Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Urlaubsanspruch, Arbeitgeber, Betriebsvereinbarung, Altersteilzeit, Urlaubsabgeltung, Freistellungsphase, Verletzung, Verschulden, Freistellung, Streitwertfestsetzung, Urlaubstage, Beendigung, Urlaub, Freistellung des Arbeitnehmers, eigenes Verschulden, eigenes Fristenregime

Aktenzeichen  3 Ca 2315/19

Datum:
12.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 55757
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 1.794,81 € festgesetzt.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung des Resturlaubs von neun Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 2016. Der vom Kläger während seiner Arbeitsphase nicht eingebrachte Resturlaub ist hinsichtlich seiner gesetzlichen Anspruchsgrundlage zum 31.03.2018 und hinsichtlich des tariflichen Mehrurlaubs zum 31.03.2017 verfallen.
1. Der Kläger hatte seinen Urlaubsanspruch für 2016 nicht gem. § 18 A. Nr. 7 S. 1MTV erfolglos geltend gemacht.
Der von ihm für den Zeitraum vom 04.05. bis 21.05.2016 beantragte Urlaub für 13 Urlaubstage war vielmehr von der Beklagten genehmigt worden. Der Kläger hatte diesen Urlaub auch bereits teilweise eingebracht. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab dem 11. 05.2019 konnten jedoch nicht alle Urlaubstage genommen werden. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den beantragten Urlaub erteilt, hatte die Geltendmachung des Arbeitnehmers erfolgt, da der Arbeitgeber die von ihm für die Urlaubseinbringung geschuldete Erfüllungshandlung, die bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers vornimmt (vgl. BAG vom 19.01.2016, NZA-RR 2016, 235). Die spätere krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist ein nachträgliches Erfüllungshindernis, das der vollständigen Einbringung des offenen Urlaubsanspruchs entgegenstand. Die vorausgehende Geltendmachung des Urlaubsanspruchs war jedoch nicht erfolglos. Aufgrund der nicht vollständigen Einbringung des anteiligen Urlaubsanspruchs für 2016 von insgesamt 13 Tagen verblieb ein offener Resturlaub von neun Urlaubstagen zum 31.05.2016 zum Ende der Arbeitsphase in der Altersteilzeit des Klägers.
2. Der Resturlaubsanspruch des Klägers von neun Urlaubstagen war nicht bereits zum Ende der Arbeitsphase mit Beginn der Freistellungsphase zum 01.06.2016 abzugelten. Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs setzt gem. § 4 Abs. 4 BUrlG ebenso wie § 18 A. Nr. 7 S. 2 MTV die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus (BAG vom 15.03.2005, AP BUrlG § 7 Nr. 31). Der Übergang von der Arbeitsin die Freistellungsphase ist keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 4 BUrlG, vielmehr setzt auch bei der Altersteilzeit ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus, die erst mit dem Ende der Freistellungsphase eintritt. Ein Abgeltungsanspruch ist aber nur gegeben, wenn der Urlaubsanspruch nicht bereits vorher verfallen ist.
3. Der offene Resturlaub des Klägers von neun Urlaubstagen für 2016 wurde aufgrund der Freistellungsphase des Klägers bis zum 31.12.2016 nicht eingebracht.
Die Unmöglichkeit der Urlaubseinbringung bestand wegen der Freistellung von der Arbeitspflicht in der Freistellungsphase der Alterszeit. Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers sowie die Freistellungsphase des Blockmodells in der Altersteilzeit sind als Ursachen für die Unerfüllbarkeit eines Urlaubsanspruchs gleichzustellen (BAG vom 16.10.2012, NZA 2013, 575). Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist deshalb nicht bereits zum 31.03.2017, sondern erst nach 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres, somit zum 31.03.2018 erloschen (BAG a.a.O.).
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Unmöglichkeit der Urlaubseinbringung während der Freistellungsphase einem Verfall des offenen Urlaubsanspruchs grundsätzlich nicht entgegen.
Es ist nicht gerechtfertigt, die Unmöglichkeitsgründe für die Einbringung von Resturlaub – eine lang andauernde Arbeitsunfähigkeit zum einen und die Freistellungsphase beim Blockmodell der Altersteilzeit zum anderen – unterschiedlich zu behandeln.
