Arbeitsrecht

Auslegung einer Versorgungszusage – Ablösung einer Gesamtzusage – Kündigung einer Betriebsvereinbarung

Aktenzeichen  3 AZR 964/08

Datum:
15.2.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 BetrAVG
§ 1b Abs 4 BetrAVG
§ 77 Abs 4 BetrVG
§ 77 Abs 5 BetrVG
§ 77 Abs 6 BetrVG
§ 87 Abs 1 Nr 8 BetrVG
§ 305 BGB
§ 305c Abs 2 BGB
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Berlin, 27. März 2008, Az: 38 Ca 15787/07, Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 25. September 2008, Az: 14 Sa 866/08, Urteil

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. September 2008 – 14 Sa 866/08 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Einzahlung von Beiträgen durch die Beklagten bei der Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. für die Zeit ab dem 21. Oktober 2006, hilfsweise auf Verschaffung einer entsprechenden Altersversorgung.
2
Der Beklagte zu 1. übernahm zum 1. Januar 1995 vom Land Berlin das Gemeinschaftskrankenhaus H (im Folgenden: GKH) als Teilbetrieb des damaligen Krankenhauses S im Wege des Betriebsteilübergangs gem. § 613a BGB. Von dem Betriebsteilübergang waren etwa 460 Mitarbeiter des Krankenhauses S betroffen. Die Arbeitsverträge dieser Mitarbeiter enthielten eine Verweisung auf den BAT. Die Arbeitsverhältnisse von etwa 160 Mitarbeitern gingen nach § 613a BGB auf den Beklagten zu 1. über (im Folgenden: Alt-Mitarbeiter). Die übrigen Mitarbeiter hatten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprochen und wurden dem Beklagten zu 1. im Wege der Personalgestellung zur Arbeitsleistung überlassen.
3
Der Beklagte zu 1. richtete zum 1. Januar 1995 für alle Mitarbeiter eine betriebliche Altersversorgung ein, die über eine rückgedeckte Unterstützungskasse abgewickelt wird. Für die Alt-Mitarbeiter vereinbarte er mit der Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. den sog. Leistungsplan I (im Folgenden: LP I), der eine der VBL-Versorgung gleichwertige betriebliche Altersversorgung vorsieht. Die Rückdeckungsversicherung erfolgte bei der G AG. Für alle Mitarbeiter, die ab dem 1. Januar 1995 in seine Dienste traten und nicht im Rahmen des Betriebsteilübergangs vom Krankenhaus S übernommen worden waren (im Folgenden: Neu-Mitarbeiter), wurde eine eigene betriebliche Altersversorgung eingerichtet. Diese führte der Beklagte zu 1. – nach Wahl des Mitarbeiters – über die Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. mit Rückdeckungsversicherung bei der G AG oder über die H Unterstützungskasse e.V. mit Rückdeckungsversicherung bei der H Rückdeckungs-Pensionskasse VVaG durch. Mit beiden Unterstützungskassen hatte er für die Altersversorgung der Neu-Mitarbeiter den sog. Leistungsplan II (im Folgenden: LP II) vereinbart. Finanziert wurde die Altersversorgung für die Neu-Mitarbeiter vom Beklagten zu 1. dadurch, dass dieser an die jeweilige Unterstützungskasse jährlich insgesamt einen Betrag iHv. 4,8 % (inklusive Verwaltungskostenanteil) des nach § 8 Abs. 1 LP II versorgungsfähigen Entgelts zahlte.
4
In dem LP II heißt es auszugsweise:
        
„…    
        
§ 2     
Versorgungsfall und Versorgungsleistungen
        
(1)     
…       
        
(2)     
Nach Aufnahme in das Versorgungswerk und nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen werden im Versorgungsfall als Versorgungsleistungen gewährt:
        
        
a) Altersrenten
        
        
b) vorzeitige Altersrenten
        
        
c) Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten
        
        
d) Witwen- und Witwerrenten
        
        
e) Waisenrenten.
        
…       
        
        
        
        
        
§ 8     
Leistungsgrundlagen
        
        
Die Versorgungsleistungen werden im Grundsatz von zwei Faktoren bestimmt:
        
        
– versorgungsfähiges Jahresentgelt und
        
        
– Beitragsprozentsatz.
        
