Aktenzeichen 2 MV 7/17
KAGO § 9 Abs. 2, § 27, § 44b, § 43 Abs. 1 S. 1
BGB § 611, § 611a
EStG § 3 Nr. 26, 26a
BetrVG § 19
TzBfG § 4
ZPO § 167
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Beigeladene zu 2 trägt die notwendigen Auslagen des Klägers, des Beklagten und der Beigeladenen zu 1.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
(29) Die zulässige Klage wird als unbegründet abgewiesen.
(30) A. Die Klage ist zulässig.
(31) I. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) in Verbindung mit § 12 Abs. 3 der Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese Würzburg (MAVO Würzburg – im
(32) II. Die Wahlprüfungsklage vom 19.07.2018 ist form- und fristgerecht beim Kirchlichen Arbeitsgericht anhängig gemacht worden.
(33) 1. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 MAVO haben jede wahlberechtigte Mitarbeiterin und jeder wahlberechtigte Mitarbeiter oder der Dienstgeber das Recht, die Wahl wegen eines Verstoßes gegen die §§ 6 bis 11c MAVO innerhalb einer Frist von einer Woche nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses schriftlich anzufechten. Die Anfechtungserklärung ist dem Wahlausschuss zuzuleiten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 MAVO). Unzulässige oder unbegründete Anfechtungen weist der Wahlausschuss zurück (§ 12 Abs. 2 Satz 1 MAVO).
(34) Gegen die Entscheidung des Wahlausschusses ist nach § 12 Abs. 3 MAVO die Klage beim Kirchlichen Arbeitsgericht innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung zulässig. In § 44b KAGO (Wahlprüfungsklage) ist ebenfalls bestimmt, dass eine Klage auf Feststellung der Ungültigkeit einer Wahl einer Mitarbeitervertretung oder eines Mitglieds einer Mitarbeitervertretung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung zulässig ist.
(35) 2. Hier rügt der Kläger einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 7 Abs. 1 MAVO über das aktive Wahlrecht, wobei er die angeblich verletzte Rechtsnorm nicht ausdrücklich benennen muss.
(36) Er hatte bereits vor der MAV-Wahl Einspruch gegen das Wählerverzeichnis erhoben, der von dem Wahlausschuss mit Schreiben vom 18.05.2017 (vgl. Anlage K3 zur Klage vom 19.07.2017) als unbegründet zurückgewiesen wurde. Nach der MAV-Wahl vom 29.06.2017 hat er seine Anfechtungserklärung mit Schreiben vom 05.07.2017 (vgl. Anlage K4 zur Klage vom 19.07.2017) fristgerecht dem Wahlausschuss zugeleitet. Dieser hat die Anfechtung mit Schreiben vom 07.07.2017 (vgl. Anlage K5 zur Klage vom 19.07.2017) als unbegründet zurückgewiesen.
(37) 3. Gegen diese Entscheidung des Wahlausschusses vom 07.07.2017 hat der Kläger fristgerecht das Kirchliche Arbeitsgericht angerufen, nämlich mit seiner Klage vom 19.07.2017, die beim Kirchlichen Arbeitsgericht per Fax am 19.07.2017 und im Original am 20.07.2017 eingegangen ist.
(38) a) Das Schreiben des Wahlausschusses vom 07.07.2017, einem Freitag, ist dem Kläger frühestens am selben Tag zugegangen, so dass die Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung frühestens am 21.07.2017 abgelaufen ist (vgl. § 12 Abs. 3 MAVO Würzburg sowie § 44b KAGO in Verbindung mit §§ 27 KAGO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
(39) Auf Grund des gerichtlichen Beschlusses vom 21.07.2017 ist die Klage sowohl dem Dienstgeber als auch dem Wahlausschuss und der Mitarbeitervertretung demnächst zugestellt worden (vgl. § 167 ZPO).
(40) b) Es ist für die Wahrung der Ausschlussfrist und für die Zulässigkeit der Wahlprüfungsklage unschädlich, dass der Kläger in der Klage vom 19.07.2017 den Dienstgeber – und zwar nur diesen und nicht (auch) den Wahlausschuss oder die Mitarbeitervertretung – als Beklagten bezeichnet hat.