Auch bei einem Altersteilzeitvertrag ist es, je nach der zeitlichen Regelung, nicht ausgeschlossen, dass ein während der Arbeitsphase erworbener Resturlaubsanspruch, den ein Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit am Ende der Arbeitsphase nicht einbringen konnte, noch zum Ende des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Freistellungsphase abzugelten ist. So wäre beispielsweise bei einem Altersteilzeitvertrag mit einer Arbeitsphase vom 01.03.2014 bis zum 29.02.2016 und einer Freistellungsphase vom 01.03.2016 bis zum 28.02.2018 ein im Jahr 2016 noch offener Resturlaub zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2018 noch nicht verfallen und deshalb abzugelten. Ein Verfall würde erst zum 31.03.2018 eintreten.
Außerdem verfällt auch ein Urlaubsanspruch, der wegen einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht eingebracht werden kann, mit Ablauf der fünfzehnmonatigen Übertragungsfrist, obwohl die Ursache der Nichteinbringung ein vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbares schicksalhaftes Geschehen ist. Demgegenüber beruht der Altersteilzeitvertrag auf einer Vereinbarung, häufig auf Wunsch des Arbeitnehmers, weshalb er bereits vorher weiß, dass er zum einen während der Freistellungsphase keinen Urlaub erwirbt und den anteiligen Urlaub aus der Arbeitsphase grundsätzlich noch vor Beginn der Freistellungsphase einbringen muss. Es kann je nach der zeitlichen Ausgestaltung – wie beim obigen Beispiel – trotzdem die Möglichkeit der Abgeltung eines nicht eingebrachten Resturlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geben, falls der Urlaubsanspruch noch nicht verfallen ist. Die möglichen Rechtsfolgen für einen in der Arbeitsphase nicht eingebrachten Resturlaub kann der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages nachvollziehen.
Ein anderes Ergebnis ist auch nicht deshalb angezeigt, weil während der Freistellungsphase der Altersteilzeit kein neuer anteiliger Urlaubsanspruch entsteht (BAG vom 24.09.2019, 9 AZR 481/18). Der Urlaubsanspruch ist für jedes Urlaubsjahr gesondert zu prüfen. Er entsteht für jedes Urlaubsjahr, weshalb auch die Voraussetzungen für eine mögliche Übertragung über den 31.12. des Urlaubsjahres hinaus gesondert zu prüfen sind. Es ist deshalb für den Urlaubsanspruch 2016 unerheblich, dass mit Beginn der Freistellungsphase des Klägers ab dem 01.06.2016 kein neuer Urlaubsanspruch entstand. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein noch offener bestehender Urlaubsanspruch abzugelten war. Dies setzt jedoch voraus, dass ein solcher Urlaubsanspruch nicht zwischenzeitlich verfallen ist.
Ein solcher Verfall ist für den gesetzlichen Urlaubsanspruch zum 31.03.2018 eingetreten.
4. Der anteilige tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers ist bereits zum 31.03.2017 verfallen.
Der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltende Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern enthält in § 18 A. Nr. 7 MTV für den tariflichen Mehrurlaub gegenüber dem Bundesurlaubsgesetz eine strengere Regelung.
Für den tariflichen Mehrurlaub wurde ein eigenes Fristenregime im MTV geschaffen, wonach der Arbeitnehmer das Risiko tragen soll, dass der Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub infolge Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbar ist, weswegen auch in diesem Fall der Urlaubsanspruch spätestens zum 31.03. des Folgejahres erlischt (BAG vom 17.11.2015, AP, BUrlG § 7 Nr. 78).
Der Kläger kann sich deshalb auf keine günstigere Regelung für die Übertragung nicht eingebrachten Urlaubs berufen (die Entscheidung des LAG München vom 16.01.2019 – 8 Sa 348/18, Beck RS 2019, 8193 erging zum Manteltarifvertrag für die privaten und öffentlichen Banken, der keine Verfallsregelung enthält).
Somit ist der anteilige Urlaubsanspruch des Klägers für 2016 hinsichtlich des tariflichen Mehrurlaubs (über 20 Arbeitstage hinaus) bereits zum 31.03.2017 und hinsichtlich des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zum 31.03.2018 verfallen. Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2019 bestand kein Urlaubsanspruch mehr, der abzugelten wäre. Die Klage ist deshalb abzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung ergeht gem. §§ 91 Abs. 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
III. Der Streitwertfestsetzung liegen die §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO zugrunde.

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