiler in Thomas-Putzo Rn. 12 zu § 296 ZPO) würde hier mit der Zulassung des Vortrags eine Verzögerung eintreten. Die Kammer hat daher von dem ihr eingeräumten Ermessen in der Form Gebrauch gemacht, dass das Verteidigungsmittel zurückgewiesen wurde.
Auf die streitige Frage, ob und in welcher Höhe die A. gegen die Klägerin Ansprüche wegen Kosten der Selbstvornahme oder Schadensersatzansprüche (“Beistellkosten“) hatte, ob diese auf § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B oder auf Vereinbarungen zwischen der A. und der Klägerin beruhten und in welcher Höhe sie durch die Klägerin und nicht durch andere Baubeteiligte verursacht worden sind, kam es also nicht an. Lediglich auf die Ermittlung dieser Kosten, auf die es dann aber nicht mehr ankam, hatte sich der Plan der Kammer bezogen, die Beweisaufnahme zunächst zurückzustellen. Nach dem Hinweis vom 14.02.2020 hatte sich das erledigt.
V. Es steht nicht schon deshalb fest, dass die Klägerin einen Schaden in Höhe des Klagebetrages erlitten hat, weil die Forderung durch den Insolvenzverwalter im Verfahren IN 473/13 anerkannt wurde. Eine rechtliche Bindung zu Lasten des Beklagten (§ 178 Abs. 3 InsO) kann nicht angenommen werden.
Die Klagepartei meint allerdings, schon alleine die Tatsache, dass die Forderung in dieser Höhe zur Insolvenztabelle anerkannt sei, begründe den Nachweis ihres Schadens.
Diese Auffassung trifft nicht zu, soweit die Klagepartei hier eine rechtliche Bindungswirkung der Feststellung zur Insolvenztabelle zum Nachteil des Beklagten annehmen will. Der Beklagte war am Insolvenzverfahren überhaupt nicht beteiligt. Die Feststellungen entfalten ihm gegenüber also keine Rechtskraftwirkung, vgl. OLG Celle, 13.01.2005 – 6 U 123/04, IBRRS 2005, 3326.
Zu diesem rechtlichen Ergebnis ist allerdings festzuhalten, dass es hierzu unterschiedliche Auffassungen gibt.
Das OLG Naumburg hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 16.03.2016 (5 U 181/15), BeckRS 2016, 131750 ausgeführt, alleine die Tatsache, dass eine Forderung im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin rechtskräftig festgestellt sei (§ 178 Abs. 3 InsO) mache den Einwand, die Forderung sei „mangels Abnahme und mangels Prüffähigkeit der Rechnungen nicht fällig“, unbeachtlich (Rn. 16 des Urteils).
Der BGH hat in seiner Revisionsentscheidung vom 17.05.2018 (VII ZR 92/18), NZBau 2018, 601 zum Urteil des OLG Naumburg (s.o.) diese Ausführungen nicht beanstandet, sich allerdings auch nicht ausdrücklich mit ihnen auseinandergesetzt, sondern die Revision des Beklagten insgesamt zurückgewiesen.
Das OLG Brandenburg, 16.11.2014, 4 U 202/10, NZBau 2012, 166 hat ausgeführt, eine Werklohnforderung stehe nicht schon aufgrund eines Vergleichsschlusses zu, einem Titel komme allerdings bei der „Schadensschätzung gem. § 287 ZPO“ indizielle Bedeutung zu.
Das OLG München hat in zwei Entscheidungen (02.10.2001, 9 U 3105/01 und 12.10.2004, 9 U 2662/04) entschieden, dass weder ein Urteil über die Höhe des Werklohnes für den Geschädigten noch eine Feststellung zur Insolvenztabelle im Verhältnis zum Schädiger rechtliche Wirkung entfalten. Es sei den Mangelbehauptungen des Schädigers nachzugehen, „wobei der Senat insoweit zum gegenwärtigen Stand nicht festlegen kann, welche Partei im einzelnen beweisbelastet ist.“
In seiner Entscheidung vom 20.12.2012 (VII ZR 187/11), NJW-RR 2013, 340 ff. hat der BGH unter Ziff. 62 ausgeführt, die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden, der dadurch entsteht, dass Baugeld zweckentfremdet wurde, trage der Baugläubiger, so dass das Gericht sich mit der Berechtigung einer Restwerklohnforderung auseinandersetzen müsse. In diesem Sachverhalt war es allerdings nicht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gekommen, so dass sich die Frage nach der Auswirkung des § 178 Abs. 3 InsO nicht stellte.
Bereits in der Entscheidung vom 09.10.1990 (VI ZR 230/89, NJW-RR 1991, 141) hatte der BGH sich dazu geäußert, welche Wirkungen die Anmeldung einer Forderung für den Nachweis ihrer Berechtigung hat. Auch hier war es nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekommen. Der BGH führte zur Argumentation des OLG Düsseldorf, man könne in Analogie zu den Vorschriften der §§ 141, 144 KO davon ausgehen, dass die Aufnahme von Rechnungen in eine vom Beklagten geführte Aufstellung mit der Nichterhebung von Widersprüchen gem. § 141 KO gleichzusetzen sei, hier könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Anerkenntnis handle.
In einer anderen Entscheidung (BGH VII ZR 169/09, 19.08.2010, NJW 2010, 3365) hatte der BGH ausgeführt, es müsse nachgeprüft werden, in welcher Höhe den Klägern eine Werklohnforderung gegen den Hauptunternehmer zustehe. Es sei zu prüfen, mit welcher durchsetzbaren Forderung der Subunternehmer ausgefallen ist. Die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden, der dadurch entsteht, dass Baugeld zweckentfremdet wurde, trage der Baugeldgläubiger. Das gelte auch insoweit, als der Baugeldempfänger behauptet, die Forderung sei wegen Mängeln nicht durchsetzbar gewesen. Allerdings sei es Sache des Baugeldempfängers, die Grundlagen für etwaige Rechte des Auftraggebers wegen Mängeln substanziiert darzulegen.
VI. Die Klagepartei will – hilfsweise – schon alleine in der Feststellung ihrer Forderung zur Insolvenztabelle ein zwingendes Indiz dafür sehen, dass ihr diese Forderung zustand und meint, damit sei der Beweis (§ 286 ZPO) ihres Schadens geführt. Dem hat sich die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht angeschlossen. Der Beklagte hatte vorgetragen, die Feststellung habe hier einen bestimmten taktischen Hintergrund gehabt, auf die Berechtigung der Forderung lasse sich daher nichts schließen.
Die Kammer hat zu der Frage, wie es zur Einigung mit dem Insolvenzverwalter kam, den Zeugen M.A.K.e im Termin vom 24.08.2017 uneidlich vernommen. Der Zeuge sagte aus, es habe sich bei der Einigung mit der T. um einen Vorgang gehandelt, der aus Gründen geschlossen wurden, die nicht in der Überprüfung der klägerischen Leistungen lagen. Gegenstand der Absprache war vielmehr eine Übereinkunft des Insolvenzverwalters mit der Klägerin, dass diese nicht gegen den damaligen Vorstand J. vorgehen sollte, da man sich auf Seiten des Insolvenzverwalters für die Abwicklung der Insolvenz einen Vorteil versprach. Hierzu gab es auch formulierte Absprachen, die eingesehen worden sind. Auf das Protokoll vom 24.08.2017 wird ausdrücklich Bezug genommen.
VII. Auch der weitere Einwand der Klägerin (Bl. 228 d.A.), der Beklagte könne sich aus Rechtsgründen nicht auf sämtliche – angebliche – Mängel zur Verteidigung gegen ihren Anspruch berufen, weil ja auch die A. und der Bauherr sich auf einen geringeren Betrag geeignet habe – so dass die A. ihnen aus Rechtsgründen die Mängel nur in dieser Höhe entgegenhalten könne, das müsse der Beklagte gegen sich gelten lassen – ist unzutreffend. Die Einigung erfolgte nicht mehr vor der Insolvenzeröffnung und ist daher für die Frage, welche Recht die A. dem Anspruch der Klagepartei vor der Insolvenzeröffnung entgegenhalten konnte, ohne Bedeutung. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen der Hauptunternehmer dem Subunternehmer die Mängel nicht mehr entgegenhalten kann, wenn er seinerseits voll bezahlt worden ist oder nicht mehr mit Inanspruchnahme rechnen muss (etwa BGH VII ZR 81/06, NJW 2007, 2695). Tatsächlich hatte es mit dem Bauherrn Verhandlungen gegeben, in denen auch die dem Gewerk der T. zuzuordnende Mängel eine Rolle gespielt haben. Dazu hat der Zeuge S. G. im Termin vom 15.03.2018 ausführlich Angaben gemacht (Bl. 514 d.A.). Demnach waren die abschließenden Verhandlungen mit der Auftraggeberin vor allem dadurch geprägt, dass man eine Inanspruchnahme der Bürgschaften vermeiden wollte. Es wurden bei der Bürgin E. H. AG zwar wohl technische Vorprüfungen gemacht, ob die vom Auftraggeber behaupteten Zahlen überhaupt stimmen konnten, aber bei der Frage, welche Nachlässe/Erstattungen auf den Werklohn der A. akzeptiert werden würden, war der technische Wert der Mängel nur sehr untergeordnet bedeutsam. Der Zeuge, ein Rechtsanwalt und erfahrener Verhandlungsführer in Geschäften dieser Art, berichtete: „Wenn ich gefragt werde, wie es gelungen ist, diese Anmeldung (untechnisch gesprochen von 2,255 AZN) so zu reduzieren, dass schließlich ein geringerer Betrag ausgereicht werden musste, so ist das wohl den persönlichen Verhältnissen geschuldet gewesen… Wenn ich gefragt werde, wie die 2,2 Mio. in den Verhandlungen auf 1,5 gedrückt worden sind, so schiebe ich auch das auf das gute persönliche Verhältnis. Wenn ich gefragt werde, ob ich hier eine Verhandlungsstrategie hatte, dass jeder einzelne Mangel in den Verhandlungen erneut bewertet wird oder ob man einen generellen Rabatt aushandelt, so meine ich, dass es schon eher ein genereller Rabatt war.“
In gleicher Weise berichtete der Zeuge W., es habe sich hier um eine „politische Zahl (geschäftspolitische Zahl)“, Bl. 538 d.A., gehandelt.
Somit war es nicht zulässig, alleine aus dem Ergebnis der Verhandlungen einen Rückschluss darauf zu ziehen, welche Einwände die A. den Forderungen der Klägerin hätte entgegensetzen können.
Die Anlagen B 3 vom 04.06.2013 und das Schreiben des Bauherrn vom 13.08.2013 waren im Rahmen der Überzeugungsbildung zur Schadenshöhe trotzdem von maßgeblicher Bedeutung, da sie in der Gesamtschau mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme eine Überzeugungsbildung zur Schadenshöhe ermöglicht haben, dazu s.u.
VIII.
Auch das weitere Argument der Klagepartei, es habe keine Mängel und keine Gegenforderungen mehr gegeben, denn die A. hätte sonst ja die Bürgschaften für das Gewerk der Klägerin in Anspruch nehmen können, das habe sie allerdings nicht getan, ist nicht tragfähig. Dazu erklärte der Zeuge K. (Bl. 429 d.A.) man habe die Bürgschaften wohl schon deshalb nicht in Anspruch genommen, weil man sich dann eben mit der Bürgin hätte auseinandersetzen müssen. Aus diesem Umstand ist also ebenfalls für sich betrachtet nichts Zwingendes zu Gunsten der Klägerin zu schließen.
IX. Der Beklagte hingegen meint, der Klägerin sei schon deshalb kein Schaden entstanden, weil ihre Arbeiten nicht durchgängig – objektivmangelfrei gewesen seien. Dabei beruft er sich auf die Kommentierung bei Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB, Anh. 1 Rn. 335.
Dort heißt es – gestützt auf ein Urteil des OLG München vom 12.10.2014, 9 U 2662/04, NJW-RR 2005, 390 und diverse Stimmen aus der Literatur – der Werkunternehmer sei nicht geschädigt, soweit sein Werk nicht mangelfrei sei, denn der Schadensersatzanspruch könne nicht höher sein als der „Wert der tatsächlich erbrachten Werkleistung.“
Das OLG München (NJW-RR 2005, 390) hingegen führt in der genannten Entscheidung dazu aus:
Der Schadensersatz in der Hauptsache könne nicht höher sein als der „tatsächliche Wert der geschützten Werklohnforderung“.
In diesen beiden Formulierungen liegt ein erheblicher Unterschied. Es ist beiden gemeinsam, dass alleine die Anmeldung zur Insolvenztabelle und Behauptung einer Werklohnforderung in angemeldeter Höhe den Schadensersatzanspruch nicht begründen kann, sondern die Mangelfreiheit oder Mangelhaftigkeit der Werkleistung behauptet und bewiesen werden muss, denn diese ist wesentliche Vorfrage der Berechtigung einer Werklohnforderung.
