Arbeitsrecht

Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erwerbsminderungsrente

Aktenzeichen  11 Sa 90/16

Datum:
21.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 120821
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
TVöD-AT § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2
BAT § 53, § 59
ZPO § 256
TzBfG § 14 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 S. 5 TVöD-AT sind nicht gegeben, wenn dem Beschäftigten auf unbestimmte Dauer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wird. (Rn. 31 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Wegfall des früheren § 59 Abs. 5 BAT bei Überleitung in den TVöD-AT bereits unkündbarer Arbeitnehmer ist nicht wegen einer echten Rückwirkung unwirksam. (Rn. 36 – 41) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 Ca 792/14 2015-09-24 Urt ARBGREGENSBURG ArbG Regensburg

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 15.06.2016 bleibt in Ziffer 1) aufrechterhalten.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Insoweit war das Versäumnisurteil vom 15.06.2016 aufrechtzuerhalten.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen das ihr am 20.06.2016 zugestellte Versäumnisurteil vom 15.06.2016 mit Schriftsatz vom 24.06.2016, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, rechtzeitig Einspruch eingelegt. Der Rechtsstreit wurde daher in den Stand zurückversetzt, in dem er vor Säumnis der Klägerin bestand, § 342 ZPO.
2. Die Berufung war hinsichtlich der zuletzt von Seiten der Klägerin gestellten Anträge zu 2) bis 4) und 6) bis 8) schon deswegen zurückzuweisen, da die Anträge unzulässig sind.
a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das besondere Feststellungsinteresse nach dieser Vorschrift muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen. Das Feststellungsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Ein Rechtsverhältnis ist dabei i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenes rechtliches Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse, wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Dies ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG Beschluss v. 09.09.2015 – 7 ABR 47/13; Urteil v. 11.11.2014 – 3 AZR 849/11; Urteil v. 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06).
b) Bei den Anträgen Ziffer 2) bis 4) geht es jedoch nicht um die Feststellung von Rechtsverhältnissen, sondern letzten Endes um Vorfragen, die für die von Seiten der Klägerin begehrte Feststellung der fehlenden Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 33 TVöD, eine Rolle spielen könnten. Denn zum einen liegen hier nicht Anträge vor, die sich auf das Bestehen eines Schuldverhältnisses oder einzelner Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis beziehen, sondern um die bloße Feststellung von Elementen bzw. rechtliche Vorfragen. Denn die Klägerin will mit dem Antrag 2) die rechtliche Frage klären, ob der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund die Gewährung einer Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung lediglich befristet beinhaltet. Dabei stellt sich schon die Frage, ob hier überhaupt das Schuldverhältnis und Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits betroffen ist, da an sich der Gegenstand des Bescheides das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Deutschen Rentenversicherung betrifft, nämlich inwieweit in diesem Verhältnis eine befristete oder unbefristete Gewährung der Rente erfolgt. Dieses, eventuell zwischen diesen Rechtsträgern, zu klärende Verhältnis ist letztlich eine rechtliche Vorfrage für die Beurteilung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 33 TVöD. Hier soll lediglich eine Vorfrage mitgeklärt werden.
Auch Antrag 3) betrifft eine solche rechtliche Vorfrage, nämlich die Frage, welche Rechtsnorm auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuwenden ist, § 33 TVöD oder § 59 BAT. Insoweit wird auch nicht ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zur Feststellung begehrt, sondern eine rechtliche Frage in den Raum gestellt, die ohnehin im Rahmen des Antrages Ziffer 5), nämlich hinsichtlich der Frage, ob eine Auflösung gem. § 33 TVöD erfolgt ist, zu beurteilen wäre. Denn sollte § 59 BAT zur Anwendung gelangen, nicht aber § 33 TVöD, wäre schon aus diesem Grund eine Beendigung nach § 33 TVöD nicht eingetreten. Auch insoweit wird lediglich eine rechtliche Vorfrage zur Feststellung begehrt.
