Aktenzeichen 4 AZR 246/14
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Darmstadt, 23. Mai 2013, Az: 8 Ca 319/12, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 18. Februar 2014, Az: 13 Sa 970/13, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Februar 2014 – 13 Sa 970/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Entgeltansprüche der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen für den Hessischen Einzelhandel aufgrund vertraglicher Bezugnahme.
2
Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit Beginn des Jahres 1990 als Buchhändlerin beschäftigt. In dem mit der Rechtsvorgängerin, der C GmbH & Co. KG, geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:
„§ 1 Probezeit und Anstellung
Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.01.1990 als Buchhändlerin … Tarifgruppe II … eingestellt.
…
§ 3 Gehaltszahlung
Tarifgehalt
DM 1.385,–
bei 25 Wochenstunden
…
Übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar. Sie können im Übrigen unter Einhaltung der in § 11 vereinbarten Frist gekündigt werden.
…
§ 14 Tarifverträge
Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, findet der Mantel- und Gehaltstarifvertrag Hess. Einzelhandel in der zuletzt gültigen Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung. …“
3
Die Arbeitgeberin war im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied im Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. Nach Verschmelzung auf die B GmbH & Co. KG führte diese die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband fort. Sie wechselte im Jahr 2005 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit. Zum Ende des Jahres 2006 trat sie aus dem Landesverband aus.
4
Am 21. Dezember 2010 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin infolge einer Verschmelzung der Rechtsvorgängerin auf die nicht tarifgebundene Beklagte als aufnehmende Rechtsträgerin über.
5
Am 30. November 2011 schlossen die Parteien einen „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ (nachfolgend Nachtrag), der auszugsweise wie folgt lautet:
„2. Arbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit … beträgt 37,50 Std./Woche.
3. Vergütung
Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche beträgt EUR 2.372,00.
…
6. Gültigkeit
Diese Vereinbarung tritt ab 01.12.2011 in Kraft und endet am 31.12.2011.
Alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages gelten unverändert fort.
…“
6
Die Klägerin erhielt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden in den Monaten August 2009 bis einschließlich Oktober 2009 ein Entgelt iHv. 1.832,00 Euro brutto, bis einschließlich des Monats März 2011 iHv. 1.860,00 Euro brutto und ab Juni 2011 iHv. 1.898,00 Euro brutto sowie im Dezember 2011 auf Grundlage des Nachtrags von 2.372,00 Euro brutto.
7
Nach dem zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossenen Gehaltstarifvertrag (GTV) vom 26. Juni 2009 (GTV 2009) beträgt das monatliche Entgelt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden in der Gehaltsgruppe II nach dem fünften Jahr der Tätigkeit 2.336,00 Euro (ab 1. August 2009) und 2.372,00 Euro (ab 1. August 2010). Weiterhin sieht § 2a GTV 2009 eine im März 2010 zahlbare tarifliche Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro brutto vor, die an Teilzeitbeschäftigte anteilig zu zahlen ist. Der nachfolgende Gehaltstarifvertrag vom 21. Juni 2011 (GTV 2011) regelt für die Gehaltsgruppe II ein Entgelt iHv. 2.443,00 Euro. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden beträgt das anteilige Bruttoentgelt 1.868,80 Euro (ab 1. August 2009), 1.897,60 Euro (ab 1. August 2010) sowie 1.954,40 Euro (ab 1. Juni 2011).
8
Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 hat die Klägerin ua. für die Zeit ab dem 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 und vom 1. Juni 2011 einschließlich des Monats Dezember 2011 die Differenzen zwischen den ihr geleisteten Zahlungen und dem tariflich geregelten Entgelt sowie auf Grundlage des „Tarifabschluss 2009“ eine Einmalzahlung iHv. 120,00 Euro geltend gemacht und die Beklagte ohne Erfolg zur Zahlung bis zum 16. Februar 2012 aufgefordert.
9
Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiterverfolgt. Sie hat ausgeführt, der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1990 enthalte eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen tariflichen Entgeltbestimmungen. Eine Gleichstellungsabrede sei nicht gewollt gewesen.
10
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 899,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2012 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 120,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Januar 2012 zu zahlen.
11
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1990 enthalte eine sog. statische Bezugnahme auf die bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträge, wie das Wort „zuletzt“ in dessen § 14 zeige. Zudem sei das Entgelt individuell vereinbart worden. In § 3 des Arbeitsvertrags sei die Vergütung abschließend geregelt. Selbst wenn man anderer Auffassung sei, liege eine sog. Gleichstellungsabrede vor. Die zeitliche Dynamik hätte dann mit dem Wegfall der Tarifgebundenheit der früheren Arbeitgeberin geendet. Nichts anderes ergebe sich aus dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag. Eine etwaige Bezugnahmeregelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag sei durch Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags nicht zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht worden.
12
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit für die Revision von Bedeutung – stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.