Arbeitsrecht

Anspruch auf Elterngeld

Aktenzeichen  L 12 EG 13/16

Datum:
26.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 119300
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BEEG § 1 Abs. 1 Nr. 1
SGB I § 30 Abs. 3, § 37 S. 1, § 68 Nr. 15a

 

Leitsatz

1 Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes im Sinne des Bundeselterngeldgesetzes ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des SGB I heranzuziehen. Dabei sind die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen, eine analoge Anwendung der bundesrechtlichen Regelungen scheidet aus. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 14 EG 25/14 2016-02-26 GeB SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 26.02.2016, S 14 EG 25/14 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 151 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat von L.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748 idF vom 23.10.2012, BGBl I 2246). Das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (Gesetz zum Abkommen vom 07.01.1976, BGBl II 1976, 1358, idF des Zusatzabkommens vom 02.10.1986, BGBl II 1988, 82, und des Zweiten Zusatzabkommens vom 06.03.1995, BGBl II 1996, 301) enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen. In Art. 2 Abs. 1 des Abkommens ist zum sachlichen Geltungsbereich geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung für Arbeiter, die Rentenversicherung der Angestellten, die knappschaftliche Rentenversicherung, die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Alterssicherung der Landwirte bezieht. Eine Analogie scheidet aus, da es sich um vollkommen anders geartete Leistungen handelt. Die aufgezählten Leistungen sind mit einer Beitragsleistung verknüpft. Das Elterngeld stellt dagegen eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates ohne finanzielle Gegenleistung dar. Dies steht einer Übertragung des Abkommens auf das BEEG zwingend entgegen (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2012, L 11 EG 2929/10, juris).
Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar lebte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum mit ihrem Sohn in einem Haushalt zusammen und erzog und betreute dieses Kind selbst. Die Klägerin hatte jedoch im hier streitigen Zeitraum weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr. 15a SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris RdNr. 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw. der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (vgl. Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 30 Rn. 14).
Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Voraussetzung für den Wohnsitz ist somit eine Wohnung, d.h. Räumlichkeiten, die für einen längeren Aufenthalt geeignet sind, wobei nicht entscheidend ist, ob diese angemessen sind. Der Elternteil muss über die Räumlichkeiten verfügen können. Die Formulierung „beibehalten und benutzen“ meint, dass der Elternteil die Wohnung für eine unbestimmte Zeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit benutzen wird (Rancke, Kommentar zum BEEG, § 1, Rn. 5). Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen. Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG, Urteil vom 10. 12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr. 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs. 3 SGB I hängt daher auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab (BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R, SozR 4-7833 § 1 Nr. 10).
Ein Doppelwohnsitz im In- und Ausland bzw. ein Auseinanderfallen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt soll nach der Rechtsprechung des BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich sein, erfordert jedoch hinreichend intensive Beziehungen zum Inland (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 30 Rn. 41 unter Hinweis auf BSG 28.02.1980, 8b RKg 6/79, SozR 5870 § 1 Nr. 7). Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allerdings reicht die Feststellung, dass ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer zeitlich befristeten Maßnahme dient und der Betroffene die Absicht hat, nach dem Abschluss der Maßnahme zurückzukehren, allein nicht aus, vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besagt grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet wird. Der Inlandswohnsitz wird in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfügt (zwei Wohnsitze) und einer davon am bisherigen Wohnort liegt (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr. 36 zum Kindergeld). Dabei kann die Unterhaltung der Wohnung im Inland mit der jederzeitigen Möglichkeit der dauerhaften Rückkehr hierfür genügen (BSG 26.07.1979, 8b RKg 12/78, SozR 5870 § 1 Nr. 4 zum Kindergeld). Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allerdings allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen. Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht „zwischenzeitliches Wohnen“ in der bisherigen Wohnung bedeuten, ändern daran nichts (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr. 36 mwN). Ebenso sieht dies bei Überschreiten der Jahresgrenze die ständige steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. zum Wohnsitzbegriff des § 8 der Abgabenordnung BFH 23.11.2000, VI R 107/99, BFHE 193, 558, DStZ 2001, 243, juris Rn. 20 unter Hinweis auf die zitierte BSG-Rechtsprechung BSG SozR 3-5870 § 2 Nr. 36; BFH 20.11.2008, III R 53/05, FamRZ 2009, 602; 14.10.2011, III B 202/10, BFH/NV 2012, 226: „Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt wird ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken nicht beibehalten“).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hatte die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vom 24.11.2013 bis 23.11.2014 keinen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I. Sie hielt sich seit Anfang September 2013 in den USA auf, weil ihr Ehemann für die geplante Dauer von zunächst eineinhalb Jahren im Rahmen eines durch die deutsche A. -Stiftung geförderten Auslandsaufenthaltes in N. tätig sein sollte. Die Klägerin hielt sich mit ihrer gesamten Familie von Anfang September 2013 bis August 2015 in den USA auf, so dass sich der Lebensmittelpunkt der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums in den USA befand. Die Familie hatte zwar ursprünglich eine Wohnung in Deutschland zur Verfügung, die vollständig eingerichtet war. Diese Wohnung war jedoch für die Zeit des Auslandsaufenthaltes an eine befreundete Familie untervermietet, so dass sie bei Deutschlandaufenthalten der Familie der Klägerin nicht genutzt werden konnte. Eine jederzeitige Rückkehr in die Wohnung war daher nicht möglich, auch wenn die Klägerin angibt, das Untermietverhältnis habe jederzeit auch kurzfristig gekündigt werden können, gegebenenfalls hätte die Familie auch bei den Schwiegereltern am T. unterkommen können. Für die Annahme eines Wohnsitzes in Deutschland reicht dies nicht aus. Dadurch, dass die Klägerin samt Familie bei nur ein bis zwei kurzfristigen Aufenthalten in Deutschland im Frühjahr 2014 ihren Lebensmittelpunkt während des Forschungsstipendiums ihres Ehemannes nach N. verlagert hatte, hat sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben, so dass auch kein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland vorlag. Denn entscheidend für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist, dass der Elternteil in Deutschland tatsächlich verweilt, d.h. hier den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse hat (BSG, Urteil vom 29. Mai 1991, SozR 3-1200 § 30 Nr. 5).
Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Danach hat Anspruch auf Elterngeld auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr. 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr. 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr. 3). Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG).
Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Ehemann der Klägerin unterlag insbesondere nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BEEG).
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drucks. 7/4122, 30; BSG, Urteil vom 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr. 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weiter geführt werden soll, weshalb § 4 Abs. 1 SGB IV eine „im Voraus“ feststehende zeitliche Begrenzung fordert. Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG, Urteil vom 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr. 1 mwN). Voraussetzung ist regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG, Urteil vom 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr. 1 mwN; BSG, Urteil vom 18.12.2015, B 2 U 1/14 R) Gemessen an diesen Voraussetzungen liegt eine Ausstrahlung iSv § 4 Abs. 1 SGB IV nicht vor. Das Beschäftigungsverhältnis des Ehemannes der Klägerin mit der Universitätsklinik I. war für die Dauer des Auslandsaufenthalts (aufgrund einer Befristung des Beschäftigungsverhältnisses in A-Stadt zunächst vom 01.09.2013 bis 31.05.2014, danach aufgrund Verlängerung des Vertrages ab 01.06.2014 über das Ende des Forschungsaufenthaltes hinaus) suspendiert in Form einer Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall des Anspruchs auf Entgeltzahlung. Damit bestanden die gegenseitigen Hauptpflichten aus dem Vertrag für die Dauer des Forschungsaufenthalts gerade nicht. Dass der Ehemann der Klägerin auch während der Zeit seines Auslandsaufenthaltes eine Arbeitsgruppe geleitet hat, steht dem nicht entgegen. Ein derartiges Rumpfarbeitsverhältnis genügt nach der Rechtsprechung des BSG nicht für die Annahme einer Ausstrahlung eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses. Ein solches liegt vor, wenn Arbeitgeber und Beschäftigter eine den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Abrede über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und Zahlung von Arbeitsentgelt und das „automatische“ Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Vertrag bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses treffen (siehe zum Begriff BSG vom 17.11.1992 – 4 RA 15/91 – BSGE 71, 227, 231 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4, S. 19).
Stellt man auf die rein formale Vertragsgestaltung als Kriterium ab (vgl. Giesen, NZS 1996, 309, 312; siehe auch von Maydell, GK-SGB IV § 4 Anm. 11), kann von einem über ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis hinausgehenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Klinikum I. während der Tätigkeit des Klägers in N. gerade nicht ausgegangen werden. Das inländische Beschäftigungsverhältnis muss in seinen wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen während der Auslandstätigkeit fortbestehen und damit hinreichend intensiv sein (BSG vom 28.11.1990 – 5 RJ 87/89 – BSGE 68, 24, 27 = SozR 3-2200 § 1251a Nr. 11, S. 26; vgl. für den Fall der Einstrahlung nach § 5 SGB IV: BSG vom 07.11.1996 – 12 RK 79/94 – BSGE 79, 214, 217 = SozR 3-2400 § 5 Nr. 2, S. 5; Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, IV/14, § 4 Rn. 4b; vgl. auch zum Elterngeld BSG vom 24.06.2010 – B 10 EG 12/09 R – SozR 4-7833 § 1 Nr. 11 Rn. 31), was jedenfalls der Freistellungsvereinbarung nicht entnommen werden kann. Aus dieser ergibt sich zumindest für die Zeit bis 31.05.2014, dass Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge gewährt wurde, überzahlte Bezüge für September 2013 waren ausdrücklich zurückzuzahlen. Aus der Vereinbarung ist zumindest im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass neben dem Entgeltanspruch auch die Verpflichtung des Ehemannes zur Arbeitsleistung suspendiert wurde. Der Senat stellt daher fest, dass nach den schriftlichen Formulierungen das Arbeitsverhältnis insgesamt im Sinne einer vollständigen Suspendierung der gegenseitigen Hauptpflichten ruhen sollte und damit lediglich ein Rumpfbeschäftigungsverhältnis verblieben ist. Ob im Ausland ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet wird, ist nicht entscheidend, so dass der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin in N. keinen Anspruch auf Entgelt hatte, sondern nur über das A. -Stipendium finanziert wurde, keine Rolle spielt. Angesichts der vollständig suspendierten Hauptleistungspflichten im inländischen Beschäftigungsverhältnis bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob im Rahmen wissenschaftlicher Tätigkeit die Anforderungen an ein weiterbestehendes Weisungsrecht des inländischen Arbeitgebers herabzusetzen sind und inwieweit eine Entsendung auch dann vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer nicht auf Veranlassung eines Arbeitgebers ins Ausland geschickt wird, sondern ein Wechsel des Arbeitsortes auf Initiative des Arbeitnehmers im Einvernehmen und im Interesse des Arbeitgebers erfolgt (vgl. LSG Baden-Württemberg, aaO, mwN).
Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Für den Anspruch auf Elterngeld genügt es nach dem Willen des Gesetzgebers demnach nicht, dass nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht (zum BErzGG: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr. 11). Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht (Buchner/Becker, BEEG, § 1 Rn. 18, LSG Baden-Württemberg, aaO). Ein Verstoß gegen Art. 3 GG kann hierin nicht gesehen werden. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Soweit die Klägerin gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, ungleich behandelt und schlechter gestellt wird, rechtfertigt sich dies aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis und damit an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte (Hessisches LSG 27.11.2013, L 6 EG 4/11, juris). Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher. Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs. 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art. 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassung wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Das Elterngeld stellt eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates dar. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl. zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr. 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art. 6 Abs. 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr. 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Ebenfalls kann keine Entsendung der Klägerin selber angenommen werden. Die Klägerin ist schon nicht mit Willen ihres Arbeitgebers „entsandt“ worden, sie hat sich vielmehr zunächst im Mutterschutz und danach in Elternzeit befunden. Während dieser Zeit war die Klägerin gerade nicht in den heimischen „Betrieb“, das Amtsgericht A-Stadt eingegliedert, sondern von der Arbeitsleistung freigestellt. Wo sich die Klägerin während dieser Zeit der Freistellung aufgehalten hat, basierte auf der freien Entscheidung der Klägerin. Sie unterlag während dem Mutterschutz und ihrer Elternzeit keinerlei Weisungen des Freistaates Bayern. Dass sie als Richterin ihre Tätigkeit nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes nur in Deutschland ausüben konnte, ändert nichts an dieser Beurteilung. Darin liegt auch – entgegen der Auffassung der Klägerin – keine Schlechterstellung gegenüber ins Ausland entsandten Beamten. Diese üben vielmehr ihre Tätigkeit im Ausland auf Weisung der inländischen Behörde aus.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 SGG.

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