Aktenzeichen 18 P 16.2000
ArbGG § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, 5
BPersVG § 73 Abs. 1 S. 1, § 75 Abs. 3 Nr. 12, § 83 Abs. 1 Nr. 4
Leitsatz
1. Eine Dienstvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen (Ideenmanagement) kann wirksam nur Grundsätze über die Bewertung von Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens regeln und die Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung, ob überhaupt ein betriebliches Vorschlagswesen in der Dienststelle eingeführt bzw. aufrechterhalten wird, nicht beschränken. Die Entscheidung, ob Prämien gewährt werden und in welcher Höhe Mittel hierfür zur Verfügung gestellt werden, ist allein Sache des Dienststellenleiters. (Rn. 24)
2. Verpflichtungen des Dienststellenleiters gegenüber der Personalvertretung können nur bestehen, soweit sie gesetzlich zugelassen sind; eine Erweiterung der sachlichen Beteiligungsbefugnisse der Personalvertretung kann durch eine Verwaltungspraxis nicht erreicht werden, da diese durch die Personalvertretungsgesetze bindend festgelegt und inhaltlich abschließend bestimmt sind (Anschluss an BVerwG BeckRS 2010, 56603). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. An der Klärung von derzeit und auf unabsehbare Zeit sich zwischen den Beteiligten nicht stellenden Fragen zu einer in der Vergangenheit abgeschlossenen Dienstvereinbarung besteht kein rechtliches Interesse (vgl. BayVGH BeckRS 2015, 41066). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 7 P 15.02536 2016-08-30 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der beteiligte Dienststellenleiter das betriebliche Vorschlagswesen (Ideenmanagement) zum 30. Juni 2015 einstellen durfte, obwohl zwischen ihm und dem Antragsteller unter dem 10. Dezember 2010 eine Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ abgeschlossen worden war.
Der Antragsteller ist der bei der mhplus Betriebskrankenkasse, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, errichtete Gesamtpersonalrat. Er und der Vorstand der mhplus Betriebskrankenkasse, der Beteiligte, schlossen unter dem 10. Dezember 2010 eine Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“, die nach ihrer Nr. 9 zum 1. Januar 2011 in Kraft trat und insbesondere das Verfahren über die Einreichung, Umsetzung und Bewertung von Verbesserungsvorschlägen regelt. Unter Nr. 10 dieser Dienstvereinbarung heißt es:
„Die Dienstvereinbarung kann von jeder Partei mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende, frühestens zum 31. Dezember 2012, schriftlich gekündigt werden. Nach einer Kündigung wirken die Regelungen dieser Dienstvereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung nach.“
Der Beteiligte teilte dem Antragsteller mit E-Mail vom 10. März 2015 mit, dass der Nutzen des Ideenmanagements von Seiten der Unternehmensleitung als gering eingeschätzt werde und deshalb beabsichtigt sei, das Ideenmanagement komplett einzustellen. Mit der Einstellung sei eine bestehende Dienstvereinbarung obsolet. Ab Mitte 2017 solle gemeinsam mit der Personalvertretung geprüft werden, ob eine Neuauflage im Jahr 2018 sinnvoll erscheine und welche Mittel hierfür gegebenenfalls zur Verfügung stünden. Aus Sicht der Unternehmensleitung sei eine Kündigung der Dienstvereinbarung nicht notwendig, weil diese seitens des Vorstands und des Gesamtpersonalrats im gegenseitigen Einvernehmen wirkungslos werde.
Mit E-Mail vom 19. März 2015 teilte der Antragsteller dem Beteiligten mit, er stimme einer einvernehmlichen Einstellung des Ideenmanagements nicht zu. Nach weiterem E-Mail-Verkehr informierte der Beteiligte den Antragsteller unter dem 16. Juni 2015 über die Entscheidung, das Ideenmanagement zum 30. Juni 2015 einzustellen; alle bis dahin eingereichten Ideen würden nach dem bisher gültigen Verfahren bearbeitet.
Mit Email vom 17. Juli 2015 kündigte der Beteiligte dem Antragsteller gegenüber die Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ zum 31. Dezember 2015.
