Aktenzeichen 3 AZR 468/17
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Hamburg, 10. November 2016, Az: 29 Ca 140/16, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg, 11. Juli 2017, Az: 4 Sa 100/16, Urteil
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juli 2017 – 4 Sa 100/16 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen ab dem 26. September 2018 zu zahlen hat.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung.
2
Der Kläger war vom 1. April 1945 bis zum 31. Mai 1993 bei der Beklagten – ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Lebensversicherungsunternehmen – tätig. Er bezieht seit dem 1. Juni 1993 von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf der Grundlage der Versorgungszusage in seinem Dienstvertrag vom 30. Mai 1975. Dieser lautet ua.:
„§ 5
Versorgungsanspruch
1.
Der Vertragsinhaber hat für die Dauer einer Berufsunfähigkeit von mehr als 50 % sowie bei Vollendung seines 65. Lebensjahres einen Versorgungsanspruch nach den Bestimmungen dieses Vertrages. …
2.
Die Höhe der Versorgungsbezüge richtet sich nach der Zahl der Dienstjahre und nach dem durchschnittlichen versorgungsberechtigten Gehalt des letzten Dienstjahres, wobei etwaige Sonderzahlungen unberücksichtigt bleiben.
…
§ 8
Anrechnung auf den Versorgungsanspruch
Auf den Versorgungsanspruch werden angerechnet:
a)
…
b)
Die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.
…
c)
Die Rente der Versorgungskasse der Volksfürsorge VVaG.
…
§ 9
Anpassung laufender Versorgungsansprüche
1.
Werden die betrieblichen Versorgungsansprüche gemäß den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepaßt, so verändern sich die Versorgungsansprüche des Vertragsinhabers oder die seiner Witwe und Waisen in dem gleichen Verhältnis.“
3
Die in § 9 Nr. 1 Dienstvertrag in Bezug genommenen „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW) regeln auszugsweise:
„
Ausführungsbestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes
…
§ 6
Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse
1.
Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt.
(Der § 49 AVG ist durch Artikel 1 §§ 65 und 68 SGB (VI) neu gefaßt worden. Die Änderung ist am 01.01.92 in Kraft getreten).
2.
Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.
3.
Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlußfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.
Der Beschluß ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.
4.
Eine Erhöhung der Pensionsergänzungszahlung kann im Einzelfall nicht durchgeführt werden, soweit und solange die nach § 5 der Ausführungsbestimmungen anzurechnenden Bezüge und die nach § 4 der Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge, erreichen oder überschreiten.
Betriebsangehörige, die eine Pensionsergänzung zu den Leistungen der Versorgungskasse zunächst nicht bekommen haben, weil ihre anzurechnenden Bezüge die vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge erreichen oder überschreiten, erhalten gegebenenfalls bei Veränderungen nach der Ziffer 1 oder 3 später eine Pensionsergänzung allein durch das in der Ziffer 1 oder 3 dargestellte Verfahren.“
4
Der Kläger erhielt – neben seiner gesetzlichen Rente – bis zum 30. Juni 2015 von der Beklagten eine Pensionsergänzung iHv. 7.330,74 Euro brutto sowie eine Rente der Versorgungskasse iHv. 912,42 Euro brutto.
5
Zum 1. Juli 2015 wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.
6
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte der G Versicherungen beschlossen haben, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum 01.07.2015 für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.
7
Nach der Entscheidung der Beklagten sollten entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die – erhöhte – gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Da letztere Variante für den Kläger – wie letztlich für alle nach den BVW versorgungsberechtigten Betriebsrentner – günstiger war, wurde seine Pensionsergänzung um 0,5 vH gesteigert. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Juli 2015 eine Pensionsergänzung iHv. 7.367,39 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin eine Rente der Versorgungskasse iHv. 912,42 Euro brutto.
8
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem 1. Juli 2015 eine höhere Pensionsergänzung zahlen. Nach § 9 Nr. 1 Dienstvertrag iVm. § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätten seine Gesamtversorgungsbezüge zum 1. Juli 2015 um 2,09717 vH angehoben werden müssen. Abzüglich der gewährten Versorgungskassenrente, der gesetzlichen Rentenleistungen und bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten ergebe sich damit ab dem 1. Juli 2015 eine monatliche Differenz iHv. 136,23 Euro. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.
9
Der Kläger hat beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn beginnend mit dem 1. Januar 2016 über den Betrag von 8.279,81 Euro brutto (der sich aus 7.367,39 Euro brutto und 912,42 Euro brutto zusammensetzt) hinaus jeweils zum 1. eines Monats einen Betrag iHv. 136,23 Euro brutto zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 817,38 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag iHv. 136,23 Euro seit dem 1. Juli 2015, auf 136,23 Euro seit dem 1. August 2015, auf 136,23 Euro seit dem 1. September 2015, auf 136,23 Euro seit dem 1. Oktober 2015, auf 136,23 Euro seit dem 1. November 2015 und auf 136,23 Euro seit dem 1. Dezember 2015 zu zahlen.
10
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassung zum 1. Juli 2015 sei auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.
11
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe einer monatlichen Differenz von 136,22 Euro brutto stattgegeben, Zinsen jedoch erst ab Rechtskraft der Entscheidung zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.