Aktenzeichen AN 2 E 20.00934
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
SGB I § 45
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.860,00 EUR.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung von Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe.
Der Antragsteller studierte im Wintersemester 2014/2015 und Sommersemester 2015 Rechtswissenschaften an der … (künftig: …). Im Wintersemester 2015/2016 studierte er dort Wirtschaftswissenschaften. Von Oktober 2015 bis April 2019 studierte er in Teilzeit an der staatlich anerkannten … Hochschule (in Trägerschaft …) am Standort … Business Administration (Abschluss: Bachelor). In diesem Studiengang wurde ihm am 12. April 2019 das Zeugnis über die erfolgreich absolvierte Bachelorprüfung in dem Studiengang Business Administration ausgestellt.
Zum Wintersemester 2019/2020 nahm der Antragsteller sein Vollzeitstudium der Biologie (Abschluss: Bachelor) an der … auf. Hierfür beantragte er mit bei dem Antragsgegner am 5. August 2019 eingegangenen Schreiben Ausbildungsförderung im Wege der Vorabentscheidung.
Unter dem 13. November 2019 beschied der Antragsgegner dem Antragsteller, seinem Antrag auf Leistung von Ausbildungsförderung könne nicht entsprochen werden.
Zur Begründung ist in dem Bescheid sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung erlösche, sofern der Auszubildende im Anschluss an eine mindestens dreijährige Ausbildung einen berufsqualifizierenden Abschluss erreiche. Dies gelte unabhängig davon, ob der Auszubildende hierfür Ausbildungsförderung erhalten habe oder nicht. Der Antragsteller habe mit seinem Teilzeitstudium Business Administration an der … Hochschule seinen Grundanspruch auf Ausbildungsförderung ausgeschöpft. Nach Abschluss eines Bachelorstudiengangs sei lediglich die Förderung eines Masterstudiengangs möglich. Bei dem von dem Antragsteller aufgenommenen Studium der Biologie mit dem Abschluss Bachelor handele es sich jedoch nicht um einen Masterstudiengang, sondern um einen weiteren eigenständigen Studiengang.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 11. Dezember 2019, eingegangen bei dem Antragsgegner am 13. Dezember 2019, Widerspruch ein.
Zur Begründung führte er sinngemäß im Wesentlichen aus, er habe zwar an der … Hochschule einen Studienabschluss erlangt. Jedoch habe es sich um ein privates Abend- und Samstagsstudium gehandelt, wobei er Studiengebühren gezahlt habe. Er habe keine Studentenwerksbeiträge gezahlt, wie dies bei einem „staatlichen Studium“ der Fall sei. Nach Antragstellung im August habe ihm Herr … vom Antragsgegner in … telefonisch mitgeteilt, sein vorangegangenes Studium an der … Hochschule sei definitiv kein Ausschlusskriterium. Dies habe ihm ebenfalls der Gruppenleiter bestätigt, da es sich um ein privates Abendstudium gehandelt habe.
Mit Bescheid vom 3. April 2020, dem Antragsteller zugestellt am 16. April 2020, wies der Antragsgegner den Widerspruch kostenfrei zurück.
Zur Begründung führte er sinngemäß im Wesentlichen aus, für die Entscheidung, ob der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung ausgeschöpft sei, spiele es keine Rolle, ob der vorangegangene Studiengang förderungsfähig sei. Bei der … Hochschule handele es sich um eine akkreditierte Hochschule. Eine Förderung sei nicht mehr möglich, wenn der Auszubildende bereits einen Hochschulabschluss erworben habe. Dies gelte auch für Hochschulabschlüsse, die – wie bei dem Antragsteller – in Teilzeit erworben worden seien. Zwar seien solche Teilzeitausbildungen grundsätzlich nicht förderungsfähig. Dennoch sei ein in einer solchen Ausbildung erworbener Hochschulabschluss zu beachten. Lediglich Teilzeitausbildungen, die nicht mit einem Hochschulabschluss beendet würden, verbrauchten nicht den Grundanspruch auf Ausbildungsförderung.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 15. Mai 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Er lässt sinngemäß im Wesentlichen vortragen, sein an der … Hochschule durchgeführtes Studium, welches er selbst bezahlt habe, sei vollständig in Teilzeit durchgeführt worden. Ein solches Studium sei nicht förderungsfähig. Die Ansicht des Antragsgegners, wonach es sich um ein förderungsfähiges Studium handele, sei nicht richtig. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 14. Dezember 1994, Az. 11 C 28/93 verwiesen. Danach schließe eine vollständig in Teilzeit durchgeführte und deswegen nicht förderungsfähige Ausbildung die Förderung einer weiteren Ausbildung nicht aus.
