Aktenzeichen L 12 KA 29/13 KL
SGB V SGB V § 87a Abs. 2 S. 2
SGB V SGB V § 89
Leitsatz
1. Die Festsetzung des Orientierungspunktwerts nach § 87 Abs. 2e SGB V und die Empfehlungen des Bewertungsausschusses nach § 87a Abs. 5 SGB V sind für die Gesamtvertragsparteien und das Schiedsamt verbindlich. (amtlicher Leitsatz)
2. Bei der Festsetzung des Orientierungspunktwerts und den Empfehlungen der diagnosebezogenen und demographischen Veränderungsarten (DÄ 2012, A 2322) für 2013 hat der Bewertungsausschuss seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. (amtlicher Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage der Klägerin gegen den Beschluss des Landesschiedsamtes vom 18.12.2012 wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 5).
III.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klage gegen das Schiedsamt hat keinen Erfolg.
A.
Der Hauptantrag ist bereits unzulässig. Soweit die Klägerin neben der Teilaufhebung des Schiedsspruchs zugleich die Festsetzung des regionalen Punktwerts auf 3,9720 Cent und der morbiditätsbezogenen Veränderungsrate auf 0,9962% durch den Senat beantragt, liegt eine Gestaltungsklage vor. Dies ist bezüglich der (isolierten) Teilaufhebung im Rahmen einer Anfechtungsklage unproblematisch. Eine unmittelbar rechtsgestaltende Festsetzung des Gesamtvertragsinhalts durch das Gericht ist jedoch nicht statthaft. Das Bayerische Landessozialgericht ist nicht befugt, eine vertragsersetzende Entscheidung zu treffen und durch konkrete Festsetzungen in das weite Gestaltungsermessen des Beklagten (und der Vertragsparteien) einzugreifen und einer Kompromissfindung vorzugreifen (§ 131 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 SGG; BSG Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 21/11 R, juris, Rn. 20; Aussprung in: Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz, § 131 Rn. 77 m. w. N.). Seine Aufgabe ist alleine die Rechtmäßigkeitskontrolle der Schiedsamtsentscheidung.
B.
Der Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Hilfsantrag ist zulässig. Sachlich zuständig für die Entscheidung über die Klage ist das Bayerische Landessozialgericht nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i. V. m. § 131 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGG. Die Anfechtung des Schiedsspruchs in Verbindung mit der be-antragten Verpflichtung zur Neubescheidung berücksichtigt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts durch ein Schiedsamt gegenüber den Vertragspartnern ein Verwaltungsakt ist (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr. 1, Rn. 20; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3, Rn. 10 m. w. N.).
II.
Die Klage ist jedoch bezüglich des Hilfsantrags nicht begründet. Der Beklagte hat den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten, so dass die Klägerin weder durch die Festsetzung des Punktwerts noch durch die Festsetzung der Veränderungsrate zur Berechnung der MGV in ihren Rechten verletzt wird.
1.
§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V ermächtigt das beklagte Landesschiedsamt zu einer vertrags- substituierenden Gestaltung der Gesamtverträge bzw. der Gesamtvergütung nach § 85 SGB V an Stelle der Gesamtvertragsparteien, wobei diese Gestaltungsermächtigung durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben begrenzt ist. Dem Schiedsamt kommt deshalb nach der Rechtsprechung des BSG bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertrags(zahn)ärztliche Vergütung gemäß § 89 Abs. 1 SGB V ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sein Gestaltungsermessen, das der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als dasjenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20 S. 131; BSGE 20, 74, 76 f = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 36, 151, 152 f = SozR Nr. 7 zu § 368g RVO; BSGE 51, 58, 62 = SozR 2200 § 368h Nr. 3; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 73 Rn. 15; vgl. auch BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr. 37 S 295 m. w. N.). Die Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter.