Anders als der Beklagte meint, ist jedoch nicht die Mangelfreiheit als objektiv festzustellender Umstand das alleine ausschlaggebende Kriterium, sondern es ist unter bestimmten rechtlichen Bedingungen eine durch das Gesetz geschützte Werklohnforderung auch dann gegeben, wenn das Werk objektiv mangelhaft ist.
Der geschädigte Werkunternehmer soll nicht besser, aber auch nicht schlechter stehen als er bei einer Klage auf Werklohn stehen würde. Wenn ihm ein Anspruch auf Bezahlung einer Werkleistung zusteht, obwohl das Werk Mängel hat, ist dieser Zahlungsanspruch Vermögensbestandteil und damit durch das B. geschützt.
X. Es war daher zu überprüfen, welche Mängel bei Insolvenzeröffnung am 01.09.2013 am Objekt aus dem Bereich der T. überhaupt noch vorlagen und in welcher Höhe ein die Fälligkeit hinderndes Zurückbehaltungsrecht der A. an der Forderung der Klägerin bestand oder inwieweit ein Schadensersatzanspruch der A. der Werklohnforderung entgegengehalten werden konnte.
Wäre nämlich aus vorhandenem Baugeld auf eine Rechnung der T. bezahlt worden, obwohl die Forderungen der T. noch nicht fällig oder nicht begründet waren, hätten diese Zahlungen u.U. der insolvenzrechtlichen Anfechtung gem. §§ 129 ff. InsO unterlegen. Dann hätte die Klägerin in dieser Höhe keinen Schaden erlitten und die Klage wäre insoweit abzuweisen.
Die Klagepartei hatte also die Höhe ihres Schadens, der hier der Höhe ihrer berechtigten und fälligen Werklohnforderung entsprach nachzuweisen und zwar nach dem Beweismaßstab des § 286 ZPO. Dabei waren die Beweisanforderungen, insbesondere die Beweislast, für die Höhe der Vergütungsforderung und die Mangelfreiheit des Werkes genau so anzusetzen, wie es auch bei einer Werklohnklage gegen die A. der Fall gewesen wäre, die vor der Insolvenzeröffnung am 01.09.2013 und auch vor Stellung des Insolvenzantrags am 19.06.2013 zur Entscheidung angestanden hätte.
Zur Beweislast für die Mangelfreiheit einer Werkleistung ist zu unterscheiden der Zeitpunkt vor und der Zeitpunkt nach der Abnahme, § 640 BGB. Mit der Abnahme kehrt sich die Beweislast für das Vorhandensein von Mängeln zwischen den Parteien eines Bauvertrags um, wenn die Mängel bei der Abnahme nicht vorbehalten worden sind, vgl. Sprau in Palandt, Rn, 21 zu § 634 BGB.
Es ist zwischen den Parteien streitig, ob es eine förmliche Abnahme der klägerischen Leistungen zwischen der A. und der Klägerin gegeben hat oder nicht.
Das kann allerdings dahinstehen.
In Betracht kommt hier – mindestens – die fiktive Abnahme durch die Benutzung der H., § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B. Es hat sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme nichts dazu ergeben, dass die A. die Abnahme in dem Zeitraum vor Durchführung des Contests im April 2012 etwa ausdrücklich verweigert hätte. Die Benutzung ist dadurch erfolgt, dass die A. ihrerseits die H. an den Auftraggeber bestimmungsgemäß übergeben hat, so dass die Vermutung des Abnahmewillens greift. Mit der Durchführung des Wettbewerbs war der zunächst vorgesehene Nutzungszweck der H. erreicht. Darauf, dass von Anfang an Umnutzungen geplant waren – es sollte die H. noch für die Zwecke anderer Veranstaltungen umgebaut werden – kommt es nicht an, denn diese betrafen nicht mehr das Gewerk der Klägerin. Es lag für die A. auch nicht etwa eine Zwangslage vor, wie sie die in der fiktiven Abnahme liegende Vermutung hindern könnte, vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 408. Dass es im Verhältnis zum Hauptauftraggeber Nachteile hätte geben können, wenn die H. nicht rechtzeitig für den Wettbewerb fertig gewesen wäre, ist zwar zu unterstellen, aber nicht entscheidend. Denn es ist die Regel, dass eine verspätete Übergabe an den Bauherrn für den Hauptunternehmer nachteilig ist. Daraus kann im Umkehrschluss nicht geschlossen werden, dass ein im vertraglichen Zeitfenster vorgenommener Nutzungsbeginn immer in einer Zwangslage erfolgt. Damit würde das Regel-/ Ausnahmeverhältnis in sein Gegenteil verkehrt (vgl. dazu Merl, Handbuch des privaten Baurechts, Rn. 130 zu § 14). Zudem hat die A. die Klägerin am 14.06.2012 aufgefordert, eine Schlussrechnung zu stellen, K 23, was ebenfalls ein sicheres Indiz dafür ist, dass das Bauverhältnis nach dem Verständnis der Vertragsparteien vom Erfüllungsin das Nacherfüllungsstadium übergegangen ist.
Dabei wird nicht verkannt, dass die Vertragsparteien eine förmliche Abnahme vereinbart hatten und sich nicht feststellen lässt, dass es zu einer förmlichen Abnahme gem. § 14 VOB/B gekommen ist. Somit wären im Regelfall die übrigen Abnahmeformen ausgeschlossen. Allerdings ist es nach der gesamten Korrespondenz zwischen den Parteien und dem Umstand, dass die Durchführung des Eurovision Song Contest das maßgebliche, den gesamten Bauverlauf prägende Ereignis war und dieses termingerecht stattgefunden hatte, aus Sicht der Kammer erwiesen, dass auf die förmliche Abnahme verzichtet wurde. Im Mai 2013 wurde über ein endgültiges „close out“ zwischen der Klägerin und der A. verhandelt. Es wäre völlig lebensfremd, hier noch die Leistungsphase und nicht die Nachleistungsphase anzunehmen. Dieses gilt auch, wenn in den Blick genommen wird, dass etwa die Mängel an der Ausgestaltung der Treppenstufen sicherheitsrelevant gewesen sind. Sicherheitsrelevant waren sicher auch die Mängel an der Sprinkleranlage und am Brandschutz (siehe Anlage B 3), die den Bauherrn nicht daran gehindert haben, die H. als geschuldete Leistung entgegenzunehmen und nur noch Nachbesserungsarbeiten zu verlangen.
Nach allgemeinen Regeln hat nach Abnahme der Leistungen der Auftraggeber die Beweislast für das Vorhandensein von Mängeln, § 363 BGB. Dieses gilt nicht für Mängel, die sich der Auftraggeber bei der Abnahme vorbehalten hat. Im Falle einer fiktiven Abnahme sind das die Mängel, die bereits vor dem Abnahmetermin gerügt wurden. Nachdem es zur fiktiven Abnahme keines förmlichen Aktes bedarf, gäbe es sonst keine Anknüpfungspunkte für den Vorbehalt der Mängel. Der Auftraggeber darf nicht schlechter stehen als er bei einer förmlichen Abnahme stehen würde. Es war also für die einzelnen Mangelbehauptungen des Beklagten jeweils zu prüfen, ob die (erste) Rüge vor oder nach dem Nutzungsbeginn für die H. am 15.04.2012, hilfsweise bis zum 26.05.2012, erfolgte.
Für vorhandene Mängel hatte die Klagepartei einzustehen nach § 13 Abs. 5 VOB/B. Für Mängel, die bis zur Insolvenzeröffnung nicht beseitigt worden sind, hatte die A. grundsätzlich ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich des Werklohnes, und zwar dann das doppelte der zu erwartenden Nacherfüllungskosten, § 641 Abs. 3 BGB.
XI. Der Beklagte verweist darauf, dass alleine die Existenz eines Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB der Fälligkeit der Forderung und damit – hierdem Eintritt eines Schadens gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. § 1 BauFordSichG entgegenstehe.
Die Kammer verkennt nicht, dass es für die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts mit der Folge, dass ein Anspruch nicht fällig wird und damit der Anfechtung nach §§ 131 InsO unterliegen würde, nicht grundsätzlich erforderlich ist, dass sich eine Partei auf das Zurückbehaltungsrecht beruft, vgl. BGH V ZR 11/18 für die Frage, ob die Einrede des nicht erfüllten Vertrages das Recht zum Rücktritt im Kaufrecht entfallen lässt.
Allerdings war der Vertrag hier nicht mehr im Erfüllungsstadium, sondern – nach der Abnahme – im Nacherfüllungsstadium, so dass die Anwendbarkeit des § 320 BGB nicht mehr in Frage kommt. Die rechtliche Prüfung hat sich nicht an § 320 BGB, sondern an § 641 Abs. 3 BGB auszurichten. Hier handelt es sich um eine spezialgesetzliche Konkretisierung zu § 320 BGB, vgl. Beck.Online Grosskommentar, Rn 76/78 zu § 641 BGB. Somit kam es darauf an, ob das Zurückbehaltungsrecht auch ausgeübt wurde.
XII. Es ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass die Arbeiten der T. im Jahre 2012 zunächst noch Mängel aufwiesen. Streitig ist lediglich, welche Mängel wann noch vorhanden waren und ob diese gerügten Mängel bis Mitte Juni 2013 vollständig abgearbeitet worden sind.
Die Kammer geht nach dem Ergebnis der protokollierten Beweisaufnahme davon aus, dass zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags bestimmte Mängel aus dem Privatgutachten B 3 behoben waren, nämlich die bis dahin an den Verschraubungen 2.2 „Steel construction, bolts“ und unter der Überschrift 2.6 „Staircases“ konkret gerügten Mängel. Weiter geht die Kammer davon aus, dass die Konstruktionsmängel an der Treppe 2.3 „Steel construction, miscellaneous“ nicht beseitigt waren, hier aber ein Abzug von 80.000,00 € ausreichend ist. Sie geht auch davon aus, dass es an der Beschichtung der Stahlteile und am Korrosionsschutz weitere Mängel gab, die nicht in den Listen erfasst und noch nicht beseitigt waren, die sich mit einem Aufwand von 310.000,00 € beseitigen ließen (“2.1 Steel Construction, coating“).
Ob es Mängel an der Dachbefestigung gab, konnte dahinstehen, da solche Mängel aus rechtlichen Gründen keinen Abzug von der Forderung der Klägerin begründetet. Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass andere Mängel, die am Gewerk der Klägerin vorgelegen haben sollen, entweder beseitigt wurden oder nicht weiter verfolgt worden sind.
XIII. Im einzelnen:
1. Bereits am 10.12.2012, also ein gutes halbes Jahr vor der Insolvenz der A., kam es hinsichtlich des Stands der Mangelbeseitigungsarbeiten zu einem Treffen zwischen der A. und der Klägerin, siehe Anlage K 4. Über dieses Treffen wurde ein Protokoll erstellt, siehe Anlage B 9, vorgelegt vom ehemaligen Beklagten zu 2). In diesem Protokoll sind als noch bestehende Qualiltätsmängel genannt unter Nr. 1 die „Corrosion protection structural steel“, die bis Ende Januar 2013 erledigt sein müsse. Der Komplex Nr. 2 „stagnation of water on stiffeners“ sei erledigt durch die A. selbst. Die Komplexe Nr. 3 und Nr. 4 betreffen die Dachbefestigung und die Membran, die der Bauherr noch nicht gerügt habe. Die Nr. 5 betrifft die „Roof Hatches“, bei denen die T. schon in der Mangelbeseitigung sei, weil man neue bestellt habe, der Schliessmechanismus werde repariert. Die Nr. 6 betrifft „Doors and Windows“, die nach Meinung des Bauherrn nicht stabil genug seien. Unter Nr. 7 sind die „Documenation“ und unter Nr. 8 „Financial Issues“ genannt, die einem Vier-Augen-Gespräch zwischen H.n J. und Herrn E. vorbehalten seien.
2. Im Anschluss an das Treffen zwischen der Klägerin und der A. am 10.12.2012 erstellte die A. dann das Schreiben B 10 vom 11.12.2012, in dem darauf hingewiesen wird, dass es Schwierigkeiten mit der Abnahme durch den Bauherrn gebe (“However, this subject is now a major hindrance to finalize the taking over procedure.“).
Man halte den Werklohn von ca. 1.800.000,00 € zurück, da man nach der anwendbaren VOB/B einen Faktor von 1.5 bis 2.5 zurückbehalten dürfe für Arbeiten, deren Wert auf 1.000.000,00 € geschätzt wurde. Man werde nur dann voll bezahlen, wenn der Bauherr die Leistungen abnehme. Die „Variation Orders“ in Höhe von 346.880,00 € werde man allerdings bezahlen. In diesem Schreiben sind als „major quality“ genannt „Coating of outer facade, grand stand and stair cases, Roof membrane water tightness and fixing to cement board“.
