Arbeitsrecht

Erstattung von Ausbildungskosten bei Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis wegen Kriegsdienstverweigerung

Aktenzeichen  Au 2 K 17.1524

Datum:
26.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 16986
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SG § 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, § 49 Abs. 4 S. 3, § 56 Abs. 4 S. 3
GG Art. 4 Abs. 3

 

Leitsatz

1 § 56 Abs. 4 S. 3 SG ist im Lichte des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung dahin auszulegen, dass der anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten einer Ausbildung bei der Bundeswehr nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten muss, der ihm aus dem Studium für sein Berufsleben verbleibt. Der Vorteil besteht dabei in Höhe der Aufwendungen, die der Soldat erspart hat, weil er das Studium nicht auf eigene Kosten absolvieren musste, nicht in der Aussicht auf künftige Einnahmen (stRspr BVerwG BeckRS 2016, 40247). (Rn. 28 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die ersparten Ausbildungskosten können unter Anwendung der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks pauschal ermittelt werden (stRspr BayVGH BeckRS 2018, 8649). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ratenzahlung muss nur gewährt werden, wenn der Betroffene einen entsprechenden Antrag gestellt hat. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht über die vorliegende Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Der Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 5. Dezember 2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 7. September 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Ein früherer Berufssoldat, der vor Ablauf der nach § 46 Abs. 3 SG sich bestimmenden Mindestdienstzeit auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, muss gemäß § 49 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten. Ein Berufssoldat gilt nach seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer als aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten entlassen; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag (§ 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SG). Auf die Erstattung der Kosten des Studiums oder der Fachausbildung kann nach § 49 Abs. 4 Satz 3 SG ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.
Die Einbeziehung von anerkannten Kriegsdienstverweigerern in den Kreis der Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten, die bei vorzeitiger Entlassung Ausbildungskosten zu erstatten haben, ist mit Art. 4 Abs. 3 GG vereinbar (stRspr, BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 12 f.; BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 8). Der Begriff der Fachausbildung gemäß § 49 Abs. 4 Satz 1 SG und § 56 Abs. 4 Satz 1 SG ist eine besondere zur allgemeinen militärischen Ausbildung hinzutretende und für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die – sei es nach einer Prüfung oder einem planmäßigen Abschluss – zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt (stRspr, BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 6 C 3.81 – BVerwGE 65, 203/210; BayVGH, U.v. 13.12.2017 – 6 B 17.300 – juris Rn. 26; siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 13).
Da das Dienstverhältnis des Berufssoldaten bzw. des Soldaten auf Zeit entsprechend der eingegangenen Verpflichtung andauern soll, kann der Dienstherr, der für die Fachausbildung eines solchen Soldaten im dienstlichen Interesse erhebliche Kosten aufgewandt hat, regelmäßig davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der (Mindest-) Dienstzeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Soldat nach eigenem Entschluss aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung insgesamt oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Diese Lage fordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber durch die Normierung eines Erstattungsanspruchs verwirklicht hat (BVerfG, B.v. 22.1.1975 – 2 BvL 51/71 u.a. – BVerfGE 39, 128/142; siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 14; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 8).
Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten festgelegt. Der Dienstherr ist vielmehr ermächtigt, von einem Erstattungsverlangen ganz abzusehen oder den Betrag zu reduzieren, wenn die Erstattung der Ausbildungskosten eine besondere Härte für den Soldaten bedeuten würde (§ 49 Abs. 4 Satz 3 SG, § 56 Abs. 4 Satz 3 SG). Unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 3 GG sind § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben verbleibt (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 15; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 15).
