Arbeitsrecht

Abberufung aus “Lenkungsgruppe” einer Gemeinde wegen zweimaliger Nichtteilnahme

Aktenzeichen  RN 3 K 14. 2156

Datum:
13.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 86
BayGO BayGO Art. 19 Abs. 2, Art. 32, Art. 33, Art. 48

 

Leitsatz

Die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung ist statthafte Klageart bei einem Ausschlus aus einer “Lenkungsgruppe” der Gemeinde. Da hierdurch nur Gemeinderatsmitglieder in ihrer Innenrechtsbeziehung betroffen sind, fehlt die für eine Verwaltungsakt erforderliche Außenwirkung, so dass die Anfechtungsklage nicht statthaft ist. (redaktioneller Leitsatz)
Bei einer “Lenkungsgruppe” handelt es sich nicht um einen Ausschuss der Gemeinde (Art. 32 GO), deren Zusammensetzung deshalb die Stärkeverhältnisse im Gemeinderat nicht widerspiegeln muss und dem auch gemeinderatsexterne Fachleute angehören können. Die aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde fließende Organisationshoheit ermächtigt zur Schaffung solcher Gremien, für die in der Parxis auch die Begriffe  “Arbeitsgruppe”, “Kommission” oder “Beirat” gebräuchlich sind. (redaktioneller Leitsatz)
Für die Abberufung von Mitgliedern einer “Lenkungsgruppe” kann auf die Grundsätze des Art. 19 Abs. 2 GO zurückgegriffen werden, wonach die Entziehung eines Ehrenamts aus wichtigem Grund möglich ist. (redaktioneller Leitsatz)
Wie für vorbereitende Ausschüsse besteht erst Recht für kommunale Gremien wie bloße “Arbeitsgruppen” anders als für beschließende Ausschüsse keine Teilnahmepflicht, weil sie lediglich Empfehlungen aussprechen. Der Ausschluss aus einem solchen Gremium kann deshalb nicht auf die Nichtteilnahme an Sitzungen gestützt werden. In jedem Fall erforderlich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist eine vorausgegangene Ermahnung sowie die Berücksichtigung beruflicher Hinderungsgründe. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Beschluss des Gemeinderates des Marktes … vom 4. November 2014, mit dem die Ausschussgemeinschaft „…“ aus der Lenkungsgruppe für die Schulsanierung ausgeschlossen wurde, wird aufgehoben.
II.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, die auf Aufhebung des Beschlusses des Gemeinderates des Beklagten vom 4. November 2014 über den Ausschluss der Klägerin aus der Lenkungsgruppe „Schulsanierung“ gerichtet ist, hat Erfolg. Zum einen sind die Sachentscheidungsvoraussetzungen der Klage gegeben (vgl. nachfolgend 1.), zum anderen ist die Klage auch begründet (vgl. nachfolgend 2.).
1. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der vom Gemeinderat gebildeten Gremien wie der „Lenkungsgruppe Schulsanierung“ ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet, da es bei einem solchen Streit zwischen einer Gemeinderatsfraktion bzw. einer Ausschussgemeinschaft und dem Markt um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen der Gemeinde geht.
