Arbeitsrecht

Bestimmung der Vergütungshöhe eines Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeverfahren

Aktenzeichen  L 12 SF 233/15

Datum:
3.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10581
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 14, § 48 Abs. 4, § 55
RVG § 48 Abs. 4
VV RVG Nr. 3103

 

Leitsatz

Zur Bestimmung der Vergütungshöhe sind auch bei Anwendung des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung allein die Tätigkeiten des beigeordneten Rechtsanwalts zu berücksichtigen, die er nach Stellung des Prozesskostenhilfeantrags vorgenommen hat. Tätigkeiten, die vor PKH-Antragstellung erfolgt sind, dürfen bei der Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 14 Abs. 1 RVG nicht berücksichtig werden. (Rn. 44)

Verfahrensgang

S 56 SF 156/15 E 2015-08-05 Bes SGMUENCHEN SG München

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für einen beigeordneten Rechtsanwalt. Streitig ist allein die Höhe der Verfahrensgebühr.
In der am 09.02.2012 durch ihre damalige Bevollmächtigte unter dem Az.: S 41 U 65/12 erhobenen Klage zum Sozialgericht München (SG) waren streitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Leistungen zur Erlangung des Hauptschulabschlusses. Ebenfalls am 09.02.2012 erhob die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte unter dem Az.: S 41 U 66/12 eine weitere Klage zum SG München, mit der sie sich gegen die Festschreibung der ihr gewährten Rente verwahrt. Die damalige Bevollmächtigte stellte gleichzeitig mit der Klageerhebung jeweils einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) und reichte die Unterlagen zur Einkommensermittlung ein. Nachdem Entbindungserklärung und Fragebogen vorgelegt waren, übersandte die Beklagte im Verfahren S 41 U 66/12 die siebenbändige Verwaltungsakte (Blatt 1-1371) und verwies auf die zugrundeliegenden Gutachten vom 11.11.2010 und 30.11.2010. Im Verfahren übersandte die Beklagte am 16.03.2012 eine Kopie von Auszügen der Verwaltungsakte, die im Original bereits zu dem Verfahren S 41 U 66/12 übermittelt worden war.
Am 21.03.2012 mahnte die Bevollmächtigte die Entscheidung über den PKH-Antrag im Verfahren S 41 U 66/12 an, da ansonsten die zur Akteneinsicht übersandte Akte unbearbeitet zurückgegeben werden müsse.
Mit Schriftsätzen vom 11.02.2013 bestellte sich der Beschwerdeführer jeweils unter Vorlage einer Vollmacht für die Klägerin und teilte mit, dass die Klägerin wieder ihren früheren Familiennamen führe und die Kollegin das Mandat in beiden Verfahren niedergelegt habe. Gleichzeitig bat er um Akteneinsicht. Am 02.07.2013 teilte die ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass sie diese ab sofort nicht mehr anwaltlich vertrete und den Antrag auf Beiordnung der Unterzeichnerin im Rahmen der Prozesskostenhilfe vom 09.02.2012 zurücknehme. Mit Schriftsatz vom 23.12.2013 (0,5 Seiten) erhob der Beschwerdeführer in beiden Verfahren Verzögerungsrüge und begründete den Antrag kurz.
Mit Beschluss vom 19.03.2014 wurden die Verfahren und S 41 U 66/12 unter dem führenden Az.: S 41 U 65/12 verbunden.
Nach Verbindung der Verfahren nahm der Beschwerdeführer Akteneinsicht. Die Begründung der Klage erfolgte mit Schriftsatz vom 12.05.2014, der 1/2 bis 2/3 Seiten umfasst, ergänzt um einen Schriftsatz vom 14.07.2014 im Umfang von etwa einer 3/4 Seite.