Einen am 24. Juni 2015 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dahingehend, den Beteiligten vorläufig dazu zu verpflichten, die Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 über den 30. Juni 2015 hinaus bis zur einvernehmlichen Aufhebung bzw. bis zu einer wirksamen Kündigung vorläufig weiter anzuwenden, hat (letztlich) der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 18 PC 15.1624 – (juris) abgelehnt.
Die in der Hauptsache gestellten Anträge festzustellen, dass (1.) die Einstellung des Ideenmanagements beim Beteiligten unwirksam sei und (2.) die Regelungen der zwischen den Verfahrensbeteiligten vereinbarten Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 weiterhin wirksam seien, hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach durch Beschluss vom 30. August 2016 abgewiesen.
Mit der gegen den Beschluss eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. August 2016 festzustellen, dass
1. die Maßnahme des Beteiligten, das Ideenmanagement in der Dienststelle des Beteiligten einzustellen, unwirksam ist und
2. die Regelungen der zwischen den Beteiligten vereinbarten Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 weiterhin wirksam sind.
Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, zwischen den Verfahrensbeteiligten sei unstreitig, dass ein Arbeitgeber bzw. eine Dienststelle nicht verpflichtet sei, ein betriebliches Vorschlagswesen einzuführen und auf Dauer zu betreiben. Allerdings sei hier zu sehen, dass der Beteiligte und der Antragsteller – aus freien Stücken – eine Dienstvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen abgeschlossen hätten. Unabhängig davon, ob es sich bei einer Dienstvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder um eine Satzung handele, regele diese die rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien in dem von der Vereinbarung umfassten Anwendungsbereich. Enthalte eine Dienstvereinbarung eine Klausel die Kündigung betreffend und eine weitere Klausel die Nachwirkung der Vereinbarung nach erfolgter Kündigung betreffend, sei die Auflösung der Dienstvereinbarung durch einseitige Erklärung nur im Rahmen dieser Kündigungsbestimmungen möglich. Die Dienstvereinbarung bleibe daher unberührt, wenn die Dienststellenleitung einseitig erkläre, sie halte die Dienstvereinbarung deshalb für obsolet, weil das (gesamte) betriebliche Vorschlagswesen nicht weitergeführt werde und damit die Geschäftsgrundlage für die Dienstvereinbarung weggefallen sei. Der vom Senat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geäußerten Ansicht, ein Großteil der Bestimmungen der Dienstvereinbarung sei unwirksam, sei nicht zuzustimmen. Die Mitbestimmungsregelung sei wortgleich mit der entsprechenden betriebsverfassungsrechtlichen Regelung in § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG. „Bewertungsgrundsätze“ seien in erster Linie die Maßstäbe der Bewertung im Sinne der Geeignetheit und der Nützlichkeit eines Vorschlags, aber auch im Sinne der Honorierung, d.h. der Prämienvergabe; nach allgemeinem Sprachgebrauch würden hierzu auch die allgemeinen Verfahrensfragen, wie die Besetzung eventueller Prüfungsausschüsse oder die Einschaltung begutachtender Stellen, gerechnet. Außerdem beachte der Senat bei seiner Rechtsauffassung nicht, dass dem Beteiligten aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, hier konkret wegen des venire contra factum proprium, ein Sich-Berufen auf eine Unwirksamkeit der Bestimmungen der Dienstvereinbarung verwehrt sei, da er die Dienstvereinbarung mit dem Antragsteller ausdrücklich und vorbehaltlos abgeschlossen und sich an deren Bestimmungen über Jahre hinweg gehalten habe. Auch sei die Fallgestaltung vergleichbar mit dem Institut der betrieblichen Übung im Arbeitsrecht, wonach einem Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch auf die mehrjährig gezahlte freiwillige Leistung erwachse; Gleiches müsse für den vorliegenden – kollektivrechtlichen – Fall gelten.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beteiligte sei jederzeit berechtigt, Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch bestünde, einzustellen. Eine Einschränkung dieser Entscheidungsbefugnis des Dienststellenleiters folge nicht aus der ehemals zwischen den Beteiligten bestanden habenden Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“. Die Dienstvereinbarung könne lediglich das „Wie“ der Gewährung von Prämien für die Einreichung von Vorschlägen regeln. Das „Ob“ der Prämiengewährung könne in der Dienstvereinbarung nicht geregelt werden, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe. Soweit die Dienstvereinbarung tatsächlich unwirksame Regelungen enthalte, sei der Beteiligte daran nicht gebunden. Hierauf könne er sich auch berufen. Eine Verwirkung sei schon deshalb nicht eingetreten, weil der Beteiligte bisher selbst von der Wirksamkeit der Dienstvereinbarung ausgegangen sei; außerdem könnten Vertragsparteien nicht einfach durch eine gelebte Verwaltungspraxis zwingende gesetzliche Folgen, wie die Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen bei Verstößen gegen ein gesetzliches Verbot, außer Kraft setzen. Wenn eine Vielzahl der Regelungen in der Dienstvereinbarung über bloße „Grundsätze“ hinausgehe, seien diese unwirksam. Die restlichen Regelungen würden ohne diese keinen Sinn ergeben, sodass dann eine Teilnichtigkeit gemäß § 139 BGB auszuschließen, also die Dienstvereinbarung insgesamt unwirksam sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf Feststellung, dass (1.) die Maßnahme des Beteiligten, das Ideenmanagement in der Dienststelle einzustellen, unwirksam ist und (2.) die Regelungen der Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 weiterhin wirksam sind, zu Recht abgelehnt.