Der Antragsteller beantragt wörtlich, zu erkennen:
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird der Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller ab Einreichung dieses Antrages Bundesausbildungsförderung zu bewilligen in gesetzlicher Höhe.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt sinngemäß im Wesentlichen vor, entgegen dem Vorbringen des Antragstellers stehe er auf dem Standpunkt, dass es nicht darauf ankomme, ob das vorausgegangene Studium an der … Hochschule förderungsfähig gewesen sei. Unabhängig von der Förderungsfähigkeit sei der dort erzielte Abschluss in jedem Fall beachtlich. Selbst wenn es auf die Förderungsfähigkeit ankäme, müsse die Ausbildung abstrakt förderungsfähig sein. Bei der Prüfung, ob dies der Fall sei, sei entgegen früher herrschender Meinung nicht Voraussetzung, dass die Ausbildung in Vollzeit betrieben werde. Der Antragsteller habe sein Teilzeitstudium an der … Hochschule mit dem akademischen Grad des Bachelor abgeschlossen und damit seinen Grundanspruch auf Ausbildungsförderung ausgeschöpft. Dieses Studium stelle eine erste berufsqualifizierende Ausbildung dar.
Das neue Studium der Biologie könne nicht gefördert werden. So werde zwar Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung bis zu einem berufsqualifizierenden Abschluss geleistet, wenn diese eine Hochschulausbildung insoweit ergänze, als sie für die Aufnahme des angestrebten Berufs rechtlich erforderlich sei. Bei dem Biologiestudium handele es sich aber um eine in sich geschlossene, selbstständige Ausbildung, also um einen eigenständigen Ausbildungsgang, der alle zur Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten selbst vermittle und den Bachelorstudiengang Business Administration nicht lediglich ergänze. Für die Aufnahme des Biologiestudiums bedürfe es gerade nicht des Abschlusses im Fach Business Administration.
Weiter werde eine einzige weitere Ausbildung bis zu deren berufsqualifizierenden Abschluss gefördert, wenn im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Ausbildung der Zugang zu ihr eröffnet werde, sie in sich selbstständig sei und fachlich in derselben Richtung weiterführe. Hier liege keine fachliche Weiterführung in diesem Sinne vor. Bei dem Bachelorstudiengang Biologie liege keine weitgehende Übereinstimmung mit dem Studiengang Business Administration vor.
Im Übrigen werde Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung bis zu deren berufsqualifizierenden Abschluss geleistet, wenn der Auszubildende als erste berufsbildende eine zumindest dreijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule oder in einer Fachschulklasse abgeschlossen habe, deren Besuch keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetze. Eine solche Ausbildung sei bei dem Antragsteller nicht gegeben.
Schließlich werde Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung nur geleistet, wenn besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel, dies erforderten. Nach ständiger Rechtsprechung sei dies solchen Fällen vorbehalten, in denen sich der Auszubildende aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung nicht mehr zunutze machen könne oder in denen von dem angestrebten Ausbildungsziel her gesehen eine einzige berufsqualifizierend abgeschlossene Ausbildung nicht ausreiche. Erfasst würden nur extreme Sonderfälle. Es reiche daher nicht aus, wenn durch die weitere Ausbildung die Berufsausübung lediglich erleichtert oder wirtschaftlich ertragreicher gestaltet werden solle oder wenn wegen schlechter Berufsaussichten allgemeine Empfehlungen für eine zusätzliche Ausbildung gegeben würden. Besondere Umstände seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Zudem fehle es an einem Anordnungsgrund, da es dem Antragsteller zumutbar sei, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Gründe für die Eilbedürftigkeit seien nicht vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, und auf die Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung insbesondere zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund, als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht.
b) Zwar spricht auch ohne Berücksichtigung des Schriftsatzes des Antragstellervertreters vom 10. Juni 2020 Vieles dafür, dass hier ein Anordnungsgrund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz erforderlich ist, da es dem Antragsteller unzumutbar ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. Püttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 80). Angesichts der aktenkundigen Angaben des Antragstellers zu seinem Einkommen und Vermögen und des Umstands, dass seine Eltern aufgrund der vorausgegangenen Hochschulausbildung nicht mehr unterhaltspflichtig sein könnten, liegt es nahe, dass der Antragsteller aktuell auf Ausbildungsförderung angewiesen ist, um sein Studium zu finanzieren.
c) Es fehlt aber jedenfalls an einem Anordnungsanspruch.
aa) Von einem Anordnungsanspruch ist grundsätzlich auszugehen, sofern der Antragsteller nach dem einschlägigen materiellen Recht auf Grundlage des ermittelten bzw. glaubhaft gemachten Sachverhalts voraussichtlich in der Hauptsache Erfolg haben wird (vgl. Kuhla in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 53. Edition Stand 1.7.2019, § 123 Rn. 77. ff.).
bb) Danach liegt hier kein Anordnungsanspruch vor.
