Arbeitsrecht

Beihilfefähigkeit

Aktenzeichen  B 5 K 18.433

Datum:
12.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55585
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 96 Abs. 1, Abs.5
BayBhV § 7 Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 3
BayBhV § 28
VwGO § 58 Abs. 1,§ 70 Abs. 1 S. 1,§ 88, § 101 Abs. 2, § 113 Abs.5, § 117 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Das Gericht konnte aufgrund der Einverständniserklärungen der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Die Klageanträge sind nach § 88 VwGO sachgerecht nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel der Klägerin dahingehend auszulegen, dass der Beklagte zur Zahlung einer weiteren Beihilfe in Höhe von insgesamt 1.132,50 EUR verpflichtet werden soll und die den Aufenthalt der Klägerin in der Privatklinik … vom 03.12.2017 bis 04.02.2018 betreffenden Beihilfefestsetzungsbescheide in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide aufgehoben werden sollen, soweit sie dem entgegenstehen. Die mit der Klage angestrebte weitere Beihilfe für das Zweibettzimmer entsprechend der Rechnungsbeträge vom 29.12., 31.12.2017 und 31.01.2018 beträgt 997,50 EUR. Die hierin für das Zweibettzimmer ausgewiesenen Positionen betragen nämlich insgesamt 2.850,00 EUR. Darauf ist der Beihilfebemessungssatz der Klägerin von 50% anzuwenden, sodass eine fiktive Beihilfe von 1.425,00 EUR verbleibt. Davon abzuziehen ist die Eigenbeteiligung nach Art. 96 Abs. 2 Satz 7 Nr. 2 BayBG, die pro Aufenthaltstag im Krankenhaus 7,50 EUR beträgt, allerdings für höchstens 30 Tage im Kalenderjahr erhoben wird. Für die 29 Aufenthaltstage im Jahr 2017 sowie die mit Rechnung vom 31.01.2018 geltend gemachten 28 Aufenthaltstage im Jahr 2018 fällt damit die Eigenbeteiligung voll an, nämlich in Höhe von 29 x 7,50 = 217,50 EUR (2017) und 28 x 7,50 = 210,00 EUR (2018). Der fiktive Beihilfebetrag, der im Verfahren B 5 K 18.433 bis zur Verbindung erstrebt wurde, beträgt also 1.425,00 – 217,50 – 210,00 = 997,50 EUR. Für das Verfahren B 5 K 18.571 beträgt die weitere Beihilfe bis zur Verbindung 135,00 EUR. Erstrebt wurde nämlich weitere Beihilfe für den auf das Zweibettzimmer entfallenden Rechnungsbetrag vom 09.02.2018, d.h. 300,00 EUR. Unter Berücksichtigung des Bemessungssatzes verbleiben 150,00 EUR fiktiver Beihilfe. In Abzug zu bringen ist die Eigenbeteiligung, die allerdings nur für zwei weitere Tage angesetzt werden darf, weil unter Einbezug der Rechnung vom 31.01.2018 dann die 30-Tages-Grenze nach Art. 96 Abs. 2 Satz 7 Nr. 2 BayBG erreicht ist. Es ergibt sich also eine weitere fiktive Beihilfe von 150,00 – (2 x 7,50) = 135,00 EUR und somit der Gesamtbetrag von 1.132,50 EUR.
3. Die so verstandene Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Dabei kann offen bleiben, ob der gegen den Bescheid vom 15.02.2018 am 21.03.2018 eingelegte Widerspruch gem. § 70 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 VwGO verfristet und der Bescheid deshalb bestandskräftig ist. Der Bescheid vom 15.02.2018 ist zwar datiert, es ist aber nicht ersichtlich, wann er der Klägerin zugegangen ist und er weist auch keinen Postausgangsstempel auf. Der Zugang kann deshalb auch nicht nach Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG fingiert werden. Denn die Drei-Tages-Fiktion setzt voraus, dass der auslösende Zeitpunkt der Aufgabe zur Post feststellbar ist (SächsOVG, U.v. 26.3.2003 – 5 B 638/02 – DÖV 2003, 867). Ob der Widerspruch vom 21.03.2018 fristwahrend erfolgte oder der Bescheid vom 15.02.2018 bestandskräftig wurde, kann aber insofern dahinstehen, als die Klage jedenfalls anderweitig unbegründet ist.
Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Beihilfeleistungen für den streitgegenständlichen Aufenthalt in der Privatklinik …, folglich kann deren Ablehnung in den angegriffenen Beihilfefestsetzungs- und Widerspruchsbescheiden sie auch nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 96 Abs. 1, Abs. 5 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) i.V.m. den Vorschriften der Bayerischen Beihilfeverordnung werden Beihilfen zu den beihilfefähigen Aufwendungen der beihilfeberechtigten Personen gewährt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen abverlangt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 – 2 C 35.04 – juris; NdsOVG, U.v. 23.4.2010 – 5 LB 388/08 – juris; B.v. 21.11.2008 – 5 LA 98/08 – juris; B.v. 4.1.2012 – 5 LA 176/10 – juris). Demnach ist für den Klinikaufenthalt vom 03.12.2017 bis 04.02.2018 die BayBhV in der vom 01.09.2017 bis 31.12.2018 gültigen Fassung zugrunde zu legen.
Der Klägerin steht für die während des Krankenhausaufenthalts in Anspruch genommene Wahlleistung „Zweibettzimmer“ kein Beihilfeanspruch zu. Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Satz 1 BayBhV a.F. sind in allen anderen (nicht nach § 108 SGB V zugelassenen) Krankenhäusern bei Indikationen, die bei einer Behandlung in einem Krankenhaus nach Abs. 1 nicht vom DRG-Fallpauschalenkatalog erfasst wären, gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft bis zur Höhe der Kosten für ein Zweibettzimmer im nächstgelegenen geeigneten Krankenhaus der Maximalversorgung abzüglich der Eigenbeteiligung gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 7 BayBG beihilfefähig.
a) Maßstab für die Wahlleistung „Zweibettzimmer“ ist eine Vergleichsberechnung zwischen der gewählten Privatklinik und dem Universitätsklinikum E., die nach Kostenarten getrennt zu erfolgen hat.
Denn bei der Klinik … handelt es sich unstreitig um eine Privatklinik und damit um ein nicht nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 28 Abs. 2 BayBhV a.F. Die psychischen bzw. psychosomatischen Beschwerden der Klägerin, die den streitgegenständlichen Klinikaufenthalt veranlassten, werden nicht vom DRG-Fallpauschalenkatalog erfasst. Im Falle der Behandlung in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus wäre die Beihilfebemessung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 Nummer 2 BayBhV i.V. m. § 2 Abs. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und § 2 Abs. 2 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) nach Tagessätzen erfolgt. Daher muss der Beihilfebemessung vorliegend eine Kostenvergleichsrechnung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. zugrunde gelegt werden.
aa) Das Universitätsklinikum E. ist als nächstgelegenes geeignetes Krankenhaus der Maximalversorgung das heranzuziehende Vergleichskrankenhaus. Der Verordnungsgeber der BayBhV konkretisierte § 28 Abs. 2 Satz 2 BayBhV a.F. dahingehend, dass für Beihilfeberechtigte mit Wohnort in Oberfranken das Universitätsklinikum E. als objektiv geeignetes Krankenhaus mit Maximalversorgung gilt (FMS vom 07.10.2014, 25-P 1820-8/1). Hiernach und dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. nach kommt somit kein Kostenvergleich mit der weiter entfernten Klinik M.-H. in Betracht, auch dann nicht, wenn sich daraus eine Abweichung zwischen der Beurteilung von Beihilfeanträgen in den jeweiligen Einzugsgebieten ergibt.