Am 11.08.2014 teilte der Beschwerdeführer mit, die Terminsmitteilung erhalten zu haben. Mit Schriftsatz vom 12.08.2014, eingegangen am 13.08.2014, wiederholte der Beschwerdeführer den Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 09.02.2012 mit der Bitte, ihn beizuordnen. Eine Bezugnahme auf den bereits gestellten Antrag sei möglich, zudem werde auch für das Verfahren S 41 U 66/12 um PKH-Bewilligung gebeten. Weiter machte er in dem 0,5 Seiten umfassenden Schriftsatz unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und bat um Entscheidung vor dem am 25.08.2014 anberaumten Termin.
Nach gerichtlichem Hinweis begründete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.08.2014 (0,5 Seiten), dass vorliegend keine neue Beiordnung erfolgen solle, da eine Entscheidung über den PKH-Antrag noch nicht erfolgt sei und daher der Beschwerdeführer beigeordnet werden könne.
Mit Beschluss vom 19.08.2014 wurde der Klägerin unter dem Az.: ab dem 12.08.2014 PKH ohne Ratenzahlung bewilligt und der Beschwerdeführer beigeordnet. Zur Begründung führte das SG aus, der ursprüngliche Antrag auf PKH sei zurückgenommen worden, der vom Beschwerdeführer am 12.08.2014 gestellte Antrag sei daher als Neuantrag zu werten. Der Beschluss ist bestandskräftig.
Nach Umladung machte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.09.2014 (0,5 Seiten) Ausführungen zur Begründung der Klage, die ursprünglich unter dem Az.: S 41 U 66/12 geführt wurde. Am 29.09.2014 wies das SG die Klagen durch Urteil ab. Ausweislich der Sitzungsniederschrift dauerte die Sitzung von 10.20 bis 11.25 Uhr.
Am 15.10.2014 beantragte der Beschwerdeführer, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.493,21 € festzusetzen. Dabei setzte er für das Verfahren S 41 U 65/12 eine Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 € und für das Verfahren S 41 U 66/12 eine Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 € an.
Es sei das RVG alter Fassung anzuwenden. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei wegen der Auseinandersetzung mit zahlreichen ärztlichen Gutachten erhöht gewesen, ebenso sei die Bedeutung für die Klägerin erhöht gewesen. Die Terminsgebühr sei zu erhöhen, da die Verhandlung von überdurchschnittlicher Dauer gewesen sei.
Mit Schreiben vom 15.01.2015 teilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle dem Beschwerdeführer mit, dass im Verfahren S 41 U 66/14 weder eine Beiordnung erfolgt noch ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt worden sei und das Verfahren nach der Aktenordnung als erledigt zu betrachten sei. Es werde davon ausgegangen, dass er in beiden Vorverfahren tätig gewesen sei. Es komme das bis zum 30.07.2013 geltende Recht zur Anwendung. Es werde vorgeschlagen, die Nr. 3103 VV RVG wegen des erheblichen Aktenumfangs und der Verfahrensdauer auf 210,00 € festzusetzen. Die Nrn. 3106, 7003 und 7005 VV RVG könnten antragsgemäß festgesetzt werden.
Der Beschwerdeführer verwies am 22.01.2015 darauf, das Verfahren S 41 U 66/12 sei durch die Verbindung nicht untergegangen und stellte daraufhin folgende korrigierte Rechnung:
Nr. 3103 VV RVG 300,00 €
Nr. 3106 VV RVG 240,00 €
Summe 540,00 €
Nr. 7002 20,00 €
Nr. 7003
1.216 km x 0,30 € 364,80 €
Nr. 7005 VV RVG 60,00 € Zwischensumme 984,80 €
Nr. 7008 VV RVG 187,11 € Gesamt 1.171,91 €.
Mit Beschluss vom 14.04.2015 wurde die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.064,81 € festgesetzt. Dabei setzte die Urkundsbeamtin die Nr. 3103 VV RVG auf 210,00 € und die Nrn. 3106, 7003 und 7005 VV RVG antragsgemäß fest.
