Arbeitsrecht

Beteiligung im Verfahren über die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über Eltern bei Leihmutterschaft

Aktenzeichen  4 F 144/19 AB

Datum:
28.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17819
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 108 Abs. 1
FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 4
FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Im Verfahren über die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, welche die Elternstellung der Leihmutter aufhebt und sie einem (weiteren) Vater als Wunschelternteil zuweist, ist die Leihmutter als Beteiligte hinzuzuziehen, da sie ihre nach deutschem Recht begründete Mutterstellung durch die Wirkungserstreckung der ausländischen Entscheidung auf das Inland verliert.

Tenor

1. Die Entscheidung des Court of Common Pleas, Probate Division, Gallia County, Ohio/USA, vom 22.01.2019, Az., wird anerkannt.
2. Die Beteiligten zu 2. und 3. haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Seine zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen trägt jeder Beteiligte selbst.
3. Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 2.000,00 Euro.

Gründe

Die Beteiligten zu 2. und 3. begehren die Anerkennung einer Entscheidung des Court of Common Pleas, Probate Division, des Kreises Gallia des US-Bundesstaats Ohio, mit dem die Mutterschaft der Beteiligten zu 4. durch die (weitere) rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 3. für die Beteiligte zu 1. ersetzt wurde. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind deutsche Staatsangehörige. Die Beteiligte zu 1. besitzt die USamerikanische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 2. ist der leibliche und rechtliche Vater der Beteiligten zu 1. Aufgrund des Leihmutterschaftsvertrags vom 25.02.2018 trug die Beteiligte zu 4. in den USA die mit dem Samen des Beteiligten zu 2. und der gespendeten Eizelle einer unbekannten Dritten gezeugte Beteiligte zu 1. aus. Diese wurde am 05.01.2019 im K Medical Center in K, Ohio/USA, geboren. Die Beteiligte zu 4. ist mit der Beteiligten zu 1. dementsprechend nicht genetisch verwandt.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Urteil vom 22.01.2019 stellte der Court of Common Pleas, Probate Division, des Kreises Gallia des US-Bundesstaats Ohio fest, daß keine Eltern-Kind-Beziehung zwischen der Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 4. existiere, und erklärte sämtliche Rechte, welche diese gehabt haben könnte, für beendet. Weiter wurde festgestellt, eine Eltern-Kind-Beziehung der Beteiligten zu 1. mit dem Beteiligten zu 3. existiere und dieser alle Rechte und Pflichten, die mit diesem Status einhergehen, erhalte. Die Rechte des Beteiligten zu 2., der durch das Gericht bereits als rechtlicher und biologischer Vater anerkannt worden sei, blieben von der Entscheidung unberührt. Das Personenstandsregister von Ohio wurde angewiesen, eine berichtigte Geburtsurkunde für die Beteiligte zu 1. auszustellen, in welcher der Name der Beteiligten zu 4. als Mutter entfernt und dafür der Beteiligte zu 3. neben dem Beteiligten zu 2. als Vater eingetragen werden sollte.
Am 28.01.19 wurde vom Ohio Department of Health eine entsprechend berichtigte Geburtsurkunde ausgestellt (Bl. 67 d. A.). Die Beteiligte zu 1. lebt in der Obhut der Beteiligten zu 2. und 3. seitdem in Deutschland.
Der Antrag der Beteiligten zu 2. und 3. ist gemäß § 108 Abs. 2 Satz 1 FamFG zulässig. Danach können Beteiligte, die ein rechtliches Interesse haben, eine Entscheidung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht vermögensrechtlichen Inhalts beantragen. Ein solches Interesse der Beteiligten zu 2. und 3. an der Feststellung der Wirkungserstreckung der ausländischen Entscheidung auf das Inland ist wegen ihrer Statusbetroffenheit (vgl. § 172 Abs. 1 FamFG) gegeben.
Das Amtsgericht Fürth/Odw. ist gemäß § 108 Abs. 3 Nr. 1 FamFG örtlich zuständig, weil sich das betroffene Kind in dessen Bezirk gewöhnlich aufhält.
Allerdings ist die Beteiligte zu 4. als Geburtsmutter entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2. und 3. Beteiligte des vorliegenden Verfahrens. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind diejenigen als Beteiligte hinzuzuziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Dementsprechend ist das Anerkennungsverfahren regelmäßig zwischen den Beteiligten des ausländischen Verfahrens durchzuführen. Zwar ist den Beteiligten zu 2. und 3. zuzugeben, daß sich auch der BGH in seinen Entscheidungen vom 10.12.2014 (BGH NJW 15, 479 = FamRZ 15, 240) und 05.09.2018 (BGH NJW-RR …18, 1473 = FamRZ 18, 1846) ersichtlich nicht an der Existenz der Geburtsmutter gestört hat. Tatsächlich sind deren Rechte von der vorliegenden Entscheidung jedoch betroffen (a. A. AG Neuss, FamRZ 14, 1127). Gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 1591 BGB ist die Beteiligte zu 4. in Deutschland die Mutter des betroffenen Kindes. Die Anerkennung der streitgegenständlichen Entscheidung führt dazu, daß sie diese Stellung in Deutschland verliert. Darauf, daß dies für sie gegebenenfalls ohne Belang ist, weil sie keinerlei Interesse an dem betroffenen Kind hat bzw. nicht in Deutschland lebt, kommt es für die Rechtslage nicht an.
Ausweislich der vorgelegten Vollmacht wird die Beteiligte zu 4. im vorliegenden Verfahren auch durch eine Verfahrensbevollmächtigte vertreten. Auf die Frage, ob diese hierdurch gegebenenfalls gegen anwaltliches Standesrecht verstößt, weil sie auch die Beteiligten zu 2. und 3. vertritt, kommt es nicht an.Die Verfahrensvollmacht ist von dem zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrag unabhängig. Ihre Wirksamkeit wäre von etwaigen Verstößen gegen berufsrechtliche Verbote der Bevollmächtigten (§ 43a Abs. 4 BRAO) nicht berührt (vgl. BGH NJW-RR …10, 67).
Der Antrag ist auch begründet, da ein Anerkennungshindernis gemäß § 109 FamFG nicht vorliegt. Insbesondere steht der Anerkennung nicht § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG entgegen. Sie widerspricht angesichts der Tatsache, daß der Beteiligte zu 2. der leibliche Vater der Beteiligten zu 1. und die Beteiligte zu 4. mit dieser nicht genetisch verwandt ist, nicht dem deutschen (anerkennungsrechtlichen) ordre public (vgl. BGH NJW 15, 479 = FamRZ 15, 240; NJW-RR …18, 1473 = FamRZ 18, 1846).
Damit war die streitgegenständliche Entscheidung anzuerkennen. Im Tenor war lediglich die Anerkennung auszusprechen (vgl. BGH NJW-RR …18, 1473 = FamRZ 18, 1846). Einzelne damit gegebenenfalls verbundene Rechtsfolgen sind nicht in den Tenor aufzunehmen. Im übrigen ist die Rechtsstellung des Beteiligten zu 2. als Vater nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Entscheidung. Diese bestand bereits zuvor, worauf die Entscheidung lediglich deklaratorisch Bezug nimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswerts auf § 47 Abs. 1 FamGKG.

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