Arbeitsrecht

Bemessung der Gebühren für Informationszugang

Aktenzeichen  M 17 K 15.4815

Datum:
25.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 68
IFG IFG § 5, § 6, § 8, § 10 Abs. 2

 

Leitsatz

Legt die Behörde detailliert dar, dass ein Drittbeteiligungsverfahren (vgl. §§ 5, 6, 8 IFG) durchzuführen gewesen sei, um festzustellen, in welchem Umfang Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betroffen waren, reicht lediglich pauschales Bestreiten nicht aus, um die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids für den gewährten Informationszugang ernsthaft in Frage zu stellen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 8. Februar 2016 bzw.15. Februar 2016 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
Die Klage ist bereits unzulässig, da das gemäß § 68 VwGO vor Erhebung einer Anfechtungsklage erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt wurde (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 20).
Zwar kann das Vorverfahren nach herrschender Meinung auch noch während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 22 m. w. N.). Die Widerspruchsfrist ist hier auch noch nicht abgelaufen, da die Rechtsbehelfsbelehrung des streitgegenständlichen Bescheids, die lediglich auf die Möglichkeit der Klageerhebung hinweist, unrichtig ist, so dass für die Einlegung des Widerspruchs gemäß § 70 Abs. 2, § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist gilt. Allerdings ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Kläger mittlerweile das Vorverfahren nach § 68 VwGO durchgeführt hat.
Nach Auffassung des Gerichts bestand insoweit auch keine Veranlassung, das Klageverfahren auszusetzen, um die etwaige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens abzuwarten, da die Klage auch unbegründet ist:
II.
Der Bescheid vom 21. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) werden für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen, wozu auch die Auskunftserteilung und Akteneinsichtsgewährung nach § 1 Abs. 2 IFG gehören, Gebühren und Auslagen erhoben.
Die Erhebung von Gebühren und Auslagen ergibt sich somit unmittelbar aus dem Gesetz, ein entsprechender vorheriger Hinweis durch die Behörde ist weder vorgeschrieben noch veranlasst.
2. Bei der Bemessung der Höhe der Gebühren ist gemäß § 10 Abs. 2 IFG der Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen.
a) Hier hat die Beklagte detailliert dargelegt, dass ein Drittbeteiligungsverfahren (vgl. §§ 5, 6, 8 IFG) durchzuführen gewesen sei, um festzustellen, in welchem Umfang Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betroffen waren. Anschließend seien die Daten zum Schutz von Belangen Dritter zu identifizieren und zu schwärzen sowie für den Kläger 386 Seiten zu kopieren gewesen. Die Bewertung und Aufbereitung durch den Fachbereich sowie die Bearbeitung des Antrags durch das Justiziariat habe ca. 38 Stunden des höheren Dienstes und die Schwärzung sowie das Kopieren ca. vier Stunden des mittleren Dienstes in Anspruch genommen. Sowohl der aktenführende Fachbereich als auch das für die Bearbeitung von IFG-Anträgen zuständige Justiziariat setze sich fast ausschließlich aus Angehörigen des höheren Dienstes zusammen. Insgesamt sei somit ein Kostenaufwand von 1.903,81 € entstanden.
Dem ist die Klägerseite nicht substantiiert, sondern lediglich durch pauschales Bestreiten entgegengetreten. Dies reicht aber nicht aus, um die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids ernsthaft in Frage zu stellen. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem vorgelegten Behördenvorgang ein erheblicher Verwaltungsaufwand, der nicht zuletzt auch aus dem sehr weitgehenden Antrag des Klägers („alle Unterlagen, die die Berechtigtenversammlung der GVL am 15. Mai 2012 betreffen“) resultiert.
b) Der Kläger kann dem auch nicht entgegenhalten, dass das Drittbeteiligungsverfahren nicht seinem Interesse, sondern demjenigen des Dritten gedient habe. Das Drittbeteiligungsverfahren wurde allein aufgrund des Antrags des Klägers auf Informationszugang erforderlich und ist daher diesem zuzurechnen. Dies ergibt sich explizit aus § 10 IFG und § 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV), wonach Gebühren und Auslagen für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhoben werden. Damit ist der durch das Drittbeteiligungsverfahren entstandene Aufwand im Rahmen des § 10 Abs. 2 IFG zu berücksichtigen.
c) Dass die aufgrund des Drittbeteiligungsverfahrens erfolgte teilweise Schwärzung der Unterlagen nicht erforderlich war, wurde von der Klägerseite nicht näher dargelegt, sondern ebenfalls nur pauschal behauptet. Im Übrigen hätte dieser Einwand im Rahmen des gegen die unvollständige Auskunftserteilung (s. Bescheid v. 27.08.2014) gerichteten Klageverfahrens geltend gemacht werden müssen. Die entsprechende Klage wurde jedoch zurückgenommen. Einer rechtlichen Überprüfung, ob die Beklagte die Unterlagen mit Bescheid vom 27. August 2014 zur Recht nur geschwärzt zur Verfügung gestellt hat, steht somit die Bestandskraft dieses Bescheids entgegen.
3. Nach alledem handelt es sich im vorliegenden Fall um die Herausgabe von Abschriften, wobei ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand zur Zusammenstellung der Unterlagen entstand, insbesondere zum Schutz öffentlicher oder privater Belange Daten ausgesondert wurden im Sinne von Teil A Nr. 2.2 der Anlage zur IFGGebV. Danach ist für derartige Handlungen eine Rahmengebühr von 30,- bis 500,- € bzw., wenn zusätzlich eine schriftliche Auskunft erteilt wird, von 60,- bis 500,- € (Nr. 1.3) vorgesehen. Die von der Beklagten im Bescheid vom 21. September 2015 festgesetzte Gebühr hält sich innerhalb dieser Rahmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 250,- €, das heißt nur der Hälfte der maximal möglichen Gebühr, ermessensfehlerhaft wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
4. Auch hinsichtlich der Auslagenhöhe wurden weder vom Kläger (substantiierte) Bedenken erhoben noch sind solche ersichtlich (vgl. § 10 IFG i. V. m. Teil B der Anlage zur IFGGebV).
5. Schließlich geht auch der Einwand der Klägerseite, es habe an der Akteneinsicht nach der langen Zeit kein Interesse mehr bestanden, ins Leere. Abgesehen davon, dass der subjektive Vorteil für den Auskunftsersuchenden für die Behörde regelmäßig weder erkennbar noch bezifferbar ist und dieser Vorteil auf den tatsächlich entstandenen Verwaltungsaufwand auch keinen Einfluss hat, hätte es dem Kläger frei gestanden, seinen Antrag zurückzunehmen, um die Erhebung von Gebühren und Auslagen zu vermeiden bzw. zumindest der Höhe nach zu reduzieren.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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