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung, wenn die Klage – wie hier – die Aufhebung des Beschlusses des Gemeinderates vom 4. November 2014 über den Ausschluss der Mitglieder der Klägerin aus der Lenkungsgruppe zum Ziel hat (für Ausschussbesetzungen vgl. VG Regensburg, U. v. 14.1.2015 – RN 3 K 14.1045 – juris m. w. N.). Eine Anfechtungsklage scheidet insoweit aus, da es jedenfalls in Bezug auf die Gemeinderatsmitglieder, die gerade als solche in das Gremium berufen wurden, an der für einen Verwaltungsakt erforderlichen Außenwirkung fehlt. Zwar ist mit dem Rektor auch ein Nicht-Gemeinderatsmitglied in der Lenkungsgruppe vertreten, im gegenständlichen Streit über den Ausschluss aus der Lenkungsgruppe sind von der Maßnahme aber nur Gemeinderatsmitglieder in ihren Innenrechtsbeziehungen zum Beklagten betroffen. Eine über die bloße Aufhebung des fraglichen Gemeinderatsbeschlusses hinausgehende Klage etwa dergestalt, dass der Beklagte auch noch ausdrücklich zum Belassen der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten in der Lenkungsgruppe zu verurteilen sei, bedarf es nicht. Die sich aus dem ursprünglichen Gemeinderatsbeschluss vom 29. Juli 2014, mit dem die Lenkungsgruppe eingerichtet und die Mitglieder ernannt wurden, ergebenden mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten kommen nämlich bereits wieder unmittelbar zum Tragen, wenn der Beschluss über den Ausschluss vom 4. November 2014 aufgehoben ist.
Die Klägerin ist analog § 42 Abs. 2 VwGO zur Klage befugt. Sie kann die mögliche Verletzung eines durch den Gemeinderatsbeschluss vom 29. Juli 2014 eingeräumten Rechts auf Vertretung in der Lenkungsgruppe „Schulsanierung“ durch rechtswidrigen Ausschluss aus diesem Gremium geltend machen. Insoweit ist sie auch beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO und – vertreten durch den Vorsitzenden der Ausschussgemeinschaft – prozessfähig nach § 62 Abs. 3 VwGO.
2. Die gegen den Markt erhobene Klage ist auch begründet. Sie richtet sich insbesondere gegen den richtigen Beklagten, da im kommunalverfassungsrechtlichen Streit das Handeln des Organs Gemeinderat entsprechend dem Rechtsträgerprinzip der Gemeinde zugerechnet wird (§ 78 VwGO analog). Darüber hinaus ist der streitgegenständliche Beschluss des Gemeinderates des Beklagten vom 4. November 2014 rechtswidrig und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt.
Der Beschluss vom 4. November 2014 stellt nicht nur eine bloße Neuzusammensetzung der Lenkungsgruppe dar. Vielmehr handelt es sich um einen gezielten Ausschluss der beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft, der an ein ihnen vorgeworfenes Verhalten anknüpft, nämlich die zweimalige Nichtteilnahme an den ersten beiden Lenkungsgruppensitzungen ohne bzw. ohne ordnungsgemäße Entschuldigung.
a) Der streitgegenständliche Beschluss über den Ausschluss ist zwar formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
Für die Entscheidung über den Ausschluss als sogenannter „actus contrarius“ zur Bestellung zum Mitglied des Gremiums ist insbesondere die Organkompetenz des Gemeinderates gegeben, nachdem dieser am 29. Juli 2014 auch die Errichtung und Zusammensetzung der Lenkungsgruppe beschlossen hatte.
Eine direkte Anwendung von Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), wonach vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte von Beteiligten eingreift, diesen Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist, scheidet zwar vorliegend wegen des bereits oben aufgezeigten Fehlens der Verwaltungsaktsqualität aus. Selbst bei analoger Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall wäre das Verfahren aber als rechtmäßig anzusehen, da die beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft sowohl in der Gemeinderatssitzung am 4. November 2014 selbst wie auch bereits zuvor anlässlich der Ladung zu dieser Gelegenheit hatten, zum zugeleiteten Antrag der übrigen Gemeinderatsmitglieder auf Ausschluss Stellung zu nehmen.