Schiedssprüche nach § 89 SGB V unterliegen insoweit – auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin – nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle (st. Rspr.; grundlegend: BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3, Rn. 11 m. w. N.; vgl. ferner: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 41, jeweils Rn.13 m. w. N.; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 S. 5; jüngst BSG Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris Rn. 36) und sind inhaltlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der vom Schiedsamt zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft, ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d. h. insbesondere die zwingenden rechtlichen Vorgaben beachtet hat und ob der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Hohe Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung können zwar nicht gestellt werden. Die Gründe für das Entscheidungsergebnis müssen aber wenigstens andeutungsweise erkenn- bar sein. Dies setzt voraus, dass tragfähige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, auf deren Grundlage die Abwägung vorgenommen wurde. Anderenfalls wäre eine Art. 19 Abs. 4 GG entsprechende gerichtliche Überprüfung, ob das Schiedsamt seinen Gestaltungsspielraum eingehalten hat, nicht möglich (BSG Urteil vom 23.06.2010, B 6 KA 4/09 R, juris Rn. 21; Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris Rn. 60 m. w. N.).
Die gerichtliche Kontrolle ist darüber hinaus eingeschränkt, soweit die rechtlichen Vorgaben ihrerseits den Gesamtvertragsparteien – und bei einer vertragssubstituierenden Entscheidung dem Schiedsamt – einen Beurteilungsspielraum einräumen (Wenner in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Auflage 2016, § 89 Rn. 24).
2.
In Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Hilfsantrag unbegründet ist.
a)
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Beklagte von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung ausreichend nachgekommen ist.
aa)
Bezüglich des Orientierungspunktwerts und der diagnosebezogenen Veränderungsrate war der Beklagte an die Beschlüsse des BA und des E-BA gebunden. Ihm stand kein Verwerfungsrecht zu, so dass insoweit auch keine (weiteren) Tatsachenermittlungen erforderlich waren.
Die Beschlüsse des BA und des E-BA sind normvertragliche Regelungen, die die Gesamtvertragsparteien binden (vgl. BSG Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 21/11 R, juris Rn. 38 m. w. N.). Das ergibt sich bezüglich der Festsetzung des Punktwerts aus § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V, nach dem der Punktwert von den Gesamtvertragsparteien auf der Grundlage des Orientierungswerts zu vereinbaren ist. Dasselbe gilt hinsichtlich der Anpassung des Behandlungsbedarfs auf Basis der diagnosebezogenen Veränderungsrate nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V, wonach die Empfehlungen und Vorgaben des BA nach § 87a Abs. 5 SGB V zwingend zu berücksichtigen sind (vgl. insoweit auch die Materialien zum GKV-VStG, BT-Drs. 17/6906, S. 63: „… eine Veränderung dieser einzelnen Raten ist ausgeschlossen“). Eine Überprüfung dieser normvertraglichen Regelungen ist nur durch die den Bewertungsausschuss tragenden Organisationen möglich, weil die Beschlüsse und anderen Entscheidungen im Bereich der Normsetzung gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Organisationen als Verwaltungsakte ergehen (BSG, Urteil vom 27.06.2012, B 6 KA 28/11 R, juris Rn. 20). Eine abstrakte Normenkontrolle mit einer Antragsbefugnis der regionalen Gesamtvertragspartner entsprechend § 47 VwGO ist demgegenüber nicht vorgesehen.
bb)
Im Übrigen konnte die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats darlegen, dass der Beklagte im Schiedsspruch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, d. h. Tatsachen nicht berücksichtigt oder nicht nachvollziehbar gewürdigt hätte.
Aus den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs ergibt sich zunächst, dass der Beklagte den Vortrag der Klägerin zu den regionalen Besonderheiten der Kosten- und Versorgungsstruktur berücksichtigt und gewürdigt hat. In den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs, II., Zu 1., wird dargelegt, dass auch auf der Grundlage der von der Klägerin vor- getragenen Daten kein Nachweis von Abweichungen bei der Kosten- und Versorgungsstruktur in Bayern geführt worden sei.
Dies gilt auch für den Vortrag der Klägerin zur Festlegung der diagnosebezogenen Veränderungsrate. Der Beklagte hat sich der Auffassung der Klägerin in diesem Punkt aufgrund der vorgetragenen Tatsachen sogar weitgehend angeschlossen und „Zweifel“ an den für Bayern getroffenen, für ihn jedoch bindenden Empfehlungen geäußert.
b)
In Anwendung der Grundsätze zur Überprüfung von Schiedssprüchen steht auch fest, dass das beklagte Landesschiedsamt den Punktwert nach § 87a Abs. 2 SGB V auf der Grundlage des § 87 Abs. 2e SGB V im Rahmen seines Gestaltungsspielraums rechtsfehlerfrei festgesetzt hat.
aa)
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hat der E-BA den bundeseinheitlichen Orientierungswert nach § 87 Abs. 2e SGB V nicht rechtswidrig angepasst.
