Arbeitsrecht

Anrechnung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf Versorgungsbezüge

Aktenzeichen  3 ZB 16.1458

Datum:
13.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 52327
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG  Art. 26, Art. 27 Abs. 1, Abs. 3, Art. 73 Abs. 2, Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 6
GG Art. 3 Abs. 3 S. 2, Art. 33 Abs. 5
BayBeamtVG Art. 7 Abs. 2 S. 1, S. 2, Art. 26 Abs. 1, Abs. 6, Art. 27 Abs. 3, Art. 73 Abs. 2, Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 6
SGB VI § 37
AGG § 1, § 7
BayBG Art. 62 S. 1, Art. 143
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4

 

Leitsatz

1 Die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach Art. 26 Abs. 1 BayBeamtVG sowie die vorübergehende Gewährung von Kindererziehungszuschlägen nach Art. 71 BayBeamtVG entfällt spätestens mit dem Monat, in dem der Versorgungsempfänger die gesetzliche Altersgrenze nach Art. 62 S. 1, Art, 143 BayBG erreicht; sie endet vorher, wenn eine Versichertenrente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird, mit Ablauf des Tages vor Beginn der Rente.      (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der aufgrund eines eigenen Versicherungsverhältnisses als Lehrerin im Angestelltenverhältnis von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewilligten Altersrente für schwerbehinderte Menschen handelt es sich um eine Rente aus der gesetzliche Rentenversicherung. Übersteigt beim Zusammentreffen einer Mindestversorgung nach Art. 26 Abs. 5 BayBeamtVG mit einer Rente nach Anwendung des Art. 85 BayBeamtVG die Versorgung das nach Art. 26 Abs. 1 bis 4 BayBeamtVG erdiente Ruhegehalt, so ruht die Versorgung bis zur Höhe des Unterschieds zwischen dem erdienten Ruhegehalt und der Mindestversorgung.    (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Anrechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf die Versorgungsbezüge ist nicht verfassungswidrig, weil diese Rente eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iSd Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 BayBeamtVG darstellt, die mangels einer überwiegend durch die Klägerin selbst finanzierten freiwilligen Beitragsleistung oder Höherversicherung auf die Versorgungsbezüge anzurechnen ist.  (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Anrechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf die Versorgungsbezüge stellt keine unzulässige Diskriminierung dar, weil die Klägerin nicht wegen ihrer Schwerbehinderung gegenüber anderen nicht schwerbehinderten Versorgungsempfängern benachteiligt wird, sondern vielmehr wie alle Versorgungsempfänger behandelt wird, die neben Versorgungsbezügen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 K 16.96 2016-06-20 GeB VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 9.104,40 €festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der 1954 geborenen und schwerbehinderten Klägerin (GdB 50%), die als Lehrerin (BesGr A 12/11) im Dienst des Beklagten stand und zum 1. August 2013 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde, gegen den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 3. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2015 zu Recht abgewiesen.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Versorgungsbezüge der Klägerin wegen des Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI aufgrund eines eigenen Versicherungsverhältnisses als Lehrerin im Angestelltenverhältnis gemäß Art. 27 Abs. 3, Art. 73 Abs. 2, Art. 26 Abs. 6 i.V.m Art. 85 BayBeamtVG ab 1. April 2015 auf monatlich 1.599,95 € (brutto) festgesetzt sowie die überzahlten Bezüge zurückgefordert und verrechnet hat.
1.1 Der Beklagte hat die der Klägerin zustehenden Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 3. Dezember 2015 aufgrund des Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI in Höhe von 568,77 € ab 1. April 2015 bzw. 580,70 € ab 1. Juli 2015, der zum Entfall der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach Art. 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG sowie der vorübergehenden Gewährung von Zuschlägen nach Art. 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG und zum Ruhen der Versorgungsbezüge in Höhe von 18,93 € gemäß Art. 26 Abs. 6 Satz 1 BayBeamtVG führte, zutreffend auf 1.599,95 € (brutto) festgesetzt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung, gegen die sich die Klägerin auch nicht wendet, wird auf die Anlagen zum Bescheid vom 3. Dezember 2015 Bezug genommen.