(1) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende und zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet, längstens bis zum Erwerb eines Hochschulabschlusses oder eines damit gleichgestellten Abschlusses. Den letzten Halbsatz – „längstens bis zum Erwerb eines Hochschulabschlusses oder eines damit gleichgestellten Abschlusses“ – hat der Gesetzgeber teils mit dem 25. Änderungsgesetz des BAföG vom 23. Dezember 2014 mit Wirkung zum 1. August 2016 („längstens bis zum Erwerb eines Hochschulabschlusses“) und teils mit dem 26. Änderungsgesetz des BAföG vom 8 Juli 2019 mit Wirkung zum 16. Juli 2019 hinzugefügt („oder eines damit gleichgestellten Abschlusses“). Zuvor, in der alten bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung, war der Halbsatz nicht enthalten. Mit der Gesetzesänderung durch das 25. Änderungsgesetz des BAföG („längstens bis zum Erwerb eines Hochschulabschlusses.“) verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, Studierende, die etwa aufgrund beruflicher Qualifikation ohne vorausgegangenes Bachelorstudium zu einem Masterstudium zugelassen wurden und dieses (typischerweise) innerhalb einer Studienzeit unter drei Jahren absolviert hatten, nicht mehr in den Genuss einer weiteren Förderung zu bringen. Denn ohne den hinzugefügten Halbsatz wäre der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG in den beschriebenen Fällen noch nicht verbraucht gewesen. Insoweit führt die Bundestagsdrucksache 18/2663 (dort S. 35 f.) sinngemäß aus, könne der Masterabschluss als höchster Hochschulabschluss heute bereits nach zwei Studienjahren erreicht werden, entspreche es nicht mehr dem ursprünglichen Sinn und Zweck der Vorschrift nach § 7 Abs. 1 BAföG, nach Erreichen des voll berufsqualifizierenden Hochschulgrads eines Masters anschließend im Rahmen des Grundförderungsanspruchs noch eine weitere Ausbildung zu fördern, ggf. also noch ein weiteres komplettes grundständiges Studium. Die Neuregelung lasse den Anspruch auf Ausbildungsförderung aus § 7 Abs. 1 BAföG deshalb künftig ausdrücklich spätestens mit Erreichen eines Hochschulabschlusses enden.
Hinsichtlich der Frage, ob auf Grundlage des neuen Rechts – also mit Blick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BAföG – auch ein ausschließlich in Teilzeit erworbener Hochschulabschluss den ausbildungsförderungsrechtlichen Grundanspruch verbraucht, werden verschiedene Auffassungen vertreten.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (B.v. 24.1.2019 – 4 Bs 83/18 – juris) steht auf dem Standpunkt, dass sich die Frage nach einem wichtigen bzw. unabweisbaren Grund für einen Studienrichtungswechsel nach § 7 Abs. 3 BAföG nicht stelle, sofern das vorangegangene Studium vollständig in Teilzeit durchgeführt worden sei. Denn nach dem – antragstellerseits zitierten – Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1994 (11 C 28.93 – NVwZ-RR 1995, 285) sei die Anrechnung einer Ausbildung auf den Förderungsanspruch nach § 7 BAföG von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 BAföG abhängig. Dies bedeute, dass eine vollständig in Teilzeitform durchgeführte und deshalb gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 BAföG nicht förderungsfähige Ausbildung im Rahmen des § 7 Abs. 1 BAföG keine Berücksichtigung finde (so OVG Hamburg a.a.O. Rn. 15 f.).
Allerdings wird auch die Ansicht vertreten, ein erworbener Hochschulabschluss führe grundsätzlich auch dann zum Verbrauch des Grundanspruchs auf Ausbildungsförderung, wenn das dem Hochschulabschluss zugrundeliegende Studium vollständig in Teilzeit durchgeführt wurde (so im Grundsatz S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 18; mit dieser Tendenz auch Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Juli 2019, § 7 Rn. 8 a.E.).
