Aktenzeichen 1 TaBV 2/16
Leitsatz
1. Das Überwachungsrecht für die Einhaltung der Schwerbehindertenquote steht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 dem Betriebsrat zu, nicht dem Gesamtbetriebsrat; dessen funktionelle Zuständigkeit ist auf Regelungen beschränkt.
2. Da die Quote unternehmensweit zu erfüllen ist, hat der Arbeitgeber die Ablichtung der Anzeige an die Agentur für Arbeit den Einzelbetriebsräten nicht nur hinsichtlich der Beschäftigten im Betriebsratsbetrieb, sondern unternehmensweit zu übermitteln. Bei Bedarf ist er den Einzelbetriebsräten zur Auskunft über Namen und Zahl der Schwerbehinderten nach § 80 Abs. 2 BetrVG verpflichtet.
Verfahrensgang
7 BV 44/15 2015-07-22 Bes ARBGNUERNBERG ArbG Nürnberg
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg, Gerichtstag Weißenburg, vom 22.07.2015, Az. 7 BV 44/15, wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung eines Unternehmens mit mehreren Betrieben, einem Einzelbetriebsrat eines Betriebes Auskunft über die im Betrieb beschäftigten sowie auch Auskunft über die im gesamten Unternehmen beschäftigten behinderten und diesen gleichgestellten Menschen zu erteilen und ihm auch eine Kopie der diesbezüglichen Anzeige der Daten an die Agentur für Arbeit zu übermitteln.
Beim Beteiligten zu 1.) handelt es sich um den für den von der Beteiligten zu 2.) geführten Betrieb in T…. Diese führt eine größere Anzahl von Betrieben mit dort gebildeten Betriebsräten. Es existiert auch ein Gesamtbetriebsrat.
Der Beteiligte zu 1.) ist der Auffassung, die Beteiligte zu 2.) sei verpflichtet, ihm Auskunft über die bei ihm beschäftigten Schwerbehinderten und diesen Gleichgestellten zu erteilen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 2.) habe auf entsprechendes Begehren hin keine vollständigen Auskünfte gegeben, insbesondere schwerbehinderte Beschäftigte mit weniger als 18 Wochenstunden nicht angeführt. Sein Anspruch ergebe sich aus § 2 Abs. 1, aber auch aus § 80 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 4 BetrVG. Er könne seine Aufgabe, die Eingliederung Schwerbehinderter und sonstiger benachteiligter Personen zu fördern, nicht ordnungsgemäß durchführen, wenn ihm die in der Betriebsstätte beschäftigten Personen nicht bekannt seien. Der Anspruch ergebe sich zudem aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Verbindung mit §§ 71 ff. SGB IX. Er könne seine Überwachungsaufgabe, ob die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze eingehalten würden, nicht ausreichend nachkommen, wenn ihm die Namen und die Anzahl der Schwerbehinderten und der diesen gleichgestellten Personen nicht bekannt seien. Der Anspruch ergebe sich schließlich auch aus § 80 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit § 93 SGB IX, der ebenfalls eine Förderungs- und Überwachungspflicht normiere. Schließlich könne er auch die Aufgabe, die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zu veranlassen und durchzuführen, ohne die Kenntnisse über die Schwerbehinderten nicht erfüllen. Schließlich verlange auch das Gebot nach § 75 BetrVG, für die Benachteiligung Behinderter zu sorgen, die Kenntnis der behinderten Personen. Die Überwachungspflicht der Einhaltung der Gesetze beziehe sich auch darauf, ob die Beschäftigungsquote behinderter Menschen nach § 71 SGB IX eingehalten werde. Nachdem diese Pflicht unternehmensbezogen ausgestaltet sei, müsse er zur Überwachung auch Kenntnis von der Beschäftigung behinderter Personen in anderen Betrieben des Unternehmens haben. Da der Arbeitgeber nach § 80 Abs. 1, Abs. 2 SGB IX ein entsprechendes Verzeichnis über die beschäftigten behinderten Menschen, getrennt nach Betrieben, zu führen verpflichtet sei, da er zudem einmal jährlich zur Anzeige dieser Daten an die Agentur für Arbeit gehalten sei, gebiete es die Vorschrift des § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX, ihm die entsprechenden Anzeigen, bezogen auf alle behinderten Menschen des Unternehmens, zu übermitteln.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1.) hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1.Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die Anzahl und Namen der in der Betriebsstätte E… T…, in T… beschäftigten Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX zu erteilen.