Die Erstattungspflicht, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer kraft Gesetzes zu entlassender Soldat gegenübersieht, stellt in der Regel eine besondere Härte i.S.v. § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dar, die den Dienstherrn nach dieser Vorschrift zu Ermessenserwägungen über den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf einen Ausgleich der Ausbildungskosten zwingt. Bei einem Berufs- oder Zeitsoldaten, der eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst getroffen hat, besteht eine Ausnahmesituation i.S.v. § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Zwar könnte er der Erstattungsverpflichtung dadurch entgehen, dass er den für die Anerkennung seiner Gewissensentscheidung erforderlichen Antrag nicht stellt und so im Wehrdienstverhältnis verbleibt, er müsste damit aber seinem Gewissen zuwider handeln. Diese Zwangslage, der sich der Soldat nicht entziehen kann, stellt eine besondere Härte dar. Die Anwendung der Härteklausel setzt nicht voraus, dass außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine Reduzierung der grundsätzlich unbeschränkten Erstattungspflicht veranlassen. Vielmehr greift die Härteregelung bereits aufgrund einer verfassungsrechtlich gebotenen Korrektivfunktion ein. Sie ermöglicht den angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des grundrechtsgeschützten ehemaligen Soldaten einerseits und des Dienstherrn andererseits, eine Ausbildung zu finanzieren, die im zivilen Bereich mit erheblichen Kosten verbunden ist (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 16; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 16).
Art. 4 Abs. 3 GG bedingt daher im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung i.R.v. § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG zwingend eine Reduzierung des Erstattungsbetrags. Der Erstattungsbetrag darf nicht höher sein als der Betrag, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass die Bundesrepublik Deutschland den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die ihm im späteren Berufsleben von Nutzen sind, finanziert hat. Durch diese Beschränkung der zu erstattenden Kosten auf den durch die Fachausbildung erlangten Vorteil ist sichergestellt, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme wird, die den Betroffenen von der Stellung des Antrags auf Kriegsdienstverweigerung abhält. Mit der Abschöpfung lediglich des durch die Fachausbildung erworbenen Vorteils erleidet der anerkannte Kriegsdienstverweigerer keine Einbuße an Vermögensgütern, über die er unabhängig von dem Wehrdienstverhältnis verfügt. Durch den Vorteilsausgleich wird nur die Situation wiederhergestellt, die in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht bestand, bevor der Soldat die Fachausbildung absolviert hat. Mehr soll und darf bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes nicht abgeschöpft werden (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 17; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 17 f.; BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 10 f.).
Der Vorteil aus der Fachausbildung, den die Beklagte nach § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG in Ausübung ihres Ermessens zu bestimmen und zu bemessen hat, besteht in der Ersparnis von Aufwendungen, nicht in der Aussicht auf künftige oder fiktive Einnahmen. Bestimmen, wenn auch generalisierend und pauschalisierend, lassen sich die Aufwendungen, die der Soldat dadurch erspart hat, dass er die Fachausbildung nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen. Abgeschöpft werden darf nur die eingetretene Ersparnis (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 18; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 11).
Zwischen der Ausbildung und den zu erstattenden Kosten muss ein adäquater Zusammenhang bestehen (BVerwG, U.v. 29.5.1973 – 2 C 6.72 – BVerwGE 42, 233/237; BVerfG, B.v. 22.1.1975 – 2 BvL 51/71 u.a. – BVerfGE 39,128/143; BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 6 ZB 17.1416 – juris Rn. 10). Erspart hat der ehemalige Soldat stets die unmittelbaren Ausbildungskosten im engeren Sinne wie Ausbildungsgebühren und Aufwendungen für Ausbildungsmittel (BVerwG, U.v. 11.2.1977 – 6 C 105.74 – BVerwGE 52, 70/76). Erspart hat der ehemalige Soldat des Weiteren aber auch die mittelbaren Kosten der Ausbildung wie Reisekosten und Trennungsgeld sowie die ersparten Lebenshaltungskosten und die Kosten für die Krankenversicherung. Diese mittelbaren Ausbildungskosten sind Kosten, die bei einer Fachausbildung in der Bundeswehr vom Dienstherrn getragen werden, während sie bei einer dualen betrieblichen Ausbildung jedenfalls typischerweise vom Auszubildenden selbst getragen werden müssen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 19; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 21 f.; BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 11).
Lebenshaltungskosten sind die Kosten, die von einem Haushalt aufgewandt werden müssen, um das Leben im Alltag zu bestreiten. Dazu zählen insbesondere Aufwendungen für Verpflegung und Wohnung. Nach § 18 Satz 1 SG ist der Soldat auf dienstliche Anordnung verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen, mit der Folge, dass – für diesen Fall – sonst wesentliche Lebenshaltungskosten jenseits des unterkunftsbezogenen Anrechnungsbetrags (§ 39 Abs. 2 BBesG) für ihn entfallen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 20).