3. Auch am 22.05.2013, also wenige Wochen vor dem Insolvenzantrag vom 19.06.2013, rügte die A. gegenüber der Klägerin noch folgende Mängel als zu deren Gewerk gehörend: „Corrosion structural steel > F30 coating of the steel structure > Missing and loose screws structural steel > Non matching structural steel Connections > Major defects in the staircases“, Schreiben der A. BA.092.TE, Anlage B 1-17, auch Anlage B 2).
Aus diesen Schreiben schließt die Kammer, dass es noch Mängel gab, die Mangelbeseitigungsarbeiten aber nicht etwa eingestellt waren, sondern andauerten.
4. Wichtigste (schriftliche) Erkenntnisquelle über den Zustand des Bauvorhabens um den 19.06.2013 (Insolvenzantrag) aber ist die Anlage B 3 vom 04.06.2013.
Dieses Schreiben ist erstellt von einer Firma S.L. Nach der Aussage des ehemaligen Beklagten J. im Termin vom 09.09.2016 (Bl. 184 d.A.) war diese Liste Grundlage der Forderungen der Bauherrin im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Garantien. Sie wurde zur Grundlage der Forderungsanmeldung an die E. H. vom 13.08.2013, B 5. Dort verlangt der Bauherr eine Zahlung von 2.189.000,00 €, weil der „Principal“ – also die A. – Mängel nicht beseitigt habe und die Bauarbeiten noch nicht fertiggestellt seien, damit ein Vertragsbruch vorliege.
Diese Angaben bestätigte der Zeuge S. G., der für die Garantiegeberin H. die Verhandlungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte, im Termin vom 15.03.2018 (Bl. 512 ff.). Der Zeuge schilderte, dass R. S., an den das Schreiben der S. gerichtet war, ein maßgeblicher Mann in diesem State Committee gewesen sei, also eine hochrangige Anspruchsperson. Man habe dann von Seiten der Garantieggeberin die Verhandlungen anhand dieser Anlage B 3 geführt, in der sowohl Mängel beschrieben als auch die dafür notwendigen Mangelbeseitigungskosten genannt sind.
Darunter sind – unstreitigauch Mängel am Gewerk der Klägerin genannt.
5. Die Liste ist mit den Parteien im Termin vom 09.09.2016 (Bl. 184 ff.) eingehend besprochen worden. Die Summe von 2.285.000,00 AZN ergibt sich aus geschätzten Kosten für die Beseitigung der noch am S. C. B. C. H. vorhandenen Mängeln. Sie setzt sich aus unterschiedlichen „Categories“ zusammen.
Das Gewerk der Klägerin betreffen – ganz oder teilweise – insgesamt 645.000,00 AZN. Nach übereinstimmender Angabe der Parteien im Termin vom 09.06.2016 (Bl. 187 d.A) war der Wert des AZN etwa der Wert des Euro. Im Rahmen des § 287 ZPO wird der AZN daher wie der EURO angesetzt.
Das sind für den Komplex „2.1 Steel construction, coating“ für die Bereiche „inner roof, grandstand, Facade „310.000,00 AZN.
Für den Komplex 2.2 „Steel construction, bolts“ werden 140.000,00 AZN angesetzt.
Für den Komplex 2.3 „Steel construction, miscellaneous“ (Auftrittsstufen, unterschiedliche Höhen und Tiefender Treppen) werden 80.000,00 AZN angesetzt.
Für den Komplex 2.6 „Staircases“ werden 115.000,00 AZN angesetzt, weil die Anschlüsse zwischen den Wänden und den Treppen nicht rauchdicht abschließen.
6. Die Klägerin hat gegen die Zuordnung der Beträge zu ihren Gewerken Einwände erhoben, denen die Kammer allerdings nicht Rechnung tragen konnte. So hat die Klägerin vorgetragen, der Bereich 2.1 träfe sie nur zum Teil, da auch das nicht von ihr errichtete „inner roof“ beanstandet werde. Der Einwand war zutreffend, wie sich aus der Anhörung der damaligen Beklagten J. im Termin vom 09.06.2016 (Bl. 184) ergab. Tatsächlich wurde das inner roof von der Firma N. errichtet. Der damalige Beklagte und spätere Zeuge J. berichtete allerdings auch, bei der Fa. N. habe es diese Probleme nicht gegeben, als Zeuge gab er an (Bl. 1048) die Arbeiten der N. seien vollständig mangelfrei gewesen. Zwischen den Parteien wurde im Termin vom 19.12.2019, bei dem ein Augenschein an Bildern/Videos von der Baustelle eingenommen wurde, auch diskutiert, ob die Bilder/Videos überhaupt Teile der Konstruktion zeigen, die nur das Gewerk der T. betreffen oder ob es sich auch um Befunde handelt, die dem „Inner Roof“ und damit dem Gewerk der Fa. N. zuzuordnen sind. Diese Frage liess sich nicht klären. Somit ist ein grundsätzlicher Abzug eines erheblichen rechnerischen Anteils – von wie die Klägerin meint, 1/3 – aus Sicht der Kammer nicht gerechtfertigt.
7. Hinsichtlich der Postion 2.6, die Rauchdichtigkeit des Anschlusses der Treppen an die Wände betreffend, ergibt sich zwar aus der Anlage, dass hier die Wände – die nicht von der Kläger geliefert und eingebaut worden sind – eine Ursache des Mangels darstellen. Es sollen die Wände mit T – 30 ertüchtigt werden. Weiter wird aber auch gefordert, dass Löcher zwischen den Treppenstufen selbst und dem Untergrund (“Closing of the wholes between concrete stab an staircases according T-30 system“) geschlossen werden sowie zwischen den Staircases und den Sandwich-Panels. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass diese Undichtigkeiten alleine auf die Arbeiten des anderen Gewerks zurückzuführen sind. Anpassungen müssen zwischen Treppen und Wänden gefunden werden, die Annahme, es sei alleine das andere Gewerk verantwortlich, ist deshalb nicht vertretbar. Zwar hat auch der Beklagte J. im Termin vom 09.06.2016 (Bl. 187 d.A.) erklärt, dieser Komplex sei nicht ausschließlich Sache der Klägerin. Maßgeblich ist aber nicht, welches Gewerk die Arbeiten vorgenommen hat, wenn die Anschlüsse nicht passen, für die jedes Gewerk einzustehen hat. Die Kammer geht allerdings davon aus, dass diese Undichtigkeiten alle nachgearbeitet wurden.
8. Die Klägerin haftet auch für die Mängel an der Beschichtung der Stahlteile (Pos. 2.1).
Die Klagepartei hat sich gegen ihre Verantwortung für diese Mängel zunächst damit verteidigt, dass der Lager- und Montagebereich durch die A. zu stellen war, siehe Vertrag K 1 und Angebot K 40. Die Klagepartei hat zum Komplex „Beschichtungen“ weiter die Anlagen K 25 und K 26 vorgelegt. In der Anlage K 25 sind Lichtbilder zu sehen, aus denen die Klagepartei schließen will, dass die bauseits zur Verfügung gestellten Lagerplätze für das angelieferte Material nicht tauglich waren. Diesem Aspekt war allerdings nicht nachzugehen, da es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf die Verantwortung für diese Mängel nicht mehr ankam, nachdem die allein durch die schlechte Lagerung verursachten Schäden vollständig beseitigt wurde, dazu s.u.
9. Es gab von Anfang an Probleme mit der Beschichtung der Stahlteile, die der Bauherr und die A. auch gerügt habe.
Diese Mängel in den Beschichtungen haben in den Verhandlungen zwischen der Klägerin und der A. eine von Anfang an eine erhebliche Rolle gespielt. In der Snaglist vom 19.09.2012 sind die Mängel Nr. 1200. Nr. 1203, Nr. 1204, Nr. 1209, Nr. 1354, Nr. 2610., Nr. 31139. Mr. 3157, Nr.3286, Nr. 3292 sämtlich Mängel des „Coatings“. In der Mail K 41 04.12.2012 hat die Klägerin aufgezeigt (ab Seite 32 des Dokuments) wie die Defizite in Beschichtung und Anstrich konkret behoben werden sollen.
Aus dem vorgelegten Schriftverkehr ergibt sich für den 03.05.2013 (BA.094.TE) eine Aufforderungen unter dem Stichwort „Coating repair works on outer facade“ (B 1- 16) in der der Klägerin durch die A. eine Frist wie folgt gesetzt wird (“must be completed now by the end of May 2013“).
Unter dem 10.06.2013 gibt es eine Aufforderung (B 1-11), Ref. No BA.096.TE. Diese nimmt Bezug auf einen „letter BA 92.TE vom 29.05.2013 an die Klagepartei unter der Überschrift „Note of additional defects -Structural Steel“. Im Schreiben heißt es – sinngemäß weiter, der Auftraggeber werde die Mängel selbst beheben, die Kosten vom Werklohn der A. einbehalten. A. werde „any costs deducted from A.s contract amount related to T.’s works will be backcharged to T..“
10. Die Klagepartei ihrerseits behauptet zu diesem Mangel, die konkret gerügten Schäden an den Beschichtungen sämtlich ordnungsgemäß nachgebessert zu haben (Bl. 235 d.A.), hierzu die Anlagen K 40, K 41, K 42, K 43, K 44, K 26.
Tatsächlich ist der Klagepartei den Nachweis gelungen, dass die Beschädigungen an der Beschichtung, die ihr gegenüber konkret gerügt wurden, sämtlich nachgebessert worden sind.
11. Die Klagepartei hat dazu zunächst mit der Anlage K 26 Tagesberichte über die Arbeiten an der Fassade vorgelegt, die jeweils abgezeichnet sind. Die Liste beginnt mit dem 17.04.2013 und endet mit dem 15.06.2013 (Blatt 41 der Anlage K 26) und ist Blatt für Blatt von mehreren Verantwortlichen, auch der Bauherrin, abgezeichnet.
Dass es sich hier um Handzeichen der auf der Baustelle tätigen verantwortlichen Personen der Bauherrin gehandelt habe, bezweifelte allerdings der Zeuge R. H.. Der Zeuge R. H., damals kaufmännischer Projektleiter in B., berichtete im Termin vom 26.09.2019 (Bl. 948 ff. d.A.) seiner Vermutung nach sei die Abzeichnung möglicherweise durch unqualifiziertes Personal erfolgt. (“Diese Leute können ohne weiteres auch Fensterputzer gewesen sein.“) In diesem Zusammenhang meinte er, dass die Gegenzeichnung „wahrscheinlich“ von unqualifiziertem Personal erfolgte. Zu dieser Erkenntnis kam der Zeuge, der konkrete Erkenntnisse für die Mangelbeseitigung „über den Rost drüber gestrichen“ nur für einzelne Stellen, nicht aber für den generellen Befund hatte, weil er davon ausgehe, ein qualifizierter Mitarbeiter der Bauherrin hätte diese Arbeiten nicht akzeptiert.
Anknüpfungspunkt seiner Vermutung ist also die Annahme, dass eine ganz andere Art der Mangelbeseitigung geschuldet gewesen sei, nämlich – wie er es ausdrückte – „ein neues Konzept und eine bessere Lösung für die Mangelbeseitigung.“ „Im Grund genommen müsste diese H. zurückgebaut werden…Stellenweise ist auch die Beschichtung abgefallen..Das wäre aber immense Arbeit und immense Kosten gewesen…“.
Damit unterliegt der Zeuge allerdings in seinen Vermutungen einem Rückschluss, der gerade nicht zwingend ist. In den Unterlagen waren die konkret durch Nacharbeit zu behandelnden einzelnen Stahlträger detailliert aufgeführt. Ohne eine Vereinbarung dahingehend, dass diese Art der eher punktuellen Mangelbeseitigung, auf die sich die Parteien zuvor geeinigt hatte, nicht mehr fortzusetzen, sondern durch eine andere Art – Austausch ganzer Träger, Rückbau der H., Neustrahlen und neu errichten lassen – ersetzt werden müsse, gab es auch für qualifiziertes Personal keinen Anlass, die punktuelle Behebung als nicht vereinbart oder nicht genügend zurückzuweisen.
Es mag durchaus sein, dass von Seiten der T. zu diesem Zeitpunkt nur noch wenig und langsam arbeitendes Personal auf der Baustelle war, wie es der Zeuge H. beobachtet haben will. Dass gleiches auch für den Bauherrn selbst gelte – dass diese also ihrerseits die Mangelbeseitigungsarbeiten nicht mehr begleitete – hat er hingegen nicht berichtet.
Die Kammer sieht daher auch vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen R. H. keinen Anlass, an der Authentizität der Abzeichnung zu zweifeln.
12. Der Beklagte hat weiter eingewandt, die Auftraggeberin habe der T. doch die Durchführung von Mangelbeseitigungsaufgaben bereits untersagt gehabt und sich dazu auf die Schreiben BA.092.TE und BA.096.TE bezogen. Tatsächlich wird von der A. im Schreiben vom 10.06.2013 (BA.096.TE), vorgelegt als Anlage B 1-12 mitgeteilt, dass „the Employer has decided to carry out the remaining works and the rectification of the defects himself.“. Nachdem der Zeuge F. allerdings berichtete, man habe auch über den 10.06.2013 hinaus von Seiten der T. nachgebessert – und es dazu abgezeichnete Protokolle gibt, siehe Anlagenkonvolut K 26 – ist dieser Entschluss des Bauherrn offensichtlich nicht in die Tat umgesetzt worden.