Das Gericht ist bei der Anfechtung einer Entscheidung des Beklagten zur inzidenten Überprüfung normvertraglicher Regelungen, also auch der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Orientierungswerts, verpflichtet, da eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung erfolgt. Die Inzidentprüfung ergibt, dass der E-BA den Orientierungswert 2013 korrekt festgesetzt hat.
Rechtsgrundlage der Anpassung ist § 87 Abs. 2g SGB V. Danach sind bei der Anpassung insbesondere die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, die Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven und die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin – wie auch die Beigeladene zu 8) – geltend macht, dass die Kostenentwicklung seit 2008, auch der Kalenderjahre 2011 und 2012, zu berücksichtigen sei, verkennt sie den Regelungsgehalt des durch das GKV-Finanzierungsgesetz (BGBl. I, S. 2309) mit Wirkung vom 22.09.2010 eingefügten und durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (BGBl. I, S. 2983) ab 01.01.2012 redaktionell angepassten § 87d Abs. 1 SGB V und den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung, der sich aus dem Prinzip der jährlichen Anpassung in § 87 Abs. 2e SGB V ergibt. Mit § 87d Abs. 1 SGB V wurde die jährliche Anpassung des Orientierungswerts ausgesetzt, nicht aufgeschoben. Hätte der Gesetzgeber lediglich einen Aufschub, nicht aber eine basiswirksame Aussetzung beabsichtigt, hätte er dies dadurch zum Ausdruck bringen müssen, dass er die Anpassung auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt. Dies ist weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Materialien ersichtlich. Vielmehr ergibt die Gesetzesbegründung des GKV-FinG, dass der Ausgabenzuwachs insgesamt begrenzt e (BT-Drs. 17/3040, S. 2, 17 und passim), nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte, und die Leistungserbringer ihren Teil zur Konsolidierung beitragen sollten (BT-Drs. 17/3040, S. 17). Um Kostenrisiken für die Krankenkassen auszuschließen, wurde die Anpassung der Orientierungswerte für 2011 und 2012 ausgesetzt und damit das Preisniveau insgesamt auf dem Niveau des Jahres 2010 in Höhe von 3,5048 Cent stabilisiert (BT-Drs. 17/3040, S. 24). Außerdem sollte nicht vom Prinzip der Vorjahresanknüpfung abgewichen werden. Damit hat der E-BA die Rechtsgrundlagen zutreffend interpretiert.
bb)
Bei der Festsetzung des Punktwerts nach § 87a Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V hat der Beklagte seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Insoweit verkennt die Klägerin bereits, dass normativ die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur im Ermessen der Gesamtvertragsparteien und damit auch des Beklagten steht. Eine Pflicht zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgegeben. Gesichtspunkte, nach denen wie von der Klägerin vorgetragen eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden müsste, sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des ausführlichen klägerischen Vortrags insbesondere im Schreiben vom 09.12.2015 nicht. So ist auch nach dem Vortrag der Klägerin im Gerichtsverfahren nicht ersichtlich, dass – selbst wenn man eine abweichende Kostenstruktur unterstellt – ohne regionale Anpassung des Orientierungspunktwerts die Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung der Versicherten gefährdet und § 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V verletzt wäre (zu dieser Ermessenseinschränkung vgl. Gesetzesbegründung zum GKV-WSG, BT-Drs. 16/3100, S. 120).
Der Senat kann auch nicht erkennen, dass der Beklagte den Tatsachenvortrag der Verfahrensbeteiligten nicht zur Kenntnis genommen und in die Abwägung einbezogen hat. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung, dass er die von der Klägerin vorgetragenen Daten beweisrechtlich gewürdigt hat. Die Abwägungsentscheidung des Beklagten trägt im Gesamtergebnis dem Kompromisscharakter des Schiedsspruchs in überzeugender Weise Rechnung, wie sich aus der Gesamtwürdigung ergibt, bei der der Beklagte alle getroffenen Regelungen, nicht nur die mit der Klage angegriffenen, aufaddiert und unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität abschliessend würdigt.
