Arbeitsrecht

Erfolglose Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss; Es gibt keine getrennten (Teil-)Gegenstandswerte je beteiligter Person nach § 30 Abs. 1 RVG

Aktenzeichen  Au 6 M 19.30054

Datum:
31.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1239
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165
RVG § 30 S. 1, § 56 Abs. 2 S. 3
AsylG § 83b
GKG § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 4 S. 2

 

Leitsatz

§ 30 Abs. 1 S. 2 RVG biete keine Grundlage für eine Abrechnung nach Teilgegenstandswerten. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik, den Gesetzesmaterialien und der teleologischen Auslegung der Norm. (Rn. 15 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller zu 1 trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Der Erinnerungsführer (Antragsteller zu 1) wendet sich gegen die im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 8. Januar 2019 vorgenommene Kürzung der ihm von der Antragsgegnerin zu erstattenden außergerichtlichen Aufwendungen.
I.
Die Antragsteller sind ein Ehepaar armenischer Staatsangehöriger. Sie begehrten im Klageverfahren gemeinsam ihre Asylanerkennung, die Zuerkennung von Flüchtlings- und subsidiärem Schutz sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG und im hier zugrunde liegenden Antragsverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin erlassene Abschiebungsandrohung (Au 6 S 18.31686).
Das Verwaltungsgericht ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 1 gegen die in Nr. 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2018 enthaltene Abschiebungsandrohung an und lehnte den Antrag der Antragstellerin zu 2 ab. Es verpflichtete die Antragsgegnerin zur Tragung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1 und bürdete die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2 dieser selbst auf.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller beantragte am 13. Dezember 2018 die Kostenfestsetzung aus einem Gegenstandswert von 2.500 Euro für eine Verfahrensgebühr gemäß § 13 RVG Nr. 3100 VV-RVG (1,3 fach) in Höhe von 261,30 Euro, eine Pauschale für Post- und Telekomunikation nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 Euro, insgesamt netto 281,30 Euro nebst 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG in Höhe von 53,45 Euro, insgesamt mithin 334,75 Euro zu erstatten.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 8. Januar 2019, dem Bevollmächtigten der Antragsteller zugestellt am 14. Januar 2019, wurden die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zu erstattenden außergerichtlichen Aufwendungen auf 167,38 Euro, also die Hälfte aus 334,75 Euro festgesetzt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die Verfahrens- und Terminsgebühr ein Gegenstandswert von 3.000,00 Euro für beide Antragsteller zusammen anzusetzen und für den Antragsteller zu 1 daraus die auf ihn fallende Hälfte der außergerichtlichen Aufwendungen festzusetzen sei.
Am 14. Januar 2019 beantragte der Antragsteller zu 1 die Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) und führte aus, für den Antragsteller zu 1 seien 2.500 Euro als Gegenstandswert zu Grunde zu legen, als wenn er alleine geklagt hätte, daraus Aufwendungen also insgesamt von 334,75 Euro.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.
Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung der Erinnerung aus den Gründen des Kostenfestsetzungsbeschlusses.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Kostenakten auch der Verfahren Au 6 K 18.31685 und Au 6 S 18.31686 Bezug genommen.
II.
Die nach § 165 i.V.m. § 151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Erinnerung ist unbegründet. Zu Recht wurde im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss der Gegenstandswert des Verfahrens mit insgesamt 3.000 Euro angesetzt und für den Antragsteller zu 1 kein Teilgegenstandswert.
1. Über die Erinnerung nach § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO hat im vorliegenden Fall der Einzelrichter zu entscheiden, da das Kostenfestsetzungsverfahren ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren darstellt und die der Kostenfestsetzung zugrunde liegende Kostenentscheidung im Beschluss vom 31. Oktober 2018 durch den Einzelrichter nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
2. Die mit der Erinnerung angefochtene Entscheidung des Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die ihm zu erstattenden außergerichtlichen Aufwendungen nicht aus einem auf ihn entfallenden Teilgegenstandswert sondern aus dem Gesamtgegenstandwert des Verfahrens unter Berücksichtigung seines anteiligen Obsiegens zu berechnen. Dies ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG:
Der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz ergibt sich aus § 30 RVG; ein Streitwert ist wegen der Gerichtskostenfreiheit nach § 83b AsylG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 4 Satz 2 GKG nicht festzusetzen. In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5.000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1.000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers bietet § 30 Abs. 1 Satz 2 RVG keine Grundlage für eine Abrechnung nach Teilgegenstandswerten. Dies ergibt sich durch Normauslegung:
Der Wortlaut des § 30 Abs. 1 RVG ist bereits deutlich. Danach „beträgt der Gegenstandswert 5.000 Euro“, d.h. es wird für das Klageverfahren nur ein Gegenstandswert zu Grunde gelegt. Es gibt keine getrennten (Teil-)Gegenstandswerte je beteiligter Person auf der Klägerseite.
Die Systematik des § 30 Abs. 1 RVG bietet ebenfalls keinen Anhaltspunkt für getrennte (Teil-)Gegenstandswerte, denn „sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1.000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro“. Der Gesetzgeber hat eine Erhöhung des Grundgegenstandswertes angeordnet, nicht die Bildung eines weiteren Gegenstandswerts je weiterer Beteiligter. „Erhöhen“ kann sich ein (einziger) Wert aber nur zu einem Gesamtgegenstandswert, nicht zu mehreren (Teil-)Gegenstandswerte.
Schließlich bieten auch die Gesetzesmaterialien (BR-Drs. 517/20 S. 214 und BT-Drs. 17/11471 S. 152, 268 f.) keinen Anhaltspunkt für getrennte (Teil-)Gegenstandswerte. Im Gegenteil sollte durch die Einführung eines einheitlichen Gegenstandswerts mit lediglich personenbezogener Erhöhung um Festbeträge „die Vorschrift deutlich vereinfacht werden“ (BT-Drs. 17/11471 S. 269).
Diesem teleologischen Ziel widerspräche ein Ansatz getrennter (Teil-)Gegenstandswerte.
b) Daher ergibt sich nach § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG ein Grundgegenstandswert für das Klageverfahren des Antragstellers zu 1 von 2.500 Euro, der sich durch die Beteiligung der Antragstellerin zu 2 um 500 Euro auf insgesamt 3.000 Euro erhöht.
Wie im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss ausgeführt, sind die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragsteller gemeinsam aus diesem erhöhten Gegenstandswert zu errechnen, wegen der Beteiligung zweier Personen zu halbieren und daraus ist der auf den Antragsteller entfallende Teil wegen seines Obsiegens ersatzfähig gegenüber der Antragsgegnerin.
Somit besteht für den Antragsteller zu 1 ein Anspruch auf die Hälfte von 334,75 Euro, also 167,38 Euro.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG als lex specialis zu § 1 Abs. 3 und § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG unanfechtbar (vgl. BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 21 CS 17.30500 – juris Rn. 2; NdsOVG, B.v. 19.6.2018 – 10 OA 176/18 – juris Rn. 7 ff.).

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