Schließlich war auch die Beschlussfähigkeit des Gemeinderates am 4. November 2014 gegeben. Von einer ordnungsgemäßen Ladung ist auszugehen; jedenfalls sind aber offenbar alle Gemeinderatsmitglieder bei der Sitzung anwesend gewesen, ohne einen Ladungsmangel zu rügen. Die Mitwirkung der beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft bei der Beschlussfassung über ihren Ausschluss aus der Lenkungsgruppe stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 49 Abs. 1 GO dar, wonach ein Gemeinderatsmitglied bei persönlicher Beteiligung an Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen darf. Zum einen gilt Art. 49 Abs. 1 GO nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 GO schon nicht für Beschlüsse, mit denen der Gemeinderat eine Person zum Mitglied eines Ausschusses bestellt oder sie zur Wahrnehmung von Interessen der Gemeinde in eine andere Einrichtung entsendet, dafür vorschlägt oder – wie hier – daraus abberuft. Zum anderen wäre selbst bei Anwendbarkeit des Art. 49 Abs. 1 GO wegen des Beschlussergebnisses von 15:2 Stimmen nach Art. 49 Abs. 4 GO eine Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegeben, da die Mitwirkung der beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft für das Abstimmungsergebnis nicht entscheidend war.
b) Der Beschluss vom 4. November 2014 über den Ausschluss der beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft aus der Lenkungsgruppe ist jedoch materiell rechtswidrig, da es insbesondere schon an einem dafür erforderlichen wichtigen Grund fehlt. Unter Rückgriff auf die Rechtsgrundlage des Art. 19 Abs. 2 GO hätte es vorliegend nämlich eines solchen bedurft, um die beiden Mitglieder der Ausschussgemeinschaft aus der Lenkungsgruppe „Schulsanierung“ abzuberufen. Zudem liegt ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Ermessensausübung und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor.
aa) Bei der Lenkungsgruppe handelt es sich nicht um einen Ausschuss i. S. v. Art. 32 GO, insbesondere auch nicht um einen lediglich vorberatenden Ausschuss i. S. v. Art. 32 Abs. 1 GO. Zwar ist der Gemeinderat grundsätzlich frei, derartige Ausschüsse einzurichten. Wenn er jedoch einen echten Ausschuss im kommunalverfassungsrechtlichen Sinn bildet, sind die dafür bestehenden gesetzlichen Vorgaben zu beachten, beispielsweise hinsichtlich der auf beschließende Ausschüsse übertragbaren Aufgaben (vgl. Art. 32 Abs. 2 GO) oder der Zusammensetzung als verkleinertes „Spiegelbild“ des Gemeinderates (vgl. Art. 33 Abs. 1 GO). Entgegen der Annahme der Klägerin kann der Gemeinderat insbesondere auch keinen Verzicht auf den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz beschließen, da er sich über zwingende gesetzliche Vorgaben nicht hinwegsetzen darf.
Vorliegend hat sich der Gemeinderat des Beklagten in seiner Sitzung am 29. Juli 2014 aber erkennbar bewusst gegen die Einrichtung eines derartigen Ausschusses im kommunalverfassungsrechtlichen Sinn entschieden. Dies ergibt sich zunächst schon aus der Niederschrift zur damaligen Gemeinderatssitzung selbst, wonach der Gemeinderat seinen ausdrücklichen Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass „diese Gruppe keinen kommunalen Ausschuss im Sinne der Gemeindeordnung darstellt“. Deutlich wird dies aber auch darin, dass der Gemeinderat bewusst darauf verzichtet hat, bei der Zusammensetzung der Lenkungsgruppe den Stärkeverhältnissen im Gemeinderat Rechnung zu tragen. Vielmehr hat er zum einen im Interesse einer möglichst umfassenden Teilhabe aller im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen jeder davon einen Platz in der Lenkungsgruppe eingeräumt. Zum anderen hat er aber auch – was die Klägerin in ihrem Vorbringen übersehen zu haben scheint – den Leiter der Schule, die saniert werden soll, zu einem Mitglied der Lenkungsgruppe berufen, um auch gemeinderatsexternes, schulbezogenes Fachwissen in das Sanierungsprojekt einfließen zu lassen.