(41) Nach der Rechtsprechung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs (KAGH) ist im Falle der Anfechtung einer Mitarbeitervertretungswahl der Wahlausschuss passivlegitimiert, also der „richtige Beklagte“, da sich die Klage – hier nach § 12 Abs. 3 MAVO Würzburg – gegen die Entscheidung des Wahlausschusses richtet (vgl. KAGH, Urt. v. 28.11.2014 – M 10/2013; KAGH, Urt. v. 17.07.2015 – M 14/2014; KAGH, Urt. v. 20.11.2015 – M 03/2015). Die Klageerhebung ist nach Ansicht des KAGH nicht „unzulässig“, wenn etwa statt des Wahlausschusses die Mitarbeitervertretung als Beklagte bezeichnet wird; es genügt, dass ein „mitarbeitervertretungsrechtlich erheblicher Tatbestand“ vorgetragen wird, der möglicherweise die Anfechtung der Wahl rechtfertigt. Bei einer Fehlbezeichnung des Beklagten ist von Amts wegen die prozessuale Rechtslage klarzustellen (vgl. KAGH, Urt. v. 17.07.2015 – M 14/2014).
(42) Ähnlich ist die Rechtslage bei der Wahlanfechtung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (vgl. § 19 BetrVG bzw. den früheren § 18 BetrVG 1952). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts braucht bei einer Wahlanfechtung der Betriebsrat als der – nach staatlichem Betriebsverfassungsrecht – richtige Anfechtungsgegner in dem Anfechtungsantrag nicht angegeben zu werden. Die unrichtige Angabe des Antragsgegners ist unschädlich. Zur Fristwahrung reicht die Einreichung des Anfechtungsantrages bei dem Arbeitsgericht jedenfalls dann aus, wenn dieser Antrag dem Betriebsrat alsbald zugestellt wird. Der Antragsteller muss in dem Anfechtungsantrag einen betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Sachverhalt darlegen, der seiner Ansicht nach die Anfechtung rechtfertigt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.05.1965 – 1 ABR 1/65 = BAGE 17, 165ff. = AP Nr. 14 zu § 18 BetrVG [1952]).
(43) Der Kläger hat in seiner Klage vom 19.07.2018 einen „mitarbeitervertretungsrechtlich erheblichen Tatbestand“ vorgetragen, nämlich den – seiner Ansicht nach einen Wahlrechtsverstoß darstellenden – Umstand, dass der Wahlausschuss nebenberuflich beschäftigte Personen nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommen habe. Unter Beachtung der oben dargestellten Rechtsprechung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs bedurfte es nicht der Benennung des „richtigen Beklagten“, nämlich des Wahlausschusses, innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 MAVO Würzburg bzw. des § 44b KAGO. Das Kirchliche Arbeitsgericht hat sich bei seiner Sachbehandlung im vorliegenden Verfahren an dieser Rechtsprechung orientiert und von Amts wegen die prozessuale Rechtslage klargestellt, wie aus den nach Einreichung der Klage ergangenen Beschlüssen vom 21.07.2017 und vom 23.08.2017 ersichtlich.
(44) 4. Der Kläger hat nach § 12 Abs. 1 MAVO Würzburg auch das Recht, die Wahl zur Mitarbeitervertretung anzufechten.
(45) Anfechtungsberechtigt ist jeder wahlberechtigte Mitarbeiter im Sinne des § 7 MAVO Würzburg. Die Wahlberechtigung des Klägers ergibt sich daraus, dass er am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hatte und seit mindestens sechs Monaten ohne Unterbrechung in einer Einrichtung des Beigeladenen zu 2 (Dienstgebers) tätig war (vgl. § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg).
