Aktenzeichen 16a D 14.1160
Leitsatz
1 Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen idR anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Angesichts der Schwere der in der strafrechtlichen Verurteilung (49 Betrugsfälle) dokumentierten mehrfachen Pflichtverstöße und des verursachten Gesamtschadens (23.000 €) sowie der früheren Stellung des Beamten als Kämmerer und geschäftsleitender Beamter ist die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 13b D 12.2277 2014-01-17 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) verhängt.
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden. Für die beantragte Einstellung des Disziplinarverfahrens ist daher kein Raum.
2. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem seit 21. Juni 2012 rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 63 Abs. 1 S. 1, Art. 55 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte in 49 Fällen unberechtigt „Sitzungsgelder“ in Höhe von insgesamt 23.025,86 € abgerechnet und damit seinen Dienstherrn betrogen. Die beiden weiteren in der Disziplinarklage aufgeführten dienstpflichtverletzenden Handlungen (wahrheitswidrige Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten) sind ebenfalls im Strafurteil tatsächlich festgestellt. Für eine offenkundige Unrichtigkeit von Feststellungen ergibt sich hier nichts, so dass ein Lösungsbeschluss nicht in Betracht kommt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 55 BayDG Rn. 3, 4). Weder stehen die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, noch sind sie aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Neue Beweismittel, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen würden, liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag, die im Schriftsatz vom 26. Februar 2013 benannten Zeugen zu den dort genannten Beweisthemen zu vernehmen, zu Recht abgelehnt. Zum einen waren die genannten Zeugen für das Strafgericht ohne weiteres erreichbar, zum anderen fehlte es an hinreichend substantiiertem Sachvortrag. Für die hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Disziplinarsache an das Verwaltungsgericht ist ohnehin keine Rechtsgrundlage im Prozessrecht ersichtlich. Auch für den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens fehlt es an substantiiertem Sachvortrag. Hier wurden schon keine Tatsachen formuliert, die einem Beweis zugänglich gewesen wären. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reicht für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U.v. 7.12.2016 – 16a D 14.1215 – juris Rn. 53; U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – juris Rn. 30).
Wenn der Beklagte des Weiteren einwendet, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er vorsätzlich gehandelt habe, äußert er lediglich eine abweichende Rechtsauffassung. Denkfehler oder Widersprüche zu allgemeinen Erfahrungssätzen werden damit ebenso wenig offenbar, wie mit der Behauptung, er sei der Auffassung gewesen, nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung zu haben. Einerseits ist auch die Frage des Unrechtsbewusstseins von der Bindungswirkung des Strafurteils umfasst (BayVGH, U.v. 6.12.2013 – 16a D 12.1815 – Rn. 58; Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 23 Rn. 1), andererseits lagen die Voraussetzungen der in Bezug genommenen Vorschrift ausweislich der Entscheidung des VG Trier (U.v. 23.11.2006 – 1 K 560/06.TR – juris, bestätigt durch OVG RP, B.v. 7.3.2007 – 2 A 10071/07) nicht vor.
3. Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG verwirklicht. Mit den 49 abgeurteilten Fällen des Betrugs hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, wie sich an den wahrheitswidrigen Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und der wahrheitswidrigen Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten zeigt. Dadurch hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 263 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
4. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen.
4.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
4.2 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14). Das Landgericht hat der Verurteilung des Beklagten wegen der 49 Fälle des Betrugs den Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, obwohl es die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 4 Alt. 2 StGB (gewerbsmäßige Begehensweise und Ausnutzung der Stellung als Amtsträger) für besonders schwere Fälle des Betrugs für verwirklicht ansah. Die Indizwirkung des Regelbeispiels würde durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es sogar bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20), bei Ruhestandsbeamten dementsprechend bis zur Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13, 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kommt dem ausgeurteilten Strafmaß (hier 11 Monate Freiheitsstrafe zuzüglich 160 Tagessätze Geldstrafe) dabei keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung für die Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24/16 – juris Rn. 15 f.). Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass hier das Landgericht auf den Seiten 9 und 14 der Urteilsbegründung zu erkennen gegeben hat, dass es mit einem Ausscheiden des damals noch im Dienst befindlichen Beklagten aus dem Beamtenverhältnis unter Verlust seiner Bezüge und Versorgungsanwartschaft rechnet.
4.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen i.d.R. anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich z.B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben. Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Angesichts der Schwere der in der Strafverurteilung dokumentierten mehrfachen Pflichtverstöße und des verursachten Gesamtschadens in Höhe von 23.025,86 € sowie der früheren Stellung des Beklagten als Kämmerer und geschäftsleitender Beamter ist die Aberkennung des Ruhegehalts angemessen und erforderlich.