1. Der Antrag des Antragstellers festzustellen, dass die Einstellung des Ideenmanagements (betrieblichen Vorschlagswesens) durch den Beteiligten zum 30 Juni 2015 – im Hinblick auf die mit Wirkung ab 1. Januar 2011 zwischen den Verfahrensbeteiligten abgeschlossene Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ – unwirksam ist, ist zulässig (a), aber unbegründet (b).
a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht bei richtiger Auslegung des Antrags eine Antragsbefugnis.
Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren antragsbefugt ist derjenige, der eine personalvertretungsrechtliche Rechtsposition innehat, deren Inhalt und Umfang er gerichtlich klären lassen und deren Beeinträchtigung er gerichtlich abwehren kann (stRspr des BVerwG, vgl. B.v. 2.10.2000 – 6 P 11.99 – PersR 2001, 80; B.v. 19.12.1980 – 6 P 11.79 – BVerwGE 61, 251; B.v. 4.4.1985 – 6 P 37.82 – NVwZ 1987, 141). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn eigene – materielle – Rechte geltend gemacht werden (stRspr des BVerwG, vgl. B.v. 30.1.2013 – 6 P 5.12 – BVerwGE 145, 368 Rn. 16 m.w.N.), deren Bestehen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (BAG, B.v. 21.8.2012 – 3 ABR 20/10 – BetrAV 2013, 63 m.w.N.). Der Antragsteller muss einen Sachverhalt vortragen, aus dem sich – seine Richtigkeit unterstellt – ergibt, dass ihm das geltend gemachte Recht (vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG) zusteht (BayVGH, B.v. 8.7.2014 – 17 P 14.559 – PersV 2014, 419 Rn. 15; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Stand März 2017, Art. 81 Rn. 90b). Ob dieses Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit (BAG, B.v. 7.2.2012 – 1 ABR 77/10 – DB 2012, 1575).
Ausgehend vom Wortlaut seines Antrags und unter Berücksichtigung seines gesamten Vorbringens (vgl. hierzu BVerwG‚ B.v. 24.2.2015 – 5 P 1.14 – PersV 2015‚ 294 Rn. 9 m.w.N.) ist der Antragsteller antragsbefugt. Denn der geltend gemachte Antrag beinhaltet letztlich die Rechtsbehauptung, er könne als Vertragspartner des Beteiligten die (weitere) abredegemäße Durchführung der Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 – und damit die Fortführung des betrieblichen Vorschlagswesens – verlangen. Damit will er nicht die (bloße) Rechtswidrigkeit einer gegenüber den Beschäftigten ergangenen Maßnahme des Beteiligten feststellen lassen, also Individualinteressen einzelner Beschäftigter geltend machen, was nicht zulässig wäre (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 6 PB 19.08 – PersR 2008, 458 Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.7.2014 – 17 P 14.559 – PersV 2014, 419 Rn. 16); er macht vielmehr einen eigenen Anspruch als Vertragspartner des Beteiligten geltend. Denn eine Dienstvereinbarung (§ 73 BPersVG) ist nach § 74 Abs. 1 BPersVG grundsätzlich von der Dienststelle so durchzuführen, wie sie abgeschlossen wurde (vgl. hierzu auch Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, BPersVG, 9. Aufl. 2016, § 73 Rn. 15; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 73 Rn. 63c und 96a, jeweils m.w.N.; stRspr des BAG zum vergleichbaren § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, vgl. B.v. 20.1.2009 – 1 ABR 78/07 – AP Nr. 44 zu § 77 BetrVG 1972 m.w.N.; B.v. 18.5.2010 – 1 ABR 6/09 – BAGE 134, 249). Die Fassung des Antrags steht dieser Auslegung nicht entgegen, zumal Anträge möglichst so auszulegen sind, dass sie eine Sachentscheidung zulassen (BayVGH a.a.O.; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 81 Rn 84r).