In der Gemeindeordnung finden sich für die Einrichtung eines derartiges Gremiums, das keinen Ausschuss darstellt und für das sich in der Praxis beispielsweise auch Begriffe wie „Arbeitsgruppe“, „Beirat“ oder „Kommission“ finden, zwar keine speziellen Regelungen. Gleichwohl ist in der Rechtsprechung auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anerkannt, dass die aus dem Selbstverwaltungsrecht abgeleitete Organisationshoheit der Gemeinden diesen auch insoweit einen kommunalrechtlichen Gestaltungsspielraum einräumt und die Schaffung eines solchen Gremiums durchaus ermöglicht (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand: 1.9.2015, 10.32 Nr. 1). Zu beachten ist dabei jedoch, dass es sich bei diesem dann nicht selbst um einen Entscheidungsträger handeln darf, sondern allenfalls um ein die maßgeblichen Entscheidungsträger (Gemeinderat, beschließende Ausschüsse, Bürgermeister bzw. von ihm beauftragte Bedienstete des Beklagten) beratendes Gremium (vgl. BayVGH, U.v. 17.2.1999 – 4 B 96.1710 – juris Rn. 37 ff und Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: 31.12.2014, Art. 32 GO Rn. 13), schon weil sonst die zwingenden gesetzlichen Anforderungen an die Einrichtung von beschließenden Ausschüssen umgangen würden. Diese Vorgabe hat der Gemeinderat des Beklagten jedoch beachtet, wie sich wiederum aus der einschlägigen Sitzungsniederschrift ergibt („Nachdem diese Gruppe keinen kommunalen Ausschuss im Sinne der Gemeindeordnung darstellt, können keine bindenden Beschlüsse, sondern lediglich Empfehlungen an den MGR abgegeben werden.“).
bb) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abberufung von Mitgliedern aus der Lenkungsgruppe, die wie aufgezeigt keinen Ausschuss im kommunalverfassungsrechtlichen Sinn darstellt, kann auf die Grundsätze des Art. 19 Abs. 2 GO zurückgegriffen werden, wonach eine Abberufung aus ehrenamtlicher Tätigkeit (nur) bei wichtigem Grund möglich ist, insbesondere wenn die ehrenamtlich tätige Person ihre Pflichten gröblich verletzt oder sich als unwürdig erwiesen hat (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, a. a. O., Art. 32 GO Rn. 15: „Werden die ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder, die Kommissionsmitglieder werden sollen, im Gemeinderatsbeschluss namentlich aufgeführt, so erwerben sie damit ein von der Gemeinde verliehenes Ehrenamt, das ihnen nur vom Gemeinderat bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (s. Art. 19 Abs. 2, ferner Art. 33 Rn. 16) wieder aberkannt werden kann.“).
Eine Anwendung von Art. 86 BayVwVfG, der die Abberufung von zu ehrenamtlicher Tätigkeit herangezogenen Personen zum Gegenstand hat, scheidet dagegen vorliegend aus. Eine unmittelbare Geltung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, da Art. 86 BayVwVfG nach Art. 81 BayVwVfG nur für die ehrenamtliche Tätigkeit „im Verwaltungsverfahren“ einschlägig ist; vorliegend ist die Tätigkeit der Lenkungsgruppe jedoch nicht – wie nach Art. 81 BayVwVfG erforderlich – auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages gerichtet. Für eine analoge Anwendung des Art. 86 BayVwVfG besteht vorliegend ebenfalls kein Bedürfnis. Mit der kommunalrechtlichen Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 GO, der der Regelung des Art. 86 BayVwVfG nachgebildet ist (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, a. a. O., Art. 19 GO Rn. 13), besteht nämlich eine sachnähere Regelung. Art. 86 BayVwVfG ist daher nicht für kommunal(verfassungs)rechtliche Ehrenämter anwendbar (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 81 Rn. 2a und Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 81 VwVfG Rn. 3). Deshalb besteht aber auch kein Bedarf für die von Klägerseite geltend gemachte Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze, die etwa aus einem Vergleich mit Vereins- oder Gesellschaftsrecht oder dem Recht von Dauerschuldverhältnissen gewonnen werden könnten und ebenfalls nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes verlangen würden.
cc) Ein somit wegen Rückgriffs auf Art. 19 Abs. 2 GO erforderlicher wichtiger Grund für die Abberufung der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft aus der Lenkungsgruppe ist vorliegend jedoch nicht gegeben.