(1)     
Versorgungsfähiges Jahresentgelt
        
        
Das versorgungsfähige Jahresentgelt wird jeweils am 31.12. des vorangegangenen Kalenderjahres festgestellt (Berechnungstermin).
        
        
Versorgungsfähiges Jahresentgelt ist das steuerpflichtige Arbeitsentgelt im vorangegangenen Kalenderjahr einschließlich des Weihnachtsgeldes.
        
        
…       
        
(2)     
Beitragsprozentsatz
        
        
Der Beitragsprozentsatz beträgt 4,6 %.
        
§ 9     
Höhe der Versorgungsleistungen
        
(1)     
Die Versorgungsleistungen sind abhängig von der Höhe der Zuwendungen, dem Beitrittsalter des Mitarbeiters und dem zugrunde gelegten Versicherungstarif …
        
(2)     
Die Höhe der Zuwendungen, die das Krankenhaus ab dem 01.01. des auf den Diensteintritt folgenden Kalenderjahres zur Finanzierung von Rentenrückdeckungsversicherungen für jeden Mitarbeiter während der Dienstzeit zur Verfügung stellt, ergeben sich aus dem Beitragsprozentsatz und dem versorgungsfähigen Entgelt.
        
(3)     
Die aus den abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen anfallenden Überschußanteile werden bis zur Beendigung der Dienstzeit zur Erhöhung der Versorgungsanwartschaften verwendet.
        
…       
        
        
§ 10   
Rückdeckungsversicherungen
        
        
Die Unterstützungskasse ist satzungsgemäß gehalten, Rückdeckungsversicherungen abzuschließen, um die Finanzierung der Versorgungsleistungen sicherzustellen. …
        
…       
        
        
§ 15   
Freiwilligkeit der Leistungen
        
        
Dem Versorgungsberechtigten und seinen Angehörigen steht weder gegen die Unterstützungskasse noch gegen deren Vorstand ein Rechtsanspruch auf die zugesagten Leistungen zu. Ein solcher Rechtsanspruch wird auch nicht durch wiederholte oder regelmäßige Gewährung von Leistungen erworben.
        
…       
        
        
§ 17   
Pflichten der Versorgungsberechtigten
        
(1)     
Jeder Leistungsempfänger hat folgende schriftliche Erklärung darüber abzugeben, daß ihm der Ausschluß des Rechtsanspruches sowie die Freiwilligkeit der Leistungen bekannt sind:
        
        
‚Mir ist bekannt, daß es sich bei der … Unterstützungskasse … um eine Versorgungseinrichtung handelt, die auf Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse) und für die die besonderen Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I S. 3610) gelten.
        
        
Es ist mir ferner bekannt, daß mir auch durch wiederholte oder regelmäßig laufende Leistungen weder ein Anspruch gegen die Unterstützungskasse noch gegen deren Vorstand erwächst. Mit dieser Regelung erkläre ich mich ausdrücklich einverstanden.
        
        
…“    
5
Am 29. März 2000 schloss der Beklagte zu 1. mit dem Betriebsrat des GKH die „Betriebsvereinbarung über die Betriebliche Zusatzversorgung“ (im Folgenden: BV ZV), in der es auszugsweise heißt:
        
„1.    
Betriebliche Altersversorgung für Mitarbeiter, die im Rahmen des Vertrages zum Personalübergang vom 28.12.1994 in ein Arbeitsverhältnis zum GKH eingetreten sind.
        
        
Gemäß § 13 des Vertrages über den Personalübergang vom Krankenhaus S zum GKH hat sich der Träger des GKH verpflichtet, den übernommenen Mitarbeitern, eine ihrer bisherigen betrieblichen Altersversorgung, der VBL-Versorgung, mindestens gleichwertige Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
        
        
Zur Fortführung der betrieblichen Versorgungsansprüche hat das GKH die
        
        
‚Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V.’
        
        
gegründet.
        
        
Die Versorgungsansprüche der Mitarbeiter, die im Rahmen des Personalübergangs zum 01.01.1995 oder zu einem späteren Monat des Jahres 1995 in ein Arbeitsverhältnis zum GKH übergewechselt sind, werden ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses von der neu gegründeten Unterstützungskasse fortgeführt.
        
        
…       
        
2.    
Mitarbeiter mit einem Diensteintritt nach dem 01.01.1995
        
        
Mitarbeiter, die ab dem 01.01.1995 in ein Dienstverhältnis zum GKH eingetreten sind und die nicht im Rahmen des Personalübergangs gewechselt sind, erhalten ab Dienstbeginn ebenfalls eine betriebliche Zusatzversorgung über eine Unterstützungskasse des GKH.
        