Die Höhe des Ruhegehalts bestimmt sich gemäß Art. 26 Abs. 1 BayBeamtVG durch Anwendung eines Vomhundertsatzes (Ruhegehaltssatz) auf die ruhegehaltfähigen Bezüge (Art. 12 BayBeamtVG) unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags nach Art. 26 Abs. 2 BayBeamtVG. Der Ruhegehaltssatz beträgt hiernach 40,05 v. H. Da die Klägerin vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG zum 1. August 2013 wegen Dienstunfähigkeit i. S. d. § 26 BeamtStG in den Ruhestand versetzt wurde und auch die übrigen Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 1 BayBeamtVG vorlagen, wurde der Ruhegehaltssatz gemäß Art. 27 Abs. 2 BayBeamtVG vorübergehend um 9,64 v. H. auf 49,69 v. H. erhöht. Die Versorgungsbezüge der Klägerin wurden dementsprechend mit Bescheid vom 4. September 2013 auf monatlich 1.860,22 € (brutto) festgesetzt.
Infolge des Inkrafttretens von Art. 114a BayBeamtVG zum 1. Januar 2015 erhöhte sich das der Klägerin zustehende Ruhegehalt ab diesem Zeitpunkt und wurde der Klägerin gemäß Art. 73 BayBeamtVG rückwirkend zusätzlich auch vorübergehend ein Kindererziehungszuschlag nach Art. 71 BayBeamtVG gewährt. Die Versorgungsbezüge der Klägerin wurden dementsprechend mit Bescheid vom 22. Oktober 2015 auf monatlich 1.938,57 € (brutto) festgesetzt.
Aufgrund des Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI durch die Klägerin ab 1. April 2015 ist ab diesem Zeitpunkt kraft Gesetzes die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes sowie die vorübergehende Gewährung des Kindererziehungszuschlags entfallen und ist ein Betrag in Höhe von 18,93 € monatlich auf die Mindestversorgung anzurechnen.
Die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes sowie die vorübergehende Gewährung von Kindererziehungszuschlägen entfällt spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Versorgungsempfänger die gesetzliche Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG erreicht (Art. 27 Abs. 3 Satz 1, Art. 73 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG); sie endet vorher, wenn – wie hier – eine Versichertenrente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird, mit Ablauf des Tages vor Beginn der Rente (Art. 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Art. 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG).
Bei der der Klägerin aufgrund eines eigenen Versicherungsverhältnisses als Lehrerin im Angestelltenverhältnis von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewilligten Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI handelt es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Hierunter fallen alle Renten, die nach dem Recht der allgemeinen oder der knappschaftlichen Versicherung nach dem SGB VI gezahlt werden (§ 33 Abs. 1 SGB VI). Hierzu zählt auch die in § 33 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI genannte Altersrente für schwerbehinderte Menschen (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, § 55 BeamtVG Rn. 33).
Übersteigt beim Zusammentreffen einer Mindestversorgung nach Art. 26 Abs. 5 BayBeamtVG mit einer Rente nach Anwendung des Art. 85 BayBeamtVG die Versorgung das nach Art. 26 Abs. 1 bis 4 BayBeamtVG erdiente Ruhegehalt, so ruht die Versorgung bis zur Höhe des Unterschieds zwischen dem erdienten Ruhegehalt und der Mindestversorgung (Art. 26 Abs. 6 Satz 1 BayBeamtVG). Dadurch soll vermieden werden, dass der Beamte trotz einer verhältnismäßig kurzen Dienstzeit neben der ihm aufgrund des Alimentationsprinzips zustehenden Mindestversorgung in Höhe von 35% der Dienstbezüge des letzten Amtes (BVerwG, U.v. 24.11.2011 – 2 C 57.09 – juris Rn. 36) auch die Rente in voller Höhe erhält (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 11.10.2011 – 1 L 134/11 – juris Rn. 7 m. w. N.), wobei die Summe aus Versorgung und Rente nicht hinter dem Betrag der Mindestversorgung zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG zurückbleiben darf (Art. 26 Abs. 6 Satz 3 BayBeamtVG). Zahlbar bleibt mindestens das erdiente Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG (Art. 26 Abs. 6 Satz 4 BayBeamtVG). Damit ist gewährleistet, dass die Gesamtversorgung des Beamten ausnahmslos zumindest das Niveau der beamtenrechtlichen Mindestversorgung erreicht und damit in jedem Falle dem Gebot der amtsangemessenen Versorgung nach Art. 33 Abs. 5 GG genügt (BVerwG, B.v. 14.7.2010 – 2 B 109.09 – juris Rn. 6).
