Aktenzeichen M 12 K 20.2018
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Das Gericht legt den Klageantrag gem. § 88 VwGO dahingehend aus, dass die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihre Versorgungsbezüge mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass bei der Ruhensberechnung lediglich der Betrag der Hinterbliebenenversorgung der Bayerischen Landesbank zu berücksichtigen ist, der sich nach Abzug des durch die gesetzliche Rentenversicherung festgestellten Anspruchs auf Witwenrente ergibt.
Die so ausgelegte Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, die Versorgungsbezüge der Klägerin mit der o.g. Maßgabe neu festzusetzen (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2020 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der Ruhensberechnung des Beklagten ist Art. 84 Abs. 4 BayBeamtVG.
Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist Art. 84 Abs. 1 BayBeamtVG nicht anwendbar, da keine der in Satz 1 geregelten Fallkonstellationen einschlägig ist. Weder erhält die Klägerin als Ruhestandsbeamtin Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung als neue Versorgungsbezüge (Nr. 1) noch erhält sie als Witwe Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung als neue Versorgungsbezüge (Nr. 3), nachdem der Anspruch auf Witwengeld erst nach der Ruhestandsversetzung der Klägerin entstanden ist. Auch Art. 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBeamtVG ist nicht einschlägig. Inhaltlich geht es dabei um die Witwe, die nach dem Tod des Beamten Witwengeld bezogen hat, erneut einen Beamten heiratet und nach dessen Tod erneut Witwengeld bezieht (vgl. zur wortgleichen bundesrechtlichen Regelung: Reich, BeamtVG, 2. Aufl. 2019, § 54, Rn. 5).
Die Fallkonstellation, dass eine Ruhestandsbeamtin einen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung erwirbt, ist allein von Art. 84 Abs. 4 BayBeamtVG erfasst (vgl. auch Zahn in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Stand: April 2020, § 54 Rn. 31).
Nach Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG wird das Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG nur bis zum Erreichen der in Art. 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 4 BayBeamtVG bezeichneten Höchstgrenze gezahlt, wenn eine Ruhestandsbeamtin einen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung erwirbt.
Die Klägerin ist Ruhestandsbeamtin. Nach Eintritt in den Ruhestand hat sie einen Anspruch auf Witwenversorgung gegenüber der BayernLB erworben. Dieser Anspruch resultiert aus der Beschäftigung ihres verstorbenen Ehemannes bei der BayernLB und damit aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst. Eine Verwendung im öffentlichen Dienst ist gem. Art. 83 Abs. 5 Satz 2 BayBeamtVG jede Beschäftigung im Dienst von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des deutschen öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände mit Ausnahme der Beschäftigung bei öffentlichrechtlichen Religionsgemeinschaften und deren verbänden. Die BayernLB ist nach Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Bayerische Landesbank (BayLaBG) eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.
Die Witwenversorgung der BayernLB ist eine dem beamtenrechtlichen Witwengeld ähnliche Versorgung. Es handelt sich um eine Leistung, die ihrem Charakter nach dem Witwengeld entspricht, da sie nicht auf eigenen Beiträgen beruht, sich der Anspruch gegen den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes richtet, es sich nicht um eine ergänzende oder zusätzliche Versorgung handelt und die Versorgungsleistungen in voller Höhe durch den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes erbracht werden (vgl. 84.1.1.2 BayVV-Versorgung).
Beim Zusammentreffen von eigenem Ruhegehalt mit dem abgeleiteten Witwengeld oder einer ähnlichen Versorgung ist der volle Witwengeldanspruch der Ruhensberechnung zugrunde zu legen, selbst wenn das Witwengeld wegen des Bezugs einer Witwenrente zum Teil ruht und daher nicht zur Auszahlung kommt (vgl. Zahn in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Stand: April 2020, § 54 Rn. 92).
Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG, der nicht auf den Zahlbetrag des Witwengeldes bzw. der ähnlichen Versorgung abstellt, sondern allein auf den von der Ruhestandsbeamtin erworbenen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung. Der Gesetzgeber differenziert in Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG deutlich zwischen dem Erwerb eines Anspruchs und dem daneben zur Auszahlung kommenden Ruhegehalt. Der Anspruch der Klägerin gegenüber der BayernLB beläuft sich auf 3.263,64 Euro. Dass dieser in Höhe von 497,86 Euro ruht, ändert an dem dem Grunde nach bestehenden Anspruch der Klägerin nichts.
