Arbeitsrecht

Bestimmung des zuständigen Rentenversicherungsträgers für eine Betriebsprüfung

Aktenzeichen  S 6 R 793/15

Datum:
25.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134489
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB IV § 28p
SGB VI § 125 Abs. 1 S. 1, § 126 S. 1

 

Leitsatz

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nach § 28p Abs. 2 S. 2 SGB IV getroffene Zuständigkeitsregelung bestehen nicht, auch soweit der Gesetzgeber die sachliche Zuständigkeit den Rentenversicherungsträgern anvertraut. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage, über die trotz Ausbleibens der Klägerin verhandelt und entschieden werden kann und gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Fassung des Bescheids vom 26. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Betriebsprüfung ist die Beklagte zuständig. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sie einen Prüftermin festgesetzt und ein Zwangsgeld angedroht hat.
1. Über die Klage kann verhandelt und entschieden werden, obwohl die Klägerin nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Ihr persönliches Erscheinen war nicht angeordnet und in der Terminsmitteilung wurde sie darauf hingewiesen, dass auch bei ihrem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann. Die Klägerin hat die Terminsmitteilung – ausweislich der Postzustellungsurkunde – am 28. September 2016 erhalten und war ordnungsgemäß geladen. Anhaltspunkte dafür, dass der Termin hätte verlegt oder vertagt werden müssen, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, insbesondere teilt das Gericht die Befürchtung der Klägerin, dass die grundgesetzlich verbürgte Rechtssicherheit nicht gewährleistet sei, nicht. Der Klägerseite wurde auch unverzüglich mitgeteilt, dass das Gericht ihr Ansinnen, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, nicht aufgreifen wird. Dennoch ist die Klägerin bis 13.50 Uhr nicht zum Termin erschienen. Demnach kann über die Klage verhandelt und entschieden werden.
2. Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Fassung des Bescheids vom 26. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Betriebsprüfung ist die Beklagte zu-ständig. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sie einen Prüftermin festgesetzt und ein Zwangsgeld angedroht hat.
2.1 Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB VI) mindestens alle vier Jahre. Hinsichtlich der konkreten sachlichen Zuständigkeit im Einzelfall trifft § 28p SGB IV keine Regelung, so dass grundsätzlich jeder in § 125 SGB VI genannte Rentenversicherungsträger bei jedem Arbeitgeber prüfen könnte (Wehrhahn in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 90. EL Juni 2016, § 28p SGB IV Rd.Nr. 38). Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden die Aufgaben der gesetzlichen Rentenversicherung (allgemeine Rentenversicherung und knappschaftliche Rentenversicherung) von Regionalträgern und Bundesträgern wahrgenommen. Für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung sind in der allgemeinen Rentenversicherung die Regionalträger, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig (§ 126 SGB VI). Mangels Alleinzuständigkeit eines Trägers verpflichtet das Gesetz in § 28p Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB IV die Träger der Rentenversicherung, sich darüber abzustimmen, welche Arbeitgeber sie prüfen. Allerdings legt § 28p Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB IV fest, dass ein Arbeitgeber jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen ist.
Die Träger der Rentenversicherung haben sich darauf verständigt, dass im Verhältnis zwischen den Regionalträgern und der Deutschen Rentenversicherung Bund die Aufteilung anhand der Prüfziffer in der Betriebsnummer des Arbeitgebers oder der abrechnenden Stelle erfolgt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund prüft Arbeitgeber, in deren Betriebsnummern die Prüfziffer 0 bis 4 lautet, die Regionalträger prüfen in ihrem Zuständigkeitsbereich Arbeitgeber, in deren Betriebsnummer die Prüfziffer 5 bis 9 lautet. Weiter richtet sich die Prüfzuständigkeit grundsätzlich nach der Betriebsnummer der Abrechnungsstelle. Abweichend hiervon orientiert sich die Prüfzuständigkeit bei ad hoc-Prüfungen an der Betriebsnummer des Arbeitgebers. Das Gleiche gilt, wenn die Abrechnungsstelle keine eigene Betriebsnummer hat oder in Einzelfällen die Notwendigkeit besteht, Ermittlungen beim Arbeitgeber vorzunehmen. § 28p Abs. 2 Satz 1 SGB IV trifft eine gesetzliche Vorgabe zur örtlichen Zuständigkeit, sofern ein Regionalträger sachlich zuständig ist. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zuständigkeitsregelung bestehen nicht, auch soweit der Gesetzgeber die sachliche Zuständigkeit den Rentenversicherungsträgern anvertraut. Der Vorbehalt des Gesetzes ist nicht tangiert. Der Gesetzgeber geht von einer sachlichen Allzuständigkeit aus. Es ist daher nicht wesentlich im Sinne der Wesentlichkeitstheorie, wenn die Allzuständigkeit der Rentenversicherungsträger in einer gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Abstimmung der Rentenversicherungsträger weiter aufgeteilt wird.
2.2 Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ergeben sich vorliegend keine Bedenken gegen die Zuständigkeit der Beklagten. Die Klägerin hat trotz ausdrücklicher Nachfrage der Beklagten keine Abrechnungsstelle mitgeteilt. Auch die vormalige Abrechnungsstelle hat gegenüber der Beklagten erklärt, dass sie für die Klägerin nicht mehr tätig ist. Da daher keine Abrechnungsstelle existiert, richtet sich die Zuständigkeit allein nach der Betriebsnummer der Klägerin. Diese endet auf 2, so dass nach der Abstimmungsvereinbarung der Rentenversicherungsträger die Zuständigkeit der Beklagten gegeben ist. Von daher konnte die Beklagte einen Prüftermin festsetzen. Bedenken gegen die Androhung eines Zwangsgeldes bestehen ebenfalls nicht. Insbesondere zeigt das Agieren der Klägerin bzw. ihres Bevollmächtigten, dass mit allen Mitteln eine weitere Prüfung durch einen Rentenversicherungsträger verzögert werden soll. Daher ist die Einleitung von Zwangsmaßnahmen geboten.
3. Demnach ist der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Fassung des Bescheids vom 26. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klage ist daher abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

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