Da die (gegenüber der amtsbezogenen i. S. d. Art. 26 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG in Höhe von 1.544,01 € günstigere) amtsunabhängige Mindestversorgung der Klägerin nach Art. 26 Abs. 5 Satz 2 BayBeamtVG in Höhe von 1.618,88 € zusammen mit der Altersrente das erdiente Ruhegehalt in Höhe von 1.766,79 € übersteigt, sind hierauf gemäß Art. 26 Abs. 6 BayBeamtVG nach Anwendung des Art. 85 BayBeamtVG 18,93 € anzurechnen (vgl. Anlage E zum Bescheid vom 3. Dezember 2015).
1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
1.2.1 Soweit die Klägerin die Anrechnung der von ihr bezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI auf die Versorgungsbezüge für verfassungswidrig hält, weil die Anrechnung sonstiger privat finanzierter und aus einer privaten Rentenversicherung stammenden Versorgungsleistungen auf Versorgungsbezüge gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG nach der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 10. Februar 2015 (Vf. 1-VII-13 – BayVBl. 2015, 558 juris Rn. 50) gegen das Alimentationsprinzip verstoße, handelt es sich vorliegend nicht um eine solche Leistung. Die Rente stellt vielmehr eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i. S. d. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG dar (Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a. a. O.), die mangels einer überwiegend durch die Klägerin selbst finanzierten freiwilligen Beitragsleistung oder Höherversicherung (vgl. Art. 85 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG) auf die Versorgungsbezüge anzurechnen ist (BayVerfGH, E.v.10.2.2015 a. a. O. Rn. 40). Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht entlasten, indem er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese – wie hier – ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (BayVerfGH, E.v.10.2.2015 a. a. O. Rn. 36). Bei einer Rentenkasse (hier: Deutsche Rentenversicherung Bund) handelt es sich um eine öffentliche Kasse (BayVerfGH, E.v.10.2.2015 a. a. O. Rn. 37). Hierin liegt kein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip (BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 ). Auch die Anrechnung einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Mindestversorgung i. S. d. Art. 26 Abs. 5 BayBeamtVG nach Art. 26 Abs. 6 BayBeamtVG ist insoweit nicht zu beanstanden (BVerwG, B.v. 14.7.2010 a. a. O. Rn. 8; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 11.10.2011 a. a. O. Rn. 4 m. w. N.).
1.2.2 Soweit die Klägerin meint, die Anrechnung der von ihr bezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI auf die Versorgungsbezüge stelle eine unzulässige (mittelbare oder unmittelbare) Diskriminierung i. S. d. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, § 81 Abs. 2 SGB IX, §§ 1, 7 AGG bzw. der Richtlinie 2000/78/EG dar, wird sie insoweit nicht wegen ihrer Schwerbehinderung gegenüber anderen nicht schwerbehinderten Versorgungsempfängern benachteiligt. Sie wird vielmehr wie alle Versorgungsempfänger behandelt, die neben Versorgungsbezügen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Anrechnung von Renten i. S. d. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG nicht danach, aus welchem Grund die Rente gewährt wird, sondern erfasst alle Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gleichermaßen. Daher fehlt es für eine unzulässige Diskriminierung bereits an einer ungünstigeren Behandlung der Klägerin gegenüber nicht schwerbehinderten Versorgungsempfängern. Im Übrigen erhält sie die Rente auch ungeschmälert. Das Alimentationsprinzip wird nach dem unter 1.2.1 Ausgeführten durch die Anrechnung auf die Versorgungsbezüge nicht verletzt.
