Aktenzeichen 5 AZR 259/13
§ 10 Abs 4 AÜG
§ 13 AÜG
§ 1 TVG
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Trier, 14. Februar 2012, Az: 3 Ca 1211/11, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 29. November 2012, Az: 2 Sa 169/12, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. November 2012 – 2 Sa 169/12 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des „equal pay“.
2
Der 1956 geborene Kläger ist seit dem 21. April 2008 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und einem Unternehmen des R-Konzerns als Stromableser überlassen.
3
Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 15. April 2008 zugrunde, in dem es ua. heißt:
„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag
…
Der Mitarbeiter ist eingestellt als
Außendienstmitarbeiter, EVU
Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe:
AWE 4+
Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).
Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.
…
5. Arbeitszeit
Als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich Pausen werden 35,00 Stunden vereinbart.
…
Lage, Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Lage und Dauer der Pausen richten sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen Kunden geltenden betrieblichen Regelungen, im Übrigen nach den Bestimmungen der in 1. genannten Tarifverträge. Der jeweilige Arbeitszeitbeginn ist als Beginn der Verpflichtung zur Arbeitsleistung selbst zu verstehen und nicht als Eintreffen im Kundenbetrieb bzw. am Arbeitsplatz.
…
14. Ausschluss von Ansprüchen
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.
Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.
Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“
4
Am 26. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:
„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).
Alle übrigen getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages gelten fort und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“
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Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der am 15. September 2011 eingereichten Klage unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt, auf der Grundlage der Vergütungsgruppe B 1. Darüber hinaus hat er Weihnachtsgeld und Sonderzuwendungen für die Jahre 2008 bis 2010 gefordert.
6
Auf Anfrage des Klägers erteilte ihm die R AG mit Schreiben vom 16. August 2012 folgende Auskunft:
„…
in Erfüllung unserer Auskunftsverpflichtung gem. § 13 AÜG übersenden wir Ihnen nachfolgende Informationen:
Herr B war in der Zeit vom 21.04.2008 bis 31.01.2012 im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Stromableser bei der R GmbH eingesetzt.
Die Eingruppierung seiner Tätigkeit wäre in A 4 / Start nach Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe RWE des AGWE vom 28.11.2011 erfolgt.
Die Grundvergütung wird 13 mal je Jahr gezahlt, zudem gibt es eine Sonderzuwendung in Höhe von 363,00 EUR (Anlage 2 zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe RWE des AGWE vom 28.11.2011) einmalig je Jahr.
Die Spesen und Fahrtkosten werden entsprechend der individuellen Aufwendungen nach der gültigen Reisekostenregelung der RWE vergütet.
Die fiktive Gehaltsentwicklung von Herrn B entnehmen Sie bitte der Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe RWE des AGWE vom 28.11.2011; der Verbleib in Start ist maximal zwei Jahre, in Basis und Erfahrungsstufen jeweils maximal drei Jahre vorgesehen.“
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 34.379,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, ein Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sei nicht entstanden, zumindest verfallen. Jedenfalls habe der Kläger die Höhe des Anspruchs nicht dargelegt. Auf die von der R AG erteilte Auskunft könne er sich nicht stützen, weil diese nicht Entleiherin sei.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.