Schließlich darf die Prüfung von nach § 49 Abs. 4 SG bzw. § 56 Abs. 4 SG abzuschöpfenden Vermögensvorteilen nicht von hypothetischen Umständen – etwa fiktiven Ausbildungsvergütungen – abhängig gemacht werden, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Deshalb ist eine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise geboten (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 6 ZB 17.1416 – juris Rn. 11).
Ob der in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach § 49 Abs. 4 Satz 3 SG bzw. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG festzusetzende Erstattungsbetrag von einem ehemaligen Soldaten verlangt werden kann, hängt des Weiteren von dessen individueller Einkommens- und Vermögenslage ab. Je nach seiner wirtschaftlichen Situation – z.B. drohende Überschuldung, Insolvenz oder Nichtverfügbarkeit für den Arbeitsmarkt infolge der Pflege von Angehörigen – kann die darin liegende besondere Härte eine weitere Reduzierung oder einen vollständigen Verzicht gebieten. Entschließt sich die Beklagte, Ratenzahlungen zu gewähren, darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, sondern muss zeitlich begrenzt sein (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 28; U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 24).
b) Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben und Grundsätzen ist die streitgegenständliche Rückforderung nicht zu beanstanden.
Die Rückzahlungsvoraussetzungen aus § 49 Abs. 4 Satz 1 SG sind vorliegend unstreitig dem Grunde nach gegeben. Der Kläger hatte insbesondere zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Bundeswehr (29.5.2013) weder hinsichtlich seines Studiums (Dauer: 3 Jahre, 2 Monate und 1 Tag; Ende: 1.12.2005) noch hinsichtlich seiner fliegerischen Fachausbildung (Dauer: 1 Jahr, 7 Monate und 7 Tage; Ende: 21.12.2007) die Mindestdienstzeit i.S.v. § 46 Abs. 3 Satz 1 SG (dreifache Dauer des Studiums bzw. der Fachausbildung, höchstens 10 Jahre) erfüllt; hierbei ist jeweils zu berücksichtigen, dass nachfolgende zusätzliche Fachausbildungen den Lauf der Mindestdienstzeit gehemmt haben (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 4.7.2013 – 6 BV 12.19 – juris Rn. 28).
Auch hat die Beklagte vorliegend die Härtefallregelung aus § 49 Abs. 4 Satz 3 SG ohne Rechtsfehler angewendet.
Zunächst hat die Beklagte insoweit hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger als ehemaliger Berufssoldat die für sein Studium und seine fliegerische Fachausbildung aufgewendeten Kosten erstatten soll, obwohl er die berechtigten Erwartungen des Dienstherrn sowohl in personalplanerischer als auch finanzieller Hinsicht wenigstens zum Teil erfüllt und die durch Studium oder Fachausbildung ermöglichte Dienstleistung tatsächlich erbracht hat (sog. effektive Stehzeit bzw. sog. Abdienquote bei Berufssoldaten; vgl. hierzu allg. BayVGH, U.v. 13.12.2017 – 6 B 17.299 – juris Rn. 52).
Auch wurde zusätzlich die nach Art. 4 Abs. 3 GG geschützte Gewissensentscheidung des Klägers, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, im Rahmen der Härteklausel des § 49 Abs. 4 Satz 3 SG hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte hat aus diesem Grunde nicht die tatsächlich entstandenen Kosten des Studiums i.H.v. EUR 92.732,29 (Blatt 62 der Verwaltungsakte; nach Berücksichtigung der sog. Abdienquote EUR 49.945,61) geltend gemacht, sondern lediglich den deutlich niedrigeren Betrag von EUR 26.368,32 zurückverlangt.