        
Für diese Mitarbeiter werden 4,8 % des jeweiligen monatlichen versorgungsberechtigten Einkommens, einschließlich anfallender Verwaltungskosten, für die Finanzierung der Zusatzversorgung zur Verfügung gestellt. Die Finanzierung und Sicherstellung der Versorgungsansprüche erfolgt über Rückdeckungsversicherungen.
        
        
Als Träger der Zusatzversorgung werden den Mitarbeitern zwei Einrichtungen zur Wahl gestellt:
        
        
–       
die Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. mit Rückdeckungsversicherungen bei der G AG und
        
        
–       
die H Unterstützungskasse e.V. mit Rückdeckungsversicherungen bei der H Rückdeckungs-Pensionskasse VVaG.
        
        
Jeder Mitarbeiter mit einer Arbeitsvertragsdauer von mehr als einem Jahr, kann sich für eine der o.g. Einrichtungen entscheiden. …
        
        
Die jeweiligen Leistungspläne der Unterstützungskassen sind Bestandteile dieser Betriebsvereinbarung.
        
        
…“    
6
Die 1966 geborene Klägerin trat am 15. Mai 2000 als Krankenschwester in die Dienste des Beklagten zu 1. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Formulararbeitsvertrag vom 15. Mai 2000 zugrunde, in dem es ua. heißt:
        
„…    
        
        
2. Arbeitsvertragsrichtlinien
        
Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Dienstverhältnis die vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) herausgegebenen Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) in der jeweils gültigen Fassung sowie die diese ergänzenden, ändernden und ersetzenden Fassungen.
        
…       
        
7. Zusätzliche Altersversorgung
        
Der Krankenhaus-Trägerverein hat für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung eingerichtet, in die Sie aufgenommen werden.
        
…“    
7
Die Formulierung in Nr. 7 des Arbeitsvertrages der Klägerin hat der Beklagte zu 1. regelmäßig in den Arbeitsverträgen mit den seit dem Betriebsteilübergang zum 1. Januar 1995 eingestellten Mitarbeitern verwendet.
8
Die nach dem 1. Januar 1995 eingestellten Neu-Mitarbeiter – so auch die Klägerin – erhielten jeweils bei ihrer Einstellung ein Standardschreiben des Beklagten zu 1. zur betrieblichen Altersversorgung. Darin heißt es ua.:
        
„…    
        
Als Leitungskreis des Gemeinschaftskrankenhauses H sehen wir im Einvernehmen mit dem Vorstand unseres Trägervereins die Notwendigkeit einer zusätzlichen wirtschaftlichen Absicherung für Sie als Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter des Gemeinschaftskrankenhauses H für wichtig an und haben trotz einer schwierigen Kostensituation eine betriebliche Zusatzrente eingerichtet. Für die finanzielle Ausstattung dieser Zusatzrente stellen wir insgesamt den gleichen Prozentsatz zur Verfügung, wie er für betriebliche Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst (VBL) aufgewendet wird. Einschließlich der Verwaltungskosten, die bei der betrieblichen Altersversorgung entstehen, sind dies derzeit 4,8 % vom monatlichen versorgungsberechtigten Einkommen.
        
Betriebsrat und Leitungskreis des Gemeinschaftskrankenhauses H haben entschieden, Ihnen zwei alternative Möglichkeiten anzubieten, über die wir Sie mit dem beigefügten Informationsmaterial unterrichten:
        
–       
G AG   
        
–       
H Pensionskasse VVaG
        
Bitte geben Sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Mitarbeiterinnen im Personalbüro unseres Hauses Ihre Entscheidung bekannt, für welchen Weg der Versicherungsleistung Sie sich entschieden haben.
        
…“    
9
Dem Informationsschreiben lagen weitere Unterlagen mit Informationen über die beiden Versicherungen, die von den Mitarbeitern zu unterschreibenden Formulare zur Mitteilung der gewünschten Unterstützungskasse sowie eine von den Mitarbeitern zu unterschreibende Erklärung über das Einverständnis mit der Datenweitergabe und der Freiwilligkeit der Leistung der Unterstützungskasse bei. Ebenso als Anlage beigefügt war ein Schreiben über das Angebot der G-Versicherung, das ua. folgenden Inhalt hat:
        
„…    
        
die Krankenhausleitung hat gemeinsam mit dem Betriebsrat die Einführung einer betrieblichen Zusatzversorgung für die Mitarbeiter beschlossen, die nach dem 1.1.1995 ihr Arbeitsverhältnis im Krankenhaus begonnen haben.
        