Ein Begründungsmangel liegt damit entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. oben) dürfen an die Begründung der Abwägungsentscheidung keine hohen Anforderungen gestellt werden, so dass es bereits ausreicht, wenn die Gründe andeutungsweise erkennbar sind. Diese Voraussetzungen erfüllt die Schiedsentscheidung, weil sie – neben der Beweiswürdigung – auch die Kriterien der Gesamtabwägung knapp darstellt.
c)
Auch die Festsetzung der Veränderungsrate für 2013 in Ziff. 4 des Beschlusses ist rechtlich nicht zu beanstanden.
aa)
Der Beklagte hat seine Entscheidung zutreffend auf die vom BA in seiner Sitzung vom 22.10.2012 beschlossenen Empfehlungen der diagnosebezogenen und demografischen Veränderungsraten für den Bezirk der Klägerin (DÄ 2012, A 2322) gestützt, die für ihn gem. § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bindend waren (vgl. oben).
Eine inzidente Kontrolle durch den Senat ergibt auch insoweit entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Empfehlungen sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses bei der Konkretisierung des Inhalts gesetzlicher Regelungen (zuletzt BSG Urteil vom 27.06.2012, B 6 KA 28/11 R, juris, Rn. 28) halten und damit rechtmäßig sind. Die Klägerin richtet sich gegen die Berechnung der demografischen Veränderungsrate für ihren Zuständigkeitsbereich, soweit die Selektivvertragsteilnehmer im Wege einer Hochrechnung berücksichtigt wurden. Diese Vorgehensweise ist nach der Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags der Klägerin jedoch nicht zu beanstanden. Unstreitig ist zwischen den Verfahrensbeteiligten, dass im Entscheidungszeitraum keine geeignetere Datengrundlage und keine andere Methode zur Berechnung der Morbidität und insbesondere der morbiditätsbezogenen Veränderungsrate für den Personenkreis der Selektivvertragsteilnehmer vorlagen. Dies bestätigen insbesondere auch die Ausführungen der Klägerin in ihrer Antragsschrift, nach denen „erheblich falsche Diagnosedaten“ vorgelegen hätten und die deshalb beantragte, die Bundesrate West zugrunde zu legen. Damit konnte der Bewertungsausschuss fristgerecht die Veränderungsrate für 2013 nur auf der Basis des Beschlusses des E-BA vom 19./25.06.2012 über das zur Ermittlung der diagnosebezogenen bzw. demographischen Veränderungsraten zu verwendende Klassifikationsmodell für das Jahr 2013 gemäß § 87a Abs. 5 SGB V, also auf der Basis einer demografischen Hochrechnung, beschließen. Dieses „pragmatische Vorgehen“ (Entscheidungserhebliche Gründe, 3.) mit der bereits vorgesehenen Überprüfung nach den Analysen des InBA zur Struktur der Teilnehmer an Selektivverträgen nach §§ 73b, 73c und 140a ff SGB V hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums.
bb)
Dass der Beklagte die diagnosebezogene und die demografische Veränderungsrate nicht gewichtet hat, sondern die höhere demographische mit gerundet 0,43% zugrunde legte, hält sich ebenfalls noch im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Abweichungen von der Mittelung (Gewichtung) beider Veränderungsraten zulässig, wenn sie nachvollziehbar und unter Angabe der berücksichtigten Tatsachen begründet werden (BSG Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris, Rn. 62). Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Beklagte damit die Bedenken der Klägerin an der Berechnung der diagnosebezogenen Veränderungsrate aufgegriffen hat und dem Umstand Rechnung trug, dass der Bewertungsausschuss dem InBA zur Methodik der Berücksichtigung der Selektivvertragsteilnehmer einen Prüfungsauftrag erteilte.
Geht man entgegen der Auffassung des Senats davon aus, dass die fehlende Gewichtung beider Veränderungsraten und die Rundung nicht mehr gesetzeskonform sind, ist der Hilfsantrag dennoch nicht begründet. Die Klägerin ist durch die im Vergleich zur Mittelung höhere und aufgerundete Festsetzung der Veränderungsrate jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt.
Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision wird zugelassen.