Innerdienstliche Betrugshandlungen eines Beamten zu Lasten des Dienstherrn mit einem Schaden von 23.025,86 € rechtfertigen in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht und ihm folgend der Senat sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass innerdienstliche Untreue- oder Betrugshandlungen eines Beamten bei einem Schaden von über 5.000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen (BVerwG, B.v. 6.5.2015 – 2 B 19.14 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127 – juris Rn. 130). Dieser Wert ist wohl nicht mehr maßgeblich (in diesem Sinne auch VG Regensburg, B.v. 21.11.2016 – RO 10A DS 16.961 – juris Rn. 44; VG Ansbach, B.v. 20.7.2016 – AN 13b DS 16.01107 – juris Rn. 106; weitere Präzisierung durch die Rechtsprechung erforderlich: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2016, § 13 Anm. 3.2.2.4), da sich aus dem Urteil Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 (2 C 6/14 – juris), mit dem die Rechtsprechung zum Zugriffsdelikt aufgegeben worden ist, schließen lässt, dass sich jede schematische Betrachtung – insbesondere an Hand von Schwellenwerten – verbietet. Unabhängig von dem Umstand, dass der frühere Schwellenwert um ein Vielfaches überschritten ist, bestehen hier Erschwernisgründe, die die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. So kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Bezug auf eine Vielzahl von weiteren Betrugshandlungen das Strafverfahren nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern aus prozessökonomischen Gründen eingestellt worden ist, soweit es um Fälle ging, in denen der Beklagte zwar an Gremiensitzungen teilgenommen hat, für diese aber nicht die tatsächliche Sitzungsdauer, sondern deutlich mehr Stunden bei der Abrechnung in Ansatz gebracht hat. Diese Fälle lassen indes den Betrugsvorsatz besonders deutlich hervortreten. Die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von „Sitzungsstunden“ erstreckten sich über einen mehrjährigen Zeitraum. Es kam zu einer häufig wiederholten Tatbegehung mit hoher Fallzahl (49 abgeurteilte Fälle). Die zur Aufrechterhaltung der Vergütungsregelung begangene Täuschung gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten hat dabei besonderes Gewicht, weil der Beklagte im Widerspruch zu § 34 Satz 2 BeamtStG aus Eigennutz seine Pflicht, seinen Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 35 BeamtStG), gröblich missachtet hat. Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, hat der Beklagte keine Einsicht gezeigt. Seine am 4. Juni 2012 vor der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht bekräftigte Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung, war vertraglich auf den Ausgleich der in der Anklageschrift genannten Summe von 28.270,04 € gerichtet. Diese Vereinbarung bezeichnete der Beklagte schon am 23. September 2012 gegenüber dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden als aus prozesstaktischen Gründen geschlossen. Ein weiterer monatlicher Einbehalt von 500 € sei aufgrund der Verfügung der Landesanwaltschaft vom 12. September 2012 (Bezügekürzung um 30%) nicht mehr möglich. Bis dahin waren nur zwei 500 €-Raten geleistet worden.
Demgegenüber erreichen die zugunsten des Beklagten in die Bemessung über die Disziplinarmaßnahme einzustellenden, mildernden Umstände weder für sich allein genommen, noch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau ein solches Gewicht, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Neben der bereits in den Blick genommenen Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung ist dem Beklagten zugute zu halten, dass er seinen Dienst langjährig unbeanstandet ausgeübt hat. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Der Sicht der Dinge des Beklagten, es sei kein materieller Schaden entstanden, vielmehr habe er durch seine Mehrarbeit Kosten erspart, vermag sich der Senat nicht nur deshalb nicht anzuschließen, weil es ohne Feststellung eines solchen Schadens schon zu keiner strafrechtlichen Verurteilung gekommen wäre. Die Verwaltungsgemeinschaft hat die diesbezügliche Bestätigung vom 20. Dezember 2011 zur Vorlage beim Landgericht Bamberg mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 an die Landesanwaltschaft (Beiakt 6 Bl. 645) in der Sache zurückgenommen, wenn ausgeführt wird, der neue Kämmerer erfülle zwischenzeitlich seine Aufgaben (mit Ausnahme des Sitzungsdiensts) in der regulären Arbeitszeit, sonstige Arbeiten wie Globalberechnungen, Gebührenkalkulationen, Betriebsabrechnungen usw., soweit sie die gebührenrechnende Einrichtung Kanal beträfen, seien bereits in den früheren Jahren an Fremdfirmen vergeben worden. Die Aufgaben und die Arbeitszeit für die bisherige Stelle des neuen Kämmerers sei auf fünf Personen aufgeteilt worden. Auch der Sitzungsdienst sei unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt worden, so dass Überstunden nur noch in ganz geringem Maß anfielen, die ausnahmslos „abgefeiert“ werden könnten. Dies zeigt, dass die These des Beklagten, die Verwaltungsgemeinschaft habe letztlich durch seine Abrechnungspraxis Kosten gespart, ebenso wenig nachvollzogen werden kann, wie die Aussage, ein „Abfeiern“ der Mehrarbeitsstunden wäre nicht möglich gewesen. Schon das Strafgericht hatte darauf hingewiesen, dass die wegen der Vertrauensarbeitszeit offiziell nicht erfasste und in ihrem Umfang unbekannt gebliebene Mehrarbeit entweder durch eine intensivere Arbeitsweise oder durch die Offenlegung einer Überlastung mit der Übertragung von Aufgabenfeldern an andere hätte ausgeglichen werden können. Jedenfalls stand es dem Beklagten nicht zu, sich heimlich eine Vergütung zu verschaffen, die einer (ansonsten nicht erreichbaren) Gehaltserhöhung von A 13 auf A 14 gleichkam. Eine noch positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich.
5. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis – wie hier – endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts anderes (BVerfG, NB.v. 22.11.2001 – 2 BvR 2138/00 – juris Rn. 3). Daher ist einem Ruhestandsbeamten wie dem Beklagten bei Vorliegen der eben genannten Voraussetzungen das Ruhegehalt abzuerkennen (BayVGH, U.v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127 – Rn. 170).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).