…       
        
Die Zugehörigkeit zur betrieblichen Zusatzversorgung beginnt mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses im Krankenhaus.
        
…       
        
Die Einzelheiten der Versorgungsregelungen sind im
        
‚Leistungsplan der Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V., Gruppe II, (Mitarbeiter mit Diensteintritt ab dem 1.1.1995)’
        
geregelt.
        
…“    
10
Mit Schreiben vom 19. Mai 2000 teilte die Klägerin dem Beklagten zu 1. mit, sie habe sich für die Versicherungslösung der G AG entschieden.
11
Der Beklagte zu 1. hatte in den Jahren 2003 bis 2005 im operativen Geschäft Verluste erwirtschaftet. Im Jahr 2003 konnten diese durch Auflösung finanzieller Rücklagen ausgeglichen werden. Die Verluste waren entstanden, obwohl der Beklagte zu 1. in der Zeit von 1995 bis 2005 beim GKH insgesamt 40 Arbeitsplätze abgebaut hatte. Zum 1. April 2006 baute er weitere 25 Vollzeitstellen ab.
12
Nachdem die Analysen für die ersten beiden Quartale des Jahres 2006 ergeben hatten, dass seit dem Ende des Geschäftsjahres 2005 keine nachhaltige Besserung der wirtschaftlichen Lage eingetreten war und eine solche auch für die Zukunft nicht prognostiziert wurde, kündigte der Beklagte zu 1. mit dem an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 19. Juli 2006 die BV ZV zum 20. Oktober 2006. Das Kündigungsschreiben wurde dem Betriebsratsvorsitzenden am 20. Juli 2006 persönlich übergeben und lautet auszugsweise:
        
„Kündigung der Betriebsvereinbarung über die Betriebliche Zusatzversorgung
        
…       
        
Hiermit kündigt die Krankenhausleitung des Gemeinschaftskrankenhauses H (im Folgenden ‚GKH’ genannt) die Betriebsvereinbarung über die betriebliche Zusatzversorgung vom 29. März 2000 nebst Änderungsvereinbarung vom 08. Februar 2002 zum 20. Oktober 2006.
        
Zugleich bieten wir dem Betriebsrat an, eine geänderte Betriebsvereinbarung zu schließen. Diese hat den gleichen Wortlaut wie die Betriebsvereinbarung vom 29. März 2000 nebst Änderungsvereinbarung vom 08. Februar 2002, enthält jedoch folgenden Zusatz:
        
3.    
Mitarbeiter, die ab dem 21. Oktober 2006 in ein Dienstverhältnis zum GKH eintreten, erhalten eine betriebliche Zusatzversorgung nicht.
        
Die Krankenhausleitung steht für Verhandlungen mit dem Betriebsrat zur Verfügung, das Angebot zur Annahme der Änderungsvereinbarung ist jedoch bis zum Ablauf des 20. Oktober 2006 befristet.“
13
Der Betriebsrat lehnte das Angebot ab.
14
Der Beklagte zu 1. zahlte bis zum 20. Oktober 2006 die anfallenden Beiträge für die Altersversorgung der Klägerin an die Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. Weitere Zahlungen erfolgten nicht.
15
Ende des Jahres 2006 erstellte die K-Gesellschaft im Auftrag des Beklagten zu 1. eine wirtschaftliche Analyse über das GKH (im Folgenden: Gutachten). Das Gutachten kommt zur folgenden zusammenfassenden Beurteilung der mittelfristigen Geschäftsplanung bis 2009:
        
„…    
        
Die Vermögenslage des Krankenhauses ist im Planungszeitraum gekennzeichnet durch eine geringe Eigenkapitalquote und eine Zunahme der nicht geförderten Kredite bei teilweise kurzer Kreditlaufzeit. Ohne zusätzliche Maßnahmen droht unter den im Rahmen der Planung getroffenen Annahmen die Überschuldung und damit die Insolvenz, wenn die Verträge zur Altersversorgung nicht wie geplant gekündigt werden.
        
