Arbeitsrecht

Eingruppierung als Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA – Übertragung medizinischer Verantwortung

Aktenzeichen  4 AZR 46/10

Datum:
25.1.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 TVG
§ 16 Buchst c Entgeltgr III TV-Ärzte/VKA
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, 3. Juli 2008, Az: 10 Ca 10421/07, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Bremen, 11. August 2009, Az: 1 Sa 175/08, Urteil

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 11. August 2009 – 1 Sa 175/08 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten noch über die Eingruppierung des Klägers in der Entgeltgruppe III des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA) für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. März 2007.
2
Der Kläger ist seit dem 16. März 1996 Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2007 war er bei der Beklagten beschäftigt. Zunächst waren befristete Arbeitsverträge über eine Assistenzarzt-Tätigkeit vereinbart worden; mit Arbeitsvertrag vom 6. Mai 2005 wurde der Kläger dann unbefristet eingestellt. Dieser letzte Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
        
„§ 1   
        
Herr Dr. Z wird ab 01.07.2005 als Assistenzarzt unbefristet weiterbeschäftigt.
        
§ 2     
        
Der Angestellte ist in die Vergütungsgruppe I b des Bundesangestelltentarifvertrages (Bund/Länder) eingruppiert.
        
…     
        
§ 4     
        
Das Arbeitsverhältnis ist privatrechtlich. Zwischen den Vertragsparteien gilt der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und die zur Änderung und Ergänzung abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Fassung mit Ausnahme des gekündigten Tarifvertrages über die Zuwendung (Weihnachtsgeld) und Urlaubsgeld.
        
…“   
3
Bis zum 31. Oktober 2005 wurde der Kläger nach der VergGr. Ib BAT vergütet. Ab dem 1. November 2005 wurde ihm eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 4 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) gezahlt. Vom 1. August 2006 bis zum 30. September 2006 erhielt der Kläger zunächst eine Vergütung nach der Entgeltgruppe II Stufe 2 TV-Ärzte/VKA und ab dem 1. Oktober 2006 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2007 nach der Stufe 3 dieser Entgeltgruppe.
4
Zum 1. Mai 2004 wurde in der psychiatrischen Abteilung des Klinikums der Beklagten die „Psychiatrische Institutsambulanz“ (PIA) aufgebaut. Der Kläger war seitdem in der PIA beschäftigt. Er war dort als einziger Arzt tätig und behandelte als solcher Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen. Die hierzu erforderliche Terminplanung und -vergabe erfolgte ebenso durch ihn wie die Therapie, die Organisation und die Dokumentation nach dem eigenständigen EDV-Dokumentationssystem. Der Kläger behandelte und betreute bis zu 100 Patienten pro Quartal. Zahlreiche weitere Einzelheiten seiner Tätigkeit sind streitig.
5
Noch während des Bestands des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger gegenüber der Beklagten mit mehreren Schreiben Eingruppierungs- und Vergütungsansprüche geltend. Dies betraf ua. die Eingruppierung in der VergGr. Ia BAT (Schreiben vom 28. Juni 2004 und vom 8. Dezember 2004 sowie vom 22. April 2005), ab dem 1. Dezember 2005 die Eingruppierung in der Entgeltgruppe 14 Stufe 5 TVöD (Schreiben vom 20. März 2006) und ab dem 1. August 2006 die Eingruppierung in der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA (Schreiben vom 31. Januar 2007 und vom 28. Februar 2007).
6
Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihn vom 1. August 2006 bis zum 31. März 2007 nach der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA zu vergüten. Hierzu hat er vorgetragen, dass es sich bei der PIA um den Teil- und Funktionsbereich einer Klinik handele, dessen Leitung ihm ausdrücklich übertragen worden sei. Er sei mit dem Aufbau und später der Leitung der PIA nach Rücksprache mit der Verwaltung von der Klinikleitung der psychiatrischen Abteilung beauftragt worden. Dementsprechend habe er auch den Ausbau der PIA in Abstimmung mit der Klinikleitung allein und eigenverantwortlich durchgeführt. Die PIA sei eine eigenständige abgrenzbare Einheit innerhalb der Klinik, der auch abgetrennte Räume einschließlich einer separaten Wartezone für Patienten zugewiesen seien. Ein Personaleinsatz anderer Klinikmitarbeiter, auch aus der psychiatrischen Klinik, habe in der PIA nicht stattgefunden. Weiterhin hat der Kläger umfangreich zu Ausmaß und Inhalt der von ihm vorgenommenen Behandlungen der Patienten in der PIA vorgetragen.
7
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, sinngemäß beantragt:
        
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger vom 1. August 2006 bis zum 31. März 2007 Vergütung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu zahlen und die Netto-Differenzbeträge zu der gezahlten Vergütung nach Entgeltgruppe II, Stufe 2, vom 1. August 2006 bis zum 30. September 2006 sowie nach Entgeltgruppe II, Stufe 3, vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007 mit jeweils fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zu verzinsen.
8
Die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages darauf berufen, dass der Kläger lediglich Facharzttätigkeiten verrichtet habe. Bei der PIA handele es sich nicht um eine selbständige Einheit, sie sei vielmehr Teil der psychiatrischen Abteilung des Klinikums und werde vom Chefarzt Dr. E geleitet. Es mangele überdies an einer Unterstellung von Ärzten und an der ausdrücklichen Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber.
9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision hinsichtlich des noch streitigen Antrages zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger insoweit sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

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