b) Der Antrag ist unbegründet. Die mit Wirkung ab 1. Januar 2011 zwischen den Verfahrensbeteiligten abgeschlossene Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ hinderte – unabhängig von der Frage ihrer (sonstigen) Wirksamkeit – die Einstellung des Ideenmanagements (betrieblichen Vorschlagswesens) durch den Beteiligten zum 30 Juni 2015 nicht; ihre weitere Anwendung kann der Antragsteller daher mangels Unwirksamkeit der Einstellung nicht verlangen.
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist zu unterscheiden zwischen der – mitbestimmungsfreien – Entscheidung der Dienststellenleitung, ob überhaupt ein betriebliches Vorschlagswesen in der Dienststelle eingeführt werden soll oder nicht, und der – gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 12 BPersVG, gegebenenfalls durch Abschluss einer Dienstvereinbarung, mitbestimmungspflichtigen – Aufstellung der Grundsätze über die Bewertung von Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens. § 75 Abs. 3 Nr. 12 BPersVG beschränkt die Mitbestimmung des Personalrats eindeutig auf die „Grundsätze über die Bewertung von anerkannten Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens“. Ebenso wenig wie für den Betriebsrat im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes, das ein Mitbestimmungsrecht – etwas weitergehend – für „Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen“ gewährt (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG), besteht für den Personalrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich des „Ob“ einer Prämierung; sein Mitbestimmungsrecht beschränkt sich vielmehr auf das „Wie“ der Gewährung von Prämien. Die Entscheidung, ob Prämien gewährt werden und in welcher Höhe Mittel hierfür zur Verfügung gestellt werden, ist allein Sache des Dienststellenleiters (vgl. auch Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, BPersVG, § 75 Rn. 217; Fitting, BetrVG, 28. Aufl. 2016, § 87 Rn. 549 m.w.N.). Unterliegt aber die Grundentscheidung zur Einführung eines Vorschlagswesens nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung, so gilt Entsprechendes auch für die nachfolgende Grundentscheidung zur Abschaffung eines zuvor eingeführten Vorschlagswesens („actus contrarius“).
Soweit die Verfahrensbeteiligten – dies ist die Auffassung des Antragstellers – bei Abschluss der Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ beabsichtigt haben sollten, etwa über die Regelungen zur Kündigung und Weitergeltung nach der Kündigung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung (§ 10 der Dienstvereinbarung), auch die Grundentscheidung des Beteiligten über die Einführung bzw. Abschaffung eines betrieblichen Vorschlagswesens der Mitbestimmung zu unterwerfen bzw. diese einzuschränken, wäre die Dienstvereinbarung insoweit wegen Verstoßes gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 75 Abs. 3 Nr. 12 BPersVG unwirksam und kann daher der Entscheidung des Beteiligten, das betriebliche Vorschlagswesen einzustellen, nicht entgegenstehen (vgl. auch BVerwG, B.v. 30.3.2009 – 6 PB 29.08 – PersR 2009, 332 Rn. 15); denn nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BPersVG sind Dienstvereinbarungen nur zulässig, soweit sie das Bundespersonalvertretungsgesetz ausdrücklich vorsieht.