Hinsichtlich des Antrages Ziffer 4) geht es darum, inwieweit die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Inkrafttreten des TVöD eingetreten ist und inwieweit der TVöD die Bestimmungen des BAT ersetzt hat. Auch hierbei handelt es sich wiederum um rechtliche Vorfragen und nicht um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder einzelner Rechtsfolgen aus diesem Rechtsverhältnis. Vielmehr sollen hier ebenfalls Vorfragen geklärt werden, zum einen, wann etwa eine Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, und ob dies gegebenenfalls dazu führt, dass der TVöD die Bestimmungen des BAT im vorliegenden Arbeitsvertrag nicht ersetzt hat. Auch dies sind rechtliche Fragen, die im Hinblick auf den Antrag Ziffer 5) ohnehin im Rahmen dessen Beurteilung zu klären sind.
c) Auch die Anträge Ziffer 6) bis 8) sind unzulässig. Insoweit fehlt es zum einen am Rechtsschutzbedürfnis, zum anderen am Feststellungsinteresse.
aa) Was die Anträge Ziffer 6) und 7) anbelangt, fehlt es schon am entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, da insoweit ein Streit zwischen den Parteien nicht besteht. Der Beklagte hat sich nie darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 59 BAT aufgelöst wäre oder durch das Schreiben vom 19.03.2014 aufgelöst wurde, etwa in dem Sinn, dass dieses Schreiben eine Kündigung darstellen würde. Hier fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis, da eine Auseinandersetzung zwischen den Parteien diesbezüglich nicht besteht bzw. auch am Feststellungsinteresse, da ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung gem. § 256 BGB nicht besteht angesichts der Tatsache, dass der Beklagte eine derartige Beendigung nie in den Raum gestellt hat.
bb) Auch der Antrag Ziffer 7) ist unzulässig. Wie oben dargestellt sind die Gerichte nicht berechtigt, gutachterlich tätig zu werden. Dies bedeutet, dass die Gerichte nicht abstrakte Rechtsfragen zu beurteilen haben, sondern konkrete Rechtsstreitigkeiten. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten ist aber gegenüber der Klägerin nie erfolgt. Der Beklagte hat dies auch nie behauptet. Die begehrte Feststellung würde daher rein gutachterlich die Frage klären sollen, ob eine entsprechende Kündigung, würde sie ausgesprochen werden, wirksam wäre. Dies ist nach der oben zitierten Rechtsprechung aber gerade unzulässig. Insoweit war das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten und die Berufung der Klägerin schon zurückzuweisen, da diese Anträge insoweit unzulässig sind.
3. Die Berufung der Klägerin ist aber auch darüber hinaus unbegründet, da eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 33 TVöD eingetreten ist. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Insoweit wird auf diese ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Darüber hinaus wird zu den im Rahmen der Berufung noch aufgeworfenen Rechtsfragen Folgendes ausgeführt:
a) Soweit die Klägerin sich im Rahmen der Berufung darauf bezogen hat, dass das Arbeitsgericht fälschlicherweise die Voraussetzungen des § 33 TVöD bejaht habe, insbesondere das Arbeitsgericht fälschlicherweise angenommen habe, dass keine Rente auf Zeit vorliege, so ist diese Auffassung nicht zutreffend. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 TVöD liegen vor.
Nach dieser Regelung endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Das Arbeitsverhältnis endet dann nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis lediglich für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt keine Rente auf Zeit vor. Das ergibt sich zum einen schon aus dem Wortlaut des Rentenbescheids. Im Bescheid vom 10.10.2013 ist von Seiten der Deutschen Rentenversicherung angekreuzt, dass die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer erhält. Nicht hingegen ist angekreuzt, dass die Klägerin eine Rente auf Zeit erhält und auch nicht etwa die Regelung, dass der Rentenanspruch befristet sei, etwa bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Schließlich ergibt sich auch aus dem Satz, wonach der Rentenanspruch längstens bis zum 31.08.2024 besteht, kein befristeter Rentenbescheid. Denn diese Aussage beruht lediglich auf der gesetzlichen Regelung des § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wonach Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben. Die Rentenversicherung ist aber aufgrund des im Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides bestehenden Rechts, wonach die Klägerin letzten Endes am 13.08.2024 die derzeit bestehende Regelaltersgrenze erreichen wird, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Rente längstens bis zu diesem Zeitpunkt geleistet wird. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Antwort der Deutschen Rentenversicherung vom 08.10.2014, in der die Deutsche Rentenversicherung nochmals auf diese Rechtslage hinweist. Dass es sich hierbei nicht um eine Rente auf Zeit, sondern um eine solche auf Dauer handelt i.S.d. §§ 43, 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI, ergibt sich aus diesen Normen. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten grundsätzlich auf Zeit geleistet. Nach § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI, werden jedoch Renten, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, wovon auch nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen ist. Dies ist vorliegend gegeben. Die Klägerin erhielt erstmalig beginnend mit dem 01.01.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Zeitpunkt der Rentenbewilligung auf unbestimmte Zeit mit Bescheid vom Oktober 2013 war die neunjährige Frist bereits abgelaufen. Nach eigenen Darlegungen der Klägerin ist zudem aufgrund ihrer Erkrankung und Behinderung mit einer Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen. Daher lagen insoweit, sowohl aus Sicht der Klägerin als auch aus Sicht des Rentenversicherungsträgers, die Voraussetzungen für eine Rente auf Dauer vor, was letztlich dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Rente nunmehr nicht mehr befristet auf drei Jahre, wie dies regelweise § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI vorsieht, gewährt wurde, sondern auf unbestimmte Zeit, nämlich bis zum Zeitpunkt der absehbaren Erlangung der Berechtigung zum Beziehen einer Regelaltersrente.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass gegebenenfalls durch Änderung der Rechtslage die Regelaltersgrenze nach hinten verschoben werden könnte. Denn nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es ausreichend, wenn eine aller Voraussicht nach dauerhafte Absicherung des Beschäftigten durch die rentenrechtliche Versorgung vorliegt, was bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit der Fall ist. Einem Arbeitnehmer wird eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze bewilligt. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Arbeitnehmer Altersrente (vgl. BAG Urteil v. 10.12.2014 – 7 AZR 1002/12; Urteil v. 14.01.2015 – 7 AZR 880/13; Breier/Dessau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD, § 33 Rn. 187).