Die zwangsläufig pauschalierende und generalisierende Berechnung der Höhe der ersparten Lebenshaltungs- bzw. Studienkosten hat die Beklagte nach ihrer nunmehrigen einheitlichen Verwaltungspraxis, die nicht zu beanstanden ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2018 – 6 ZB 18.510 – juris Rn. 13; B.v. 20.10.2017 – 6 ZB 17.1371 – juris Rn. 15; B.v. 26.10.2017 – 6 ZB 17.1640 – juris Rn. 14), anhand der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland“ ermittelt, nach der auch die Bedarfsermittlung für Leistungen nach dem BAföG erfolgt. In dieser alle drei Jahre durchgeführten Erhebung werden u.a. die fiktiven Lebenshaltungs- und Studienkosten ermittelt und somit die wirtschaftliche Situation eines Studierenden anhand von Durchschnittswerten zum maßgeblichen Zeitraum beschrieben. Nach den Sätzen dieser Erhebung beträgt die Summe der ersparten Aufwendungen im Studienzeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 1. Dezember 2005 EUR 26.368,32 (S. 9 des streitgegenständlichen Bescheids), als tatsächlich gewährte persönliche Kosten hat die Beklagte vorliegend zugunsten des Klägers „Null“ angesetzt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 30.4.2018 – 6 ZB 18.715 – juris Rn. 13).
Der Kläger kann dem insbesondere nicht entgegenhalten, dass ein ziviles Studium als Erstausbildung weitgehend bzw. jedenfalls teilweise durch seine Eltern oder über durchgereichte Kindergeldzahlungen finanziert worden wäre. Dieser Einwand geht bereits deshalb fehl, weil sich die „ersparten Lebenshaltungskosten“ im Rückblick zwangsläufig nur generalisierend und pauschalierend, orientiert an den durchschnittlichen Kosten einer gleichwertigen Ausbildung bestimmen lassen. Aus eben diesem Grunde sind auch sonstige hypothetische Umstände (etwa fiktive Ausbildungsvergütungen bzw. bezahlte Praktika oder ein BAföG-Bezug) nicht berücksichtigungsfähig (BayVGH, B.v. 19.5.2015 – 6 ZB 14.1841 – juris Rn. 29; VG Würzburg, U.v. 9.4.2018 – W 1 K 17.524 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 29.3.2018 – Au 2 K 17.916 – juris Rn. 56). Eine dem Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG zuwiderlaufende „Knebelung“ ist darin nicht zu erblicken. Im Übrigen hat der Kläger sich damals gerade gegen ein „ziviles“ Studium in eigener Finanzierungsverantwortung mit entsprechenden Unwägbarkeiten und für eine „militärische“, durch den Dienstherrn finanzierte Ausbildung entschieden (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 19.5.2015 – 6 ZB 14.1841 – juris Rn. 15).
Auch der Erstattungsbetrag von EUR 14.952,20 hinsichtlich der fliegerischen Fachausbildung ist im Lichte der Härtefallregelung aus § 49 Abs. 4 Satz 3 SG nicht zu beanstanden. Hierbei hat die Beklagte die Erwägung zugrunde gelegt, dass der bei tatsächlichen Ausbildungskosten i.H.v. EUR 312.807,49 nach Berücksichtigung einer Abdienquote von 96,02 v.H. (Verzichtsanteil 95,22 v.H.) verbleibende Restbetrag als zu erstattender Betrag ersparter Aufwendungen für eine vergleichbare zivile Flugausbildung festgesetzt werden könne. Dieses Absehen von einer konkreten fiktiven Berechnung ersparter Aufwendungen hat die Beklagte damit begründet, dass die ersparten Kosten für eine vergleichbare zivile Pilotenausbildung weit über dem verbleibenden Erstattungsbetrag von EUR 14.952,20 liegen würden (S. 9 f. des streitgegenständlichen Bescheids). Diese Annahme ist für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel sowie ermessensfehlerfrei; ausweislich eines Presseartikels betragen bereits die unmittelbaren Kosten einer Pilotenausbildung bei der Lufthansa bis zu EUR 100.000,- und müssen allein vom Auszubildenden getragen werden (SPIEGEL-Online, 31.5.2016, www.spiegel.de/karriere/lufthansa-pilotenschueler-zahlen-ihre-ausbildung-kuenftig-allein-a-1095146.html; Blatt 79-81 der Gerichtsakte). Es spricht zudem alles dafür, dass sich diese Vorgehensweise der Beklagten nur zugunsten des Klägers ausgewirkt hat.