2.Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die Anzahl und Namen der in ihrem Unternehmen beschäftigten Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX zu erteilen.
3.Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller einmal jährlich eine Kopie der Anzeige der Daten, die zu Berechnung und Umfang der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung deren Erfüllung und der Ausgleichsabgabe im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 1 SGB IX an die für die Beteiligte zu 2 zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei der Beteiligten zu 2.) beschäftigten Schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten Behinderten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, gesondert für jeden Betrieb, zu übermitteln.
Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Die Beteiligte zu 2.) hat eingewandt, das LAG München gehe in der Entscheidung vom 17.06.2015, Az. 8 TaBV 8/15, davon aus, dass die entsprechenden Ansprüche dem Gesamtbetriebsrat zuständen, nicht aber den jeweiligen Einzelbetriebsräten. Ein Anspruch sowohl des Gesamtbetriebsrats als auch der Einzelbetriebsräte sei jedoch im Hinblick auf die vom Gesetz vorgegebene Trennung der jeweiligen funktionellen Zuständigkeitsbereiche nach § 50 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen. Der Anspruch sei auch unbegründet, weil die Namen und die Anzahl der behinderten Menschen aus anderen Betriebsstätten für die Arbeit des Beteiligten zu 1.) unerheblich seien. Hinsichtlich der Betriebsstelle T…, für die der Beteiligte zu 1.) zuständig sei, habe sie ihre Verpflichtungen durch Übergabe der Ablichtung der Anzeige und der Liste der in dieser Filiale beschäftigten schwerbehinderten Menschen bereits erfüllt (Anlagen AGG 1 und AGG 2 zum Schriftsatz vom 23.06.2015, Bl. 24 f. und Bl. 26 f. d.A.).
Der Beteiligte zu 1.) hat die Auffassung vertreten, durch das vom Landesarbeitsgericht München zuerkannte Recht des Gesamtbetriebsrats würden die eigenen Rechte als Einzelbetriebsrat nicht berührt. Die Beteiligte zu 2.) habe zu Unrecht Beschäftigte mit weniger als 18 Stunden und Geringverdiener von der Auskunft ausgenommen. Die Beschränkung des Verzeichnisses auf die Beschäftigten der Betriebsstätte T… sei unzulässig.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 22.07.2015 wie folgt entschieden:
1. Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die Anzahl und Namen der in der Betriebsstätte E… T…, in T… beschäftigten Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX zu erteilen.
2. Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die Anzahl und Namen der in ihrem Unternehmen beschäftigten Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX zu erteilen.
3. Die Beteiligte zu 2.) wird verpflichtet, dem Antragsteller einmal jährlich eine Kopie der Anzeige der Daten, die zu Berechnung und Umfang der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung deren Erfüllung und der Ausgleichsabgabe im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 1 SGB IX an die für die Beteiligte zu 2 zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei der Beteiligten zu 2.) beschäftigten Schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten Behinderten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, gesondert für jeden Betrieb, zu übermitteln.
Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, der Auskunftsanspruch hinsichtlich der Betriebsstätte T… ergebe sich aus §§ 80 Abs. 2, 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG, 83, 93 SGB IX. Hiernach sei der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Mit dieser Verpflichtung gehe ein Informationsanspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich sei. Ohne Kenntnis über die Personen sei dem Betriebsrat die Aufgabe, die Eingliederung Schwerbehinderter zu fördern, nicht möglich. Auch könne er ohne solche Kenntnis nicht überwachen, ob die Pflichten nach dem SGB IX eingehalten seien. Der Anspruch auf Auskunft auch über die anderen im Unternehmen beschäftigten Schwerbehinderten ergebe sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 SGB IX. Ob der Arbeitgeber seine Verpflichtungen zur Einhaltung der Beschäftigungsquote erfülle, könne auch der Einzelbetriebsrat nur bei Kenntnis der Anzahl der im Unternehmen beschäftigten behinderten Personen erkennen und überprüfen. Ohne entsprechende Auskunft könne er seine Überwachungsaufgaben daher nicht sinnvoll wahrnehmen. Der Anspruch auf Übermittlung der Kopie der Anzeige und der Verzeichnisse folge unmittelbar aus § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg ist dem anwaltlichen Prozessvertreter der Beteiligten zu 2.) ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 02.02.2016 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22.01.2016, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am selben Tag, hat die Beteiligte zu 2.) Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Sie hat die Beschwerde mit am 22.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Datums ihrer anwaltlichen Vertreter begründet.
Zur Begründung der Beschwerde führt die Beteiligte zu 2.) aus, der Anspruch auf Auskunft über die Namen der in anderen Betrieben des Unternehmens beschäftigten Schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen folge nicht aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Für Fragen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe des Unternehmens beträfen, sei nach § 50 Abs. 1 BetrVG ausschließlich der Gesamtbetriebsrat zuständig. Für den örtlichen Betriebsrat seien diese Namen unerheblich. Ein solcher Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aus § 80 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 SGB IX. Die Pflicht nach § 71 SGB IX beziehe sich auf den Arbeitgeber, also das gesamte Unternehmen. Für dieses sei der Gesamtbetriebsrat zuständig. Die Einzelbetriebsräte seien nicht berechtigt, die Einhaltung der unternehmensweiten Quote zu überprüfen. Für die Pflicht zur Förderung der Eingliederung Schwerbehinderter in den Betrieb seien die Angaben über Schwerbehinderte anderer Betriebe nicht erforderlich. Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX beziehe sich auf § 80 Abs. 1 SGB IX; es gehe um betriebsnummernbezogene Meldungen, die nicht dem Betriebsbegriff im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn entsprächen. Die Quote sei unternehmensbezogen ausgestaltet. Sie sei nicht im einzelnen Betrieb zu erfüllen, sondern im gesamten Unternehmen. Die Frage, ob eine Ausgleichsabgabe zu zahlen sei, habe mit dem einzelnen Betrieb nichts zu tun. Damit gehöre auch die Überprüfung der Einhaltung der Pflichtquote nicht zu den Aufgaben der Einzelbetriebsräte.
Die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdeführerin stellt im Beschwerdeverfahren folgende Anträge:
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2.) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 22.07.2015, Az.: 7 BV 44/15 teilweise abgeändert.
4. Der Antrag (Ziffer 2 des Urteils) des Beteiligten zu 1.), den Beteiligten zu 2.) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1.) Auskunft über die Anzahl und Namen der in ihrem Unternehmen beschäftigten Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen im Sinne des § 2 SGB IX zu erteilen, wird zurückgewiesen.