(46) Der Umstand, dass der Kläger in die Mitarbeitervertretung gewählt worden und sogar deren Vorsitzender ist, lässt seine Anfechtungsberechtigung nicht entfallen. Insoweit ist die Rechtslage nicht anders zu bewerten als nach staatlichem Betriebsverfassungsrecht. Dort kann es sich bei den nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigten Arbeitnehmern um auch als gewählt festgestellte Betriebsratsmitglieder handeln; eine Amtsniederlegung ist bei diesem Personenkreis für die Anfechtungsberechtigung nicht vorauszusetzen (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 26.02.1976 – 8 TaBV 74/75 -, Leitsatz 1 bei juris; Maschmann in Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, AR – Kommentar zum gesamten Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2016, § 19 BetrVG, Rn. 5).
(47) III. Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Buchst. b) KAGO örtlich zuständig.
(48) B. Die zulässige Klage ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg.
(49) I. Das Kirchliche Arbeitsgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 KAGO). Es vermag nicht zu erkennen, dass bei der vom Beklagten (Wahlausschuss) vorbereiteten und durchgeführten Mitarbeitervertretungswahl vom 29.06.2017 in der Einrichtung B. des Beigeladenen zu 2 (Dienstgebers) gegen die §§ 6 bis 11c MAVO Würzburg, insbesondere gegen die Vorschrift des § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg über das aktive Wahlrecht verstoßen worden ist.
(50) 1. Wahlberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sechs Monaten ohne Unterbrechung in einer Einrichtung desselben Dienstgebers tätig sind. (Die weiteren Regelungen über das aktive Wahlrecht in § 7 Abs. 2 bis Abs. 4 MAVO Würzburg sind hier nicht von Bedeutung.)
(51) Wählbar sind nach § 8 Abs. 1 MAVO Würzburg die wahlberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Wahltag seit mindestens einem Jahr ohne Unterbrechung im kirchlichen Dienst stehen, davon mindestens seit sechs Monaten in einer Einrichtung desselben Dienstgebers tätig sind.
(52) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne der Mitarbeitervertretungsordnung sind – soweit hier von Interesse – nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 MAVO Würzburg alle Personen, die bei einem Dienstgeber aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses tätig sind.
(53) 2. Das Kirchliche Arbeitsgericht teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass der Beklagte (Wahlausschuss) im hier zu entscheidenden Fall nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätige Personen in die „Liste der wahlberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ (vgl. Anlage K1 zur Klage vom 19.07.2017), also in das Wählerverzeichnis hätte aufnehmen müssen.
(54) a) Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den 22 nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung Beschäftigten, die der Beigeladene zu 2 in der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 07.12.2017 aufgeführt hat, nicht um Personen handelt, die bei ihm aufgrund eines Arbeitsverhältnisses tätig sind.
(55) Der staatliche Gesetzgeber hat in § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB (in der seit 01.04.2017 geltenden Fassung) folgende Definition aufgenommen: „Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“
(56) Niemand der am Rechtsstreit Beteiligten vertritt den Standpunkt, die nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung Beschäftigten seien auf Grund eines Arbeitsverhältnisses für den Beigeladenen zu 2 (Dienstgeber) tätig gewesen. Gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht insbesondere, dass die besagten Ausbilder ihnen angebotene Kurse nach ihrer freien Entscheidung annehmen oder ablehnen konnten und jedenfalls insoweit nicht an Weisungen des Beigeladenen zu 2 gebunden waren. Ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses stellt der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 29.08.2017 (vgl. Anlage 1a zum Schriftsatz vom 07.12.2017) in einem Statusfeststellungsverfahren dar, wonach die Tätigkeit der dort betroffenen Dozentin in der Erste-Hilfe-Ausbildung nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigte bestehe.
(57) Würde man der Auffassung des Beigeladenen zu 2 folgen, wonach die Formulierung „aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses“ in § 3 Abs. 1 Nr. 1 MAVO Würzburg nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfasst, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für einen Dienstgeber tätig sind, so wäre die Wahlprüfungsklage schon aus diesem Grunde erfolglos. Allerdings ist fraglich, weshalb der kirchliche Gesetzgeber den Begriff des Dienstverhältnisses ohne eigenständige Bedeutung verwenden sollte. Der Titel 8 von Buch 2 Abschnitt 8 des Bürgerlichen Gesetzbuches trägt die Bezeichnung „Dienstvertrag und ähnliche Verträge“. Nach Untertitel 1 (§ 611 bis § 630 BGB) stellt der seit 01.04.2017 in § 611a BGB eigenständig definierte Arbeitsvertrag einen Unterfall des Dienstvertrages dar, wobei zwischen Dienst- und Arbeitsverhältnis in der Weise unterschieden wird, dass mehrere Vorschriften der §§ 611ff. BGB (etwa §§ 612a, 613a, 619 BGB, 620 Abs. 3, 622 BGB, 623, 630 Satz 4 BGB) nur für Arbeitsverhältnisse gelten (vgl. Oxenknecht-Witzsch im Eichstätter Kommentar, 1. Aufl. 2014, § 3 MAVO, Rn. 7).