Die Kündigung der Verträge zur betrieblichen Altersversorgung führt nach den in Kapitel 4.4.1 dargestellten Berechnungen zu einer Verminderung der Personalaufwendungen um TEUR 300 p.a. Vor dem Hintergrund eines Jahresfehlbetrags von rd. TEUR 725 in 2009 reicht die Maßnahme unter den im Rahmen der Planung getroffenen Annahmen nicht aus, um die Insolvenzgefahr zu beseitigen, so dass von der Geschäftsführung darüber hinausgehende Maßnahmen (z.B. erneute Stellenplankürzung) ergriffen werden müssen.“
16
Im Zuge weiterer Sanierungsbemühungen verständigte sich der Beklagte zu 1. mit dem Betriebsrat darauf, allen Mitarbeitern neue Arbeitsverträge auf der Basis der Vergütungsstruktur des TVöD anzubieten. Die Verträge sehen ua. die folgenden Vereinbarungen vor:
        
„…    
        
§ 4 Bonuszahlung
        
(1) Zur Belohnung der Betriebstreue und zur weiteren Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber zahlt dieser dem Arbeitnehmer erstmals ab dem Geschäftsjahr 2007 (erstmalige Auszahlung im Jahr 2008) einen vom Unternehmenserfolg abhängigen Bonus in Höhe von maximal einem Bruttomonatsgehalt gemäß § 3 Abs. 1 dieses Arbeitsvertrages. Diese Bonuszahlung ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat auch bei fortgesetzter oder wiederholter Zahlung des Bonus keinen Anspruch auf eine fortgesetzte oder wiederholte Zahlung in der Zukunft, weder dem Grund noch der Höhe nach (Freiwilligkeitsvorbehalt).
        
(2) Die Höhe des Bonus wird jeweils im März des dem Geschäftsjahr folgenden Jahres nach Feststellung des Jahresergebnisses festgelegt. Die Zahlung des Bonus erfolgt jeweils mit dem Gehalt für den Monat Mai des dem Geschäftsjahr folgenden Jahres.
        
(3) Der Bonus wird nur ausgezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers im Auszahlungsmonat noch ungekündigt besteht und er zuvor mindestens zwölf Monate betriebszugehörig war.
        
§ 5 Betriebliche Altersversorgung
        
Die Betriebsvereinbarung zur Betrieblichen Altersversorgung (Betriebsvereinbarung vom 29. März 2000 in der Fassung vom 8. Februar 2002 über die Betriebliche Zusatzversorgung) ist von dem Arbeitgeber zum 20. Oktober 2006 (Stichtag) gekündigt worden. Die Vertragspartner dieses Arbeitsvertrages sind sich einig, dass dem Arbeitnehmer die bis zu diesem Stichtag erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf eine Betriebliche Altersversorgung gemäß der Betriebsvereinbarung vom 29. März 2000 in der Fassung vom 8. Februar 2002 erhalten bleiben. Weitere Zuwächse des Versorgungsanspruchs, insbesondere eine sonstige Fortschreibung oder Erhöhung der Anwartschaft durch den Arbeitgeber nach dem Stichtag sind aber ausgeschlossen. Der Arbeitnehmer erklärt hiermit außerdem ausdrücklich, dass er auf alle weiteren Ansprüche oder weiteren Anwartschaften auf Betriebliche Altersversorgung gegen den Arbeitgeber, die für ihn möglicherweise unabhängig von der Betriebsvereinbarung vom 29. März 2000 in der Fassung vom 8. Februar 2002 aufgrund anderer, insbesondere individualrechtlicher Rechtsgrundlagen bestehen, verzichtet.
        
§ 6 Alterssicherungszulage
        
Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer zusätzlich zur Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 dieses Arbeitsvertrages eine widerrufliche Zulage in Höhe von 3 % des Gesamtbruttomonatsgehaltes gemäß § 3 Abs. 1 dieses Arbeitsvertrages (ohne vermögenswirksame Leistungen), die von dem Arbeitnehmer für seine private Altersvorsorge verwendet werden kann. Der Arbeitgeber ist zum Widerruf dieser Zulage berechtigt, wenn die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitgebers negativ verläuft, insbesondere, aber nicht ausschließlich, (1) wenn sich ein operativer Verlust für das Geschäftsergebnis des zurückliegenden oder laufenden Geschäftsjahres ergibt, oder (2) wenn der Betriebsrat dem Widerruf zustimmt; die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zur Einführung, Änderung oder zum Widerruf dieser Zulage bleiben durch diese Regelung unverändert.
        