Hierin liegt insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV); – vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 12.9.2017 – B 5 K 16.21 – juris Rn. 26 f.). Die Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. normiert keine Ungleichbehandlung zwischen Beihilfeberechtigten mit unterschiedlichem Wohnsitz in Bayern. Sie ordnet lediglich in abstrakt-genereller Weise einen Kostenvergleich zwischen der jeweils gewählten Privatklinik und dem zum Wohnsitz nächstgelegenen geeigneten Krankenhaus der Maximalversorgung an. Dabei können je nach der jeweils aktuellen Preisgestaltung in der gewählten Privatklinik und im Referenzkrankenhaus die Beihilfeansprüche unterschiedlicher Berechtigter sowohl örtlich als auch zeitlich variieren. Damit muss aber nicht zwingend eine Benachteiligung der Berechtigten in einem bestimmten Einzugsbereich einhergehen. Vielmehr hängt die Beurteilung maßgeblich von den Faktoren des Einzelfalls ab, etwa auch der Kostengestaltung der jeweiligen Fachabteilung innerhalb der Vergleichsklinik, sodass in anders gelagerten Fällen durchaus auch Berechtigte im Einzugsbereich des Klinikums E. im Vorteil gegenüber denjenigen im Einzugsbereich des Klinikums M.-H. sein können.
Selbst wenn man in der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBhV eine Ungleichbehandlung der Klägerin sehen wollte, so wäre diese jedenfalls gerechtfertigt und würde die Klägerin deshalb auch nicht in ihrem Gleichbehandlungsanspruch verletzen. Bei der Beihilfe handelt es sich um eine die Alimentation des Dienstherren ergänzende Fürsorgeleistung, die nur anlassbezogen einen Teil der Kosten (ergänzend zur zumutbaren Eigenvorsorge) abdeckt und insbesondere keinen vollständigen Kostenersatz gewährt (vgl. Eck in BeckOK BayBG, Stand 01.09.2019, Art. 96 Rn. 1 ff. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, dass ein Beamter – wie hier die Klägerin – im Einzelfall auch ungünstiger gestellt sein kann, als ein Beihilfeberechtigter mit anderem Wohnsitz, wenn dies wie im hier vorliegenden Fall alleine auf Grund der Umstände des Einzelfalls erfolgt, aber beim nächsten Beihilfeantrag ebenso eine Besserstellung des Beamten möglich ist. Die Beihilfe ist insoweit zulässigerweise generalisiert und pauschalisiert ausgestaltet.
bb) Der Kostenvergleich zwischen der Privatklinik … und dem Universitätsklinikum E. hat strikt nach Kostenarten getrennt zu erfolgen. Das geht bereits aus der klaren systematischen Trennung des § 28 BayBhV alter und neuer Fassung zwischen den allgemeinen Krankenhausleistungen einerseits und den Wahlleistungen Unterkunft andererseits hervor. Sowohl in Abs. 2 Satz 1 also auch Abs. 2 Satz 3 wird numerisch ausdrücklich zwischen beiden Posten differenziert. Gestützt wird dies auch durch die Entwicklung der Norm: Während in der bis zum 31.03.2011 gültigen Fassung des § 28 Abs. 3 BayBhV noch ein Gesamtkostenvergleich (Tagessatz plus Wahlleistung Unterbringung) zwischen Privatklinik und Vergleichskrankenhaus vorgesehen war, wurde hiervon in der Neufassung des § 28 Abs. 2 Satz 2 BayBhV zum 01.04.2011 bewusst abgerückt und der getrennte Kostenvergleich vorgesehen. Dass die strikte Trennung auch dem Willen des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat (StMFH) als dem nach Art. 96 Abs. 5 Satz 1 BayBG zuständigen Normgeber der BayBhV entspricht, ergibt sich überdies aus der ebenfalls vom StMFH erlassenen Verwaltungsvorschrift zu§ 28 Abs. 2 BayBhV, welche ausdrücklich einen getrennten Kostenvergleich vorsieht.
b) Der nach diesen Maßstäben durchgeführte Kostenvergleich ergibt, dass die Klägerin für das Zweibettzimmer keinen Anspruch auf Beihilfe hat. In der Vergleichsklinik entspricht das Zweibettzimmer nämlich der Regelleistung, sodass dort kein Aufpreis damit verbunden ist. Demgemäß ist der von der Privatklinik …erhobene Zweibettzimmerzuschlag von 50,00 EUR pro Tag im Falle der Klägerin nicht beihilfefähig.
Nach alldem ist die Klage vollumfänglich abzuweisen.
4. Die Klägerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.

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