1.2.3 Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass die Zustellung des Widerspruchsbescheids an Heiligabend rechtsmissbräuchlich sei, hat sie schon nicht dargelegt, dass sie diesen tatsächlich am 24. Dezember 2015 erhalten hat. Ausweislich des Vermerks auf dem ihr zugestellten Original hat sie den Widerspruchsbescheid erst am 28. Dezember 2015 erhalten. Selbst wenn ihr dieser jedoch bereits an diesem Tag zugestellt worden wäre, läge darin kein Verstoß gegen § 73 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 VwZG, da es sich bei Heiligabend nicht um einen gesetzlichen Feiertag i. S. d. Art. 1 Abs. 1 FTG, sondern nur um einen sog. „Stillen Tag“ handelt, an dem ab 14:00 Uhr Unterhaltungsveranstaltungen grundsätzlich untersagt sind (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 FTG). Mag dieser heutzutage auch vielerorts dienstfrei sein, handelt es sich dabei gleichwohl um einen Werktag (BAG, U.v. 30.5.1984 – 4 AZR 512/81 – juris Rn. 28). Es ist auch nicht ersichtlich, wie die Klägerin durch die Zustellung an Heiligabend in ihrem Recht auf freie Religionsausübung bzw. in ihren religiösen Befindlichkeiten hätte beeinträchtigt werden können, zumal sie nach ihren eigenen Angaben nur davon Kenntnis hatte, dass an diesem Tag ein Bescheid des Beklagten hätte zugestellt werden sollen, nicht aber von dessen Inhalt. Soweit sie damit eine Störung des sog. „Weihnachtsfriedens“ rügen sollte, besteht auch kein offizieller Grundsatz, der eine Zustellung behördlicher Schreiben vor Weihnachten verbieten würde (LG Dessau-Roßlau, B.v. 17.3.2011 – 1 T 19/11 – juris Rn. 14).
1.2.4 Soweit die Klägerin schließlich den Wegfall der Bereicherung geltend macht (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB), hat sie schon nicht dargelegt, dass sie die überzahlten Versorgungsbezüge verbraucht hat. Im Übrigen kann sie sich nicht auf Entreicherung berufen, da sie gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i. V. m. § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB verschärft haftet. Die Leistung von Versorgungsbezügen steht unter dem immanenten Vorbehalt, dass diese im Fall einer Rentenzahlung zurückzuzahlen sind (BVerfG, B.v. 11.10.1977 – 2 BvR 407/76 – BVerfGE, 46, 97 ). Die Klägerin haftet daneben auch verschärft, da sie über ihre Verpflichtung nach Art. 10 Abs. 2 BayBeamtVG, den Bezug einer Rente unverzüglich anzuzeigen, mehrfach belehrt worden war, dies aber unterlassen hat (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG i. V. m. § 819 Abs. 1 BGB).
2. Soweit die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO behauptet, hat sie diesen Zulassungsgrund schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Im Übrigen ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG durch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 10. Februar 2015 (Vf. 1-VII-13 a. a. O.) geklärt.
3. Soweit die Klägerin eine Abweichung der erstinstanzlichen Entscheidung von der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 10. Februar 2015 (Vf. 1-VII-13 a. a. O.) i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend macht, hat sie diesen Zulassungsgrund gleichfalls nicht ordnungsgemäß dargelegt. Im Übrigen weicht die erstinstanzliche Entscheidung nach dem unter 1. Ausgeführten nicht hiervon ab.
4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 10.4 Streitwertkatalog (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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