Aktenzeichen M 15 K 18.2749
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird abgelehnt.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Im vorliegenden Verfahren konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Soweit der Kläger Ausbildungsförderung für 8/2018 begehrt, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, vor § 40, Rn. 11), da der Kläger insoweit durch die Bewilligung von Ausbildungsförderung in der geforderten Höhe (* … Euro) mit Bescheiden der Beklagten vom 17. Januar 2019 bzw. 29. August 2019 klaglos gestellt wurde.
In Hinblick auf den Bewilligungszeitraum 9/2017 bis 7/2018 war der Klageantrag nach dem klägerischen Begehren als Versagungsgegenklage unter Abänderung des Bescheids vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 gerichtet auf eine Erhöhung des dem Kläger zu gewährenden monatlichen Förderbetrags um … Euro auf insgesamt … Euro auszulegen (§ 86 Abs. 3, § 88 VwGO). Insoweit ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die Erhöhung des Förderungsbetrags (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Gericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend wird ausgeführt:
1. Eine Erhöhung des Bedarfssatzes (§ 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 13a BAföG) – die auch von Klägerseite ausweislich der begehrten Förderhöhe im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht wurde – kommt aufgrund der klaren Gesetzessystematik nicht in Betracht. Danach wird der Bedarf pauschal danach bemessen, ob der Auszubildende in häuslicher Gemeinschaft mit Eltern bzw. in im Eigentum der Eltern stehenden Räumen wohnt, unabhängig davon, ob der Kläger seinen Eltern Miete zahlt oder sogar Mitmieter der Wohnung ist (vgl. Schaller in Ramsauer/Stallbaum, 7. Aufl. 2020, § 12 Rn. 13, § 13 Rn. 6 m.w.N.)
2. Das Einkommen der Mutter des Klägers wurde im vorliegenden Fall in korrekter Weise angerechnet.
2.1 Insbesondere ist kein Fall einer elternunabhängigen Förderung nach § 11 Abs. 3 BAföG ersichtlich, unabhängig davon, ob der Kläger im Bewilligungszeitraum einen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch gegen seine Mutter hatte. Insoweit besteht kein Gleichlauf mit den BAföG-Regelungen zur Förderung ohne Anrechnung von elterlichem Einkommen (vgl. a. BVerwG, B.v. 5.7.1994 – 11 B 63/94 – juris Rn. 4). Eine Schließung eventueller Lücken kann ggf. über einen Vorausleistungsantrag (s.u. 3.) erfolgen.
2.2 Die Beklagte hat ihrer Berechnung richtigerweise die sich aus dem Einkommensteuerbescheid vom 22. Dezember 2016 für das Jahr 2015 ergebenden positiven Einkünfte der Mutter des Klägers zugrunde gelegt (§ 11 Abs. 2, §§ 21 ff. BAföG). Berechnungsfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Zu Recht ist die Beklagte nicht von einem wirksamen Aktualisierungsantrag nach § 24 Abs. 3 BAföG ausgegangen. Zum einen wurde das nach § 46 Abs. 3 BAföG zu verwendende Formblatt 7 nicht von der Mutter als Einkommensbezieherin (bzw. einem Bevollmächtigten derselben) unterschrieben. Zum anderen wurde nicht glaubhaft gemacht (§ 24 Abs. 3 Satz 2 BAföG), dass das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger sein werde als im nach § 24 Abs. 1 BAföG grundsätzlich maßgeblichen vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums. Vorliegend wären nach § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG bei Einkommensaktualisierung die Kalenderjahreseinkommen von 2017 und 2018 maßgeblich gewesen. Zum Einkommen in den Monaten 1/2017 bis 3/2018 wurden jedoch keinerlei Angaben gemacht.
3. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Ausbildungsförderung in Form einer Vorausleistung nach § 36 Abs. 1 BAföG bestand nicht.
Es gelang dem Kläger aufgrund widersprüchlicher Angaben nicht, glaubhaft zu machen, dass seine Mutter den angerechneten Unterhaltsbetrag nicht leistet. Einerseits gab er im Antrag vom 11. Mai 2017 an, … Euro Wohngeld abgeben zu müssen. Andererseits erklärte sein Bevollmächtigter auf dem Vorausleistungsantrag vom 16. Mai 2018, dass der Kläger von seiner Mutter Unterhalt in Form von Unterkunft erhalte. Auch wurden beim Aktualisierungsantrag vom selben Tage keine Einkünfte der Mutter des Klägers aus Vermietung aufgeführt. Des Weiteren lässt das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 25. September 2019 („sie [die Mutter] muss uns beide Kinder, obwohl wir schon erwachsen sind, noch versorgen. Wir wohnen noch zuhause, da das Leben in … sehr schwer finanzierbar ist“, vgl. Bl. 359 BA) Zweifel daran aufkommen, dass die Mutter keinerlei Unterhalt für den Kläger leistet. Jedenfalls hat der Kläger keine Gefährdung der Ausbildung dargelegt (zur Beweislast des Auszubildenden für die abstrakte Gefährdung der Ausbildung vgl. Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 36 Tz. 10). Insbesondere wurde der Vorausleistungsantrag trotz Übersendung des entsprechenden Formblatts durch die Beklagte an den Kläger am 6. September 2017 erst – über acht Monate später – am 17. Mai 2018 eingereicht. Im Falle einer für die Fortführung der Ausbildung dringend benötigten Förderung wäre eine umgehende Rücksendung des ausgefüllten Formblatts an die Beklagte, spätestens jedoch unmittelbar nach Kenntnis der Arbeitslosigkeit der Mutter des Klägers, zu erwarten gewesen. Auch bezog der Kläger seit 1. Mai 2018 Leistungen (unklarer Höhe) nach dem SGB II (vgl. Bl. 194 BA), sodass es Ausführungen des Klägers zu einer dennoch bestehenden Gefährdung der Ausbildung bedurft hätte.
4. Ein Anspruch auf Erstattung der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs. 1, 2 SGB X besteht nicht.
Es fehlt insoweit bereits an einem erfolgreichen Widerspruch im Sinne der Vorschrift, da ein solcher nur gegeben ist, wenn der Ausgangsbescheid aus widerspruchsbezogenen Gründen aufgehoben wird. Sofern die Aufhebung darauf beruht, dass der Widerspruchsführer erst nachträglich seine Mitwirkungspflicht erfüllt, ist der Widerspruch nicht kausal für den Erfolg (Mutschler in Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Juli 2020, § 63 Rn. 6). Vorliegend wurde dem Kläger im Widerspruchsverfahren eine höhere Förderung gewährt, nachdem er in Erfüllung seiner Obliegenheit zur Mitteilung von Änderungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB I) im Widerspruchsverfahren erstmals eine weiterhin bestehende Immatrikulation seiner Schwester vortrug und belegte. Jedenfalls war die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren in Hinblick auf die hier zur Abänderung führende bloße Vorlage einer Immatrikulationsbescheinigung nicht notwendig i.S.v. § 63 Abs. 2 SGB X, sodass auch aus diesem Grund eine Erstattung ausscheidet.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.