Arbeitsrecht

Einheitliche Angelegenheit bei Vertretung mehrerer Unfallbeteiligter

Aktenzeichen  20 C 1003/19

Datum:
19.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AnwBl – 2019, 560
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 15 Abs. 2
StVG § 7, § 17
VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Es liegt keine einheitliche Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG vor, wenn der Rechtsanwalt Mutter und Tochter nach einem Verkehrsunfall mit unterschiedlichem Prüfauftrag zur Höhe der Haftung vertritt und die Mandate an verschiedenen Tagen erteilt wurden (Abgrenzung zu BGH BeckRS 2011, 17991). (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 83,54 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Augsburg ergibt sich aus §§ 23 Nr. 1 GVG, 20 StVG, da sich der Unfall im hiesigen Gerichtsbezirk ereignet hat.
I. Hauptforderung
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer 83,54 € gem. § 7, 17, StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 249, 398 BGB.
Der Kläger ist auch aktivlegitimiert auf Grund der vorgelegten Abtretungserklärungen der Mandantinnen. Soweit die Beklagte vorträgt, dass davon ausgegangen werden, dass eine Rechtsschutzversicherung die Kosten der anwaltlichen Vertretung übernommen habe, handelt es sich lediglich um eine Spekulation, die jedoch von der Beklagtenseite nicht belegt wird.
Vorliegend handelt es sich nicht um eine einheitliche Angelegenheit iSd § 15 Abs. 2 RVG, da zumindest kein einheitlicher Auftrag vorliegt, auch wenn die Ansprüche aus demselben Verkehrsunfallgeschehen herrühren. Die Aufträge wurden an unterschiedlichen Tagen erteilt. Allein dies rechtfertigt die Annahme von getrennten Aufträgen. Nur weil die Mandanten Mutter und Tochter sind, kann nicht gefolgert werden, dass diese auch mit der gemeinsamen Geltendmachung der Forderungen einverstanden sind. Der Anwalt dürfte also nicht von sich aus auf Grund seiner Verschwiegenheitsverpflichtung auch die Ansprüche in einem Verfahren führen.
Der BGH (Urteil vom 21.06.2011, Az. VI ZR 73/10 = NJW 2011, 3671ff) hat für die Frage der Abmahnung zweier Geschädigter aus demselben Lebenssachverhalt entschieden, dass eine zeitgleiche Auftragserteilung nicht erforderlich ist. Jedoch unterscheidet sich der Fall von vorliegendem dadurch, dass in Bezug auf die Tätigkeit zwar derselbe Sachverhalt zur Haftung dem Grunde nach zugrundeliegt, jedoch im Hinblick auf die Haftung der Höhe nach unterschiedliche Prüfungsaufgaben durch den Anwalt zu erledigen sind. Es handelt sich schlichtweg um zwei Personen, die Ansprüche geltend machen und den Auftrag an unterschiedlichen Tagen erteilt haben. Dies führt dazu, dass auch keine einheitliche Angelegenheit vorliegt (so auch: Mayer/Kroiß, § 15 RVG, Rn. 72; Hartung/Schons/Enders, § 15 RVG, Rn. 132).
Der Kläger kann daher die Differenz aus der Rechnung in Bezug auf das Mandat Zimmermann in Höhe von 83,54 € verlangen.
II. Nebenforderungen
Der Kläger kann Zinse auf die Hauptforderung gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ab 01.01.2019 verlangen.
III. Nebenentscheidungen
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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