5. Der Antrag der Beteiligten zu 1.), die Beteiligte zu 2.) zu verpflichten, dem Antragsteller einmal jährlich eine Kopie der Anzeige der Daten, die zu Berechnung und Umfang der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung deren Erfüllung und der Ausgleichsabgabe im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 1 SGB IX an die für die Beteiligte zu 2.) zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei der Beteiligten zu 2.) beschäftigten Schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten Behinderten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, gesondert für jeden Betrieb, zu übermitteln, wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2.) und Beschwerdegegner beantragt,
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) vom 22. Januar 2016 gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nürnberg, Gerichtstag ‚Weißenburg, Az.: 7 BV 44/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1.) schließt sich der Auffassung und den Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Er meint, seine Überwachungspflicht ergebe sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Hierfür seien die Kenntnisse über alle beschäftigten behinderten Menschen im Unternehmen erforderlich. Die Rechtsansicht der Beteiligten zu 2.) sei zudem deswegen nicht nachvollziehbar, weil sie im Verfahren beim Arbeitsgericht Ingolstadt, Az. 10 BV 10/14, und beim Landesarbeitsgericht München, Az. 8 TaBV 8/15, die Auffassung vertreten habe, auch der Gesamtbetriebsrat habe keinen solchen Auskunftsanspruch, allenfalls die örtlichen Einzelbetriebsräte. Der Anspruch auf Übermittlung der Kopie der an die Agentur für Arbeit abzugebenden Anzeige sowie der Ablichtung des Verzeichnisses ergebe sich aus § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX. Anhaltspunkte dafür, dass in dieser Vorschrift der Gesamtbetriebsrat gemeint sei, beständen nicht. Die örtlichen Betriebsräte benötigten die Angaben zur in § 93 S. 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung, darauf zu achten, dass der Arbeitgeber seine nach §§ 71, 72 sowie 81 bis 84 SGB IX bestehenden Verpflichtungen erfülle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts in den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, auf die Niederschrift über die Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingereichte und auch begründete Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Beteiligten zu 1.) die begehrten Auskünfte und Unterlagen zustehen. Die Beschwerdekammer folgt den zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG entsprechend). Im Hinblick auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin ist auszuführen:
1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Beteiligte zu 1.) den Anspruch auf die begehrte Auskunft über Namen und Zahl der schwerbehinderten Menschen auf § 80 Abs. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen kann.
a. Dabei geht das Arbeitsgericht zutreffend davon aus, dass für die Prüfung, ob der Arbeitgeber die Pflicht erfüllt hat, nicht auf den Betrieb, sondern auf das gesamte Unternehmen abzustellen ist. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut (BVerwG 06.07.1989, 5 C 6484, zitiert nach juris; ebenso LAG München vom 28.07.2016, 3 TaBV 91/15; Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. 2014, § 71 Rn. 9 ff.; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 71 Rn. 13; Euler in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, § 77 SGB IX Rn. 2). Hiervon gehen auch die Beteiligten im vorliegenden Verfahren aus.
b. Zu Recht nimmt das Arbeitsgericht an, dass die Überwachungspflicht, ob der Arbeitgeber seine gesetzlichen Verpflichtungen eingehalten hat, nicht zu den Aufgaben des Gesamtbetriebsrats, sondern zu denjenigen des Einzelbetriebsrats zählt. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2.) ist diese gesetzliche Aufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG den Einzelbetriebsräten übertragen. Sie kommt nicht nach § 50 Abs. 1 BetrVG den Gesamtbetriebsräten zu, selbst wenn die gesetzliche Pflicht nicht auf den einzelnen Betrieb, sondern auf mehrere Betriebe oder gar das gesamte Unternehmen bezogen ist. Die funktionelle Aufgabenübertragung in § 50 Abs. 1 BetrVG beschränkt sich nämlich schon nach ihrem Wortlaut auf „die Behandlung von Angelegenheiten“, die nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Bereiche „geregelt“ werden können. Bei der Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG geht es aber gerade nicht um „Regelungen“, um die Ausübung von Mitbestimmungsrechten mit dem Ziel der Schaffung von Normen. Vielmehr soll auf die Einhaltung der bereits bestehenden gesetzlichen oder tariflichen Regelungen hingewirkt werden. Auf diese Hinwirkungs- bzw. Überwachungspflicht bezieht sich die funktionelle Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht. Insoweit bleibt es bei der funktionellen Zuständigkeit der jeweiligen Einzelbetriebsräte (ausdrücklich BAG vom 16.08.2011, 1 ABR 22/10, Rn. 29 ff. der Gründe; BAG 20.12.1988, 1 ABR 63/87, jeweils zitiert nach juris; Weber in GK-BetrVG, 10. Aufl. 2014, § 80 Rn. 23).
c. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.05.2011 (1 ABR 121/09, zitiert nach juris). In diesen Entscheidungen geht das Bundesarbeitsgericht zwar davon aus, dass im Falle der Regelungszuständigkeit des Konzernbetriebsrats zwar ein möglicher Unterlassungsanspruch des Einzelbetriebsrats ausgeschlossen ist – allerdings verbunden mit der Begründung, ein solcher Unterlassungsanspruch ergebe sich gerade nicht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Nach dieser Bestimmung sei der Betriebsrat „auch in diesem Fall darauf beschränkt, den mitbestimmungswidrigen Zustand beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen“ (Rn. 18 der Gründe). In der Entscheidung vom 05.03.2013 (1 ABR 75/11, zitiert nach juris) stellt das Bundesarbeitsgericht zwar fest, dass der Betriebsrat nicht die Unwirksamkeit einer von einer anderen Arbeitnehmervertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geltend machen könne, solange er diesbezüglich keine eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtspositionen besitze. Auch hier erläutert das Bundesarbeitsgericht aber, dass sich eine solche Rechtsposition nicht aus dem Überwachungsrecht des Einzelbetriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebe – nach dieser Vorschrift sei der Einzelbetriebsrat darauf beschränkt, die fehlerhafte Durchführung zu beanstanden (Rn. 24 der Gründe). Diese Überlegung setzt voraus, dass das Überwachungsrecht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch in solchen Fällen nicht eingeschränkt oder auf andere Arbeitnehmervertretungen übertragen ist.
d. Die Auffassung des LAG München im Beschluss vom 28.07.2016 (a.a.O.) beachtet diese grundsätzliche Zuständigkeitsverteilung nicht ausreichend. Im Beschluss des BAG vom 14.05.2013 (1 ABR 4/12, zitiert nach juris), der auf die vom Landesarbeitsgericht zitierte Entscheidung des LAG Hamburg vom 18.07.2011 (8 TaBV 10/09) hin ergangen ist, hat das Bundesarbeitsgericht gerade nicht auf die Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG abgestellt und das Begehren des Gesamtbetriebsrats, soweit es auf die Beschäftigtenquote behinderter Menschen und die Ausgleichsabgabe bezogen war, aus anderen Gründen abgelehnt. Die Entscheidungen befassen sich zwar mit möglichen Auskünften des Gesamtbetriebsrats nach § 80 Abs. 2 BetrVG, besagen aber nichts über die funktionelle Zuständigkeit von Überwachungsaufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Sie besagen zudem auch nichts darüber, ob und inwieweit Einzelbetriebsräte die Einhaltung der Beschäftigtenquote behinderter Menschen zu überprüfen befugt sind.
e. Soweit in § 97 Abs. 6 SGB IX der Gesamtschwerbehindertenvertretung bestimmte Aufgaben zugewiesen sind, ist diese Vorschrift dem § 50 Abs. 1 BetrVG vergleichbar. Es geht um die Vertretung der Interessen behinderter Menschen in Angelegenheiten, die „von den Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe und Dienststellen nicht geregelt werden können“. Es ist kein Grund erkennbar, im Hinblick auf diese Vorschrift – abweichend von der Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes – die Überwachungsaufgabe der Gesamtschwerbehindertenvertretung zuzuweisen (dies verkennen etwa Dau in Dau/Düwell/Joussen, a.a.O., § 80 Rn. 10, und Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, a.a.O., § 93 Rn. 17).