Soweit die Klägerseite rügt, dass die Kostenermittlung der Beklagten nicht hinreichend nachvollziehbar sei und daher mangels Überprüfbarkeit bereits nicht Grundlage des Leistungsbescheids sein könne, so überzeugt dies nicht. Der entsprechende klägerische Vortrag ist bereits gänzlich unsubstantiiert, konkrete Kostenermittlungs- oder Berechnungsfehler in der Kostenzusammenstellung des Bundesamts für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom 11. Juli 2016 (Blatt 61-70 der Verwaltungsakte), die dem streitgegenständlichen Bescheid als Anlage beigefügt war, werden nicht aufgezeigt. Unabhängig davon ist die maßgebliche Berechnung des (Teil-)Erstattungsbetrags für fiktiv ersparte zivile Studienkosten im streitgegenständlichen Bescheid – wie ausgeführt – hinreichend dargelegt. Die tatsächlich entstandenen Kosten des Studiums des Klägers bei der Bundeswehr i.H.v. EUR 92.732,29 waren für den hinsichtlich des Studiums festgesetzten (Teil-)Erstattungsbetrag im Lichte von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG ohnehin nicht von Relevanz; auch diese sind jedoch in der Verwaltungsakte hinreichend plausibel dargelegt (Blatt 62 der Verwaltungsakte). Soweit es die Berechnung des (Teil-)Erstattungsbetrags für die ersparten Kosten der erhaltenen fliegerischen Fachausbildung (21.11.2005 – 21.12.2007) betrifft, so sind in der Kostenzusammenstellung des Bundesamts für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom 11. Juli 2016 insoweit die entsprechenden Aufstellungen enthalten, die in der Addition die tatsächlichen Ausbildungskosten im maßgeblichen Zeitraum i.H.v. EUR 312.807,49 ergeben (Blatt 65-69 der Verwaltungsakte). Wie bereits ausgeführt war aufgrund des insoweit nur sehr geringen (Teil-)Erstattungsbetrags i.H.v. EUR 14.952,20 eine konkrete Kostenaufstellung zu den ersparten Aufwendungen des Klägers für eine vergleichbare zivile Pilotenausbildung entbehrlich.
Ohne Erfolg bleibt auch die klägerische Rüge, dass der Leistungsbescheid keine Gewährung von Ratenzahlungen vorsehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht ermittelt worden seien. Die Beklagte hat den Kläger in der Anhörung vom 15. August 2017 (Blatt 8-10 der Widerspruchsakte) vor Ergehen des Widerspruchsbescheids – auch dieser ist vorliegend zu berücksichtigen, § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO – darauf hingewiesen, dass der Anhörung ein Antrag auf Ratenzahlung/Stundung beiliege, sofern er die Rückforderungssumme nicht in einer Summe zurückzahlen könne. Falls der Kläger den Antrag stelle, müsse er die im Antrag gestellten Fragen lückenlos beantworten und entsprechende Unterlagen beifügen. In diesem Fall werde die Teilzahlungsrate in Anlehnung an die Vorschriften der Zivilprozessordnung mit Blick auf die finanzielle Situation des Klägers auf der einen und die Höhe des Erstattungsbetrags und das berechtigte Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer schnellen Rückerstattung auf der anderen Seite bestimmt. Hierauf hat der Kläger nicht reagiert und weder einen Antrag gestellt noch entsprechende Angaben gemacht. Aufgrund des fehlenden Antrags auf Ratenzahlung bzw. Stundung und der fehlenden Angaben des Klägers zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat die Beklagte keine Ratenzahlung bewilligt. Sie durfte aus der mangelnden Mitwirkung des Klägers schließen, dass dieser in der Lage sei, den Erstattungsbetrag sofort und in voller Höhe zu bezahlen (vgl. OVG NW, B.v. 23.5.2017 – 1 A 867/17 – juris Rn. 18). Entgegen der Annahme des Klägers war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, von sich aus weiter zu ermitteln, den Kläger erneut aufzufordern, seine wirtschaftlichen Verhältnisse offen zu legen und ggf. eine Schätzung vorzunehmen. Es wäre vielmehr Sache des Klägers gewesen, zur Erlangung einer Ratenzahlung entsprechende Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen, zumal ihn die Beklagte hierzu aufgefordert hatte (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 26.10.2017 – 6 ZB 17.1640 – juris Rn. 16; VG Würzburg, U.v. 9.4.2018 – W 1 K 17.524 – juris Rn. 22; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13 – juris Rn. 29).
2. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124a VwGO).

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