Die zuletzt dargestellte Ansicht überzeugt. Zunächst kann nicht mehr uneingeschränkt auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember (11 C 28/93 – NVwZ-RR 1995, 285) abgestellt werden. Denn diese Entscheidung ist zum alten Recht ergangen (so auch Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Juli 2019, § 7 Rn. 8). Darüber konnte letztlich in der referierten Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts die Frage nicht entscheidungserheblich sein, ob und inwieweit ein in Teilzeit abgeschlossenes Hochschulstudium den Grundanspruch auf Ausbildungsförderung verbraucht (mag das Oberverwaltungsgericht dies auch nicht ausgesprochen haben). Denn der bezeichneten Entscheidung lag eine Fallgestaltung zugrunde, in der die dortige Antragstellerin (wohl unstreitig) in ihrem vorangegangenen Studium gerade keinen Abschluss erworben hatte (vgl. OVG Hamburg, B.v. 24.1.2019 – 4 Bs 83/18 – juris Rn. 3).
In der Sache spricht in den hier in Frage stehenden Fällen bereits der Wortlaut für die Annahme eines Verbrauchs des Grundanspruchs auf Ausbildungsförderung (so auch Buter a.a.O.). Denn § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BAföG stellt keine Anforderungen an die Art und Weise des Erwerbs des Hochschulabschlusses.
Dass es auf die Art und Weise des Erreichens des Hochschulabschlusses nicht ankommt, wird zudem durch die systematische Auslegung der Vorschrift bestätigt. Denn während im ersten Halbsatz von § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG ausdrücklich von berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG gesprochen wird (Hervorhebung durch die Kammer), fehlt dem hier einschlägigen zweiten Halbsatz eine entsprechende Bezugnahme auf die Voraussetzungen der Förderfähigkeit nach §§ 2 f. BAföG. Hätte der Gesetzgeber indes den Erwerb eines Hochschulabschlusses im Rahmen eines (abstrakt) förderungsfähigen Studiums im Sinne der §§ 2 f. BAföG vorausgesetzt, wäre in systematischer Hinsicht zu erwarten gewesen, dass er dies entweder durch erneute Bezugnahme auf die §§ 2 f. BAföG im zweiten Halbsatz oder aber durch Voranstellung des zweiten Halbsatzes kenntlich gemacht hätte, sodass sich der Bezug auf die §§ 2 f. BAföG für beide Alternativen der Vorschrift ergeben hätte. Dass der Gesetzgeber von dieser in systematischer Hinsicht offensichtlichen Formulierungs- bzw. Gestaltungsmöglichkeit abgesehen hat, spricht gegen die Annahme der Voraussetzung der (abstrakten) Förderungsfähigkeit mit Blick auf den in Frage stehenden Hochschulabschluss.
Dieses Ergebnis wird auch durch die Begründung des 25. Änderungsgesetzes des BAföG gestützt, wonach der Anspruch auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 BAföG mit Blick auf einen Masterabschluss „deshalb künftig ausdrücklich spätestens mit Erreichen eines Hochschulabschlusses“ ende (vgl. BT-Drucksache 18/2663, S. 36). Insoweit spricht die Gesetzesbegründung von dem Erreichen eines Hochschulabschlusses (Hervorhebung durch die Kammer), ohne an diesen weitere Anforderungen zu stellen. Aussagekräftiger ist aber, dass die Begründung zum 26. Änderungsgesetz des BAföG ausführt, im Zuge der förderungsrechtlichen Gleichstellung einer Ausbildung an Hochschulen und einer Ausbildung an Akademien, ende auch der Grundförderungsanspruch künftig nicht nur mit Erwerb eines Hochschulabschlusses, sondern auch mit Erwerb eines Abschlusses, der einem Hochschulabschluss gleichgestellt sei. Ob der Hochschulabschluss oder der gleichgestellte Abschluss im Rahmen einer als solcher nicht förderungsfähigen Ausbildung (beispielsweise einer Teilzeitausbildung) erworben worden sei, sei dabei unerheblich (Hervorhebung durch die Kammer; auf diese Gesetzesbegründung – BT-Drucksache 19/8749, S. 31 – hinweisend S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 18).
Schließlich entspricht es auch Sinn und Zweck des Rechts der Ausbildungsförderung insgesamt, dass der förderungsrechtliche Grundanspruch mit dem Erwerb eines Hochschulabschlusses unabhängig davon verbraucht ist, ob dieser in Teil- oder Vollzeit erworben wurde. Denn letztlich verfolgt das BAföG den Zweck, Auszubildenden eine angemessene Ausbildung ermöglicht wird, auch wenn sie nicht über die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel verfügen (vgl. Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 56. Edition Stand 1.3.2020, § 1 BAföG Rn. 2).
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in der antragstellerseits zitierten Entscheidung (U.v. 14.12.1994 – 11 C 28/93 – NVwz-RR 1995, 285) ausgeführt, Ausbildungsförderung ziele darüber hinaus auch darauf ab, bedürftigen Auszubildenden prinzipiell in gleicher Weise wie nichtbedürftigen Auszubildenden eine ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Unterziehe sich ein junger Mensch den besonderen Mühen einer Ausbildung vollständig in Teilzeit, die nicht gefördert werde und finanziell bessergestellten jungen Menschen in der Regel erspart bleibe, so könne ihm nicht entgegengehalten werden, er habe damit seinen Anspruch auf Förderung einer einzigen weiteren Ausbildung verloren (BVerwG a.a.O.).
Nach der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich der Gesetzgeber jedoch ausweislich der zitierten Begründungen zum 25. und 26. Änderungsgesetzes des BAföG offenbar entschieden, den Grundsatz der Förderung einer angemessenen Ausbildung gegenüber dem Grundsatz auf Gleichbehandlung bedürftiger und nicht bedürftiger Auszubildender jedenfalls in den Vordergrund zu rücken. Ist aber eine angemessene Ausbildung in Gestalt eines Hochschulabschlusses bereits erreicht, besteht grundsätzlich – unter Betonung des Zwecks der Ermöglichung einer angemessenen Ausbildung – kein Anlass mehr, eine weitere Hochschulausbildung zu fördern. Denn grundsätzlich ist mit dem Hochschulabschluss nachgewiesen, dass der Auszubildende bereits eine angemessene Ausbildung erzielt hat und damit der Bedarf für (weitere) Ausbildungsförderung entfallen ist. Da es also zumindest schwerpunktmäßig der Hochschulabschluss bzw. der damit belegte Ausbildungsstand sind, die den Bedarf weiterer Ausbildungsförderung entfallen lassen, ist nicht maßgeblich, wie dieser Abschluss bzw. Ausbildungsstand erzielt wurde (ähnlich S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 18, der auf die Orientierung des Gesetzgebers auf den erworbenen Abschluss abstellt, aber wohl zur Voraussetzung erhebt, dass eine Umrechnung der Teilzeit in eine fiktive Vollzeitausbildung eine Ausbildungszeit von mindestens drei Jahren ergibt; auf den Zweck von § 7 Abs. 1 BAföG tendenziell mit dem hier vertretenen Ergebnis abstellend Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Juli 2019, § 7 Rn. 8). Dass es auf die Frage der Art und Weise des Erwerbs des Hochschulabschlusses nicht ankommt, wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber auch dem Hochschulabschluss gleichgestellte Abschlüsse (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BAföG) sowie grundsätzlich auch ausländische Ausbildungsabschlüsse (§ 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG) in sein Regelungskonzept einbezieht, also auch insoweit auf Abschluss bzw. Ausbildungsstand und nicht darauf abhebt, wie diese erzielt wurden (S.weg a.a.O.).
(2) Danach scheidet hier ein Anordnungsanspruch aus.
Unstreitig ist, dass der Antragsteller bereits an der … Hochschule im Studiengang Business Administration die Bachelorprüfung erfolgreich absolviert hat. Dass der Antragsteller den Abschluss vollständig in Teilzeit erworben hat, steht – wie ausgeführt – dem Verbrauch des förderungsrechtlichen Grundanspruchs aus § 7 Abs. 1 BAföG nicht entgegen. Bei der … Hochschule handelt es sich ausweislich ihres Internetauftritts zudem um eine staatlich anerkannte Hochschule, sodass an der Qualität des Abschlusses keine Zweifel bestehen. Nach allgemeinen Grundsätzen führt die staatliche Anerkennung dazu, dass die Schule bzw. Hochschule beliehen wird, Abschlüsse und akademische Grade wie auch staatliche Hochschulen zu erteilen. Im Übrigen haben auch die Beteiligten die Qualität des durch den Antragsteller erworbenen Abschlusses in keiner Weise in Frage gestellt.