Die Beiordnung beziehe sich nur auf das Verfahren S 41 U 65/12, so dass nur die Gebühren für dieses Verfahren in Ansatz gebracht werden könnten. Für das Verfahren S 41 U 66/12 sei auch kein PKH-Antrag gestellt worden. Es komme das bis zum 31.07.2013 geltende Recht zur Anwendung, da die Vollmacht vom 11.02.2013 datiere. Der Erinnerungsführer sei bereits im Verwaltungsverfahren tätig gewesen, so dass die Gebühr Nr. 3103 VV RVG in Ansatz zu bringen sei. Der Umfang der Tätigkeit sei leicht überdurchschnittlich, da Aktenumfang und Verfahrensdauer deutlich über dem Durchschnitt gelegen hätten. Die Schwierigkeit sei als leicht überdurchschnittlich, die Bedeutung als durchschnittlich anzusehen. Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheine eine Verfahrensgebühr von 210,00 € ausreichend und angemessen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 17.04.2015 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, das Verfahren S 41 U 66/12 sei durch die Verbindung nicht untergegangen, es sei vielmehr bei der Gebührenbestimmung zu berücksichtigen. Bereits die frühere Prozessbevollmächtigte habe einen PKH-Antrag gestellt, über den nicht entschieden und der auch nicht zurückgenommen worden sei. Die Rücknahme habe sich allein auf die Beiordnung bezogen. Prozesskostenhilfe habe bereits auf diesen Antrag hin bewilligt werden müssen. Auf seiner Seite habe schlichtes Versehen vorgelegen, dass nicht mit der Vertretungsanzeige der PKH-Antrag gestellt worden sei.
Der Beschwerdegegner führte aus, dass die Verfahrensgebühr wegen der nach der Verbindung größeren Bedeutung sowie höherem Zeitaufwand zwar angemessen erhöht werden müsse.
Für eine Gebührenminderung spreche aber, dass der Beschwerdeführer erst am 12.08.2014 PKH beantragt habe und damit entsprechend der Regelung des § 48 RVG in der Fassung ab dem 01.07.2013 erst Tätigkeiten des Beschwerdeführers ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden könnten. Dies gelte auch für die alte Rechtslage. Die gegenteilige Auffassung des BayLSG im Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E überzeuge nicht.
Das SG hat die Erinnerung mit Beschluss vom 05.08.2015 zurückgewiesen. Zutreffend sei nur eine Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht worden, da das Klageverfahren S 41 U 66/12 durch die Verbindung seine eigenständige Existenz verloren habe. Dementsprechend sei PKH auch nur im Verfahren bewilligt worden. Die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers sei aber unbillig. Nach Auffassung der Kammer könne bei der Betrachtung der Verfahrensgebühr vorliegend nur die Tätigkeit berücksichtigt werden, die ab Antragstellung erfolgt sei. Unter Verweis auf eine Entscheidung des SG Fulda vom 19.03.2012, S 4 SF 51/11 E, führte das SG aus, durch die Bewilligung der PKH könnten nur die Tätigkeit abgegolten werden, die nach Antragstellung als frühestem Beiordnungszeitpunkt bzw. eventueller späterer Beiordnung vorgenommen worden seien. Die Bewilligung könne nicht auf einen Zeitpunkt vor Antragstellung erstreckt werden. Dies erscheine auch nicht unbillig, da es der jeweilige Bevollmächtigte in der Hand habe, mit Eintritt in den Prozess einen PKH-Antrag zu stellen und damit einen möglichst frühen Bewilligungszeitpunkt zu erreichen. Ein Grund, die Tätigkeit vor Stellung des PKH-Antrages auf Kosten der Staatskasse zu vergüten, sei nicht ersichtlich. Diese Auffassung werde durch die neue Fassung des § 48 Abs. 4 RVG bestätigt. Hiervon ausgehend sei festzustellen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers nach Stellung des PKH Antrages am 12.08.2014 weit unterdurchschnittlich gewesen sei. Er habe lediglich begründet, warum entgegen der Auffassung des Vorsitzenden PKH zu bewilligen ist (Umfang 0,5 Seiten) und habe eine Klagebegründung zu dem Anspruch der ursprünglichen Klage S 41 U 66/12 (Einfrieren der Rentenleistung, Umfang 0,5 Seiten) eingereicht. Maßgeblich sei auch nicht der Zeitpunkt der Stellung des PKH-Antrages durch die ehemalige Prozessbevollmächtigte, sondern der Antrag auf die eigene Beiordnung.
Zugunsten des Beschwerdeführers könne auch nicht berücksichtigt werden, dass nach der neuen gesetzlichen Regelung auch die vorbereitenden Tätigkeiten für die PKH-Bewilligung bei der Gebührenbestimmung Berücksichtigung finden. Denn die vor Stellung des PKH-Antrags gefertigten Schriftsätze des Beschwerdeführers seien nicht zur Vorbereitung des PKH-Antrages gefertigt worden, sie seien vielmehr Bestandteil der Begründung der Klage und der Führung des Prozesses durch den Beschwerdeführer gewesen. Ausgehend von einer leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit, einer durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin, der PKH bewilligt wurde, erscheine in der Gesamtbetrachtung die in Ansatz gebrachte über der Mittelgebühr von 170,00 € liegende Gebühr von 210,00 € mehr als ausreichend, die Tätigkeit des Erinnerungsführers angemessen zu vergüten. Das SG hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Gegen den Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer am 10.08.2015 Beschwerde eingelegt. Das SG habe nicht beachtet, dass das Verfahren S 41 U 66/12 durch die Verbindung nicht untergegangen sei, sondern nur noch eine Angelegenheit im kostenrechtlichen Sinne vorgelegen habe. Somit sei das verbundene Verfahren bei der Bestimmung der Gebühren gleichwohl zu berücksichtigen, wenn es sich überhaupt hinsichtlich der Verfahrensgebühr um ein verbundenes Verfahren handle, was bezweifelt werde. Das SG habe in seinem Beschluss zutreffend festgestellt, dass der PKH-Antrag bereits durch die vormalige Prozessbevollmächtigte gestellt und dieser Antrag nicht zurückgenommen worden sei. Das SG verkenne mit seiner Ansicht, es komme sodann nur auf die Beiordnung an, dass PKH-Bewilligung und Beiordnung getrennte Verfahren seien. Das Verfahren über die PKH-Bewilligung sei in den §§ 114 – 120 ZPO geregelt. Das SG hätte danach bereits im Jahr 2012 zwingend PKH bewilligen müssen, so dass die Wirkung gemäß § 122 ZPO eingetreten wäre. Danach erhalte der Bevollmächtigte seine Vergütung aus der Staatskasse entsprechend seiner Beiordnung. Die Beiordnung erstrecke sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt wird (§ 48 Abs. 4 Satz 1 RVG). Die Bestimmung des SG in seinem PKH-Bewilligungsbeschluss vom 19.08.2014, in dem der Klägerin PKH erst ab dem 12.08.2014 bewilligt werde, sei willkürlich und entfalte somit keine Bindungswirkung. Infolgedessen treffe der PKH-Beschluss vom 19.08.2014 keine Bestimmung im Sinne des § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG, so dass die PKH-Bewilligung auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2012 zurückfalle. Das SG habe die Verfahren erst mit Beschluss vom 19.03.2014 verbunden. Bereits vor diesem Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer für die Klägerin in beiden Verfahren gemeldet. Die Beiordnung bewirke lediglich, dass der Bevollmächtigte die Gebühren nicht mehr gegen die Mandantin, sondern nur noch gegen die Staatskasse geltend machen könne. Eine zeitliche Beschränkung der insoweit mit einzubeziehenden Tätigkeiten bewirke sie indessen nicht. Da die Bewilligung der PKH auf den Antrag im Jahr 2012 zurückwirke und die Verfahren zu jenem Zeitpunkt noch nicht verbunden gewesen seien, entstehe auch für das Verfahren
S 41 U 66/12 die Verfahrensgebühr. An einer entsprechenden Feststellung habe der Beschwerdeführer auch ein Feststellungsinteresse.
Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, der PKH-Beschluss vom 19.08.2014 sei bindend und dürfe im Kostenfeststellungsverfahren nicht abgeändert werden. Nur Umstände, die in diesen bindend festgesetzten Zeitraum fielen, könnten im Rahmen der Ausfüllung der Kriterien des § 14 RVG zur Bestimmung der Gebührenhöhe herangezogen werden.
Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahren und die Akten mit den Aktenzeichen und S 41 U 66/12 verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1) Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2) Zur Anwendung kommen für die Gebührenfestsetzung gemäß der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.) die Regelungen des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung (RVG a.F.). Denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG für die Klagen ist dem Beschwerdeführer vor dem 31.07.2013 erteilt worden.
3) Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, da das SG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen hat, §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG. Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).
4) Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Der Beschwerdeführer hat weder einen Anspruch auf eine (weitere) Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 66/12 (dazu unter a) noch kann er die Festsetzung einer höheren Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 65/12 (dazu unter b) verlangen.
Streitig im Beschwerdeverfahren ist allein die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG. Zum Streitgegenstand zählt auch die darauf fallende Umsatzsteuer.
a) Offenbleiben kann, ob die Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG für das Verfahren S 41 U 66/12 schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Beschwerdeführer in seinem „korrigierten“ Antrag auf Kostenfestsetzung vom 22.01.2015 lediglich eine Verfahrensgebühr unter dem Az. S 41 U 65/12 beantragt hat und damit bereits sein Ermessen ausgeübt haben könnte. Hat der Rechtsanwalt sein Ermessen ausgeübt und den Rahmen der Gebühr im Einzelfall bestimmt, so ist er an das ausgeübte Ermessen gebunden (vgl. z.B. Baumgärtel, in: Ders. /Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl., § 14, Rn. 3, m.w.N.; Mayer, in: Gerold/ Schmidt, RVG, 22. Auf., § 14, Rn. 4).
Denn die Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr scheitert schon daran, dass zum Zeitpunkt der PKH-Bewilligung und Beiordnung des Beschwerdeführers mit Wirkung zum 12.08.2014 die Verfahren S 41 U 65/12 und S 41 U 66/12 bereits verbunden waren (Beschluss vom 19.03.2014) und damit nur noch eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne des § 15 Abs. 1 RVG bestand. Dementsprechend wurde dem Beschwerdeführer auch nur im Verfahren S 41 U 65/12 PKH bewilligt. Gebühren in einer Angelegenheit können nur einmal gefordert werden (vgl. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG a.F.).
Der Beschwerdeführer geht zwar Recht in der Annahme, das Klageverfahren S 41 U 66/12 sei auch noch nach der Hinzuverbindung prozessual existent gewesen. Denn es verkörperte einen eigenständigen Streitgegenstand neben einem anderen unter einem einheitlichen Aktenzeichen. Ab dem Zeitpunkt der Verbindung lag eine nachträgliche objektive Klagehäufung vor, also die Verfolgung mehrerer Streitgegenstände in einem einzigen Prozess (§ 260 ZPO). Gemäß § 113 Abs. 1 SGG kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, sofern ein im Gesetz näher bezeichneter Konnex zwischen diesen vorliegt. Die gesetzlich vorgesehene Verbindung führt in der Praxis und auch hier dazu, dass die miteinander verbundenen Verfahren nur unter einem Aktenzeichen, nämlich unter demjenigen des so genannten führenden Verfahrens, weiterbetrieben werden. Die nach der Verbindung entstandenen Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts (vgl. hierzu unter b) fallen sodann nur noch im führenden Verfahren an (so schon BayLSG, Beschluss vom 31.07.2012 – L 15 SF 214/10 B E -, juris).
Der Senat sieht keinen Anlass, im hier vorliegenden Fall von dieser Ansicht abzurücken; sie steht im Einklang mit der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung (vgl. Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 15 Rn. 5f.). Die Verbindung der Streitsachen hat hier bewirkt, dass nur noch eine Angelegenheit im vergütungsrechtlichen Sinn vorlag.
Die Festsetzung einer eigenen Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 66/12 kommt daher nicht in Betracht.
b) Die Urkundsbeamtin und die Kostenrichterin haben die Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG) auch der Höhe nach mit 210,00 € zutreffend festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat seinerseits die Gebühren zu hoch veranschlagt. Seine Gebührenbestimmung entspricht nicht mehr billigem Ermessen und ist damit für die Staatskasse nicht verbindlich.
Bei Betragsrahmengebühren gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, um die es hier geht, ist im Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) jeweils ein Gebührenrahmen vorgesehen. Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stünde für die Verfahrensgebühr ein Betrag in Höhe von 300,00 € zu, ist nicht berechtigt. Denn auch nach Auffassung des Senats kann bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr vorliegend nur die Tätigkeit berücksichtigt werden, die ab dem im PKH-Bewilligungsbeschluss genannten Datum der Antragstellung und Beiordnung (12.08.2014) erfolgt ist.
Zentrale Bedeutung hat § 14 RVG. Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Betragsrahmengebühren ist die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (vgl. den Beschluss des BayLSG vom 21.03.2011, L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht (a.a.O.).
Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, um nach Möglichkeit Streit über die billige Gebühr zu vermeiden. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Verbindlich ist die von ihm vorgenommene Bestimmung der Gebühr nur, wenn sie tatsächlich billigem Ermessen entspricht.
Die vorliegend vom Beschwerdeführer vorgenommene Bestimmung der angefallenen Verfahrensgebühr in der o.g. Höhe ist nicht verbindlich. Auch unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens von 20% entspricht diese Gebührenbestimmung nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin durfte und musste die Gebühr neu festsetzen, ohne an die Bestimmung durch den Beschwerdeführer gebunden zu sein.
Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass zur Bestimmung der Vergütungshöhe auch bei Anwendung des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung allein die Tätigkeiten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind, die er nach Stellung des Prozesskostenhilfeantrags mit Schriftsatz vom 12.08.2014 vorgenommen hat.
aa) Der Beschwerdeführer dringt mit seinem Argument, die Bewilligung der PKH wirke wegen der Stellung eines PKH-Antrages durch die vormalige Prozessbevollmächtigte auf das Jahr 2012 zurück, nicht durch.
Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Er ist damit nach Grund und Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 48 RVG Rn 5 m.w.N.). Dabei ist die Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH und der Beiordnung für das gesamte Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017). Eine inhaltliche Überprüfung und Korrektur dieser Entscheidung durch den für die Kostenfestsetzung zuständigen Spruchkörper ist nicht möglich (so auch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 10.07.2015, L 2 SF 11/15 E, juris Rn 23).
Mit Beschluss vom 19.08.2014 hat das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe ab dem 12.08.2014 bewilligt und den Beschwerdeführer beigeordnet. Dass das SG nach der Begründung des Beschlusses fälschlicherweise von einer Rücknahme des PKH-Antrages durch die vormalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausging, spielt wegen der Bindungswirkung des Beschlusses für das Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle. Denn der Beschluss ist bestandskräftig.
bb) Durch die Bewilligung der PKH werden nur die Tätigkeiten abgegolten, die der Beschwerdeführer nach der erneuten PKH-Antragstellung am 12.08.2014 vorgenommen hat. Tätigkeiten, die vor PKH-Antragstellung erfolgt sind, dürfen bei der Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 14 Abs. 1 RVG nicht berücksichtigt werden. Ob der Zeitraum zwischen der PKH-Antragstellung und Beiordnung vergütungsrechtlich relevant ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da beide Zeitpunkte zusammenfallen.
Wie schon das SG Fulda in seiner Entscheidung vom 19.03.2012, S 4 SF 51/11 (Juris Rn. 23 ff) ausführt, spricht gegen die Berücksichtigung von Tätigkeiten, welche bereits vor der Beiordnung erfolgt sind, zunächst das Antragsprinzip, woraus folgt, dass der Bewilligungszeitraum überhaupt nur den Zeitraum ab Antragstellung umfassen kann. Der anwaltliche Gebührenausfall stellt weder eine nicht akzeptable Folge dar, noch ist der Vergütungsverlust seinerseits nicht gerechtfertigt. Auch kann die Forderungssperre des § 122 ZPO nicht als durchgreifende Begründung dafür herangezogen werden, den PKH-Grundsatz zu durchbrechen, dass Tätigkeiten vor Beiordnung, jedenfalls aber vor Antragstellung, nicht durch die Staatskasse zu vergüten sind. Zutreffend verweist das SG Fulda darauf, dass sich der Gebührenausfall verfassungsrechtlich (nur) als Berufsausübungsregelung darstellt, die durch vernünftige Argumente des Allgemeinwohls zu legitimieren ist (SG Fulda, aaO unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG, BVerfGE 7, 377, 405 f.). Dieser auch vom SG in dem angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung schließt sich der Senat an.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine „Kürzung“ der Verfahrensgebühr nicht mit dem Argument der zeitlich beschränkten Bewilligung in Betracht komme: Das RVG biete keine Grundlage für eine solche Betrachtungsweise, die auf eine „Quotelung“ der Gebühren hinausliefe, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr sei stets der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen, nicht nur der Aufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung. Dabei falle maßgeblich ins Gewicht, dass das RVG aus Gründen der Kostengerechtigkeit und Vereinfachung vom Grundsatz der Pauschgebühr beherrscht werde und die Gebühren nach § 15 Abs. 1 RVG die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten würden. Auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (in Verbindung mit § 73a SGG), wonach die Bewilligung von PKH bewirke, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen den Beteiligten nicht geltend machen könnten, spreche gegen eine Kürzung der Verfahrensgebühr in Abhängigkeit vom Beiordnungszeitpunkt. Die zugunsten des bedürftigen Beteiligten eingreifende Forderungssperre würde andernfalls bewirken, dass der Rechtsanwalt einen nicht gerechtfertigten Ausfall hinnehmen müsse (so ausdrücklich Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E, juris; im Ergebnis auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2008, L 19 B 21/08 AS, juris).
Diese Auffassung berücksichtigt nach Auffassung dieses Senats jedoch nicht hinreichend, dass es nach § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 RVG für den Vergütungsanspruch in erster Linie auf die konkrete Bestimmung in den Beschlüssen ankommt, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Sofern das zuständige Gericht (hier das SG) in seinem Beschluss ausdrücklich eine bestimmte zeitliche Beschränkung wie vorliegend den Zeitpunkt der Antragstellung aufnimmt, bei der Kostenfestsetzung gleichwohl auch die vor diesem Zeitpunkt angefallenen Tätigkeiten berücksichtigt würden, würde der nach § 48 Abs. 1 RVG maßgebende Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses durch die konkrete Kostenfestsetzung faktisch korrigiert bzw. ausgehebelt. Die zeitliche Beschränkung im Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss wäre andernfalls bei der Kostenfestsetzung faktisch bedeutungslos. Mit der zeitlichen Beschränkung im Rahmen der Bewilligung und Beiordnung hat das SG aber die ihm zu diesem Zeitpunkt obliegende Entscheidung darüber getroffen, in welchem (zeitlichen) Umfang die anwaltlichen Tätigkeiten zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH ist jedenfalls für das Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend. Sofern das SG insoweit die Auffassung vertritt, Tätigkeiten auch vor Antragstellung bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt sehen zu wollen, hätte es dies nach der Systematik des RVG bereits bei Abfassung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses umzusetzen, nicht aber bei der späteren Kostenfestsetzung. Letzteres würde faktisch auf eine inhaltliche „Änderung“ der Bewilligung und Beiordnung hinauslaufen, wofür jedoch keine Zuständigkeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mehr gegeben ist (so auch Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2017, L 4 AS 141/16 B, juris). Denn der für die Festsetzung zuständige Spruchkörper hat nicht die inhaltliche Berechtigung einer erfolgten zeitlichen Begrenzung zu prüfen (Hessisches LSG, Beschluss vom 10.07.2015, L 2 SF 11/15 E).
Die Tatsache, dass nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm. § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine Forderungssperre eintritt, die eine Geltendmachung der Gebühren gegenüber dem Vertretenen hindert und nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 21.02.2008, I ZR 142/06, juris) auch für bereits zuvor verwirklichte Gebührentatbestände gilt, führt zu keiner anderen Beurteilung (so aber noch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E, juris, Rn. 21; SG Dortmund, Beschluss vom 25.07.2015, S 28 SF 311/13 E, juris Rn. 16). Soweit sich aus der Vorschrift eine vollständige „Sperre“ ergeben sollte, wäre dies als gesetzgeberische Wertungsentscheidung hinzunehmen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.02.2017, L 4 AS 140/16 B, juris).
Zwar kann diese Auslegung, wie hier, zur Folge haben, dass eine im Klageverfahren erbrachte Tätigkeit nicht in die Gebührenbemessung mit eingeht. Dies ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, da es der bevollmächtigte Rechtsanwalt in der Hand hat, den Antrag auf Prozesskostenhilfe rechtzeitig zu stellen. Dass das hier aus besonderen Gründen nicht der Fall war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr hat der Beschwerdeführer selbst eingeräumt, die Stellung des PKH-Antrages zu einem früheren Zeitpunkt versehentlich unterlassen zu haben. Zudem würde die gleiche Wirkung eintreten, wenn der später beigeordnete Rechtsanwalt bereits im gerichtlichen Verfahren tätig wurde und die PKH erst – beispielsweise, weil die Bedürftigkeit erst während des Verfahrens eintritt – zu einem späteren Zeitpunkt während des laufenden Verfahrens beantragt wird. Auch hier würde die Beiordnung maximal auf den Antragszeitpunkt zurückwirken und die anwaltliche Tätigkeit vor diesem Zeitpunkt bei der Gebührenfestsetzung unbeachtet bleiben (so auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25.07.2017, L 8 AL 69/16 B KO, juris Rn. 22, allerdings zu § 48 RVG idF des 2. KostRMoG).
Die Einfügung von § 48 Abs. 4 RVG mit seinem heutigen Inhalt bestätigt diese Auffassung. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit. Wie das SG zutreffend ausführt, ist Regelfall damit die Vergütung der Tätigkeit ab Antragstellung als frühestmöglichem Beiordnungszeitpunkt. Raum für eine abweichende Bestimmung durch das Gericht wird insbesondere dann bestehen, wenn der ursprünglich eingereichte Antrag nicht vollständig war und daher die Beiordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll.
cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Festsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, bestätigt durch das SG, zutreffend. Denn die vor dem 12.08.2014, dem Zeitpunkt der PKH-Antragstellung, angefallenen Tätigkeiten sind für die Gebührenhöhe nicht relevant. Damit sind insbesondere die Schriftsätze vom 11.02.2013 sowie die Akteneinsicht, die Verzögerungsrüge (Schriftsätze vom 23.12.2013) sowie die Klagebegründungen (Schriftsätze vom 12.05.2014 und 14.07.2014) keine für die Bestimmung der Verfahrensgebühr maßgebenden Tätigkeiten. Entsprechendes gilt für alle sonstigen vor dem 12.08.2014 erfolgten Maßnahmen, beispielsweise etwaigen Besprechungen mit der Klägerin im Hinblick auf die Ausgangsverfahren S 41 U 65/12 und S 41 U 66/12.
Bei der Höhe der Gebühr zu berücksichtigen waren vielmehr insbesondere die Ausführungen vom 15.08.2014 sowie 27.09.2014 zur Klage S 41 U 65/12, die wegen der Verbindung mit dem Verfahren S 41 U 66/12 auch den Streitgegenstand dieser Klage enthielt. Ausführungen zum vormaligen Verfahren S 41 U 66/12 wirken sich damit gebührentechnisch im Verfahren ebenso aus wie die Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 29.09.2014.
Wie das SG zutreffend ausführt, erscheint somit ausgehend von einer leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit, einer durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin, der PKH bewilligt wurde, in der Gesamtbetrachtung die in Ansatz gebrachte über der Mittelgebühr von 170,00 € liegende Gebühr von 210,00 € mehr als ausreichend, die Tätigkeit des Beschwerdeführers angemessen zu vergüten.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

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