13. Konkrete Angaben zu den Mangelbeseitigungsmaßnahmen bis zum 15.06.2013 machte im Termin vom 02.08.2018 der Zeuge A. F. und der Zeuge B. R.. Auf das Protokoll ihrer Einvernahme (Bl. 562 ff.) wird ausdrücklich Bezug genommen. Der Zeuge A. F. berichtete, es habe vor Ort zu seinen Aufgaben gehört, zusammen mit einem Vertreter des Bauherrn von der Fa. O. die Mangelbeseitigungsarbeiten der T. zu kontrollieren. Es habe Rost gegeben, und zwar sowohl an den Schweissnähten als auch an den Verschraubungen und an den Flächen. Diese mussten nachgearbeitet werden. Zudem seien einzelne Schrauben nicht richtig angezogen gewesen, auch habe es Unregelmäßigkeiten an den Treppen gegeben, sowohl bei den Tribünen als auch bei den Fluchttreppen. T. habe die Schrauben nachgezogen und auch die Überstände an den Treppen beseitigt. Angesichts des Lichtbildes aus der Anlage B 18 erklärte der Zeuge, es sei vor allem problematisch gewesen, dort hin zu kommen. Das sei der größere Aufwand gewesen als die Stelle an sich nachzuarbeiten. Dabei sei in mehreren Schichten gearbeitet worden und man habe sowohl den Feuerschutz als auch den Korrosionsschutz ausgebessert. Er bestätigte, dass er die Fertigstellung dieser Arbeiten jeweils selbst in Augenschein genommen habe, und zwar mithilfe von Hochbühnen und Sicherungen. Er sei jeden Tag draußen gewesen und habe das intensiv beobachtet.
Der Zeuge bestätigte – laut Protokoll auf ausdrückliche Frage der Beklagtenvertreterin – dass die Arbeiten beendet waren, als er Mitte Juni die Baustelle verlassen habe. Er erklärte: „Wir waren soweit durch. Die Bilder, die gezeigt worden sind, die waren damit alle am 15. Juni erledigt“.
Die Aussage des Zeugen A. F. ergibt für das Gericht, dass die bereits konkret gerügten Mängel, die die T. zu erledigen hatte, sämtlich Mitte Juni 2013 beseitigt waren. Der Bautechniker F. war auf der Baustelle für die A. genau zu dem Zweck tätig, die Arbeiten der T. zu überwachen, ist also in jeder Hinsicht fachkundig für die getroffenen Angaben. Dass der Zeuge diese Aufgabe hatte, ergibt sich auch aus dem Schreiben der A. vom 25.03.2013 BA 088. TE, vorgelegt in der Anlage B 1- 34. Dort werden technische Details zum „Paint repair“ beschrieben und es heißt: „You must obtain Mr. F.´s and the clients approval bevor proceeding with the next layer of paint in any given area.“
Dass der Zeuge F. bis zum Schluss auf der Baustelle war und die A. die Mangelbeseitigung selbst überwachte, bestätigte auch der Zeuge R.N. in seiner Einvernahme im Termin vom 29.03.2018.
Auch die Aussage des Zeugen F., die sogenannten „hidden areas“, in denen man weitere Mängel vermutete, seine abgearbeitet worden, deckt sich mit den schriftlichen Unterlagen. In einer Anzeige der A. an die T. vom 10.04.2013 wird ausdrücklich darauf hingewiesen (BA 090.TE, vorgelegt in der Anlage B 1-34-) dass man weitere Defekte in den „hidden areas“ gefunden habe. Damit ist belegt, dass diese nun geöffnet und einer Nachbesserung zugänglich waren. Gleiches ergibt sich aus dem Schreiben der Firma O. vom 21.02.2013 (zu Bl. 595 vorgelegt), in denen Fotos aus den „hidden areas“ zu sehen sind. Auch der Zeuge R. H. gab im Termin vom 26.09.2019 (Bl. 948 d.A.) an, dass sich bei den nach dem Event folgenden Umbauarbeiten in den „hidden areas“ nummehr Mängel gezeigt hätten“. Es war in den genannten Schreiben der Fa. O., in die Akte gelangt als Anlage zu den Mails der Zeugin K. (zu Bl. 595 d.A.) von 21.02.2013 unter der Überschrift „Coating of Steel“ darauf hingewiesen, dass es dort „coating defiencies“ gebe und dass man diese beheben müsse, bevor es zu „covering and housing the structure“ komme.
14. Die Aussagen des Zeugen B. R. (Bl. 562 ff.) stehen nicht im Widerspruch zu den Aussagen des Zeugen A. F.. Der Zeuge R., von Beruf Bauingenieur und für die Bauherrin/Fa. O. auf der Baustelle tätig, berichtete, die Mangelbeseitigungmaßnahmen seien nach seiner Kenntnis sehr schleppend vorangegangen. Dieser Bericht ist zweifellos zutreffend, er deckt sich mit den Erkenntnissen aus den schriftlichen Unterlagen und wird auch durch die Klägerin nicht angegriffen. Allerdings hatte der Zeuge keine eigenen Erkenntnisse dazu, wie sich die Situtation am Schluss darstellte. Der Zeuge konnte nur bestätigen, dass es vom 08.04.2013 eine Fotodokumentation gebe, die in der Anlage B 1- 11 (“T. Snag List Status 12.05.2013“) erwähnt sei. Das seien Fotos, „die mich so erschreckt haben.“
15. Weitere Auskunft zu den Mangelbeseitigungsarbeiten gab in seiner uneidlichen Einvernahme am 29.03.2019 (Bl. 699 d.A.) der Zeuge R.N..
Dieser Zeuge war bis 2015 bei der Fa. O. beschäftigt. Er berichtete, dass bereits von Anfang an wegen der Lagerbedingungen eine Situation gab, nach der die „Stahlbauelemente im Schlamm lagen und das tat ihnen nicht gut. Es war klar dass hier diese Beschichtungen leiden werden, denn dieser Schutz hat ja auch die Funktion, dieses Stahlmaterial in sich zu schützen…“.
Die Mängel aus dem Gewerk T., über die eine intensive Liste geführt worden sei, habe vor allem die Dinge Beschichtung und Befestigung betroffen. Der Zeuge konnte aus eigener Erkenntnis nichts dazu sagen, welche Arbeiten bis zum Schluss abgearbeitet waren, meinte aber, er könne es kaum glauben, dass alle Mängel abgearbeitet sein sollten. Dieser in der Verhandlung geäußerte Einschätzung des Zeugen mindert den Wert der Aussage des Zeugen A. F. indessen nicht. Der Zeuge berichtete nämlich auch, es könne durchaus sein, dass Mängel nicht als erledigt in den Listen aufgeführt worden seien, obwohl diese schon abgearbeitet waren. Zudem hatte der Zeuge zwar die Schäden an der Beschichtung, nicht aber die unzureichenden Verschraubungen selbst gesehen, sondern hier nur ein Video, dass die Zustände dokumentierte, und zwar zu einem Zeitpunkt „später“. Der Zeuge konnte allerdings bestätigen, dass die Schreiben der Fa. O., die als Anlage zur Email der Zeugin K. /Bl. 595 d.A, vorgelegt wurden, inhaltlich richtig seien. Demnach wird im letzten Schreiben vom 24.04.2013 Bezug genommen auf Fotos und kurze Videos, in denen „missing or improperly fixed bolts within the steal construction as well as conjunction´s/bindings.“ zu sehen gewesen seien. Im vorangegangenen Schreiben vom 21.02.2013 sind Fotos zu sehen, auf denen das „coating of steel“ für den 05.02.2013 fotographiert ist. Der Zeuge bestätigte, dass diese Bilder dann an dem Tag gemacht worden sein dürften und den aktuellen Zustand zeigten.
Nachdem der Zeuge also aus eigener Erkenntnis nichts über den konkreten Fortgang der Arbeiten im Mai und Juni sagen konnte, blieb aus seiner Aussage lediglich die Anmerkung zu würdigen, er könne es kaum glauben, dass die Mängel alle abgearbeitet worden sein sollen. Diese Überraschung des Zeugen über die Aussage des A. F. lässt aber keine durchgreifenden Zweifel entstehen. Die A. und auch die Bauherrin selbst hatte immer wieder kurze Wochenfristen gesetzt, bis wann die Mängel am Coating/Paint repair behoben worden sein müssten. Die T. hatte diese Arbeiten verzögert, aber nicht, weil man sie aus technischen Gründen nicht zügig erledigen konnte, sondern aus anderen Gründen, siehe Schreiben der T. vom 04.12.2012, Anlage K 41. Es war also, insbesondere nachdem die hidden areas freigelegt waren, durchaus möglich, die Arbeiten mit mehr Effizienz und zügig zu erledigen, sonst wäre die bisherigen Beanstandungen der Auftraggeberseite ja völlig haltlos gewesen. Dafür spricht nichts. Auch hat sich die T. nie dagegen verteidigt, man könne innerhalb der gesetzten Fristen nicht leisten, sondern eine Bürgschaft verlangt. Wäre es tatsächlich technisch unmöglich gewesen, diese Fristen einzuhalten, hätte sich die T. bereits vorher darauf berufen können. Technische Bedenken dahingehend, dass schon in dieser Hinsicht das Prozedere länger dauern musste, sind nicht zu erkennen.
16. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit des Berichts des Zeugen F. ergibt sich in der Korrespondenz zwischen der A. und der Klägerin am 07.06.2013. Hier hat die T. das Ausmaß der noch offenen Arbeiten ganz anders bewertet als die A. im Anschluss an Reklamationen der Bauherrin, dass nämlich wesentlich weniger noch offen sei, als im Schreiben der A. vom 30.05.2013 noch aufgeführt, B 1 -56, B 1- 57, K 56. Grundsätzliches Misstrauen ist auch deshalb unangebracht, weil es nach den Berichten des Zeugen R.N. durchaus vorkam, dass Dinge als „offen“ fortgeschrieben wurden, obwohl sie längst beseitigt waren. Es lässt sich also annehmen, dass alles, was „closed“ gezeichnet ist, auch tatsächlich erledigt war, während aus in den Unterlagen noch offen gebliebenen Positionen nicht geschlossen werden muss, diese seien noch nicht erledigt.
17. Der Zeuge A. A., Bauingenieur und technischer Leiter der Klägerin, wurde im Termin vom 29.03.2019 (Bl. 699 ff.) ebenfalls uneidlich vernommen. Der Zeuge, der als leitender Mitarbeiter der Klägerin allerdings nicht wie ein unbeteiligter Zeuge anzusehen ist, berichtete, er sei im Zeitraum bis Juni 2013 noch zwei- bis dreimal in B. gewesen, habe aber die Berichte bekommen und könne die Sache damit aus dieser Perspektive beantworten. Es sei – bis auf das konstruktive Problem mit den Treppen – alles beseitigt gewesen. Lediglich das Problem mit den Treppen habe man nicht besser lösen können.
18. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.05.2019 (Bl. 724 d.A.), 09.09.2019 (Bl. 925 d.A.) und vom 21.10.2019 (Bl. 978 d.A.) detailliert ausgeführt, warum er trotz der Aussagen des Zeugen A. F. nicht davon ausgehen will, dass die Arbeiten aus den Listen beendet waren. Insbesondere meint der Beklagte, dass die aus den Tagesberichten insgesamt aufgewendeten Zeiten nicht ausgereicht hätten. Wegen der näheren Details wird auf die Schriftsätze ausdrücklich Bezug genommen. Das Gericht sieht in diesen Ausführungen allerdings keinen Zweifel an den Angaben des Zeugen, der außerhalb des Rechtsstreites steht und für die damalige Hauptbetroffene A. gerade dafür sorgen sollte, dass die T. die Mängel beseitigt. Die beklagte Partei argumentiert hier vom Ergebnis her, wenn sie meint, es sei nicht glaubwürdig, dass die T., die bisher nur schleppend nachgebessert hätte, nun diese konkret gerügten, punktuell beschriebenen und in Listen aufgeführte Mängel abgearbeitet habe. Dafür gibt es aber – außer der Vermutung des Beklagten – keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
Zudem wurde der Zeuge F. von der A. auch zur Kontrolle der Mangelbeseitigung im übrigen eingesetzt, was sich aus der Mail K 31 ergibt. Wie der Beklagte – etwa im Schriftsatz vom 09.09.2019 (Bl. 925 d.A.) – ausführt, war der Zeuge A. F. selbst damit beschäftigt und beauftragt, die Schäden vorab zu dokumentieren. Auf Vorhalt dieser Fotos erklärte der Zeuge in seiner Vernehmung, genau das sei alles beseitigt worden.
