Arbeitsrecht

Besuch polytechnischer Oberschulen der DDR keine rentenrechtliche Zeit

Aktenzeichen  S 3 R 311/13

Datum:
16.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 128600
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI § 55 Abs. 1 S. 2, § 247 Abs. 2a, § 248 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Rentenrechtlich ist die berufliche Grundausbildung in allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR (Klassen 9 und 10) weder Beitragszeit noch fiktive Beitragszeit. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet, weil in der Zeit vom 01.09.1964 bis 31.08.1966 weder eine Beitragszeit noch eine Anrechnungszeit festgestellt werden kann.
Dagegen ist der Bescheid vom 25.03.2015 nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. § 86 SGG bezieht sich nur auf die Erweiterung des Gegentandes eines Widerspruchsverfahrens. Die Voraussetzungen von § 96 SGG sind nicht erfüllt. Der Bescheid vom 25.03.2015 ersetzt keinen anderen Bescheid.
1. Im streitigen Zeitraum liegt keine Beitragszeit vor.
Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 08.05.1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Im streitigen Zeitraum ist kein Lohn gezahlt worden und es sind daher (natürlich) auch keine Beiträge zur Sozialversicherung der ehemaligen DDR abgeführt worden.
Alle Ausführungen und alle gerichtlichen Entscheidungen zu dem Nebeneinander von Schulunterricht und praktischer Berufsausbildung im Bereich der erweiterten Oberschulen spielen für den vorliegenden Sachverhalt keine Rolle, weil der Kläger keine erweiterte Oberschule besucht hat.
Auch wie sich die ab 01.01.1965 geltende „Verordnung über Entgelt und Versicherungsschutz für Oberschüler während der beruflichen Ausbildung“ vom 03.11.1964 (GWl. II, Seite 887) (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 05.07.2011, Az. L 3 RJ 221/00, Rd.-Nr. 22 – zitiert nach Juris) auf den vorliegenden Sachverhalt auswirkt kann dahingestellt bleiben.
Jedenfalls bestand nach den allgemeinen Bestimmungen über die Sozialpflichtversicherung nach § 7 Abs. 1 der „1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten“ vom 10.09.1962 (GBl. II, Seite 625) bei einem Monatseinkommen von weniger als 75,00 Mark keine Versicherungspflicht (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt a. a. O., Rd.-Nr. 24). Unter Beachtung dieser rentenrechtlichen Regelungen der damaligen DDR ist der Ausweis für Arbeit- und Sozialversicherung des Klägers erst am 16.09.1966 ausgestellt worden, nämlich mit Beginn der speziellen Berufsausbildung.
Auch die Anwendung von § 247 Abs. 2 a SGB VI würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, was vorliegend jedoch nicht gegeben ist.
2. Der vorliegende Sacherhalt eines Schulbesuchs erfüllt den Tatbestand des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (Zeiten einer schulischen Ausbildung). Darüber hinaus legt § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI ausdrücklich fest, dass nur Zeiten nach dem vollendeten 17. Lebensjahr Zeiten einer schulischen Ausbildung sind. Der Kläger ist am 06.1949 geboren. Das 17. Lebensjahr hat er am 06.1966 24:00 Uhr vollendet.
In dem Versicherungsverlauf, den die Beklagte der Rentenrechnung zugrunde legt ist ab 06.1966 eine Anrechnungszeit der Schulausbildung vermerkt.
Dies ist nicht zu beanstanden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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