Aktenzeichen M 22 M 19.3302
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3
Leitsatz
Tenor
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 1. Juli 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Nachdem seine auf gemeinsame kostenfreie Unterbringung mit Frau … in einem Clearinghaus gerichtete Klage mit Urteil vom 27. Juni 2019 abgewiesen worden war, erhob der Antragsteller am 1. Juli 2019 erneut Klage mit dem Ziel der gemeinsamen Unterbringung in einem Clearinghaus der Antragsgegnerin. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen M 22 K 19.3103 geführt.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2019 wurde der Streitwert für dieses Klageverfahren, über das noch nicht entschieden ist, vorläufig auf 5.000,00 Euro festgesetzt. Im Rahmen der Erstzustellung wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die erneute Klage über den selben Streitgegenstand (ohne Sach- und Rechtslagenänderung) unzulässig sein dürfte.
Am 1. Juli 2019 erstellte die Kostenbeamtin auf der Grundlage des vorläufig festgesetzten Streitwerts gemäß § 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und Ziffer 5110 des Kostenverzeichnisses in Anlage 1 zum GKG eine an den Antragsteller gerichtete Kostenrechnung in Höhe von 438,00 Euro für das neuerliche Klageverfahren.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2019 legte der Antragsteller gegen die Kostenrechnung Erinnerung ein. Zur Begründung gab er an, das Gericht behaupte wider besseren Wissens die Unzulässigkeit der Klage. Seine Klage sei zulässig und begründet.
Der Erinnerung wurde von der Kostenbeamtin mit Vermerk vom 11. Juli 2019 nicht abgeholfen.
Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens M 22 K 19.3103 Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung, über die gem. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheidet, hat keinen Erfolg.
1. Die Erinnerung ist zwar zulässig, insbesondere ist sie der für die Beanstandung der Rechnung vom 1. Juli 2019 statthafte Rechtsbehelf, da die Tätigkeit des Gerichts vor den Verwaltungsgerichten gerade nicht von der vorherigen Kostenzahlung abhängig ist und damit eine Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 67 GKG ausscheidet.
2. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Die mit der angegriffenen Kostenrechnung geltend gemachten Gerichtskosten sind weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
a. Der Kostenansatz vom 1. Juli 2019 ist dem Grunde nach rechtmäßig.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG werden in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG wird daher in Prozessverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits mit der Einreichung der Klageschrift eine Verfahrensgebühr fällig, soweit es sich hierbei nicht um eine in § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO von der Gerichtskostenpflicht ausgenommene Angelegenheit handelt.
Die Regelung des § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO knüpft die Gerichtskostenfreiheit mit der Bezugnahme auf § 188 Satz 1 VwGO an in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallende Sachgebiete, die Fürsorgemaßnahmen im weiteren Sinne zum Gegenstand haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2011 – 6 C 10/10 – NVwZ-RR 2011, 622). Eine Verwaltungsmaßnahme gehört dabei nicht zu einem Sachgebiet der Fürsorge, wenn sie nicht primär auf dem Gedanken der Fürsorge im weitesten Sinne beruht, sondern mit ihr im Schwerpunkt andere Zwecke verfolgt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.1980 – 5 C 62.78 – Buchholz 412.4 § 2 KgfEG Nr. 38, zur Kriegsgefangenenentschädigung). Letzteres ist bei der mit Klageerhebung im Wesentlichen begehrten obdachlosenrechtlichen Unterbringung in einem Clearinghaus aber der Fall. Auch wenn sie die Menschenwürde des Betroffenen schützt, handelt es sich im Schwerpunkt um eine auf der Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) fußende sicherheitsrechtliche Maßnahme. Ihr Zweck besteht vor allem darin, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen. Die Obdachlosenunterbringung ist mithin keine Maßnahme in einem Sachgebiet der Fürsorge im Sinne des § 188 VwGO. Verwaltungsgerichtliche Verfahren, die die Unterbringung einer Person in eine Wohnunterkunft zur Vermeidung von Obdachlosigkeit zum Gegenstand haben, sind daher auch nicht nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO gerichtskostenfrei (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, B.v. 21.6.2012 – 1 S 866/12 -, juris), mit der Folge, dass mit der unbedingten Klageerhebung in Obdachlosenangelegenheiten grundsätzlich Verfahrensgebühren fällig werden.
