Aktenzeichen W 1 K 17.198
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Trennungsgeld nicht zu, da der Anspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV erloschen ist. Der angegriffene Bescheid des Bundeswehrdienstleistungszentrums V* … vom 24. Mai 2016 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom 20. Januar 2017 erweist sich insoweit als rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschwerdebescheid der Beklagten vom 20. Januar 2017 verwiesen, denen das Gericht folgt, § 117 Abs. 5 VwGO. Darüber hinaus ist Folgendes auszuführen:
1. Dem Kläger stand gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Bundesumzugskostengesetz (BUKG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Trennungsgeldverordnung (TGV) ein Anspruch auf Trennungsgeld zu, da er als Berufssoldat mit Versetzungsverfügung vom 3. Juni 2014 aus dienstlichen Gründen ohne Umzugskostenvergütungszusage zum 28. November 2014 von der Luftlandebrigade 26 in Saarlouis zur Division Süd nach V* … versetzt wurde. Der Anspruch ist jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV erloschen. Nach dieser Vorschrift ist Trennungsgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr nach Beginn der Maßnahme nach § 1 Abs. 2 TGV schriftlich zu beantragen. Da die Versetzung zum 28. November 2014 erfolgte und der Kläger an diesem Tag auch tatsächlich seinen Dienst in V* … angetreten hat, begann die Jahresfrist am 29. November 2014 und endete mit Ablauf des 28. November 2015, § 31 Abs. 1 VwVfG, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 1. Alt. BGB. Der erstmalige Antrag auf Gewährung von Trennungsgeld ging jedoch erst am 4. Mai 2016 und damit nach Fristablauf bei der Beklagten ein. Versäumt der Berechtigte, das Trennungsgeld vor Ablauf der Ausschlussfrist zu beantragen, erlischt nicht nur der bis dahin entstandene Anspruch auf die Gewährung von Trennungsgeld; darüber hinaus darf ihm wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist auch weder für die Zeit, die weniger als ein Jahr zurückliegt, noch für die Zukunft aus Anlass derselben dienstlichen Maßnahme Trennungsgeld gewährt werden (vgl. VG Trier, U.v. 20.1.2015 – 1 K 1856/14.TR – juris; VG Oldenburg, U.v. 12.6.2014 – 6 A 5217/12; VG München, U.v. 5.12.2013 – M 17 K 13.3655). Dem Erlöschen des Trennungsgeldanspruches steht auch eine etwaig unterbliebene Belehrung des Klägers über seinen Trennungsgeldanspruch und den Fristablauf entgegen Verwaltungsvorschriften und Erlassen des Dienstherrn nicht entgegen, da derartige rein behördeninterne Weisungen die Vorgabe eines in der Trennungsgeldverordnung angeordneten Erlöschens nicht hindern können (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.1.2017 – RN 8 K 16.1670 bestätigt durch BayVGH, B.v. 19.7.2017 – 14 ZB 17.357).
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 32 VwVfG, scheidet vorliegend aus, da es sich bei der Frist des § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV entsprechend des klaren Verordnungswortlauts um eine Ausschlussfrist handelt, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht möglich ist, § 32 Abs. 5 VwVfG, es sei denn, wenn ausnahmsweise deren Anwendung ausdrücklich vorgesehen ist, was hier jedoch nicht der Fall ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 23.5.2017 – W 1 K 16.849; VG Trier, U.v. 20.1.2015 – 1 K 1856/14.TR – juris; VG München, U.v. 15.4.2010 – M 17 K 09.1439 – juris). Vor diesem Hintergrund kann auch der Vortrag des Klägers zu der unbestritten nur äußerst knappen Anwesenheitszeit des Klägers in V* … im Laufe der Ausschlussfrist diesem nicht zum Erfolg zu verhelfen.
3. Eine Berufung auf die Ausschlussfrist durch die Beklagte stellt vorliegend auch keine unzulässige Rechtsausübung in Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar. Der vom Kläger geltend gemachte fehlende Hinweis der Beklagten auf den Fristablauf und die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen begründen kein qualifiziertes Fehlverhalten.
Die Ausschlussfrist des § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV dient dazu, Rechtssicherheit durch klare Rechtsverhältnisse zu schaffen und die Verwaltungsdurchführung zu vereinfachen. Zudem soll der Dienstherr davor geschützt werden, noch nach unverhältnismäßig langer Zeit mit Anträgen auf Leistung von Dienstbezügen wie Umzugskostenvergütung, Trennungsgeld u.a. belastet zu werden. Der Dienstherr muss im Rahmen der ihm obliegenden sparsamen Verwaltung öffentlicher Mittel personelle Maßnahmen planen können. Dazu muss er annähernd übersehen können, mit welchen Forderungen aus früheren Versetzungen und Abordnungen er künftig zu rechnen hat, um durch weitere dienstrechtliche Maßnahmen dieser Art den Haushalt nicht unangemessen zu belasten. Er hat somit ein berechtigtes Interesse an der Schaffung klarer Verhältnisse. Auch wird die Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch solche Ausschlussfristen nicht in einer mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) unvereinbaren Weise verletzt. Eine Frist von – wie hier – einem Jahr reicht für die Antragstellung im Allgemeinen aus (BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 6 C 34/79 – juris). Vor diesem Hintergrund ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung grundsätzlich auch verpflichtet, gegenüber Besoldungs- und Versorgungsansprüchen und sonstigen Ansprüchen auf Dienstbezüge den Ablauf einer Ausschlussfrist bzw. die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Jedoch kann dies unter besonderen Umständen des Einzelfalls als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein, wenn der Soldat durch ein Verhalten des Dienstherrn veranlasst worden ist, den Anspruch nicht innerhalb der Frist geltend zu machen. Dies erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht. Der Dienstherr muss durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Betroffenen die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht haben (BVerwG, U.v. 25.4.1982 – 6 C 34/79 – juris; VG Würzburg, U.v. 23.5.2017 – W 1 K 16.849; VG Trier, U.v. 20.1.2015 – 1 K 1856/14.TR – juris; VG Köln, U.v. 27.4.2012 – 9 K 4550/10 – juris; nachgehend OVG NRW, B.v. 23.1.2014 – 1 A 1338/12 – juris).
Soweit der Kläger geltend macht, durch seinen Dienstherrn nicht entsprechend des Erlasses vom 3. August 2011 bzw. Ziffer 1007 der Zentralen Dienstvorschrift A 2212/1 über die Geltendmachung des Trennungsgeldanspruchs, dessen Fristablauf und die diesbezüglichen rechtlichen Konsequenzen informiert worden zu sein, so wird klägerseitig verkannt, dass diese behördeninternen Weisungen im relevanten Zeitraum nicht in Kraft waren bzw. nicht in ständiger Behördenpraxis angewendet wurden. So ist die Zentrale Dienstvorschrift A 2212/1 erst am 21. Dezember 2015 und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist in Kraft getreten, während der Erlass vom 3. August 2011 durch den Zentralerlass B 550/1, Ziffer 401, vom 1. Juli 2016 rückwirkend mit Ablauf des 31. März 2014, und damit noch während der laufenden Ausschlussfrist, außer Kraft getreten ist. Gründe, an diesem Außerkrafttreten zu zweifeln, hat die Kammer nicht. Soweit man jedoch rechtliche Zweifel an der Möglichkeit einer rückwirkenden Außerkraftsetzung des Erlasses haben sollte, so ist doch gleichwohl festzustellen, dass unabhängig von dessen formeller Geltung im Zeitraum der Ausschlussfrist der Inhalt dieses Erlasses und damit die entsprechenden Hinweispflichten gegenüber den betroffenen Soldaten tatsächlich nicht, zumindest nicht in ständiger Übung, vollzogen wurde. Dies erscheint der erkennenden Kammer vor dem Hintergrund des Vortrags der Beklagten, dass sich der Erlass in der Praxis als nicht durchführbar erwiesen habe und der diesbezüglichen Kenntnis des Gerichts aus anderen vergleichbaren Verfahren plausibel und glaubhaft (vgl. hierzu auch VG Köln, U.v. 7.12.2016 – 23 K 3790/15 – juris; VG München, U.v. 5.12.2013 – M 17 K 13.3655).
Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass seitens der Beklagten dem Kläger gegenüber eine Rechtspflicht zum Tätigwerden entsprechend dem Erlass vom 3. August 2011 bestand. Denn dieser bindet als Verwaltungsvorschrift allein die betroffenen Behörden im Innenverhältnis und kann gegenüber dem Kläger Außenwirkung nur über die Rechtsfigur der Selbstbindung der Verwaltung, Art. 3 GG, erlangen. Hierzu ist jedoch Voraussetzung, dass im Falle des Klägers gleichheitswidrig von einer tatsächlich bestehenden ständigen Verwaltungspraxis im Sinne einer regelmäßigen Information der Soldaten über die Ausschlussfristen abgewichen worden wäre. Dies war vorliegend entsprechend obiger Ausführungen jedoch gerade nicht der Fall. Der Kläger ist für das Vorliegen einer derartigen ständigen Verwaltungspraxis überdies darlegungs- und beweispflichtig. Er hat jedoch über die dahingehende pauschale Behauptung hinaus nicht substantiiert dargelegt, dass üblicherweise eine Erinnerung der Trennungsgeldberechtigten erfolgt oder zumindest Einzelfälle benannt, in denen unter vergleichbaren Umständen andere Soldaten entsprechend informiert worden sind (vgl. VG München, U.v. 5.12.2013 – M 17 K 13.3655; VG Karlsruhe, U.v. 8.4.2016 – 10 K 2463/14, bestätigt durch VGH Mannheim, B.v. 18.4.2017 – 4 S 1009/16 – juris).
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen, wonach der Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger keine Pflicht zur Erinnerung an den Trennungsgeldanspruch oblag, ist ein Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben auch deshalb nicht anzunehmen, da diese den Kläger durch ihr Verhalten nicht von der fristgerechten Antragstellung abgehalten oder diese auch nur erschwert hat, ihr insoweit kein qualifiziertes Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Die Beklagte hat auch nicht den Eindruck erweckt, der Kläger könne darauf vertrauen, dass ein Trennungsgeldanspruch auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt wird oder dass diese nicht gilt, soweit der Dienstherr nicht darauf hinweist. Sie hat den Kläger im Rahmen der Versetzungsverfügung vielmehr gegen Unterschrift auf die Möglichkeit einer Information über die trennungsgeldrechtlichen Folgen der Zusage/Nichtzusage der Umzugskostenvergütungszusage hingewiesen. Es hätte sodann im Rahmen der gebotenen Sorgfalt am Kläger gelegen, sich über das Bestehen etwaiger Trennungsgeldansprüche und hierbei einzuhaltende Fristen zu informieren, zumal es sich vorliegend um rechtliche Kenntnisse handelt, deren Kenntnis, gerade mit Blick auf den Dienstrang des Klägers, zumutbar vorausgesetzt werden kann bzw. die er sich unschwer durch Rückfrage bei den zuständigen Verwaltungsstellen verschaffen konnte. Aus der Sorgfaltspflicht in eigenen Angelegenheiten folgt, dass ein Soldat eigenverantwortlich für die Geltendmachung von Ansprüchen und deren Fristwahrung Sorge zu tragen hat. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der Kläger bereits vor seiner Versetzung trennungsgeldberechtigt war und um die entsprechenden Ansprüche und Fristen hätte wissen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.1997 – 2 C 10/96 – juris; BayVGH, B.v. 22.8.2005 – 15 ZB 02.1631 – juris; VGH Mannheim, B.v. 18.4.2017 – 4 S 1009/16 – juris; VG München, U.v. 5.12.2013 – M 17 K 13.3655).
Besondere Umstände, die gleichwohl eine Belehrungspflicht hätten auslösen können, etwa weil sich der Beamte für den Dienstherrn erkennbar in einem Irrtum befindet (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 6 C 34/79 – juris), lagen im Falle des Klägers nicht vor. Denn dass der Kläger – wie von ihm vorgetragen – rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass die Ansprüche jeweils nur monatsweise erlöschen, war für den Dienstherrn in keiner Weise erkennbar. Auch die Tatsache, dass der Kläger sich während der Ausschlussfrist praktisch nicht in V* … aufgehalten hat, kann zu keinem anderen Ergebnis führen, da dies unter Beachtung der vorstehend beschriebenen Sorgfaltspflichten für die rechtzeitige Antragstellung im Ergebnis keine Rolle spielt.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.