f. Soweit das Landesarbeitsgericht München im Beschluss vom 28.07.2016 (a.a.O.) meint, der Einzelbetriebsrat könne die Daten über die Beschäftigten im gesamten Unternehmen ohnehin nicht abgleichen, weil er die Richtigkeit hinsichtlich der Beschäftigten in anderen Betrieben ohnehin nicht prüfen könne, mag dies im Ansatz zutreffen. Dieses Problem ist dem Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 BetrVG jedoch immanent. Vielfach ist der Betriebsrat auf die Auskünfte des Arbeitgebers angewiesen und kann diese nicht selbst überprüfen. Dieses Problem rechtfertigt es nicht, deswegen gleich das Auskunftsrecht als solches zu versagen.
g. Nach alldem steht dem Beteiligten zu 1.) die begehrte Auskunft zu. Die Auskunftspflicht ist nicht auf die Namen beschränkt. Zwar könnte der Betriebsrat die Quote auch selbst berechnen, wenn er die Namen und die Zahl der im Unternehmen Beschäftigten kennt. Da der Arbeitgeber die Zahl der Beschäftigten im Hinblick auf die Berechnung der Quote ohnehin errechnen und vorhalten muss, erscheint es jedoch zur Erleichterung und im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Quote als sinnvoll, den Arbeitgeber auch insoweit zur Auskunft zu verpflichten. Besondere Belastungen des Arbeitgebers sind hiermit offensichtlich nicht verbunden. Bedenken hinsichtlich der Geheimhaltungspflichten und des Datenschutzes hat die Beteiligte zu 2.) nicht erhoben. Sie wären auch nicht gerechtfertigt, weil dem Betriebsrat die Gewährleistung der Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen und der Geheimhaltung in eigener Verantwortung obliegt.
2. Dem Beteiligten zu 1.) steht auch ein Anspruch auf Überlassung der Ablichtungen und des Verzeichnisses zu. Der Anspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX. Die Pflicht zur Übermittlung der Anzeige und des Verzeichnisses soll es der Betriebsvertretung ermöglichen, die Richtigkeit der dortigen Angaben zu überprüfen und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu überwachen. Zwar schließt der Wortlaut des § 80 Abs. 2 S. 3 SGB IX, der die Pflicht zur Übermittlung an den Betriebsrat normiert, nicht aus, dass im Rahmen der funktionellen Zuständigkeitsverteilung hiermit auch andere Gremien gemeint sein könnten, dass die Pflicht gegenüber anderen Gremien bestehen könnte. Eine Auslegung dahingehend, dass die Pflicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat und nicht gegenüber dem Beteiligten zu 1.) bestehen könnte, ist jedoch nicht veranlasst. Die Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, die durch die Übergabe der Ablichtungen erleichtert werden soll, ist wie dargelegt den jeweiligen Einzelbetriebsräten übertragen. Da diesen das Überwachungsrecht zusteht, erscheint es als konsequent, wenn ihnen auch Ablichtungen der Verzeichnisse überlassen werden.
3. Durch die Übergabe der Ablichtungen soll die Prüfung der Einhaltung der Vorschriften erleichtert werden. Ob und inwieweit der Betriebsrat die in Ziff. 2 des arbeitsgerichtlichen Beschlusses zugesprochenen Auskünfte von Namen und Zahl der behinderten Mitarbeiter im Einzelfall benötigt, wenn er die entsprechenden Ablichtungen erhalten hat, hängt davon ab, ob und inwieweit weitergehende Auskünfte erforderlich sind. Vorliegend fehlt es an der Übermittlung der Ablichtungen. Diese sind zudem nur einmal jährlich abzugeben. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Auskünfte im jetzigen Zeitpunkt für den Beteiligten zu 1.) zur Erfüllung der Überwachungsaufgabe derzeit nicht erforderlich wären. Insoweit hat auch die Beteiligte zu 2.) Einwendngen nicht erhoben.
4. Nach alldem ist die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) zurückzuweisen.
5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt sich im Hinblick auf die anderweitige Auffassung des Landesarbeitsgerichts München und die grundsätzliche Bedeutung.