Anders verhält es sich nur, wenn die Klage unter der Bedingung der gleichzeitig beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben wurde bzw. nur für den Fall der gleichzeitig beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe angekündigt wurde (BayVGH, B.v. 6.7.2012 – 15 M 12.1359 – juris Rn. 5; VG Arnsberg, B.v. 3.1.2006 – 1 K 1968/08 – BeckRS 2006, 20568; KG Berlin, B.v. 4.11.2003 – 1 W 306/03 – juris Rn. 3). Vorliegend ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass die am 1. Juli 2019 erhobene Klage zur Vermeidung eines Prozesskostenrisikos durch eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt sein sollte und die Ausführungen zur Klage insofern nur der Darlegung der Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen eines isolierten Prozesskostenhilfeverfahrens dienen sollten. So hat der Antragsteller erst nach der Klageerhebung einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Dass das Gericht Zweifel an der Zulässigkeit der eingereichten Klage hat, steht der Kostenerhebung ebenfalls nicht entgegen. Auch für unzulässig oder unbegründet eingeleitete Verfahren werden Kosten erhoben.
b. Der Kostenansatz in der Rechnung vom 1. Juli 2019 ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Die Gebühren richten sich gem. § 3 Abs. 1 GKG grundsätzlich nach dem Wert des Streitgegenstands, dem sog. Streitwert. Um die mit Einreichung der Klageschrift fällige Verfahrensgebühr berechnen zu können, hat das Gericht daher gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG sogleich nach Einreichung der Klageschrift den Streitwert vorläufig festzusetzen. Hat die Streitsache eine Obdachloseneinweisung zum Gegenstand sehen die Empfehlungen in Nr. 35.3 des Streitwertkatalogs die Festsetzung des Auffangwertes vor, der gem. § 52 Abs. 2 GKG 5.000,00 Euro beträgt. Dieser Empfehlung ist das Gericht im Rahmen der vorläufigen Streitwertfestsetzung gefolgt und hat dementsprechend im Verfahren M 22 K 19.3103 mit Beschluss vom 1. Juli 2019 den Streitwert vorläufig auf EUR 5.000,– festgesetzt.
Im Hinblick auf das Erfordernis einer einfachen Verfahrensweise, die bei der Vielzahl der zu erstellenden Kostenrechnungen eine rasche Abwicklung ermöglicht, ist die vorläufige Streitwertfestsetzung vom Gesetzgeber grundsätzlich unanfechtbar ausgestaltet worden, um Änderungen des vorläufigen Streitwerts und damit Änderungen von Kostenrechnungen mit einer gegebenenfalls damit verbundenen teilweisen Rückabwicklung von Zahlungen zu vermeiden. Falls sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass der vorläufige Streitwert (auch wegen geänderter Klageanträge) zu hoch oder zu niedrig angesetzt wurde, kommt dies bei der späteren (endgültigen) Streitwertfestsetzung im Rahmen der Sachentscheidung oder anderweitigen Erledigung des Verfahrens zum Tragen und es erfolgt ggf. ein Ausgleich.
Die Höhe der konkreten Gebühren ergibt sich aus § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG, vgl. § 3 Abs. 2 GKG) sowie aus § 3 Abs. 1, § 34 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Gebührentabelle (Anlage 2 zum GKG, vgl. § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG): Nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 5110 des Kostenverzeichnisses werden für Prozessverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Ersten Rechtszug im Allgemeinen drei Gebühren erhoben. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. der Gebührentabelle beträgt eine Gerichtsgebühr bei einem Streitwert über 4.000,00 und bis zu 5.000,00 Euro 146,00 Euro. Dementsprechend beträgt die Verfahrensgebühr für das Verfahren M 22 K 19.3103 in Summe 438,00 Euro (3 x 146,00 Euro), die mit der Kostenrechnung vom 1. Juli 2019 auch festgesetzt wurden.
Die mit der verfahrensgegenständlichen Kostenrechnung geltend gemachte Gebühr ist demnach auch der Höhe nach zutreffend, weshalb die Erinnerung zurückzuweisen war.
3. Dieses Erinnerungsverfahren ist gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG.