Aktenzeichen 130 C 250/16
Leitsatz
Tenor
1. Die Beklagte zu 2) wird als Gesamtschuldner verurteil, an die Klägerin 100,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.04.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu 2) wird als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld 3.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.04.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte zu 2) wird als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 446,37 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit 29.04.2016 zu zahlen.
4. Die Beklagten zu 2) hat als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Klaga ist begründet, da der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 833 BGB bzw. als Tieraufseherin gemäß § 834 BGB ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gemäß § 253 BGB in Höhe von 3.000,00 € sowie Schadensersatz in Höhe von 100,00 € gemäß §§ 249 ff BGB zusteht.
1. Es kommt nicht darauf an, ob die Bissverletzung durch das Zubeißen beider Hunde bzw. lediglich durch die Bisse des Schäferhundes, dessen Halter der Beklagte zu 1) ist, hervorgerufen worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend § 830 BGB nicht anwendbar. Aus Sicht des Gerichts ist nicht zu sehen, dass die beiden Hunde gemeinschaftlich gehandelt hätten, wenn nur einer von ihnen zugebissen haben soll.
2. Die Beklagte zu 2) haftet für durch den Schäferhund verursachte Bissverletzung jedenfalls nach § 834 BGB. Die Voraussetzungen des § 834 BGB liegen vor. Die Beklagte zu 2) war nach ihrer eigenen Angaben Tieraufseherin, indem sie insbesondere den Schäferhund tagsüber gemeinsam mit ihrem Pintscher beaufsichtigte. Die Beklagte zu 2) hat sich auch nicht gemäß § 834 Satz 2 BGB entlastet. Nach § 834 Satz 2 BGB tritt die Verantwortlichkeit des Tieraufsehers nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch be: Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Welche Anforderungen an die erforderliche Sorgfalt zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Ausmaß der von dem Tier nach seiner Gattung, besonderen Eigenarten unter konkreten Situationen ausgehenden Gefahr. Im Fall von Hunden ist insbesondere die Beaufsichtigung ggf. auch das Anleinen erforderlich. Vorliegend befanden sich die Tiere, die unkoontrolliert aus der Haustür liefen, bzw. sich bereits im Garten befanden, nicht mehr unter der Kontrolle der Beklagten zu 2), zumal nach Aussagen der Zeugin W1. die Beklagte zu 2) die Haustür öffnete und somit erst die Möglichkeit schuf, dass die Hunde ohne Kontrolle die Klägerin beißen konnten.
3. Im Übrigen haltet oie Beklagte zu 2) jedenfalls nach § 833 BGB für Verletzungen, die durch den kleineren Hund zugefügt wurden.
4. Anhaltspunkte für ein Mitverschulden der Klägerin, insbesondere das von der Beklagten vorgetragene schreiende Weglaufen, wurde durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugin W2. hat bestätigt, dass die Hunde auf die Klägerin zuliefen und die Klägerin, wie auch die Zeugin W1., dann versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Auch habe die Klägerin erst zu Schreien begonnen, als die Hunde anfingen sie zu beißen. Demnach ist ein Mitverschulden der Klägerin nicht ansatzweise erkennbar.
5. Der Klägerin steht ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 3.000,00 € zu.
a. Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien. Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzung, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierzu zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüberhinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Weiter fließt in die Bestimmung des Schmerzensgeldes auch das Alter des Geschädigten ein; denn einunddieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden. Bei der Schmerzensgeldbemessung nach diesen Grundsätzen verbietet sich eine schematische zergliedernde Herangehensweise an. Einzelne Verletzungen, bzw. Verletzungsfolgen, sind nicht gesondert zu bewerten. Die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die ir vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder Anhaltspunkte bieten können (vgl. Grüneberg in Palandt, 76. Auflage 2017, § 253 BGB, Rd.Nr. 4, 15 ff).
b. Ein Schmerzensgeld von 3.000,00 € ist für die Verletzunger der Klägerin angemessen, aber auch ausreichend. Das Schmerzensgeld bewegt sich innerhalb dessen, was für vergleichbare Fälle bezahlt wird. Das OLG Jena sprach für zwei Bissverletzungen der Wade mit Narbenbildung, der Dauer der Arbeitsunfähigkeit von 1 Monat sowie ambulanten Heilbehandlung einen Betrag von 2.000,00 € zu (vgl. OLG Jena, Urt. vom 16.07.2015 – 1 U 652/14). Das OLG Düsseldorf hat einer Schülerin für eine Bisswunde am Unterarm durch einen Rottweiler, die fast narbenfrei verheilte, ein Schmerzensgeld von 2.556,46 € (vgl. OLG Düsseldorf Urteil vom 12.07.1996 – 22 U 31/96) zugesprochen und hierbei insbesondere die Angst und psychische Belastung der Schülerin berücksichtigt. Das AG Cloppenburg hat einer Frau bei einer Unterarmsverletzung durch Hundebiss mit Infektion ein Schmerzensgeld von 4.000,00 € zugesprochen (vgl. AG Cloppenburg Urteil vom 13.09.2013 – 21 C 876/12).
Vorliegend st zu berücksichtigen, dass die Klägerin sowohl in die Wade als auch in den Unterarm gebissen wurde und sich nicht einem, sondern 2 Hunden – wenn auch einem kleinen und einem großen Hund – gegenüber sah. Weiter hat die Klägerin eine Tentanusspritze erhalten und wurde 4 Wochen lang Antibiotika und mit antiseptischen Mitteln behandelt. Weiter wurde die Klägerin 5 × ambulant behandelt Die Narbenbildung an der Wade war auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, mithin ca. 1 Jahr nach dem Vorfall, deutlich sichtbar. Auch bewegt der Vorfall die Klägerin, wie in ihrer informatorischen Anhörung deutlich wurde, nicht heute.
6. Der Schadensersatzanspruch für die zerstörte Kleidung ergibt sich aus § 249 Abs. 2 BGB. Die Höhe des Schadens war zwischen den Parteien unstreitig.
III. Der Anspruch auf Zinsen als Verzugsschaden folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB. Der Zinsbeginn war zwischen de Parteien unstreitig.
IV. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt sich ebenfalls aus Verzug gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Die Höhe bemisst sich aus einer 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300, 1008 VV RVG aus einem Betrag von 3.100,00 €, mithin 327,60 €, zuzüglich Auslagen gemäß Nr. 7001 u. 700.2 VV RVG in Höhe von 20,00 € zuzüglich MwSt in Höhe von 88,04 €, mithin insgesamt 413,63 €. Weiter sind gemäß Nr. 7002 VV RVG Kosten für die Kopien der Ermittlungsakte ir Höhe von 27,50 € erstattungsfähig.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hal ihre Rechtsgrundlage in § 709 Satz 2 ZPO.