Aktenzeichen 9 AZR 149/15
§ 126 Abs 1 BGB
§ 126a BGB
§ 126b BGB vom 02.01.2002
§ 16 Abs 1 BEEG vom 10.09.2012
§ 16 Abs 3 BEEG vom 10.09.2012
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Stuttgart, 13. Mai 2014, Az: 25 Ca 2980/13, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 20. Januar 2015, Az: 6 Sa 49/14, Urteil
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Januar 2015 – 6 Sa 49/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Annahmeverzugsansprüche des Klägers für die Monate März und April 2013, in denen sich der Kläger nach Auffassung der Beklagten in Elternzeit befand.
2
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Mai 2013 als „Leader Business Development Engineering/Senior Consultant“ auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 23. Februar 2012 mit einer Grundvergütung iHv. 6.670,00 Euro brutto beschäftigt. Am 4. Januar 2013 teilte er in einer E-Mail mit dem Betreff „Antrag auf Elternzeit: K (März – April)“ der Beklagten mit, er wolle „hiermit ab dem 28.02.2013 meine 2 Monate Elternzeit (28.02. – 28.04.2013) beantragen“. Am 10. Januar 2013 antwortete die Personalreferentin der Beklagten per E-Mail ua.:
„… nach Rücksprache mit H, bitte ich Dich, einen formvollen Antrag zu stellen: Sprich – Einreichung bei mir in Papier & mit Unterschrift.“
3
Am 13. Januar 2013 übersandte der Kläger als Anhänge einer E-Mail die „Arbeitgeber-Bescheinigung“ (Formular zum Antrag auf Elterngeld) und seine unterzeichnete, eingescannte E-Mail vom 4. Januar 2013, die jedoch insofern geändert war, als der Zeitraum „(28.02. – 28.04.2013)“ nicht mehr genannt wurde. In der „Arbeitgeber-Bescheinigung“ hatte er als Bezugszeitraum für das Elterngeld die Zeiträume 1. März 2013 bis 28. März 2013 und 29. April 2013 bis 28. Mai 2013 angegeben. Am 15. Januar 2013 bestätigte die Beklagte den Eingang des „Antrages auf Elternzeit ab 28. Februar 2013“ und bat um die Vereinbarung eines Termins zu diesem Thema.
4
Am 1. Februar 2013 fand ein Gespräch zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger statt. Als Themen des Gesprächs waren in der Einladung ua. „Personalgespräch: Elternzeit“ und „Zielvereinbarungsgespräch: 2013 (bitte Vorschlag analog zu 2012 mitbringen)“ genannt. Nach dem Gespräch teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer am 3. Februar 2013 per E-Mail mit, dass er sich bezüglich der Elternzeit mit seiner Frau besprochen habe und sie bei den Monaten März und Mai 2013 bleiben würden. Alternativ bot der Kläger an, seine Elternzeit zu verschieben, wenn die Beklagte eine variable Vergütung für das Jahr 2012 iHv. 9.333,00 Euro zahle. Am 6. Februar 2013 informierte der Kläger die Personalreferentin der Beklagten wiederum per E-Mail, dass er mit dem damaligen Geschäftsführer über die Elternzeit gesprochen und ihm gesagt habe, dass „wir den März und Mai so nehmen“. In ihrer Antwort vom 8. Februar 2013 teilte die Personalreferentin, welche die „Arbeitgeber-Bescheinigung“ für den Antrag auf Elterngeld unter dem 7. Februar 2013 unterzeichnet hatte, ua. Folgendes mit:
„…
nach Prüfung der betrieblichen Gegebenheiten der derzeitigen (Auftrags-)Lage in der P GmbH, möchten wir Dich darauf hinweisen, dass der Antrag auf Elternzeit form- und fristgerecht bisher nur für die Monate 28.02.2013 – 28.04.2013 gestellt wurde.
Bitte stelle form- und fristgerecht erneut einen Antrag falls sich dieser Zeitraum geändert haben sollte.“
5
Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 bestätigte die Beklagte den Eingang des „am 13. Januar 2013 eingegangenen Antrages auf Elternzeit für die Monate vom 28. Februar 2013 bis 28. April 2013“ und erklärte, dass sie diesem Antrag entspreche. Mit E-Mail vom gleichen Tag wurde der Kläger aufgefordert, in der „Arbeitgeber-Bescheinigung“ für den Antrag auf Elterngeld den Zeitraum 28. Februar bis 28. April 2013 „gemäß deinem schriftlichen Antrag vom 13. Januar 2013“ anzugeben. Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben ebenfalls vom 11. Februar 2013, dass er keine Elternzeit im März und April 2013 nehmen werde, da er keine Elternzeit für den in der „Arbeitgeber-Bescheinigung“ angegebenen Zeitraum erhalte.
6
Am 18. Februar 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Projekteinsatz bei einem Kunden Ende Februar enden werde. Mit Schreiben vom gleichen Tag mahnte die Beklagte den Kläger ab, weil er bisher keinen Vorschlag für eine Zielvereinbarung eingereicht habe. Ebenfalls mit Schreiben vom 18. Februar 2013 teilte die Beklagte mit, dass man die „Rücktrittserklärung“ vom Antrag auf Elternzeit für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 28. April 2013 ablehne und sich auf die Rückkehr des Klägers im Anschluss an diesen Zeitraum freue.
7
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28. Februar 2013 bot der Kläger erfolglos seine Arbeitsleistung an. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nicht und zahlte für die Monate März und April 2013 auch keine Vergütung. Der Kläger erhielt für diese beiden Monate Elterngeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass ein wirksames Verlangen auf Elternzeit nicht vorliege.
8
Mit seiner der Beklagten am 26. April 2013 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass er keinen formwirksamen Elternzeitantrag gestellt habe. Die Beklagte habe ihn an seinem ersten formunwirksamen Antrag für die Monate März und April 2013 nur festhalten wollen, nachdem offenbar für diesen Zeitraum ein Projekt weggefallen sei. Die Beklagte sei jedenfalls verpflichtet gewesen, seinem Antrag auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit zuzustimmen.
9
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Interesse – beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.670,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2013 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.670,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2013 zu zahlen.
10
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass für die Inanspruchnahme von Elternzeit das Schriftformerfordernis des § 126 BGB nicht gelte, sodass der Kläger wirksam Elternzeit für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 28. April 2013 beantragt habe. Jedenfalls sei es rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger sich nun auf die fehlende Schriftform berufe. Die Kundeneinsätze für die Monate März und April 2013 seien im Januar geplant worden. Ein „Rücktritt“ von der beantragten Elternzeit sei ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht möglich. Diese Zustimmung habe sie nicht erteilt.
11
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit für die Revision von Interesse – stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und für diese die Revision beschränkt auf die Rechtsfrage zugelassen, ob „schriftlich“ iSv. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF die Schriftform nach § 126 BGB voraussetzt oder Textform iSv. § 126b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (aF) ausreicht. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.