Arbeitsrecht

Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  M 6 M 19.5174

Datum:
28.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43107
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 87a Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 3, § 151, § 162 Abs. 2 S. 1, § 165
GKG § 66 Abs. 6
RDGEG § 3, § 5
RVG § 11 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind grundsätzlich auch dann erstattungsfähig, wenn dieser eine Anstalt des öffentlichen Rechts vertritt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann geheilt werden, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzug gewährt wird und das Rechtsmittelgericht in der Lage ist, das Vorbringen zu berücksichtigen.  (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Erinnerungsführer hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der ursprüngliche Antragsteller (hier: Erinnerungsführer) hatte in dem zugrunde liegenden Verfahren M 6 S 18.3629 mit Schreiben vom 23. Juli 2018 zum Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragt festzustellen, die Vollziehung aus der Beitragsnummer … auszusetzen.
Der Antragsgegner dieses Ausgangsverfahrens bevollmächtigte am 17. August 2018 eine Rechtsanwaltskanzlei, ihn in dieser Angelegenheit zu vertreten.
Mit Schreiben vom 3. August 2018 teilte der Antragsgegner mit, dass die Vollstreckung aus den Beitragsbescheiden bzgl. des o.g. Beitragskontos mahn- und sollausgesetzt wurde.
Mit Schreiben vom 20. August 2018 erklärte der Antragsteller den Rechtsstreit für erledigt. Der Antragsgegner stimmte der Erledigungserklärung mit Schreiben vom 23. August 2018 zu.
Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 23. August 2018 eingestellt (Nr. I des Beschlusses) und die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt (Nr. II).
Mit Schriftsatz vom 5. März 2019 beantragten die Bevollmächtigten des Erinnerungsgegners Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 83,54.- und als Auslagen des Beklagten eine Verwaltungspauschale in Höhe von EUR 20.- festzusetzen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 wurden die notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf insgesamt EUR 103,54.- festgesetzt.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 23. Mai 2019, beantragte der Erinnerungsführer gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 wörtlich,
„Fortsetzung des o.g. Kostenfestsetzungsverfahrens“
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 der zuständigen Kammer vor. Sie führte zur Begründung aus, die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nach § 162 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – seien stets erstattungsfähig. Der Kostenfestsetzungsbeschluss sei dem Erinnerungsführer unter Beifügung einer Abschrift des Kostenfestsetzungsantrags am 17. Mai 2019 mittels Zustellungsurkunde zugestellt worden. Bei antragsgemäßen, unstrittigen Anträgen werde grundsätzlich auf eine Anhörung vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO)
II.
1. Die Entscheidung über den Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 obliegt der Berichterstatterin. Unter § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO fällt die Entscheidung über Erinnerungen gegen die Festsetzung der Parteiaufwendungen nach § 165 S. 2, § 151 VwGO und der Vergütung des Rechtsanwalts gegen die von ihm vertretene Partei nach § 11 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG – (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 87a Rn. 12) soweit der Anwendungsbereich nach § 87a Abs. 1 S. 1 VwGO (Entscheidung ergeht im vorbereitenden Verfahren) eröffnet ist. Der weit auszulegende § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO erfasst auch die Entscheidung über eine Kostenerinnerung (Kopp/Schenke, VwGO 21. Aufl. 2015, § 87a Rn. 7). § 66 Abs. 6 Gerichtskostengesetz – GKG -, wonach das Gericht über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, ist somit auf den Berichterstatter konkretisiert.
2. Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Nach § 162 Abs. 1 VwGO gehören außer den Gerichtskosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten zu den erstattungsfähigen Kosten. In Ergänzung hierzu bestimmt § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig sind. Dies gilt auch für Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, der – wie hier – eine juristische Person des öffentlichen Rechts vertritt, die über Mitarbeiter mit der Befähigung zum Richteramt verfügt, sodass auch in derartigen Fällen grundsätzlich nicht zu prüfen ist, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich war (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2016 – 10 C 15.474, 10 C 15.477 – juris).
Die Beauftragung des Bevollmächtigten erfolgte am 17. August 2018 und somit noch vor dem Zeitpunkt, in dem dem Erinnerungsgegner die Erledigungserklärung des Erinnerungsführers bekannt geworden war.
Ergänzend sei noch angemerkt, dass der Erinnerungsgegner mittlerweile regelmäßig im Verwaltungsprozess durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten wird, so dass auch deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, die Beauftragung sei nur erfolgt, um Kosten zu verursachen.
Die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts des Erinnerungsgegners sind somit erstattungsfähig.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Mai 2019 ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Der Erinnerungsführer wurde vor Erlass des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht angehört. Dieses Verfahren entspricht der üblichen Praxis, im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu dessen Vereinfachung den Kostenfestsetzungsbeschluss sofort zu erlassen und dem Kostenpflichtigen mit dem Beschluss auch den Kostenfestsetzungsantrag zuzustellen (§ 173 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung – ZPO). Es kann dahinstehen, ob hierin möglicherweise ein Mangel des rechtlichen Gehörs liegt, denn jedenfalls ist ein solcher im Zusammenhang mit dem Erinnerungsverfahren geheilt worden. Es ist anerkannt, dass das Fehlen des rechtlichen Gehörs durch dessen Gewährung im Rechtsmittelverfahren geheilt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 4. 2011, Az. 24 W 29/11, juris.). Allgemein kann ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geheilt werden, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzug gewährt wird und das Rechtsmittelgericht in der Lage ist, das Vorbringen zu berücksichtigen. Im Übrigen entspricht die Nachholung des rechtlichen Gehörs durchaus rechtsstaatlichen Grundsätzen. Im vorliegenden Fall wäre außerdem selbst bei tatsächlicher Verletzung des rechtlichen Gehörs dieses jedenfalls nicht kausal für die gerügte Entscheidung, da die vom Antragsteller nunmehr vorgebrachten Gründe zu keiner Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in der Sache geführt hätten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach allgemeiner Meinung jedenfalls im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren nicht erhoben (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 165 Rn. 10).

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