Der Beklagte hat insoweit geltend gemacht, die beiden Mitglieder der Klägerin hätten durch ihr nicht oder nicht in ausreichender Art und Weise entschuldigtes Fehlen bei den ersten beiden Sitzungen der Lenkungsgruppe gegen ihre Teilnahmepflicht verstoßen. Dieses Vorbringen trägt die getroffene Entscheidung des Gemeinderates vom 4. November 2014 jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht, da darin keine gröbliche Pflichtverletzung der ausgeschlossenen Personen erkennbar ist.
(1) Zunächst bestand für die Mitglieder der Lenkungsgruppe – entgegen der Annahme des Beklagten – nämlich schon gar keine Teilnahmepflicht, gegen die durch Fehlen verstoßen werden konnte.
Zwar ist in Art. 20 Abs. 1 GO die allgemeine Pflicht der ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder geregelt, ihre Obliegenheiten gewissenhaft wahrzunehmen, und aus Art. 46 Abs. 2 Satz 2 GO ergibt sich die Verpflichtung der Gemeinderatsmitglieder, die ihnen zugewiesenen Geschäfte zu übernehmen (vgl. auch Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, a. a. O., 10.48 Nr. 4). Gerade in Bezug auf die Teilnahmepflicht bei Sitzungen bestehen aber Spezialregelungen, die vorrangig zu beachten sind. So postuliert Art. 48 Abs. 1 Satz GO ausdrücklich die Pflicht der Gemeinderatsmitglieder zur Teilnahme an den Sitzungen (und Abstimmungen), allerdings unmittelbar nur für Gemeinderatssitzungen und in Verbindung mit Art. Art. 55 Abs. 2 GO auch für beschließende Ausschüsse. Für lediglich vorberatende Ausschüsse hat der Gesetzgeber in Art. 55 Abs. 1 GO demgegenüber die Anwendbarkeit des Art. 48 GO gerade nicht ausdrücklich bestimmt. Vielmehr hat er dem jeweiligen Gemeinderat bei der Regelung des Geschäftsgangs vorberatender Ausschüsse durch die Geschäftsordnung „weitgehend freie Hand“ gelassen (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juli 2015, Art. 55 GO Rn. 2). Insbesondere für die Frage der Teilnahmepflicht findet der Verzicht des Gesetzgebers auf eine entsprechende Vorgabe seine Rechtfertigung in dem Umstand, dass es bei lediglich vorbratenden Ausschüssen – im Gegensatz zu beschließenden Ausschüssen – naturgemäß gerade nicht auf eine Beschlussfähigkeit ankommt, die nach der Anwesenheit einer hinreichenden Zahl von Mitgliedern verlangt (vgl. Art. 47 Abs. 2, Art. 55 Abs. 2 GO). Umgekehrt ist der Gemeinderat durch Art. 55 Abs. 1 GO nicht gehindert, in der Geschäftsordnung eine Teilnahmepflicht auch für lediglich vorbratende Ausschüsse selbst zu regeln (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, a. a. O., Art. 48 GO Rn. 2).