Ein Widerspruch zu der Regelung des Art. 85 Abs. 3 BayBeamtVG bzw. zu 85.0.3 BayVV-Versorgung ist bei dieser Auslegung des Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG nicht ersichtlich. Zwar ist es zutreffend, dass beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten nach Art. 85 Abs. 3 Nr. 1 BayBeamtVG bei Ruhestandsbeamten Hinterbliebenenrenten aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit des Ehegatten ebenso wie ruhend gestellte Rententeile (85.0.3 BayVV-Versorgung) nicht in die Ruhensberechnung nach Art. 85 BayBeamtVG einbezogen werden. Dies ist vorliegend aber auch nicht der Fall. Die ruhend gestellte Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung führt nicht zum Ruhen des von der Klägerin bezogenen Ruhegehalts nach Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG.
Neben der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin hier jedoch einen Anspruch auf eine ähnliche Versorgung wie Witwengeld gegenüber der BayernLB aus einer Verwendung ihres Ehegatten im öffentlichen Dienst erworben. Wird im Verhältnis der BayernLB zur Klägerin abweichend von Art. 85 BayBeamtVG die ruhend gestellte gesetzliche Witwenrente im Rahmen der dortigen Ruhensberechnung berücksichtigt, hat dies keinen Einfluss darauf, dass seitens des Beklagten gem. Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG der volle Versorgungsanspruch gegenüber der BayernLB in die Ruhensberechnung einzustellen ist. Der Gesetzgeber hat nach Auffassung des Gerichts in Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG bewusst auf den Erwerb eines Anspruchs auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung und nicht auf den tatsächlichen Zahlbetrag abgestellt. Andernfalls würden individualvertragliche Vereinbarungen zwischen dem Versorgungsurheber und dem Träger des Witwengeldes bzw. der ähnlichen Versorgung zulasten des Beklagten gehen. Würde die BayernLB nämlich Witwenversorgung nach den für Beamte geltenden Regelungen (Art. 85 BayBeamtVG) gewähren, könnte die gesetzliche Witwenrente nicht zum Ruhen des Witwenversorgung führen mit der Folge, dass vom Beklagten ohne Weiteres die volle Höhe von 3.263,64 Euro im Rahmen der Ruhensberechnung zu berücksichtigen wäre. Nichts anderes kann gelten, wenn die BayernLB hiervon abweichend aufgrund einer Individualvereinbarung mit dem Versorgungsurheber ihre dem Witwengeld ähnliche Versorgung in Höhe der gesetzlichen Witwenrente ruhend stellt. Sonst müsste der Beklagte auf seine Kosten das ausgleichen, was die BayernLB durch die Ruhendstellung einspart. Dies hat der Gesetzgeber dadurch vermieden, dass er in Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG allein auf die Höhe des erworbenen Anspruchs abstellt. Folgerichtig ist in den BayVV-Versorgung auch nur zu Art. 85 BayBeamtVG geregelt, dass ruhende Rententeile nicht berücksichtigt werden. Anders als beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten, deren Ruhendstellung sich nach den gesetzlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches richtet, ist eine Ruhendstellung bei einer ähnlichen Versorgung wie dem Witwengeld nämlich der Individualvereinbarung zugänglich. Einer Regelung wie in Art. 85 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG bedurfte es nicht, da nach Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG auf den Erwerb des Anspruchs auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung abzustellen ist, unabhängig von einem evtl. abweichenden Zahlbetrag wegen Ruhendstellung.
Im vorliegenden Fall ist in § 15 Abs. 5 des Arbeitsvertrags des Ehemannes der Klägerin ausdrücklich geregelt, dass auf die Hinterbliebenenbezüge die Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden und zwar auch insoweit, als sie nach den Bestimmungen des § 97 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung ruhen. Eigens in Bezug auf die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin hat der Ehegatte der Klägerin somit bewusst vertraglich darauf verzichtet, dass die Hinterbliebenenversorgung der BayernLB vollständig an die Klägerin zur Auszahlung gelangen, selbst wenn ihr als Ausgleich eine gesetzliche Witwenrente wegen Ruhens nicht gezahlt wird. Dieser Verzicht ihres Ehegatten ist der Sphäre der Klägerin zuzurechnen und ändert an der maßgeblichen Höhe des erworbenen Anspruchs gegen die BayernLB nichts (s.o.). Es stellt auch keinen Wertungwiderspruch zu Art. 85 BayBeamtVG dar, dass die der Klägerin tatsächlich ausgezahlte Gesamtversorgung geringer ausfällt, wenn sich der Versorgungsurheber der dem Witwengeld ähnlichen Versorgung mit einer von Art. 85 BayBeamtVG (bzw. damals § 54 BeamtVG) abweichenden Regelung ausdrücklich einverstanden erklärt hat.
Einwände gegen die Ruhensberechnung als solche sind weder substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.