Arbeitsrecht

Architektenleistungen

Aktenzeichen  1 HK O 64/17

Datum:
14.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 164305
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 648 a, § 649
ZPO § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 287, § 709

 

Leitsatz

1. Erspart sind nach der Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die infolge der Kündigung entfallen sind (vgl. BGH-Urteil vom 21. Dezember 1995, VII ZR 198/94). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Erspart sind in der Regel auch diejenigen sachlichen projektbezogenen Aufwendungen, die der Architekt infolge der Kündigung nicht hat und die mit der Vergütung abgegolten werden. Dazu gehören zum Beispiel die projektbezogenen Aufwendungen, Schreib- und Zeichenmittel, Fahrten, Telefon- und Fotokopiekosten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt ist, soweit der Kläger Sicherheit gemäß § 678 a BGB in Höhe 2.975,00 € gefordert hat.
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Sicherheit gemäß § 678 a BGB in Höhe von 73.958,50 € zu leisten.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Kläger kann nach § 648 a Abs. 1 BGB als Architekt eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon von der Beklagten als Besteller Sicherheit für die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehörender Nebenforderungen, die mit 10% von 100 des zu sichernden Vergütungsanspruch anzusetzen sind, verlangen. Dieser Anspruch besteht auch nach einer Kündigung des Werkvertrages.
Nach der von der Beklagten erfolgten Kündigung gemäß § 649 BGB hat der Unternehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Er muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 Satz 2 BGB). Diesen Anspruch muss der Unternehmer darlegen. Er hat die vereinbarte Vergütung und darüber hinaus darzulegen, welche Kosten er gespart hat und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999, VII ZR 399/97).
Als erspart sind diejenigen Aufwendungen abzuziehen, die durch die Nichtausführung des konkreten Vertrages entfallen sind. Sinn und Zweck ist es, dem Auftragnehmer Vor- und Nachteile des gekündigten Vertrages zu erhalten. Der Beklagte hat deshalb vom vereinbarten Honorar seine tatsächlichen Aufwendungen abzuziehen. Der Unternehmer muss feststellen, welche Leistungen nach dem Vertrag noch zu erbringen waren und inwieweit dafür vorgesehene Aufwendungen entfallen sind. Diese hat er zu beziffern.
Erspart sind nach der Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die infolge der Kündigung entfallen sind (vgl. BGH-Urteil vom 21. Dezember 1995, VII ZR 198/94). Wie auch bei der Abrechnung des gekündigten Bauvertrages kommt eine Ersparnis vor allem bei den projektbezogenen Herstellungskosten und den variablen projektbezogenen Gemeinkosten in Betracht. Gewinn und allgemeine Geschäftskosten, die nicht projektbezogen anfallen, sind nicht erspart. Die Ersparnis kann sich z. Bsp. daraus ergeben, dass der Architekt Personalkosten einspart, die er für das Projekt gehabt hätte, wenn der Auftrag nicht gekündigt worden wäre. Dagegen ist es grundsätzlich keine Frage der ersparten Aufwendungen, wenn das Personal weiterbeschäftigt und für andere Aufträge eingesetzt wird. Insoweit ist der Unternehmer nur gehalten den durch den Einsatz des Personals erzielten anderweitigen Erwerb in Ansatz zu bringen.
Da der Kläger hier unstreitig ohne weiteres Personal arbeitet, sind insoweit diesbezüglich keine ersparten Aufwendungen angefallen.
Erspart sind in der Regel auch diejenigen sachlichen projektbezogenen Aufwendungen, die der Architekt infolge der Kündigung nicht hat und die mit der Vergütung abgegolten werden. Dazu gehören zum Beispiel die projektbezogenen Aufwendungen, Schreib- und Zeichenmittel, Fahrten, Telefon- und Fotokopiekosten. Der Architekt ist insoweit gehalten darzustellen, welche Aufwendungen er sich insoweit abziehen lässt. Hierbei dürfen aber keine zu hohen Anforderungen an die Darlegungslast gestellt werden. Es genügt, wenn der Architekt die Sachmittel zusammenfassend so beschreibt, dass der Auftraggeber in der Lage ist, die Richtigkeit des dafür abgesetzten Betrages beurteilen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999, VII ZR 326/98).
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägervertreters. Unstreitig hatte er hier die Ersparnis durch nicht angefallene Fahrtkosten zur Baustelle von … nach … und zurück, also von ca. 16 km für einzelne Fahrten zur Baustelle. Bei angesetzten 0,30 € pro km ergibt dies je Fahrt hin und zurück 9,60 €. Bei angenommenen 150 Fahrten würden mithin Kosten von 1.440 € eingespart. Hinzu kommen die nicht verbrauchten Kosten für Arbeitsmaterialien wie Papier u.ä.
Der vom Klägervertreter insoweit in Ansatz gebrachte Betrag von 2.500,- € netto hält das Gericht insoweit gemäß § 287 ZPO für angemessen. 1 HK O 64/17 – Seite 5 – Dass weitere Aufwendungen erspart wurden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.
Daneben muss ein Architekt, ebenso wie der Bauunternehmer angeben, welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lässt und diesen ggf. beziffern. Hier gibt der Kläger an, keinen anderweitigen Erwerb erzielt zu haben. Es reicht hier grundsätzlich aus, wenn sich der Architekt dazu nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen ausdrücklich oder auch konkludent erklärt. Der Architekt ist allerdings gehalten sich wahrheitsgemäß zu erklären. Anhaltspunkte dazu, dass dies nicht geschehen ist, hat das Gericht nicht.
Ausgehend von der vereinbarten Vergütung nebst Kosten für den Zusatzauftrag in Höhe von 105.910,- € brutto abzüglich geleisteter Zahlungen in Höhe von 35.700,- € ergibt sich ein offener Betrag in Höhe von 70.210,- €. Davon sind die ersparten Aufwendungen in Höhe von 2.975 € brutto abzuziehen. Zuzüglich 10% Zuschlag ergibt dies den zu sichernden Betrag in Höhe von 73.958,50 €. Insoweit war dem Anspruch des Klägers stattzugeben.
Soweit der Rechtsstreit durch den Kläger teilweise für erledigt erklärt worden ist, die Beklagte der Erledigung aber nicht zugestimmt hat, war die Teilerledigung festzustellen. Im Zeitpunkt der Klageerhebung, also vor Kündigung des Vertrages, wäre die Beklagte auch hinsichtlich der höheren Sicherheitsleistung zu verurteilen gewesen, da der Anspruch des Klägers auf Sicherheitsleistung sich auf die vereinbarte Vergütung mit 10% Zuschlag belief, mithin auf 77.231,00 €.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Soweit festgestellt wurde, dass der Rechtsstreit teilweise erledigt ist, trifft die Kostentragungspflicht ebenfalls die Beklagte, da sie zum Zeitpunkt der Klageerhebung, also vor Kündigung des Vertrages, auch hinsichtlich der höheren Sicherheitsleistung unterlegen wäre. Soweit der Kläger eine geringfügig höhere Sicherheitsleistung gefordert hatte, war die Zuvielforderung geringfügig.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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