Dies muss erst recht für kommunale Gremien wie bloße „Arbeitsgruppen“, „Kommissionen“ oder „Beiräte“ gelten, die keine Ausschüsse sind und ebenfalls keine Entscheidungen treffen, sondern lediglich Empfehlungen aussprechen dürfen. Auch insoweit fehlt im Gesetz die ausdrückliche Regelung einer Teilnahmepflicht, zumal es auch hierbei nicht auf eine Beschlussfähigkeit des Gremiums ankommen kann. Dem Gemeinderat mag es zwar unbenommen sein, im Rahmen seiner Organisationshoheit eine derartige Teilnahmepflicht in der Geschäftsordnung oder beispielsweise im Beschluss, mit dem ein derartiges Gremium eingerichtet und gebildet wird, vorzusehen. Vorliegend lässt sich aber weder der am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Geschäftsordnung des Gemeinderats des Beklagten eine derartige Regelung für die Lenkungsgruppe entnehmen noch hat der Gemeinderat im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 29. Juli 2014 über deren Bildung oder im Nachgang hierzu eine solche Teilnahmepflicht in Bezug auf die Lenkungsgruppe angeordnet. Der bloße Appell eines einzelnen Gemeinderatsmitglieds, das laut vorgelegtem Auszug aus der Niederschrift zur Gemeinderatssitzung vom 7. Oktober 2014 die Mitglieder der Lenkungsgruppe bat, sich bei Verhinderung auch zu entschuldigen, genügt insofern jedenfalls nicht.
(2) Aber auch selbst wenn für die Mitglieder der Lenkungsgruppe eine Pflicht zur Teilnahme an den Sitzungen des Gremiums bestanden hätte, wäre diese vorliegend nicht gröblich verletzt worden.
Ein vorwerfbarer Verstoß gegen eine Teilnahmepflicht wäre zunächst schon nur möglich bei (ordnungsgemäßer) Ladung (vgl. auch Bauer/Böhle/Ecker, a. a. O., Art. 55 GO Rn. 2 für beratende Ausschüsse). Insoweit bestehen aber zumindest Zweifel, ob die Mitglieder der Ausschussgemeinschaft zur ersten Sitzung der Lenkungsgruppe überhaupt ordnungsgemäß geladen wurden. Immerhin wird von diesen der Erhalt von Ladungen bestritten und der Beklagte, der sich auf das Vorliegen ordnungsgemäßer Ladungen beruft, hat jedenfalls keine unmittelbaren Nachweise für den tatsächlichen Zugang der Ladungen beigebracht.
Darauf kommt es hier aber ohnehin nicht streitentscheidend an, da jedenfalls der Vorwurf der fehlenden Teilnahme der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft an der zweiten Sitzung der Lenkungsgruppe für den erfolgten Ausschluss nicht mit herangezogen werden kann. Zunächst stellt der Beklagte diesbezüglich nämlich schon nicht auf das Fehlen eines sachlichen Hinderungsgrundes ab, worauf es aber in erster Linie ankäme; die von den Mitgliedern der Ausschussgemeinschaft geltend gemachten beruflichen Gründe, die eine Teilnahme kurzfristig verhindert hätten, werden von Beklagtenseite nicht bestritten. Der Gemeinderat hat seine Entscheidung stattdessen tragend lediglich darauf gestützt, dass eine Entschuldigung unterblieben bzw. nicht rechtzeitig bzw. nicht in der veranlassten Form erfolgt sei. Tatsächlich war dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung am 4. November 2014 laut Auszug aus der Sitzungsniederschrift aber durchaus bekannt, dass sich die Mitglieder der Ausschussgemeinschaft etwa zwei Stunden vor Sitzungsbeginn per E-Mail-Zuleitung an den ersten Bürgermeister entschuldigt hatten, diese Zuleitung jedoch im Spam-Ordner eingegangen war und schon deshalb seitens des Beklagten nicht mehr vor Sitzungsbeginn zur Kenntnis genommen werden konnte. Wie der erste Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung bestätigte, hat der Beklagte für die Kommunikation der Gemeinderatsmitglieder mit ihm den E-Mail-Verkehr jedoch durchaus eröffnet, jedenfalls durch ständige Übung laufend akzeptiert. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb die Mitglieder der Ausschussgemeinschaft gehalten gewesen sein sollten, sich auf andere Weise mit dem Beklagten in Verbindung zu setzen. Insbesondere sind in der Geschäftsordnung des Gemeinderates oder in anderen einschlägigen Regelungen des Beklagten keine entsprechenden Vorgaben enthalten, die an die Form der Entschuldigung besondere Anforderungen stellen. Nachdem in der Vergangenheit die E-Mail-Zuleitungen der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft nicht im Spam-Ordner der Gemeinde landeten, wie die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung wiederum bestätigte, bestand auch keine Veranlassung für die Annahme, dass dies am Tag der zweiten Sitzung der Lenkungsgruppe anders sein sollte. Schließlich wäre – selbst wenn man die per E-Mail erfolgte Entschuldigung des Lenkungsgruppenmitglieds S. entgegen vorstehender Ausführungen als ungenügend ansehen wollte – nicht ersichtlich, inwieweit dieser Umstand auch dem Lenkungsgruppenmitglied W. zum Vorwurf zu machen sei.