(58) b) Doch selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass auch Personen, die auf Grund eines „freien“ Dienstvertrages im Sinne des § 611 BGB bei einem Dienstgeber tätig sind, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 MAVO Würzburg sein können, erfüllen im hier zu entscheidenden Fall die in der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 07.12.2017 aufgeführten nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätig gewesenen Personen nicht die Voraussetzungen für das aktive Wahlrecht nach § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg.
(59) aa) § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg knüpft das aktive Wahlrecht an drei Voraussetzungen: Die Wahlberechtigten müssen erstens Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Sinne von § 3 MAVO Würzburg sein, zweitens am Wahltag (hier: am 29.06.2017) das 18. Lebensjahr vollendet haben und drittens seit mindestens sechs Monaten ohne Unterbrechung in einer Einrichtung desselben Dienstgebers tätig sein. Nicht erforderlich ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ein und derselben Einrichtung des Dienstgebers tätig sind. Es genügt die Zugehörigkeit zu irgendeiner Einrichtung desselben Dienstgebers (vgl. Beyer im Freiburger Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, Stand 1/2018, § 7 MAVO, Rdnr. 10).
(60) Jedenfalls die dritte Voraussetzung ist bei den in der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 07.12.2017 aufgeführten nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätig gewesenen Personen nicht erfüllt. Die Anzahl ihrer Einsätze im Zeitraum von Mai 2016 bis Juni 2017 liegt in einer Schwankungsbreite von einem Einsatz (Personalnummern xx, xy und xz) bis zu 113 Einsätzen (Personalnummer xa) bzw. von einem Durchschnitt der Einsätze von [ca.] 0,1 pro Monat (Personalnummern xx, xy und xz) bis zu [ca.] 9,4 pro Monat (Personalnummer xa). Die nebenberuflich tätig gewesene Person mit den meisten Einsätzen, nämlich 113, kommt dabei auf eine Anzahl der Gesamtstunden von lediglich 73,72 Stunden. Die Personen mit der höchsten Anzahl der Gesamtstunden, nämlich 207,23 (Personalnummer xb) bzw. 210,75 (Personalnummer xc) kamen im Zeitraum von Mai 2016 bis Juni 2017 auf jeweils 34 Einsätze und auf einen Durchschnitt der Einsätze von [ca.] 2,8 pro Monat. Offenbar ist keine der in der der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 07.12.2017 aufgeführten nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung Beschäftigten ohne Unterbrechung in einer Einrichtung des Beigeladenen zu 2 (Dienstgebers) tätig gewesen. Vielmehr hat in Zeiten, in denen die nebenberuflich Beschäftigten nicht in der Erste-Hilfe-Ausbildung für den Beigeladenen zu 2 tätig gewesen sind, kein „Dienstverhältnis“ zwischen ihnen und dem Beigeladenen zu 2 bestanden, sondern es ist insoweit jeweils eine rechtliche Unterbrechung eingetreten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Einsätze der nebenberuflichen Beschäftigten im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung etwa auf der Grundlage einer ununterbrochen geltenden Rahmenvereinbarung durchgeführt worden wären (vgl. dazu Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 31.07.2002 – 7 AZR 181/01 = AP Nr. 2 zu § 4 TzBfG = ZTR 2003, 198; Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 16.04.2003 – 7 AZR 187/02 = BAGE 106, 79ff. = NJW 2003, 3649 = NZA 2004, 40 = AP Nr. 1 zu § 4 BeschFG 1996).
