Aktenzeichen 5 U 1670/16
Leitsatz
Verfahrensgang
3 O 921/13 2016-06-29 Endurteil LGANSBACH LG Ansbach
Tenor
I. Der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin und Berufungsklägerin vom 10.08.2016 wird zurückgewiesen; ihre Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 29.06.2016 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.358,73 € festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 29.06.2016 wurde die Schmerzensgeld- und Schadensersatzklage der Klägerin zurückgewiesen. Dieses Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.06.2016 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 10.08.2016 – per Fax eingegangen am 11.08.2016 – hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Berufung gegen das oben genannte Endurteil eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ein eigenes Versäumnis des Prozessbevollmächtigten liege nicht vor. Vielmehr habe die stets zuverlässige Büroangestellte Frau, die mit der Feststellung und dem Notieren der Fristen betraut gewesen sei, aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Eintragung im Fristenkalender unterlassen. In der Handakte, die ihm am 20.07.2016 vorgelegt worden sei, habe sie aber den Ablauf der Berufungsfrist ebenso vermerkt, wie durch den Zusatz „i.e.“ (für: ist eingetragen) zum Ausdruck gebracht, dass die Frist im gesonderten Fristenkalender vermerkt sei. Es habe daher aufgrund dieses Vermerks für ihn kein weiterer Kontrollanlass bestanden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht fristgemäß eingelegt wurde. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet, weil die Frist nicht „ohne Verschulden“ versäumt wurde.
Da die Zustellung des Urteils am 30.06.2016 erfolgte, endete die Frist zur Einlegung der Berufung am Montag, 01.08.2016 (§§ 517, 220 Abs. 1 und 2 ZPO). Der erst am 11.08.2016 eingegangene Berufungsschriftsatz war daher verspätet.
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, weil die Verspätung nicht entschuldigt ist. Die Klägerin muss sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Dieser hat es bezüglich der Fristwahrung an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen.
Als prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt hatte er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Berufungseinlegungsfrist eingehalten wird. Zwar kann der Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen. Dann hat er aber sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Hierzu reicht es nicht aus, die damit betraute Bürokraft zur Eintragung der Fristen in den Fristenkalender und zu einem Vermerk der Eintragung in der Handakte zu veranlassen, sondern es bedarf darüber hinaus (auch bei sonst zuverlässigen Mitarbeitern) der klaren Anweisung „stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender einzutragen bevor entsprechende Erledigungsvermerke in der Akte eingetragen werden“ (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluss vom 15.04.2014, – II ZP 11/13 – juris), weil nur so sichergestellt werden kann, dass dem Anwalt die Kontrolle der Fristeintragung allein anhand der Handakte möglich ist.
Dass im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine solche organisatorische Anweisung bestand, lässt sich dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsverfahren nicht entnehmen. Weder ist eine entsprechende Anweisung durch den Prozessbevollmächtigten dargelegt, noch ergibt sich dies aus der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten Vogelsang (Anlage K 3), die lediglich schildert, dass sie angewiesen gewesen sei, die Frist sowohl im Fristenkalender, als auch in der Handakte (mit Erledigungsvermerk) einzutragen. Warum die Eintragung im Fristenkalender unterblieben sei, sei ihr unerklärlich.
Ob die Büroangestellte sorgfältig ausgewählt und ausreichend überwacht war, kann dahinstehen. Die Versäumung der Berufungsfrist ist auf die unzureichende Organisation durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen. Hätte dieser nämlich die Anweisung gegeben, den Vermerk „i.e.“ erst in der Handakte anzubringen, wenn die Eintragung im Fristenkalender auch tatsächlich erfolgt ist, hätte es nicht zu dem irreführenden Eintrag in der Handakte kommen können.
Im Ergebnis ist die Berufung mit der Kostenfolge gemäß § 97 ZPO zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).