…“    
17
Die Klägerin nahm das Angebot des Beklagten zu 1. auf Abschluss eines geänderten Arbeitsvertrages auf der Basis der Vergütungsstruktur des TVöD nicht an.
18
Zum 29. Oktober 2007 wurde das GKH vom Beklagten zu 1. nach dem Umwandlungsgesetz in die Beklagte zu 2. ausgegliedert.
19
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aus Nr. 7 ihres Arbeitsvertrages ergebe sich die Verpflichtung der Beklagten auf Einzahlung weiterer Beträge bei der Unterstützungskasse des Gemeinschaftskrankenhauses H e.V. für die Zeit ab dem 21. Oktober 2006 und auf Verschaffung einer Versorgung entsprechend den ursprünglichen Versorgungsbedingungen. Die Vereinbarung in Nr. 7 des Arbeitsvertrages habe konstitutiven Charakter. Der daraus resultierende Anspruch habe unabhängig von der Betriebsvereinbarung bestehen sollen. Des ungeachtet habe sie einen entsprechenden Anspruch aus betrieblicher Übung bzw. aus der Gesamtzusage, die der Beklagte zu 1. denjenigen Mitarbeitern erteilt habe, die nach dem 1. Januar 1995, jedoch vor dem Abschluss der BV ZV in seine Dienste getreten seien. Die Gesamtzusage sei durch die BV ZV nicht abgelöst worden, denn sie sei nicht betriebsvereinbarungsoffen gewesen. Zudem halte die Neuregelung einem kollektiven Günstigkeitsvergleich nicht stand. Jedenfalls könne sie ihren Anspruch auf die BV ZV stützen. Die Kündigung der BV ZV sei unwirksam, da die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 10 BetrVG nicht beachtet worden seien. Der Beklagte zu 1. habe dem Betriebsrat gegenüber zu verstehen gegeben, dass er trotz der Kündigung der Betriebsvereinbarung bereit sei, weiterhin Leistungen zu erbringen. Dass noch finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden hätten, die es gemeinsam mit dem Betriebsrat zu verteilen gegolten habe, werde zudem durch die Einführung der 3 %igen Alterssicherungszulage und des Bonus belegt. Die Kündigung der BV ZV sei auch deshalb unwirksam, weil keine sachlich-proportionalen Gründe für einen Eingriff in ihre erworbenen Anwartschaften bestünden. Zumindest wirke die BV ZV gem. § 77 Abs. 6 BetrVG nach.
20
Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
        
1.    
den Beklagten zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, zu ihren Gunsten bei der Unterstützungskasse für das Gemeinschaftskrankenhaus H e.V. für die Zeit vom 21. Oktober 2006 bis 31. Dezember 2006 325,44 Euro einzuzahlen,
        
2.    
den Beklagten zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, zu ihren Gunsten bei der Unterstützungskasse für das Gemeinschaftskrankenhaus H e.V. für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 28. Oktober 2007 1.444,80 Euro einzuzahlen,
        
3.    
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, zu ihren Gunsten bei der Unterstützungskasse für das Gemeinschaftskrankenhaus H e.V. für die Zeit vom 29. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2007 307,20 Euro einzuzahlen,
        
4.    
festzustellen, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, jährlich ab dem 1. Januar 2008 zu ihren Gunsten bei der Unterstützungskasse für das Gemeinschaftskrankenhaus H e.V. 4,6 % der Bruttolohnsumme des jeweiligen Vorjahres einzuzahlen,
        
5.    
hilfsweise zu den Anträgen zu 1. bis 4.,
        
        
festzustellen, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, ihr bzw. ihren Hinterbliebenen bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Versorgung zu verschaffen, als ob sie den Leistungsplan Gruppe II (Mitarbeiter mit Diensteintritt ab dem 1. Januar 1995) weitergeführt hätte.
21
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf unveränderte Fortführung der betrieblichen Altersversorgung über den 20. Oktober 2006 hinaus. Ihr Anspruch basiere allein auf der BV ZV, die wirksam zum 20. Oktober 2006 gekündigt worden sei und nicht nachwirke.
22
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagten begehren die Zurückweisung der Revision.

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