Soweit der Antragsteller meint, der Beteiligte könne sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, hier konkret wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), auf eine etwaige Unwirksamkeit von Bestimmungen der Dienstvereinbarung nicht berufen, kann dem ebenso wenig gefolgt werden wie seinem Vortrag, ähnlich dem Institut der betrieblichen Übung im Arbeitsrecht erwachse einer Personalvertretung ein Rechtsanspruch auf die Beibehaltung einer eingeführten freiwilligen Leistung, hier also des betrieblichen Vorschlagswesens. Zwar ist das Institut des venire contra factum proprium als besonderer Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im öffentlichen Recht gültig (vgl. etwa BayVGH, B.v. 30.05.2017 – 18 P 16.1700 – juris Rn. 13 m.w.N.). Es stellt jedoch kein widersprüchliches Verhalten dar, dass der Beteiligte im Jahr 2010 angesichts seiner damaligen Entscheidung, ein betriebliches Vorschlagswesen einzuführen, mit dem Antragsteller eine Dienstvereinbarung abgeschlossen und sich in der Folge an diese gehalten hat, aber im Jahr 2015 von der gesetzlich ihm allein obliegenden Entscheidungsbefugnis Gebrauch macht, dieses wegen geringen Nutzens wieder abzuschaffen. Das im Arbeitsrecht geltende Institut der betrieblichen Übung kann vorliegend keine Anwendung finden und insbesondere nicht dazu führen, dass der Beteiligte gegenüber dem Antragsteller verpflichtet wäre, die abgeschlossene Dienstvereinbarung weiter anzuwenden und das betriebliche Vorschlagswesen fortzuführen. Denn Verpflichtungen des Dienststellenleiters gegenüber der Personalvertretung können nur bestehen, soweit sie gesetzlich zugelassen sind; eine Erweiterung der sachlichen Beteiligungsbefugnisse der Personalvertretung kann durch eine Verwaltungspraxis nicht erreicht werden, da diese durch die Personalvertretungsgesetze bindend festgelegt und inhaltlich abschließend bestimmt sind (BVerwG, B.v.6.4.1984 – 6 P 12.82 – Buchholz 238.36 § 6 PersVG ND Nr. 1).
2. Der weitere Antrag des Antragstellers festzustellen, dass die Regelungen der Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ vom 10. Dezember 2010 weiterhin wirksam sind, ist bereits unzulässig.
Zwar sind die Verwaltungsgerichte auch zuständig zur Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen (§ 83 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG). Ein solcher Antrag ist jedoch nur zulässig, wenn für ihn ein Rechtsschutzinteresse besteht. Dies setzt voraus, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein schützenswertes Interesse an der Klärung des Streitfalls durch eine gerichtliche Streitentscheidung besteht, etwa weil mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass sich eine Streitfrage zwischen den Beteiligten erneut stellen wird. Über die Frage, ob die zwischen den Verfahrensbeteiligten abgeschlossene Dienstvereinbarung „Ideenmanagement“ einzelne Bestimmungen enthält, die über das Mitbestimmungsrecht des § 75 Abs. 3 Nr. 12 BPersVG hinausgehen und damit die Dienstvereinbarung – teilweise oder insgesamt – nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BPersVG unwirksam ist, bestand zwischen den Beteiligten – abgesehen von der bereits unter Nr. 1 geklärten Rechtsfrage – (ursprünglich) kein Streit. Derzeit geht die Dienstvereinbarung ins Leere, weil der Beteiligte kein betriebliches Vorschlagswesen mehr durchführt; wie der Beteiligte in der mündlichen Anhörung vom 4. Juli 2017 ausgeführt hat, ist auch nicht beabsichtigt, ein solches in absehbarer Zeit wieder einzuführen. An der Klärung von derzeit und auf unabsehbare Zeit sich zwischen den Beteiligten nicht stellenden Fragen zu einer in der Vergangenheit abgeschlossenen Dienstvereinbarung besteht kein rechtliches Interesse; denn ein Rechtsschutzinteresse an der Klärung abstrakter Rechtsfragen oder an der Erstellung von Rechtsgutachten wird auch für das Beschlussverfahren nicht anerkannt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, B.v. 18.3.1991 – 6 P 25.79 – PersV 1982, 240; BayVGH, B.v. 23.10.2014 – 18 P 13.2491 – juris Rn. 15).
Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1, § 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ArbGG).