19. Grundsätzliches Misstrauen gegen den Zeugen A. F. ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn man von Seiten der A. – wie der Zeuge R. H. im Termin vom 26.09.2019 berichtete – mit dessen Leistungen nicht zufrieden war und er deshalb gekündigt wurde. Es kann dahinstehen, ob die Behauptungen des Zeugen R. H. zur Person und Leistung des A. F. überhaupt zutreffen. Zweifel daran sind deshalb gerechtfertigt, weil der Zeuge auf Nachfrage angab, er wisse nichts von Abmahnungen an den Zeugen F.. Solche wären aber zu erwarten, wenn A. F., wie der Zeuge H. berichtete, entgegen seiner Erwartung (“Ich hätte erwartet, dass H. F. Berichte schreibt und dass z. B. auch aufgeschrieben wird, mit wievielen Geräten man dort überhaupt arbeitet, es hätten täglich Berichte kommen müssen, das ist für uns aber nicht angekommen.“) seinen Dokumentationspflichten so eindeutig nicht nachkommt. Der Zeuge H. ist auch der einzige, der von einer Dokumentation des eingesetzten Personals und Materials spricht, während alle anderen Zeugen nur von die Mängel und deren Erledigung betreffenden Listen sprachen. Es ist auch nicht recht verständlich, warum es einer Dokumentation des von der T. eingesetzten Personals bedurft hätte, da dessen Kosten ja von T. zu tragen waren und zeitliche Verzögerungen, die der A. Rechte gegeben hätten, abhängig von der Beseitigung der Mängel und nicht vom dafür eingesetzten Aufwand. Völlig spekulativ, ins Blaue hinein und unlogisch ist schließlich die Vermutung des Zeugen R. H., A. F. habe evtl. falsch ausgesagt wegen einer gewissen „Verärgerung wegen der Kündigung“. Es ist schon nicht plausible, warum der Zeuge überhaupt über eine Kündigung kurz vor dem regulären Ende des Vertrags verärgert sein sollte, zumal die A. nur wenige Tage später – am 19.06.2013 – einen Insolvenzantrag stellte. Zudem wird der Rechtsstreit gegen den Vorstand der A. geführt, der zu diesem Zeitpunkt keinerlei Einfluss auf das Geschehen mehr hatte und noch nicht einmal gegen die A. selbst. Weiter habe der Zeuge auf die Kündigung ja „O.K.“ reagiert und nicht weiter opponiert. Es erscheint daher abwegig, dem ausschließlich mit technischen Sachverhalten befassten Bauleiter A. F. hier unredliches Aussageverhalten zu unterstellen. Zudem ist in der Anlage B 1 -72, die das Kündigungsschreiben enthält, auffällig, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handeln solle. Ob das Kündigungsschreiben, das der Zeuge A. F. mit dem Datum 14.06.2013 und dem Ort „B.“ quittierte, tatsächlich, wie der Zeuge R. H. berichtete, um ein per E-Mail erhaltenes Schreiben handelte, ist zumindest zweifelhaft. Das Schreiben trägt auch handschriftliche Unterschriften des damaligen Vorstands J. und einer Frau P. aus der Personalabteilung.
Es haben sich im übrigen auch über den Vorhalt des Klägervertreters an den Zeugen, die Besprechung sei in Istanbul, nicht in Ankara gewesen, in deren Anschluss der Zeuge einräumte, der Sachverhalt sei schon sechs Jahre her, Zweifel hinsichtlich des Erinnerungsvermögens des Zeugen ergeben.
20. Auch die Einvernahme des Zeugen F. J. im Termin vom 19.12.2019 (Bl. 1045 d.A.) erschütterte die Aussagen des Zeugen F. nicht. Es ließ sich als Ergebnis der Aussage des Zeugen J. und des Augenscheins am Bildmaterial, das zuletzt erstellt wurde, vielmehr die Erkenntnis bestätigen, dass A. F. als sachbearbeitender Mitarbeiter der A. auch Ende Mai 2013 damit beschäftigt war, sich selbst mit dem Zustand der Mangelbeseitigungsarbeiten auseinander zu setzen. Der Zeuge bestätigte, dass es sich hierbei um die Aufgabe des H.n F. handelte. „Er sollte nur schauen, ob die gerügten Mängel beseitigt sind. Er war aber beispielsweise nicht damit beschäftigt, auch neue Mängel zu dokumentieren und deren Beseitigung zu verlangen. Neue Mängel zu rügen war nicht seine Aufgabe. Wenn der Zeuge Mängel gesehen hätte, dann wäre das natürlich zu sagen gewesen, aber es war jetzt nicht seine konkrete Aufgabe, hier reine Inspektion durchzuführen. Wenn ich gefragt werde, wie denn diese Mängel aufgekommen sind, so hat uns in der Regel der Bauherr darauf aufmerksam gemacht.“
Im übrigen war die Aussage des Zeugen F. J. auch insoweit, als er meinte, der H. F. sei ein Mensch, der viel redet mit wenig Aussagekraft („Es ging ihm vor allen Dingen auch darum sich selbst im besten Licht darzustellen.“) für die Kammer kein Anlass, den Angaben des Zeugen F. nun weniger Gewicht beizumessen. Die Neigung, sich selbst im besten Lichte darzustellen, ist so selbstverständlich und verbreitet, dass sie kein grundsätzliches Misstrauen begründen muss. Der Zeuge J. führte dann zu den bisher gerügten Mängeln nämlich weiter aus: „Tatsächlich kann man die punktuellen Schäden, die hier vorher aufgetreten und gerügt worden sind, relativ einfach beseitigen.“ Nur zu diesen, bis dahin aufgetretenen und gerügten Mängeln, hat der Zeuge F. Aussagen getroffen und nur insoweit geht die Kammer davon aus, dass die bisher konkret gerügten Mängel auch beseitigt waren.
21. Mit der Beseitigung der bisher konkret gerügten Mängel hatte das Bauvorhaben nach Auffassung der Kammer hinsichtlich der Beschichtung allerdings nicht den Zustand völliger Mangelfreiheit erreicht. Das erste Indiz für diese Annahme sind die oben referierten Aussage der Zeugen, die kaum glauben konnten, dass die T. vertragsgemäße Zustände hergestellt habe. Diese Angaben sind zwar nicht geeignet, die Aussage des Zeugen F. hinsichtlich der Mängel aus den Listen zu erschüttern, da die Zeugen den Fortgang dieser Arbeiten nicht beobachteten und auch nicht Wissen konnten, was in den Listen konkret erfasst war. Sie beschreiben aber doch einen generellen Eindruck über den Zustand des Coatings, der im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) zu Lasten der Klagepartei geht.
22. Im Termin vom 19.12.2019 (Bl. 1045 ff. d.A.) hat die Kammer nicht nur den ehemaligen Beklagten zu 2) F. J. uneidlich vernommen, sondern auch einen Augenschein an den Bildern und Videos eingenommen, die von der A. zur Vorbereitung der letzten Besprechung mit der Klägerin am 28.05.2013 erstellt wurden und die dort auch Gegenstand der Verhandlungen waren, somit den aktuellsten Stand vor dem Abschluss der Arbeiten dokumentierten. Auf das Protokoll vom 19.12.2019 wird ausdrücklich Bezug genommen. Diese Bilder und Videos zeigen die Dachkonstruktion an sich. Sie zeigen sowohl einzelne Fehlstellen, teilweise die gleichen Fehlstellen mehrmals, als auch einen Bereich, in dem sich die Beschichtung mit der Farbe großflächig ohne erkennbaren Einsatz von Werkzeug ablösen lässt. Die weit überwiegende Anzahl der Bilder, die der bereits zuvor als Zeuge vernommene A. F. erstellt hatte, dokumentierten einzelne Schadstellen am Anstrich und/oder der Beschichtung oder er zeigte punktförmige Rostschäden an einer größeren Anzahl gleicher Bauteile.
23. Der Zeuge F. J. berichtet auch, es sei nicht die Aufgabe des Zeugen F. gewesen, neue Schadstellen aufzufinden. Der Zeuge berichtete technisch überzeugend, dass sich im Laufe der Zeit die Beschichtung an immer mehr Stellen löste. Daraus schließt die Kammer, dass es durchaus weitere Schadstellen gegeben hat, die noch nicht der Nachbesserung unterzogen worden sind.
24. Die Kammer hat davon abgesehen, den Sachverständigen Dipl.-Ing. P. zu den einzelnen Schadstellen Kalkulationen über die zu erwartenden Mängel erstellen zu lassen, um so zu einem Betrag zu kommen, den der Beklagte der Klägerin entgegenhalten könnte. Es war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unmöglich, dem Sachverständigen vorzugeben, von welchem konkreten Zustand er ausgehen sollte. Aus den Listen und den Bildern ließ sich nicht feststellen, ob es sich um einen Zustand handelte, der in der Liste erfasst war und abgearbeitet wurde oder ob es sich um einen Zustand handelte, der neu aufgetreten und nicht gerügt worden war. Eine Begutachtung war nicht möglich, da dem Sachverständigen die erforderlichen Anknüpfungstatsachen nicht hätten vorgegeben werden können.
25. Für die Frage, welchen Zustand das Coating bei Eintritt der Insolvenz hatte, stellt die Kammer also auf die Erkenntnisse in der Stellungnahme der Fa. S. im Schreiben vom 04.06.2013 ab. Dieses ist zwar zu Lasten der Klägerin mit Unsicherheiten behaftet, da die Klägerin möglicherweise die dort beschriebenen Zustände als bereits gerügte Mängel noch beseitigt hat. Die Klägerin als beweisbelastete Partei wird das hinzunehmen haben, auch für den Fall, dass rechtlich nicht § 286 ZPO sondern § 287 ZPO zur Anwendung kommt. In dieser Aufstellung ist für die Mängel am Coating ein Betrag von 310.000,00 AZN genannt, den sich die Klägerin als Abzug gefallen lassen muss. Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu den sonstigen Schlüssen, die die Kammer aus den Aussagen des Zeugen F. zieht (s. u.). Die Probleme bei der Korrosion der Stahlteile waren nicht statisch, sondern dynamisch. Es zeigten sich im Lauf der Zeit neue Fehlstellen und Ablösungen, so die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, die die Baustelle selbst gesehen hatten. Somit rechtfertigt sich aus technischer Sicht auch ein abweichendes Ergebnis der Prüfung, ob die Überzeugung von der vollständigen Mangelbeseitigung gewonnen werden kann oder nicht. Ein Mangel, der einmal auftritt und sich dann nicht mehr verändert, ist mit einzelnen Maßnahme zu beseitigen, die Korrosionsschäden hingegen traten sukzessive auf.
26. Mit diesem Abzug als Minderungsbetrag hat es für den Bereich Coating allerdings auch sein Bewenden. Die Frage, ob die Schätzung der Kosten für die weitere Behebung punktueller Mängel durch die S. fachlich belastbar war oder nicht, war für die Kammer angesichts der Korrespondenz zwischen der A. und der T. im Zusammenhang mit der Besprechung in Istanbul am 28.05.2013 in der Aufstellungen mit geschätzten Kosten gewechselt wurden, positiv zu beantworten. Die A. hatte der T. eine Aufstellung zukommen lassen, in der die A. Kosten für noch ausstehende Arbeiten im Bereich Coating benannte. Es handelt sich um die Anlagen B 1- 56 und K 56, in den sich die – von der Klägerin kommentierte – Liste befindet. Unter den Komplex lassen sich die Punkte 1.3 (Scraping of rust and corrosion protection) mit 118.000,00 € und 1.5 (Coating on the top of outer facade) mit 210.000,00 € fassen. Dabei handelt es sich jeweils um die Beträge, die die A. ansetzt, die Klägerin kommentiert diese mit geringeren Zahlen. Somit setzte die A. selbst die gesamte Summe mit 338.000,00 € an. Die Kommentierung durch die Klägerin verweist darauf, dass die Arbeiten im Gange seien, sie selbst setzt hier nur noch Kosten in Höhe von 14.000,00 € für den Punkt 1.3 und 0,00 € für den Punkt 1.5 an mit dem Kommentar „Work is beeing completed under T.`s responsibility (outer facade).“
27. Der Beklagte meint hingegen, weil das gesamte Stahlwerk mangelhaft gewesen sei und man – so die Aussage des Zeugen R. H. – eigentlich im Wege der Mangelbeseitigung die ganze H. hätte abreißen und neu errichten müssen, könne ein die Fälligkeit hinderndes Zurückbehaltungsrecht auf die hierfür erforderlichen Kosten gestützt werden, die bei mehreren Millionen Euro liegen würden.
Das Argument ist nicht tragfähig.
Die Parteien haben sich, was sich aus dem Schriftverkehr ergibt, für die Beseitigung der Mängel an Stahl und Beschichtungen darauf geeinigt, dass diese auf eine bestimmte Art und Weise zu beseitigen sind. Es wurde einzelne Stellen benannt, die nachzubessern seien und deren Nachbesserung auch kontrolliert wurde. Das ergibt sich zwanglos etwa aus den Anlagen, die als K 49 ff. der Klagepartei vom 27.05.2019 vorgelegt wurden (Bl. 771 d.A).