(61) Gerade das Tatbestandsmerkmal „seit mindestens sechs Monaten ohne Unterbrechung“ in § 7 Abs. 1 MAVO Würzburg ist geeignet, dem Wahlausschuss ohne schwierige juristische Überlegungen bei der Auslegung des Mitarbeiterbegriffs eine praktikable Entscheidung zu ermöglichen, ob bestimmte Personen als Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis aufzunehmen sind oder nicht.
(62) bb) Zu dem Ergebnis, dass der Beklagte (Wahlausschuss) im hier zu entscheidenden Fall nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätige Personen zu Recht nicht in die „Liste der wahlberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ (vgl. Anlage K1 zur Klage vom 19.07.2017) aufgenommen hat, kommt man ebenso, wenn man Personen, die auf Grund eines „freien“ Dienstvertrages im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB für einen Dienstgeber tätig sind, nur dann in den Mitarbeiterbegriff des § 3 Abs. 1 Nr. 1 MAVO Würzburg einbezieht, wenn bei ihnen eine gewisse Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Einrichtung und auch eine gewisse Dauerhaftigkeit der Beschäftigung gegeben ist (vgl. dazu Oxenknecht-Witzsch im Eichstätter Kommentar, 1. Aufl. 2014, § 3 MAVO, Rn. 11; Beyer im Freiburger Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, Stand 1/2018, § 3 MAVO, Rdnr. 38, bezüglich der sog. Honorarkräfte; Thiel in Thiel/Fuhrmann/Jüngst, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 7. Aufl. 2014, § 3 MAVO, Rn. 58).
(63) Für eine gewisse Eingliederung als zusätzliches Merkmal des Mitarbeiterbegriffs spricht Satz 4 der Präambel der MAVO Würzburg, wonach Dienstgeber und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Dienstgemeinschaft den Auftrag der Einrichtung erfüllen und so an der Sendung der Kirche mitwirken.
(64) Die in der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 07.12.2017 aufgeführten nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätig gewesenen Personen wären angesichts ihrer sporadischen Einsätze nicht als in die Arbeitsorganisation eingegliedert anzusehen.
(65) 3. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 1 MAVO Würzburg über das passive Wahlrecht ist ebenfalls nicht zu erkennen, da es sich im vorliegenden Fall bei den nebenberuflich in der Erste-Hilfe-Ausbildung tätig gewesenen Personen – wie im Abschnitt B. I. 2. der Entscheidungsgründe ausgeführt – eben nicht um wahlberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelt.
(66) II. Nach alledem ist die MAV-Wahl vom 29.06.2017 nicht für ungültig zu erklären. Die Wahlprüfungsklage wird als unbegründet abgewiesen.
(67) Die Beigeladene zu 1 (Mitarbeitervertretung) bleibt folglich mit allen Rechten und Pflichten weiterhin im Amt. Selbst wenn der Kirchliche Arbeitsgerichtshof in einem Revisionsverfahren das Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts abändern und die MAV-Wahl für ungültig erklären würde, ließe dies die Wirksamkeit der zwischenzeitlich durch die Beigeladene zu 1 getroffenen Entscheidungen unberührt (vgl. § 12 Abs. 4 MAVO Würzburg).
(68) C. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
(69) Der Kostenausspruch, wonach der Beigeladene zu 2 die notwendigen Auslagen des Klägers, des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 11 Abs. 8 Satz 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 MAVO Würzburg.
(70) Zu den vom Dienstgeber zu tragenden Kosten der MAV-Wahl zählen auch die Kosten eines von § 12 MAVO Würzburg vorgesehenen Wahlanfechtungsverfahrens.
(71) D. Die Revision wird zugelassen.
(72) Die Frage des Wahlrechts von nebenberuflich beschäftigten Personen unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 MAVO Würzburg hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO.
(73) Dies gilt nicht nur für den Bereich der Diözese Würzburg, sondern auch für den Bereich anderer Diözesen, deren Mitarbeitervertretungsordnungen wortgleiche oder sinngemäße Vorschriften über die Wahlberechtigung und über die Wählbarkeit enthalten.