Arbeitsrecht

Außerordentliche Kündigung – Personalratsbeteiligung – Kündigungsbefugnis

Aktenzeichen  2 AZR 171/09

Datum:
25.11.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 49 Abs 1 S 2 PersVG ND 2007
§ 80 Abs 1 PersVG ND 2007
§ 626 Abs 1 BGB
§ 626 Abs 2 BGB
§ 6 Abs 1 PersVG ND 2007
§ 6 Abs 3 PersVG ND 2007
§ 76 Abs 1 PersVG ND 2007
§ 79 Abs 1 PersVG ND 2007
§ 108 Abs 2 BPersVG
§ 6 Abs 1 GemO ND
§ 31 GemO ND
§ 80 GemO ND
§ 113 Abs 1 GemO ND
§ 113 Abs 4 GemO ND
§ 3 Abs 3 EigBetrV ND
§ 241 Abs 2 BGB
Spruchkörper:
2. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Wilhelmshaven, 22. Januar 2008, Az: 1 Ca 442/06, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 1. Dezember 2008, Az: 6 Sa 817/08, Urteil

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. Dezember 2008 – 6 Sa 817/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
2
Der im Jahr 1967 geborene Kläger arbeitete seit dem 1. März 1989 bei der beklagten Stadt. Er war ab 2002 in der Einsatzzentrale des Eigenbetriebs WEB (Abfallwirtschaft und Stadtentwässerung) in der Einsatzsteuerung der Straßenreinigung und der Abfallsammlung tätig. Zum 1. Januar 2005 wurde die Straßenreinigung in den unselbständigen Eigenbetrieb SGW („Straße und Grün“ in W) eingegliedert. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Februar 2002 erhielt er eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT.
3
Anfang September 2006 erhielt die Beklagte den Hinweis, dass seit Mai 2006 regelmäßig einmal in der Woche in einer bestimmten Straße im „Einsatzbezirk 2“ Abfälle aus einem privaten Fahrzeug in ein Abfallsammelfahrzeug der Stadt umgeladen würden. Die Werksleitung beauftragte daraufhin eine Detektei mit Ermittlungen. Deren Mitarbeiter observierten in der Zeit vom 12. September bis zum 7. November 2006 das Entsorgungsteam des Einsatzbezirks 2. Sie stellten fest, dass in der betreffenden Straße regelmäßig von einem dort wartenden Geländewagen mit Anhänger Müll in die Abfallfahrzeuge W und WH umgeladen wurde, ohne dass der sich in Entsorgungsbehältern der Stadt befunden hätte. Halter und Eigentümer des Geländefahrzeugs samt Anhängers war der Kläger. Fahrer der Müllfahrzeuge war jeweils laut Einsatzplan der Vater des Klägers. Am 8. November 2006 übergab die Detektei der Beklagten ihren Bericht nebst Videoaufnahmen. Am 14. November 2006 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Der Kläger bestätigte, Halter des Geländewagens und des Anhängers zu sein, erklärte aber, er teile sich diese mit zwei Freunden.
4
Mit Schreiben vom 16. November 2006 bat der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW dessen Personalrat um die „Herstellung des Benehmens“ zur fristlosen Kündigung des Klägers. Dieses wurde am 21./22. November 2006 erzielt. Der Personalrat des Eigenbetriebs WEB und der Gesamtpersonalrat wurden nicht beteiligt.
5
Mit einem vom Oberbürgermeister unterzeichneten Schreiben vom 28. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 30. November 2006.
6
Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, es liege kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vor. Er habe sich an der „Schwarzentsorgung“ nicht beteiligt. Die Beklagte habe außerdem die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Sie habe seit dem 8. November 2006 von dem maßgeblichen Sachverhalt vollständige Kenntnis gehabt. Die Anhörung am 14. November 2006 habe nicht der Aufklärung weiterer Tatsachen gedient. Im Übrigen sei der falsche Personalrat beteiligt worden. Da er Angestellter der Beklagten und nicht des Eigenbetriebs SGW sei, habe der Gesamtpersonalrat beteiligt werden müssen.
7
Der Kläger hat beantragt
        
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2006 nicht aufgelöst worden ist.
8
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beteiligung an illegaler Abfallentsorgung rechtfertigte die außerordentliche Kündigung. Der Kläger habe an mehreren Tagen bei verschiedenen Firmen Müll eingesammelt und von seinem Fahrzeug in eines ihrer Entsorgungsfahrzeuge umgeladen. Durch entgangene Entsorgungsgebühren, aufgewendete Personalkosten und die Kosten der Detektei sei ihr ein Schaden von mehr als 9.000,00 Euro entstanden. Da sie vor Ausspruch der Kündigung auch mögliche entlastende Gesichtspunkte habe ermitteln müssen, sei es erforderlich gewesen, den Kläger selbst anzuhören. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei deshalb gewahrt. Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW sei das zuständige Gremium beteiligt worden. Für die Mitarbeiter des Eigenbetriebs SGW treffe der Werksleiter die fraglichen Entscheidungen, ihm seien die personalrechtlichen Befugnisse übertragen worden.
9
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

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