Es sei zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Bindungswirkung einer solchen Vereinbarung entfällt, wenn zunächst nur geringe Mängel vorhanden sind und sich erst später herausstellt, dass wesentliche andere Maßnahmen nötig sind. Ob das der Fall war, kann hier dahinstehen.
Die A. müsste dann der T. gegenüber eine ganz andere Art der Mangelbeseitigung, nämlich den vom Zeugen R. H. im Termin vom 26.09.2019 (Bl. 948 d.A.) beschriebenen Abbau und Neuerrichtung verlangt und damit zum Ausdruck gebracht haben, dass sie die bisherige punktuelle Beseitigung als grundsätzlich nicht mehr ausreichend ansieht, sondern als Mangelbeseitigungsmaßnahme nur eine – quasi – Neuherstellung in Frage kommt.
Ein solches Verlangen ist schriftlich nicht an die Klägerin herangetragen worden.
Es ist auch nicht in der Besprechung vom 28.05.2013, über das der Zeuge R. H. im Termin vom 26.09.2019 und der Zeuge J. im Termin vom 19.12.2019 (Bl. 1049 d.A.) berichtete, zu einem solchen Verlangen gekommen.
Der Zeuge R. H. schilderte zwar, seiner Meinung nach sei hier nur mit einer Neuerrichtung/Neubeschichtung das Problem zu beheben gewesen, er gab aber auch an, das sei in Istanbul „sicherlich nicht erwähnt“ worden. Dabei wird nicht verkannt, dass es nach dem Bericht des Zeugen bei dem Gespräch in Istanbul am 28.05.2013, bei dem die Bilder gezeigt worden sein sollen, von Seiten der A. der Wunsch gab, „dass es evtl. ein neues Konzept und eine bessere Lösung für die Mangelbeseitigung gibt, dem ist er aber nicht nachgekommen…“.
Der Zeuge F. J. gab hierzu im Termin vom 19.12.2019 (Bl. 1049 d.A.) an, es sei richtig, dass man nicht verlangt habe, dass die T. alles neu beschichte, das sei nicht im Gespräch gewesen. Man hätte zwar im Grunde genommen alles durchsuchen und abklopfen müssen um Rostschäden zu vermeiden.
Daraus ist nach der Wertung der Kammer nur zu schließen, dass sich die A. jetzt mit dem Verlauf und der Qualität der Arbeiten unzufrieden zeigte – wie es auch dem Stand der schriftlichen Stellungnahmen zu entnehmen war. Es ist daraus aber nicht zu schließen, dass man nun die bisherige Methode aufkündigte und einen ganz anderen Ansatz forderte. Bei der Bewertung der Aussage des Zeugen R. H. zu diesem Komplex muss nämlich berücksichtigt werden, dass es noch am 03.05.2013 (Anlage B 1 -55) eine Aufforderung an die T. gab, die die Fertigstellung der Arbeiten bis Ende Mai 2013 verlangte und in der eine geändertes Konzept nicht erwähnt wird. Auch in der Zusammenstellung B 1- 56 vom 29.05.2013, in der tabellarisch die noch ausstehenden Mängel nach Ansicht der A. genannt sind, ist kein Hinweis auf ein nun ganz neues Konzept enthalten.
Diese Erkenntnis wird gestützt durch die Zusammenfassung des Besprechungsergebnisses seitens des damaligen Gesprächsteilnehmers RA K.. Die Klagepartei legt als Anlage zum Schriftsatz vom 07.02.2020 eine Anlage K 63 vor (Bl. 1103 ff.). Hierbei handelt es sich um ein Schreiben im Nachgang zur Besprechung in Istanbul mit Datum vom 29.05.2013, in dem von Seiten der T. zum Ausdruck gebracht wird, man werde alle Verpflichtungen erfüllen, wenn man Defekte verursacht habe. Gleichzeitig wird angekündigt, man werde auf eine gerichtliche Inanspruchnahme verzichten, wenn bis 23.06.2013 400.000,00 € bezahlt seien. Die von Seiten der T. geschätzten Kosten für die ausstehenden Arbeiten werde man umgehend mitteilen. Tatsächlich wurde am 07.06.2013 erklärt (Bl. 817 d.A.), es sei noch eine Hauptforderung von 1.725.299,72 € offen, die noch zu beseitigenden Mängel würden mit 45.916,00 € geschätzt. In keinem dieser Schreiben ist nur ansatzweise zu erkennen, dass die A. nunmehr eine faktische Neuherstellung des Stahlbaus mit Rückbau und Neubeschichtung verlangte.
Es kann daher dahinstehen, ob die von Zeugen R. H. angenommenen Kosten von fünf bis sechs Millionen €, die den Klageanspruch vollständig entfallen lassen würden, zutreffend sind oder nicht. Eine Beweisaufnahme zu diesem Komplex war daher nicht veranlasst.
28. Mit Schreiben B 11 (BA 090) vom 10.06.2013 erklärte die A. schließlich, der Bauherr habe beschlossen, die noch offenen Arbeiten selbst zu erledigen. Man werde nun den Betrag, den der Bauherr in Abzug bringe, seinerseits bei der T. geltend machen (“As informed already by previous correspondance any costs deducted from A.s contract amount related to T.`s work will be backcharched to T.“). Aus diesem Schreiben und der Aussage des Zeugen J., man habe einen „close out“ gesucht, schließt die Kammer, dass die A. nunmehr nicht mehr Fortsetzung der Mangelbeseitungsarbeiten, sondern Schadensersatz statt der Leistung verlangte, nämlich eine finanzielle Beteiligung an den Kürzungen die der Bauherr angekündigt hatte. Soweit die Bauherrin der A. gegenüber Ansprüche das Gewerk der Klägerin betreffend berechtigte Ansprüche geltend machte, war der Lohn der Klägerin um diese Gegenforderung zu kürzen. Dahingehend lautete auch schon die Erklärung der A. vor Insolvenzeröffnung, enthalten im Schreiben B 11, so dass für den Zeitpunkt des Insolvenzantrags die Kammer davon ausgeht, dass kein Zurückbehaltungsrecht mehr ausgeübt wurde, sondern nur noch Schadensersatz verlangt worden ist. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches lagen dem Grunde nach auch vor. Die A. hat der Klägerin eine Vielzahl von Fristen das Coating betreffend gesetzt, zuletzt mit Schreiben B 1 -55 bis zum 31.05.2013. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten ausdrücklich Bezug genommen. Tatsächlich räumte auch die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2013 ein, dass noch Arbeiten ausstehen, wenn diese auch aus Sicht der Klägerin nicht mehr den Wert hatten, den die A. behauptete. So weit die A. also einen Schaden hatte, weil sie selbst in Anspruch genommen wurde, konnte sie diesen Anspruch der Klägerin entgegenhalten. Das kommt dem Beklagten zugute, denn in dieser Höhe hat – spiegelbildlich – die Klägerin keinen eigenen Schaden erlitten.
29. Der Bauherr hat sich zwar gegenüber der A. mit einem deutlich geringeren Betrag, der die gesamte Gewährleistung erledigte, abfinden lassen. Das ergab sich aus der Aussage des Zeugen S. G. im Termin vom 15.03.2018 (Bl. 512 d.A.), der berichtete, man habe sich zum Schluss auf 1.500.000 € für alles geeinigt – was – bei allem Vorbehalt hinsichtlich einer „politischen Einigung“ – eindeutig dafür spricht, dass eine Neubeschichtung auch vom Bauherrn nicht verlangt worden ist. Angesichts eines Bauvolumens von 135.307.489,00 € hat sich der Bauherr damit mit einem pauschalen Abzug von nur etwas mehr als einem Prozent für alle Mängel und ausstehenden Arbeiten abfinden lassen.
XIV. Zu den weiteren Mängeln:
1. Nicht zu Lasten der Klagepartei ging aus der Anlage B 3 allerdings der dort unter 2.2. genannnte Komplex „steel construction, bolts“. Hier ist in der Anlage B 3, dem Dokument vom 04.06.2013, ein Aufwand von 140.000,00 AZN geschätzt. Hinsichtlich der fehlenden Schrauben kommt das Gericht angesichts des Berichts des Zeugen F. zu der Überzeugung, dass diese nachgebessert worden sind. Anders als bei der Beschichtung gab es in diesem Schadensteil auch keinen sich verschlechternden Zustand, wie ihn die Zeugen für die Beschichtung mit dem Fehlerbild „spinnenartig“ beschrieben haben. Falls tatsächlich Schrauben fehlten, so waren diese nachträglich angebracht worden. Die A. hatte die fehlenden Schrauben in der Anmeldung vor dem Termin vom 28.05.2013 ihrerseits gerügt und einen Aufwand von 10.000,00 €, 5.000,00 € und 27.000,00 € angesetzt, die Klägerin diese Zahlen unter Verweis darauf, dass man nur 2 Wochen und 2 Arbeiter mit Hebebühne (“manlift“), 2 Aufsehen und 4 Arbeiter brauche, auf 9.000,00 € reduziert. Die weit überwiegende Anzahl der Bilder, die der bereits zuvor als Zeuge vernommene A. F. erstellt hatte, dokumentierte nämlich einzelne Schadstellen am Anstrich und/oder der Beschichtung oder er zeigte punktförmige Rostschäden an einer größeren Anzahl gleicher Bauteile. Es waren hier auch Schrauben zu sehen, die sich mit der Hand herausdrehen liessen. Es waren auch Bauteile zu sehen, bei denen für die Konstruktion eine bestimmte Anzahl an Bohrlöchern vorgefertigt war, diese Bohrlöcher waren allerdings auf der „Gegenseite“ nicht deckend mit dortigen Bohrlöchern und waren deshalb leer und funktionslos. Anders als der Beklagte meint, ist daraus allerdings nicht zu schließen, dass es der Konstruktion nun an statischer Stabilität fehle. Wie der Sachverständige in der Begleitung des Augenscheins ausführte (S. 7 des Protokolls) könne es sich bei diesen Bohrungen ohne weiteres um „blinde Bohrungen“ handeln und die Verbindung der Teile durch eine Lasche hergestellt worden sein. Weiter führte der Sachverständige aus „Auf diesem Bild lässt sich nichts wirklich interpretieren, es müsste ja zusammenfallen, wenn es nicht woanders befestigt wäre.“
2. Die Pos. 2.3 „steel construction, miscellaneous“ betrifft das Gewerk der Klägerin. Der Bauherr hat hier eine Forderung von 80.000,00 AZN genannt und zwar deshalb, weil die Stufen unterschiedlich hoch und tief seien. Dafür müsse man diese Teile ausbauen und die Unterkonstruktion anpassen.
Die Klägerin leugnet nicht, dass es sich hier um ihr Gewerk handelte und dass Mängel vorhanden waren. Die Klagepartei hat sich im Schriftsatz vom 20.05.2016 zum Komplex „Treppen“ dahingehend geäußert, in den Plänen des Büros S., das die A. beauftragt habe, seien Planungsfehler gemacht worden, es seien nämlich Stufen in unterschiedlicher Höhe vorgegeben. Sie meint allerdings, es habe sich zwar um einen Planungsfehler der A. gehandelt, will sich jedoch einen um 31% – entsprechende der Einigung auf einen Abzug von 1.500.000,00 € – reduzierten Abzug von 56.476,36 € gefallen lassen (Bl. 242 d.A.). Zu diesem Komplex berichtet der Zeuge A. A., man habe das Problem mit diesen Treppen nicht lösen können, weil es sich um einen Planungsfehler gehandelt habe.
Es ist allerdings unstreitig, dass es keine Bedenkenhinweise der T. gab, so dass diese sich für den Mangel nicht entlasten kann.
Zu der Frage, ob ein Abzug von 80.000,00 AZN für diese Position ausreicht, hat das Gericht schriftliches Sachverständigengutachten erholt und den Sachverständigen auch mündlich angehört.
Der Sachverständige K.-H. P. erstellte unter dem 25.06.2020 (Bl. 1118 ff.) zunächst ein schriftliches Sachverständigengutachten, auf das Bezug genommen wird. Dort kam er zu dem Ergebnis, dass unter der Annahme, die Mängel seien in den Treppenhäusern A1 bis A6 und B 1 bis B 6 aufgetreten, 89 Stufen (teilweise in der Höhe, teilweise in der Breite) beanstandet wurden. Als mangelhaft angesehen wurden dabei Stufen mit einer Differenz vom mehr als 17 cm in der Höhe und mehr als 25 cm in der Tiefe/Breite. Dabei stützte sich der Sachverständige auf Skizzen, die von den Parteien als in der Korrespondenz in der Bauphase gewechselt vorgelegt worden sind, diese sind im Gutachten in Bl. 1130 ff. abgedruckt. Diese Skizzen tragen die Unterschriften eines E. S. und des H.n F. und bezeichnen konkret mit einer Legende die Differenzen in Höhe und Breite.
Die Kammer hat keinerlei Bedenken, diese Skizzen als ausreichende Dokumentation für den Schaden Tiefe/Breite der Stufen anzusehen.
Zu den Kosten kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass hier – unter der Prämisse, man gehen von deutschen Löhnen aus – eine Untergrenze von 83.000,00 € brutto, möglicherweise ein Betrag von 20% darüber, also 99.600,00 € brutto anzusetzen ist.
Die Kammer belässt es angesichts dieser Ausführungen bei dem Betrag, der im Schreiben vom 04.06.2013 genannt ist, nämlich 80.000,00 € als Schadensposition. Die heutigen – deutschen – Kosten sind nicht eins zu eins auf die Situation auf der Baustelle im Juni 2013 umzusetzen. Das gilt schon angesichts der Materialkosten, sicherlich aber angesichts der Personalkosten. Es wäre völlig unverhältnismäßig, weitere Ermittlungen dazu anzustellen, wie sich die Kosten konkret gestalten würden, wenn es heute bei einem derartigen Bild in Deutschland nur – maximal – ca. 20.000,00 € teurer würde als der für B. angesetzte Betrag vor 7 Jahren. Hier gilt der Rechtsgedanke des § 278 Abs. 2 ZPO. Maßgeblich ist vor allem, dass der Bauherr seinerseits die A. nur mit einer Forderung in dieser Höhe überzogen hat, so dass ein Schaden der A. nur in dieser Höhe angesetzt werden kann, der seinerseits den Anspruch der Klägerin zu Fall bringt. Die Überprüfung des Betrages durch den Sachverständigen lediglich war der Tatsache geschuldet, dass der Beklagte mit Schriftsatz vom 09.09.2019 (Bl. 934 d.A.) hier deutlich höhere Kosten (“mindestens 500.000,00 €“) ins Spiel gebracht hatte.
Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 14.12.2020 zu diesem Mangel ausgeführt, er sei sicherheitsrelevant und habe der Abnahme damit entgegengestanden. Es mag zutreffend sein, dass es sich um einen sicherheitsrelevanten Mangel handelte, gleichgültig ob vor Ort die deutsche DIN gilt oder nicht. Vor dem Hintergrund, dass auch der Bauherr die Leistung abgenommen hat, kann sich der Beklagte darauf allerdings nicht berufen. Auch ist nicht verlangt worden, dass die Treppenhäuser zurückgebaut werden, sondern es wurden nur weitere Einstellarbeiten verlangt.
Die Streithelfer H. u. M. erklärten zu diesem Komplex (Schriftsatz 14.12.2020, Bl. 1209 ff.), es zeige sich aus den Skizzen nicht, wie die Unterkonstruktion beschaffen sei und ob diese nicht ebenfalls mangelhaft sei. Dieser Einwand ist inhaltlich zutreffend. Vor dem Hintergrund, dass es auf den Wert der „geschützten Werklohnforderung“ ankommt, ist aber entscheidend, welchen Schaden die A. erlitten und welchen Abzug sie berechtigt von der Werklohnforderung vornehmen konnte. Es wurde weder vom Bauherrn im Verhältnis zur A. noch im Verhältnis zwischen A. und Klägerin verlangt, dass die Treppenhäuser vollständig zurückgebaut werden müssen.
Einer weiteren Beweisaufnahme zu diesem Komplex, etwa durch einen Ortstermin in B., bedurfte es nicht.
3. Der Punkt 2.6 Staircases ist in der Aufstellung unter 2.6 mit 115.000,00 AZN enthalten.
Zu diesem Gewerk hat der ehemalige Beklagte zu 2) J. im Termin vom 09.09.2016 erklärt, es habe sich (nur) zum Teil um das Gewerk von T. gehandelt, und zwar hinsichtlich der Stufen selbst. Die Klagepartei leugnet nicht, dass es hier ursprünglich Nachbesserungsbedarf gab. Man habe einen Vorschlag unterbreitet, wie die Stufen in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden könnten und das habe die A. auch akzeptiert, siehe K 31, B 1- 54.
Tatsächlich ist in der Mail K 31 eine Erklärung enthalten, die Klägerin könne die Treppen nachbessern. Am 24.04.2013 (BA 91, B 1 -53) wird dann von Seiten des Bauherrn allerdings erklärt, man sei mit der Organisation der Nachbesserungsarbeiten nicht zufrieden.
Zu den Treppenhäusern hat der Zeuge W. im Termin vom 18.05.2018 Angaben gemacht. Demnach seien die Handläufe und die Stufen feuerverzinkt gewesen. Bei den Stufen der Treppenhäuser (“staircases“) habe es sich um Bleche (“Checker Plates“) gehandelt. Da es sich hier um Fluchttreppen gehandelt habe, habe O. hier Rügen erhoben.
Örtlich bei den Treppen angeordnet sind die Nr. 3124 und Nr. 3131 aus der Snaglist vom 19.09.2012. Demnach war ein „limit switch to be adjusted“ zu beheben aus Nr. 3124, es waren also Unebenheiten zu beseitigen. Grundsätzlich ergibt sich aus dieser Snaglist, dass eine Vielzahl ähnlich Mängel bereits gerügt und behoben worden waren. Auch aus einem Schreiben der Klägerin an die A. sind Erklärungen zu diesem Mangel zu entnehmen. Die Klägerin hat mit Schreiben K 30 vom 21.02.2013 erklärt, man behebe die Mängel an den staircases laufend, hier seien nur geringe Mängel vorhanden, die mit Einstellungen behoben und von O. bei den Inspektionen überprüft würden. Es seien überhaupt nur 92 von 750 Stufen betroffen, davon seien 12 nur wenige Millimeter aus der Toleranz und 10 innerhalb der Toleranz. Die übrigen seien dadurch zu beheben, dass die Plattformen leicht verändert würden.
Weiter existiert zu diesem Komplex die Mail K 31 vom 15.04.2013. Dort wird die T. ausdrücklich zu Mangelbeseitigungsarbeiten an den Treppen zugelassen. Sachbearbeiter vor Ort ist A. F.. Allerdings wird in der BA 0.91.TE vom 24.04.2013 (B 1- 34) wiederum beanstandet, dass die Arbeiten unkoordiniert ablaufen würden. In der Anlage K 56 bewertet die Klägerin die restlichen Mängel noch mit 2.500,00 €, da diese sich leicht beheben ließen und der Ansatz der A. mit 66.000,00 € überhöht sei, weil man kein Equipment brauche.
Aus diesen Urkunden kann aber mit der erforderlichen Sicherheit geschlossen werden, dass die T. Mangelbeseitigungsarbeiten durchgeführt hat. Der Zeuge A. F. erwähnte in seiner Vernehmung ausdrücklich, dass auch Treppenbleche nachjustiert werden mussten (“…es gab auch an den Treppen, und zwar sowohl an den Tribünen als auch an den Fluchttreppen kleinere Unregelmäßigkeiten/Überstände an den Platten. Das musste ebenfalls nachjustiert werden…“).
Daraus schließt das Gericht, dass auch diese Mängel von der Erledigung sämtlicher Punkte, die er als erledigt bezeichnet hat, umfasst sind.
Zur Belastbarkeit der Aussagen des Zeugen F. wird auf die obigen Ausführungen ausdrücklich Bezug genommen.
4. Weiterer Mangelkomplex – allerdings nicht vom Bauherrn gerügt – soll gewesen sein, dass die Schrauben für das Dach grundsätzlich zu schwach seien, die Dachbefestigung also mangelhaft gewesen sei.
a) Aus den schriftlichen Unterlagen ergibt sich eine erste Erwähnung des Problems in der Anlage B 19. In dieser Mail aus dem Januar 2012 wird von K. K., Senior Project Manager bei der Fa. N. AG, beklagt, dass mehr und mehr Schrauben aus der Betonunterlage herauskommen und die Membran beschädigen. Zudem habe man keine statische Berechung, wie viele Schrauben man brauche. Man müsse verhindern, dass sich die Membran von der Konstruktion löse. Allerdings beobachte man, dass die Membran sich 40 cm aufwölbt, selbst bei Wind von nur 20 km/h. Es sollte längere Schrauben verwendet werden.
Der Beklagte nimmt ihrerseits zur Begründung der Mangelbehauptung weiter Bezug auf
Dokumente, die mit „Structural analysis roof“ überschrieben sind (BA.078.TE vom 11.02.2013, Anlage B 1 -45). Demnach bedürfe es einer Nacharbeit der „roof membrane fixation“. Zudem habe man eine steigende Zahl von „loose and protruding screws“ aufgefunden.
In einem weiteren Schreiben B 1-48 überschrieben mit „T. Snag List Item: Structural Analysis Roof“ sind Bilder enthalten, die die Bauphase 2012 zeigen. Dort sind technische Details beschrieben, und zwar: „According to the technical standard the screw shall be fixed going through the membrane, isolation, and cement board into the rib of the trapezoidal sheet. However T. has chosen a different way of fixation using „two screws“, one between membrane and cement board, the other one SCC B. T. Structural Roof Analysis from the cement board into the rib of the trapezoidal sheet. This method is creating another problem as the screws which are fixed only into the cement board are loosening by movements of the roof.“
Die Klägerin antwortete hier – u. a. auf die Rüge BA 078.TE vom 11.02.2013, Anlage B 1-45 – am 21.02.2013, siehe Anlage K 30, dort Punkt 6 – man schlage vor, weitere Schrauben mit 75 mm einzubringen, mehr Schrauben würden allerdings die Dichtigkeit gefährden. Das System sei „oversafe“, man werden für die Arbeiten 15 – 20 Tage benötigen.
Am 25.02.2013 erklärte die A. mit Schreiben BA.080TE, der Vorschlag zur Befestigung der Membran werde an SSF gesandt und man erwarte deren Aussage (Anlage B 1-47)
Zu diesem speziellen Komplex ist unter der Bezeichnung BA.087.TE unter dem Datum 25.03.2013 (Anlage B 1- 50) eine detaillierte Aussage zu bestimmten technischen Voraussetzungen für das geänderte Befestigungssystem (“reinforcement“) enthalten. Dort wird die Klägerin aufgefordert, detaillierte Reparaturvorschläge bis zum 06.04.2013 vorzulegen. (“detailed repair documents“).
Anschliessend wurde die Anlage B 22 verfasst. Die Anlage selbst enthält kein Datum, nachdem dort allerdings die BA 087.TE vom 25.03.2013 zitiert wird, stammt das Schreiben von einem späteren Zeitpunkt. Dort sind unter der Überschrift „T. Snag List Itam: Structural Analysis Roof“ Fotos aus der Bauzeit sowie eine technische Skizze zu sehen. Die A. reklamiert hier geschätzte Kosten von 805.000,00 €, wenn – was im schlimmsten Fall anzunehmen sei – die Membran ausgetauscht und mit längeren Schrauben an den Blechen befestigt werden müsse.
Die Klägerin unterbreitete daraufhin am 06.04.2013 (Anlage K 28) unter Bezugnahme auf das Schreiben BA.087.TE, einen Vorschlag und erklärte dazu man sehe das nicht als „repair work“ an, sondern als „a reinforement work against the uncertainities and over safe considered material safety factors“.
Auf dieses Schreiben hin kam es zu keiner Reaktion der A. mehr, die die Arbeiten angeordnet oder freigegeben hätte.
b) Auskunft zu dem Komplex „Verschraubung des Daches“ gab der Zeuge W. im Termin vom 18.05.2018. Demnach habe es zwar Rügen der A. gegeben, aber der Bauherr seinerseits habe nichts geltend gemacht, so dass der Komplex offen geblieben sei. (Bl. 537 d.A.). Es habe Schriftverkehr bis in den März 2013 hinein gegeben, danach nicht mehr. Es sei richtig, dass mit der Anlage B19 im Januar 2012 diese Befestigungsmängel gerügt worden seien, allerdings sei dieser Komplex „einfach offen geblieben“. Man habe zwar Versuche gemacht zu Nachbesserungen, es sei dann aber nicht weiter verfolgt worden, ob das, was man hier gemacht habe, ausreichend sei oder nicht. Ein Büro Schmidt-Stumpfauf habe Vorschläge überprüft, diese seien aber aus ihrer Sicht teilweise nicht ausreichend gewesen. Hintergrund des Verlangens sei gewesen, dass man Windkanalversuche gemacht habe. Eine Rüge des Bauherrn zur „Befestigung des Daches“ habe es jedenfalls nicht gegeben.
c) Zu diesem Komplex hat der Klagepartei im Termin vom 18.05.2018 (Bl. 539) durch Herrn A. detailliert erklären lassen, es habe einen Lösungsvorschlag K 28 gegeben, auf den es dann aber keine Antwort mehr gegeben habe. Tatsächlich ist in der Anlage K 28, datiert auf den 06.04.2013, eine Antwort auf das Schreiben der A. vom 25.03.2013 enthalten. Demnach endet das Schreiben mit dem Satz „Please review and inform regarding the reinforcement activities to be carried out“. Der Vertreter der Klägerin erklärte dazu im Termin, es sei darum gegangen, ob die Anzahl der Schrauben ausreichend sei oder nicht. Man selbst sei davon ausgegangen, dass ja, aber auf das Angebot, mehr Schrauben zu verwenden, sei man von der A. aus nicht eingegangen. Insbesondere habe man dazu die Freigabe von Aserbaidschan gebraucht „und wir aufs Dach gekonnt hätten, was wir aber nicht konnten…“
d) Es ergibt sich aus den Unterlagen, die vor der Abnahme erstellt wurden, nicht eindeutig, ob die Tauglichkeit der Schrauben bereits vor der Abnahme gerügt wurde. Allerdings sind Mängel des Daches bereits von Anfang an Gegenstand der Korrespondenzen gewesen. Die speziellen Anforderungen, das Dach müsse mit stärkeren Schrauben befestigt werden, wurde bereits im Januar 2012 gerügt.