Auch eine zeitliche Umrechnung des Teilzeitstudiums des Antragstellers in ein Vollzeitstudium steht dem förderungsrechtlichen Verbrauch des Grundanspruchs nicht entgegen. So erscheint bereits die Annahme der rechtlichen Voraussetzung des Erreichens einer dreijähren Ausbildungszeit im Wege der zeitlichen Umrechnung (S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 18) fraglich. Denn ausweislich der zitierten Begründung zum 25. Änderungsgesetzes des BAföG ging es dem Gesetzgeber darum, einen Verbrauch des Grundanspruchs gerade in den Fällen herbeizuführen, in denen Studierende ohne vorausgegangenes Bachelorstudium in einem Masterstudiengang den entsprechenden Abschluss erzielt hatten. Masterstudiengänge weisen aber allgemein bekannt üblicherweise eine Regelstudienzeit von zwei bis allenfalls vier Semestern in Vollzeit auf. Sie erreichen also regelmäßig nicht die dreijährige Ausbildungszeit, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers aber gerade zu einem Verbrauch des förderungsrechtlichen Grundanspruchs führen. Jedenfalls ist hier aber in tatsächlicher Hinsicht von dem Erreichen einer dreijährigen Studiendauer nach entsprechender Umrechnung des Teilzeitstudiums ausgehen. Denn aufgrund der unstreitig gebliebene Akkreditierung der … Hochschule sowie ausweislich des Bachelorzeugnisses des Antragstellers, das wie für einen Bachelorabschluss üblichen 180 Leistungspunkte sowie eine Bachelorarbeit ausweist, muss von einem vollwertigen Bachelorstudium ausgegangen werden. Im Übrigen haben auch die Beteiligten insoweit nichts anderes vorgebracht.
Schließlich liegen nach dem antragstellerseits geltend gemachten Sachverhalt auch nicht die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1a bis 3 BAföG zur Förderung einer weiteren Ausbildung über den Grundanspruch hinaus vor. Insbesondere sind die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG nicht erfüllt, wonach Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung nur geleistet wird, wenn besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel, dies erfordern. In diesem Sinne erfordert das Ausbildungsziel eine weitere Ausbildung, wenn letztere für den angestrebten Beruf gesetzlich vorgeschrieben oder in Studien-, Prüfungs- oder Laufbahnbestimmungen vorgesehen ist bzw. zumindest nach Verwaltungsvorschriften oder der tatsächlichen Einstellungspraxis verlangt wird. Darüber hinaus liegen sonstige besondere Umstände des Einzelfalls vor, wenn der Auszubildende eine bereits berufsqualifizierend abgeschlossene Ausbildung nicht mehr nutzen kann (vgl. zum Ganzen S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 97 ff.). Solche Umstände sind vorliegend aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
d) Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, von dem Antragsgegner hinsichtlich seines vorangegangenen Hochschulabschlusses unzutreffende Auskünfte erhalten zu haben, kann auch dies jedenfalls keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung begründen. Denn die Verletzung behördlicher Beratungs- und Hinweispflichten kann als solche keinen Anspruch herbeiführen, den das Fachrecht – wie hier das Ausbildungsförderungsrecht – nicht bereithält (vgl. allgemein BVerwG, U.v. 22.7.2015 – 8 C 8/14 – NVwZ 2016, 248 Rn. 16). Schließlich können auch durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch – sofern überhaupt auf das Recht der Ausbildungsförderung anwendbar (zum Streitstand Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 53. Edition Stand 1.6.2019, § 20 BAföG Rn. 47) – jedenfalls nicht rückwirkend Tatbestandsmerkmale der Leistungsgewährung, wie vorliegend etwa betreffend einen Hochschulabschluss, erfüllt werden (vgl. Gutzler in Beckscher OnlineKommentar Sozialrecht, 53. Edition Stand 1.6.2019, § 45 SGB I Rn. 11).
Nach alledem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 7.3, 1.5 Streitwertkatalog. Denn die Hälfte des gesetzlichen Bedarfssatzes des zuletzt nicht … bei seinen Eltern wohnenden Antragstellers in Höhe von monatlich 744,00 EUR (§ 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Rn. 2 BAföG) über den in Streit stehenden Bewilligungszeitraum beläuft sich auf 1.860,00 EUR. Der streitgegenständliche Bewilligungszeitraum beläuft sich hier auf (noch) fünf Monate, da der Antragsteller – mit Blick auf den Anordnungsgrund zutreffend – Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe ausdrücklich erst ab Antragstellung im vorliegenden Verfahren begehrt.