Jenseits der vorgenannten Umstände hat der Gemeinderat des Beklagten keine weiteren Aspekte von Relevanz seiner Entscheidung vom 4. November 2014 ausdrücklich zugrunde gelegt, insbesondere nicht ein durch wiederholtes Fehlen bei den Lenkungsgruppensitzungen zerstörtes Vertrauen in die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Ausschussgemeinschaft. Ungeachtet dessen würde nach vorstehenden Ausführungen ohnehin schon die sachliche Basis für eine Zerstörung des Vertrauens der übrigen Mitglieder der Lenkungsgruppe bzw. des Gemeinderats durch die zweimalige Nichtteilnahme der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft fehlen.
dd) Der streitgegenständliche Beschluss des Gemeinderats vom 4. November 2014 wäre aber selbst dann als rechtswidrig anzusehen, wenn – entgegen der Auffassung des Gerichts – die zweimalige Nichtteilnahme an Lenkungsgruppensitzungen einen „wichtigen Grund“ darstellen würde. Die vom Gemeinderat des Beklagten gewählte Option eines Ausschlusses der Mitglieder der Ausschussgemeinschaft aus der Lenkungsgruppe „Schulsanierung“ käme nämlich grundsätzlich nur als „ultima ratio“ in Betracht. Mildere Möglichkeiten, die nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gegebenenfalls vorrangig zu nutzen wären, wurden vom Gemeinderat schon gar nicht geprüft, wie die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung wiederum bestätigte. Zwar scheidet ein Ordnungsgeld, das von Klägerseite als mögliches milderes Instrument vorgeschlagen wurde, vorliegend aus, da die für die Teilnahme an Gemeinderatssitzungen (bzw. an Ausschusssitzungen) geltende Regelung des Art. 48 Abs. 2 GO (i. V. m. Art. 55 Abs. 2 GO) für sich genommen auf ein Gremium wie die Lenkungsgruppe „Schulsanierung“ wiederum nicht anwendbar ist. Der Gemeinderat hat aber offensichtlich die gegebenenfalls in Betracht kommenden (milderen) Möglichkeiten beispielsweise einer Mahnung oder Rüge, einer Berufung des bisherigen Stellvertreters W. zum Lenkungsgruppenmitglied und „Rückstufung“ des bisherigen Lenkungsgruppenmitglieds S. zum bloßen Stellvertreter oder eines Ausschlusses nur des bisherigen Lenkungsgruppenmitglieds S. nicht einmal in Erwägung gezogen. Darin ist zugleich ein Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung zu sehen, immerhin handelt es sich bei der Abberufung aus der Lenkungsgruppe um eine Ermessensentscheidung.
Durch den sonach rechtswidrigen Beschluss des Gemeinderats des Beklagten vom 4. November 2014 über den Ausschluss aus der Lenkungsgruppe liegt auch eine Verletzung in den mitgliedschaftlichen Rechten, die sich aus dem Beschluss vom 29. Juli 2014 ergeben, vor.
Nach allem war der streitgegenständliche Gemeinderatsbeschluss vom 4. November 2014 durch Urteil aufzuheben.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und erfolgt unter Berücksichtigung von Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung für den Fall einer Festsetzung des Streitwerts in Höhe von 10.000,00 Euro jeweils erklärt, auf Rechtsmittel zu verzichten.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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