Das sieht die Kammer als ausreichend an, um die Beweislast für die Mangelfreiheit zu diesem Komplex grundsätzlich bei der Klägerin zu sehen. Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, dass der Bauherr selbst diese Mängel nicht gerügt hat, sondern nur die A.. Sie als Auftraggeberin konnte zunächst auch im eigenen Interesse verlangen, dass die Mängelwenn es sich um solche handelte – beseitigt wurden.
Allerdings hat die A. die Beseitigung der Mängel nicht verlangt, sondern nur die von ihr berechneten Kosten in ein „commercial settlement“ mit der T. einsetzen wollen, also den Werklohn entweder mindern oder mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen wollen.
Unter dem 30.05.2013 existiert nämlich eine Mail B 1-57, die diese Aussage enthält. Unter der Überschrift „A. Internal Snags uncompleted by T.“ sind für den Austausch der Schrauben 66.000,00 € geschätzt, für diese und weitere Arbeiten (“Handrail, Roof membrane watertightness“) insgesamt 373.000,00 €.
In dieser Mail bringt die A. zum Ausdruck, diese Mängel seien nicht Bestandteil des „close out“ agreements zwischen ihr und dem Bauherrn. (“With other words, Client is so far not aware of this defect“).
Die Erkenntnis ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen F. J. im Termin vom 19.12.2019 (Bl. 1045 ff.). Hier zeigte sich, dass man mit dem Bauherrn eine Lösung für die Entlassung aus der Gewährleistung erreichen wollte und dass damals der Bauherr von den angeblichen Mängeln am Dach „noch nichts wusste. Wenn wir hier in die Mängelbeseitigung hätten gehen müssen, dann hätte das auch leicht nochmal 1-2 Millionen Euro kosten können.“
Damit ergibt sich für das Gericht die Situation, dass nicht mehr ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden soll, um die T. zur Mangelbeseitigung anzuhalten, obwohl der Bauherr diese nicht verlangt oder nicht verlangen kann. Die A. könnte, auch wenn die Bauherrin den Mangel nicht gerügt hat, nämlich aus eigenem Interesse ihr Zurückbehaltungsrecht als Druckmittel einsetzen, vgl. BGH, VII ZR 75/11, NJW 2013, 3297, um die Unternehmerin zur vertragsgerechten Leistung anzuhalten. Sie kann allerdings keinen Schadensersatzanspruch geltend machen und auch den Werklohn nicht mindern, wenn der Auftraggeber seinerseits keine Ansprüche geltend macht.
Hierzu hat der Zeuge B. R. im Termin vom 02.08.2018 erklärt, die A. sei mit dem Nachlass, der mit dem Auftraggeber ausgehandelt wurde – er selbst sei bei den Verhandlungen dabei gewesen – aus der Mangelgewährleistung entlassen worden. In diesem Nachlass waren keine Forderungen die Dachbefestigung betreffend enthalten, diese sind in der Verhandlungsgrundlage B 3 nicht mit einem Wort erwähnt. Die A. hat also keinen Schaden erlitten und hätte auch keine Gegenforderungen geltend machen können.
Auf das tatsächliche Vorhandensein dieses Mangels und seine Bewertung kam es also aus rechtlichen Gründen nicht an.
5. Gestützt auf die Ausführungen des ehemaligen Beklagten zu 2) F. J. hat der Beklagte auch auf Mängel an Rauchklappen Bezug genommen.
Der Beklagte J. hatte im Schriftsatz vom 01.03.2016 ausgeführt, es habe Mängel am Dach gegeben, nämlich die Dachluken würden nicht funktionieren. Dieser Mangel „roof hatches“ war Gegenstand diverser Rügen. Die Klägerin hat dazu ausgeführt, es habe sich um Probleme mit dem Elektroantrieb gehandelt, der dann behoben worden sei. Tatsächlich enthält die Snaglist vom 20.09.2012 keine Eintragungen wegen dieser Punkte. Im Schreiben vom 18.09.2012 (K 32) ist der Vorwurf zurückgewiesen worden und es wurde darauf hingewiesen, dass es sich um ein Installationsproblem handle, genauer ausgeführt im Schreiben K 33 vom 12.10.2012. Angesichts dieser Urkunden sowie der Tatsache, dass auch der Bauherr den Mangel nicht mehr gerügt hat, ist das Gericht gem. § 286 ZPO davon überzeugt, dass der A. wegen dieses Umstands kein Zurückbehaltungsrecht mehr zustand und es auch keinen Schaden bei der A. deswegen gab. Dieses Ergebnis wird zusätzlich gestützt durch die Eintragung in die Anlage K 56, wonach die Rauchklappen funktionierten und die elektrischen Arbeiten nicht zum Gewerk der T. gehörten, dort Punkt 1.8.
6. Die Position „Müll“ (2.12., Waste/rubbishremoving“) mit 15.000,00 AZN geht nicht zu Lasten der Klägerin. Der Beklagte J. hat erklärt, der Komplex Müll betreffe die T. nur zum Teil (Protokoll der Verhandlung vom 09.09.2016) Tatsächlich ist es absolut lebensnah, dass in einem solchen Komplex der verbleibende Müll nicht einem Handwerker/Unternehmer alleine zuzuordnen ist. Zwar hat der Zeuge F. angegeben, es sei die Klägerin noch alleine auf der Baustelle gewesen, dass es sich hier aber – auch – um den Müll handelte, den andere zurückgelassen haben, kann nicht ausgeschlossen werden. Nachdem es sich hier nicht um einen Mangel handelt, geht die Kammer davon aus, dass der Beklagte nun beweisen müsste, dass ein Einbehalt gerechtfertigt gewesen wäre, da er sich auf die Anfechtbarkeit einer Zahlung vor Insolvenzeröffnung beruft. Die Kammer sieht hier auch keine Grundlage für eine Schätzung. Zudem hatte die A. der Klägerin in ihrer Forderungsberechnung vom 08.12.2012 bereits einen Anteil von 33.947,00 € aus der Forderung abgezogen „Less Waste Collection“ für die Müllbeseitigung, so dass diese Position nicht noch einmal berücksichtigt werden kann, sondern Sache der A. selbst war.
7. Weitere von den Beklagten angesprochene Mängel an den Türen (Schriftsatz 01.03.2017, Bl. 85) sind in der Anlage B 3 nicht erwähnt und finden auch in der Anlage K 30 vom 21.02.2013 keine Erwähnung mehr. Auch der Zeuge W. konnte im Termin (Bl. 539 d.A.) zu den Türen nichts Genaueres sagen, er berichtete nur, dass diese nicht richtig geschlossen hätten, von Kratzern wusste er nichts. Die Türen sind also zwar erwähnt in der Anlage B 1.52 vom 18.04.2013, die A. reklamiert hier auch Kosten von 45.000,00 €. Ein Abzugsposten von der Forderung der Klägerin ergibt sich daraus nicht.
8. Auch andere Mängel, die im Mängelstatus vom 18.04.2013 (B 1.52) enthalten und dort mit geschätzten Kosten versehen sind, finden sich in den Anforderungen des Bauherrn nicht wieder. Dieses gilt für die Dichtigkeit der Dachmembran, das stehende Wasser in der Outer Facade, die Korrosion der Handläufe und „noch ausstehende Arbeiten“ mit 30.000,00 €. Aus den oben erwähnten Gründen – Schaden der Klagepartei in der Beeinträchtigung der geschützten Werklohnforderung – kam es auf diese Mängel für die Entscheidung des Rechtsstreites ebenfalls nicht an.
XV. Die Klägerin hat demnach Anspruch auf einen Betrag von 1.725.229,72 € abzüglich 390.000,00 € zu. Die Kammer hat AZN wie € angesetzt. Es blieb bei den Nettobeträgen, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Bauherrin höhere Forderungen gestellt hätte.
Der Anspruch stand der Klägerin nur Zugum Zug gegen die Abtretung der Ansprüche zu, die sie gegen die A. im Insolvenzverfahren IN 473/13 angemeldet hat. Dem ist die Klägerin durch entsprechende Antragstellung gerecht geworden.
XVI. Der Klägerin konnten die beantragten Zinsen allerdings nicht zugesprochen werden.
Es ist zutreffend, dass die Abschlagsrechnungen, wie die Klagepartei sie eingeführt hat, gestellt worden sind. Auch ist der Zinslauf nach der Antragstellung korrekt berechnet.
Die Klägerin konnte allerdings nicht nachweisen, dass ihren Forderungen bis zum 15.06.2013 keine Zurückbehaltungsrechte entgegenstanden. Die Leistungen der Klägerin waren nicht nur unerheblich mangelhaft. Es lässt sich nicht mehr im einzelnen ermitteln, wann Teilleistungen wie nachgebessert worden sind und wann die Zurückbehaltungsrechte, die die A. auch hinsichtlich der Abschlagsrechnungen hatte, entfallen sind. So lange ein Zurückbehaltungsrecht gem. §§ 320 ff. BGB bestand, war die Forderung nicht fällig und der Verzug gem. § 286 BGB konnte nicht eintreten.
Waren die Forderungen zum 15.06.2013 fällig – wovon die Kammer ausgeht, s. o. – fehlt es an der entsprechenden Mahnung, die die A. in Verzug gesetzt hätte. In Betracht kommt nur das Schreiben der Klägerin vom 07.06.2013, in dem ein Zahlungstermin für einen Teilbetrag von 400.000,00 € bis 23.06.2013 verlangt wird. Dieser Termin lag allerdings nach dem Datum des Insolvenzantrags vom 19.06.2013.
Es musste also bei den Prozesszinsen sein Bewenden haben, §§ 288, 289 BGB. Die Klage ist dem Beklagten V. in der ursprünglichen Form zugestellt worden am 03.11.2015. Die Klageerweiterung vom 22.12.2016 wurde zugestellt am 30.12.2016. Für einen Betrag von 10.000,00 € begann die Pflicht zur Zahlung der Prozesszinsen also mit dem 04.11.2015, für den übrigen titulierten Betrag mit der Zustellung der Klageerweiterung, also am 31.12.2016.
XVII.
Bei der Kostenentscheidung war gem. §§ 92, 100 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO eine Kostentrennung vorzunehmen. Unter normaler Anwendung der Baumbach´schen Kostenformel hätte die Klagepartei wegen des vollständigen Unterliegens im Hinblick auf den Beklagten zu 2) die Hälfte der Gerichtskosten und ihrer außergerichtlichen Kosten zu tragen, im Hinblick auf ein Obsiegen in Höhe von (nur) 78% in Richtung auf den Beklagten zu 1) weitere 11%. Somit würde sich eine Kostenquote dahingehend ergeben, dass die Klagepartei dem Beklagten zu 1) 22% seiner außergerichtlichen Kosten erstatten muss, dieser seine außergerichtlichen Kosten im übrigen selbst trägt. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klagepartei müsste diese 61% tragen, der Beklagte zu 1) 39%. Dabei wäre aber nicht berücksichtigt, dass die gesamten Kosten des Verfahrens, die nach dem Erlaß des Teilurteils angefallen sind, den Beklagten zu 2) nicht mehr betreffen, da er aus dem Rechtsstreit ausgeschieden ist. Insoweit liegt ein Fall des § 100 Abs. 2 ZPO vor.
Es waren daher über die Kosten es Verfahrens, die nur die Klägerin und den Beklagten zu 1) betrafen, gesondert zu entscheiden. Diese waren so zu verteilen, als hätte sich der Angriff der Klägerin alleine gegen den Beklagten zu 1) gerichtet. In diesem Prozessrechtsverhältnis ist die Klägerin mit 22% unterlegen, der Beklagte zu 1) mit 78%. In dieser Quote war auch über die Kosten der Streithelfer zu entscheiden. Die Kosten des Verfahrens für die Zeit nach Erlass des Teilurteils vom 23.06.2017 waren zwischen der Klägerin und dem Beklagten in dieser Quote aufzuteilen, die Kosten des Verfahrens im übrigen, soweit es sich nicht um die nach dem 23.06.2017 angefallenen Kosten handelte, im Verhältnis 61% zu 39%.
XVIII. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
XIX. Streitwert: § 3 ZPO.