Dies bedeutet, dass zwar theoretisch die Möglichkeit bestehen kann, dass zunächst durch Heraufsetzung der Regelaltersgrenze aufgrund der längstens angegebenen Bewilligung der Rente im Rentenbescheid eine gegebenenfalls neue Antragstellung und Bewilligung erforderlich sein könnte, ausreichend ist es aber, dass voraussichtlich, d.h. im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsbestimmungen, eine dauerhafte Absicherung des Beschäftigten durch die Rente und die dann bestehende Möglichkeit des Bezuges der Regelaltersrente gegeben ist.
Ebenso wie das BAG die Möglichkeit einer späteren Überprüfung der Rentenberechtigung als Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 100 Abs. 3 SGB VI i.V.m. § 48 SGB X angesehen hat und dies nicht als einen Tatbestand angesehen hat, dass im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente eine hinreichend voraussichtlich dauerhafte rentenrechtliche Absicherung nicht gegeben sei, muss auch die angegebene Höchstdauer als Hinweis auf die rechtliche Situation im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gewertet werden, wonach gem. § 43 SGB VI eine Gewährung der Rente maximal bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich ist. Auch hierbei handelt es sich um einen Verweis auf die gesetzliche Lage, wobei dies die voraussichtlich im Zeitpunkt des Erlass des Bescheides zu beurteilende Frage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 TVöD, wonach voraussichtlich eine Absicherung des Arbeitnehmers auf Dauer gegeben ist, unberührt lässt. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides und im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingungen ist voraussichtlich eine vollständige Absicherung der Klägerin gegeben. Damit liegt keine Rentenbewilligung auf Zeit vor und ist insoweit die Voraussetzung des § 33 Abs. 2 TVöD erfüllt.
b) Soweit die Klägerin sich darauf berufen hat, dass zum einen aufgrund ihrer Unkündbarkeit im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD sowie auch im Hinblick auf das Vorliegen ihrer Erkrankung, die nach ihrer Darlegung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD unabänderlich war, eine Unwirksamkeit des TVöD infolge des Vorliegens einer echten Rückwirkung vorläge bzw. zur Vermeidung dieser echten Rückwirkung die Auffassung vertritt, dass jedenfalls die Rechtsfolge des § 59 BAT und nicht des § 33 TVöD eintritt, so ist auch diese Auffassung unzutreffend.
aa) Soweit es um die Frage der Ablösung von Regelungen durch aufeinanderfolgende tarifvertragliche Regelungen geht und etwaige Verschlechterungsmöglichkeiten, kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen werden, denen die Klägerin auch nicht entgegengetreten ist. Die Klägerin vertritt lediglich die Auffassung, dass die Anwendung des § 33 TVöD auf ihre Situation letztlich eine echte Rückwirkung zur Folge hätte, dass insoweit der Lebenssachverhalt bereits so abgeschlossen und die Rechtsfolgen nach § 59 BAT bereits eingetreten gewesen seien, so dass eine rückwirkende Änderung eine echte Rückwirkung, die unzulässig wäre, dargestellt hätte und insoweit gegen den Vertrauensschutz der Klägerin verstoßen hätte.
Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie in einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich ändernd eingreift. Um eine unechte Rückwirkung handelt es sich demgegenüber, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Dies ist der Fall, wenn belastende Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (vgl. BAG Urteil v. 25.03.2015 – 5 AZR 460/13). Eine Rechtsnorm entfaltet z.B. echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“), liegt eine unechte Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht unzulässig (vgl. etwa BVerfG Beschluss v. 07.07.2010 – 2 BvL 14/02).
bb) So liegt der vorliegende Fall. Zwar mag der Sachverhalt als solcher, also die Erkrankung und die auf Dauer bestehende Behinderung bzw. Erwerbsminderung bei der Klägerin bereits vor Inkrafttreten des TVöD eingetreten sein. Eine Rechtsfolge im Hinblick auf das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis ist damit aber noch nicht ausgelöst worden. Dies war erst der Fall, durch Bewilligung der Rente auf volle Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit. Es ist, wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat, nicht auf den Zeitpunkt etwa der endgültigen Erkrankung der Klägerin abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, der letzten Endes zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führte. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD waren Rechtsfolgen durch die Situation der Klägerin noch nicht ausgelöst. Die Klägerin hatte lediglich die Erwartung, dass in dem Fall, dass künftig eine Rente auf unbestimmte Zeit erteilt worden wäre, zunächst zu den damals geltenden Bedingungen des BAT eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses stattfinden würde. Diese Erwartung stellt aber noch keine unabänderliche Rechtsposition dar. Durch das Inkrafttreten des TVöD wurden weder rückwirkend Rechtsfolgen verändert, noch unzulässigerweise eine bestehende Rechtsposition entwertet. Der TVöD hat lediglich zukunftsbezogen, nämlich auf den Zeitpunkt der Bewilligung Rente auf unbestimmte Zeit, die Rechtsfolgen neu geregelt. Damit war keine Rückwirkung dieser Regelung beinhaltet, sondern lediglich ein bereits ins Werk gesetzter Sachverhalt mit veränderten Rechtsfolgen versehen worden für die Zukunft. Weil zudem nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde künftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfG a.a.O.). Da somit eine echte Rückwirkung nicht vorliegt, war auch die Regelung des TVöD auf dieses Arbeitsverhältnis anwendbar.
cc) Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD bereits unkündbar war. Denn nach den Regelungen des BAT, wie auch den Regelungen des TVöD, wird zwischen einer Kündigung und der auflösenden Bedingungen strikt unterschieden. Auch nach den Regelungen des BAT war unter bestimmten Voraussetzungen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch bei unkündbaren Mitarbeitern infolge des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente möglich. Hier wurde nicht rückwirkend etwa eine Rechtsposition entzogen, sondern lediglich eine Erwartung der Klägerin, die rechtlichen Voraussetzungen würden sich nicht ändern, enttäuscht. Dies ist aber, wie oben dargestellt, schon nicht schutzwürdig.
Anderes folgt auch nicht aus § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD, wonach bei Bestehen einer Unkündbarkeit nach BAT zum 30.09.2005 diese Unkündbarkeit unberührt bleibt. Dies hat nicht etwa zur Folge, dass damit etwa auch die Regelung nach § 59 Abs. 5 BAT im Hinblick auf eine Wiedereinstellung des Arbeitnehmers mit in Bezug genommen wäre und weiter gelten würde. Denn die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD bewirkt lediglich, dass die Unkündbarkeit als solche wie im BAT erhalten bleibt und dies in Bezug auf § 55 Abs. 2 Satz 2 BAT, wie sich aus Satz 4 der Protokollerklärung zum 3. Abschnitt des TVÜVKA sowie aus Satz 3 der Protokollerklärung zum 3. Abschnitt des TVÜ-Bund ergibt. Danach bleibt ausdrücklich nur der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung gegenüber leistungsgeminderten Angestellten in seinem bisherigen Geltungsbereich unberührt, so dass sich demzufolge die Schutzwirkung in § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD lediglich auf § 53 Abs. 3 BAT und § 52 BMT-G bezieht (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 34 Rn. 33; Bepler/Böhle/Meerkampf/Russ TVöD Rn. 60; Burger TVöD 3. Aufl. § 34 Rz. 42). Demgemäß liegt hier eine Regelung lediglich hinsichtlich der Voraussetzungen der Unkündbarkeit vor, nicht hinsichtlich etwa der Rechtsfolgen dieser Unkündbarkeit in einem weitergehenden Umfang.
Damit konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und war insoweit das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
5. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits, im Hin blick auf die Frage der befristeten Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen der Formulierung im Rentenbescheid sowie im Hinblick auf die Frage der Unkündbarkeit und der entsprechend anzuwendenden Rechtsgrundlage zugelassen. Insoweit wird auf die folgende Rechtsmittelbelehrung verwiesen.

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