Aktenzeichen M 1 M 15.5820
Leitsatz
Tenor
I.
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Festsetzung der Mehrkosten für die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts.
Im Klageverfahren M 1 K 15.1546 begehrte die Antragstellerin die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 1772/333 Gemarkung …. In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2015 hat der Vertreter des Beklagten den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und sich verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, woraufhin die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Gericht hat das Verfahren eingestellt und die Kosten der Antragstellerin und dem Antragsgegner jeweils zur Hälfte auferlegt; die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. In der mündlichen Verhandlung war die Antragstellerin vertreten durch Herrn Rechtsanwalt K., der einer Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in … (…) angehört.
Mit Schriftsatz vom …. September 2015 beantragte die Antragstellerin unter anderem die Festsetzung der Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt ihres Bevollmächtigten am 21. und 22. September 2015 (jeweils 442 km und 132,60 €), Abwesenheitsgeld für 21. (4 Stunden, 25,- €) und 22. September 2015 (6 Stunden, 40,- €), Parkgebühren am …-bahnhof für 22. September 2015 (4,- €) und Übernachtungskosten (243,83 €).
Der Antragsgegner äußerte mit Schreiben vom 16. Oktober 2015, die Reisekosten seien nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, weshalb statt der angesetzten 442 km einfache Fahrt lediglich 116 km für die Fahrtstrecke M… – München zugrunde zu legen seien. Nicht erstattungsfähig seien weiter die Übernachtungskosten sowie das Abwesenheitsgeld vom 22. September 2015.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. November 2015, der Antragstellerin zugestellt am 27. November 2015, setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 1.190,10 € fest, von denen der Antragsgegner nach der Kostenentscheidung des Gerichts die Hälfte (595,05 €) zu tragen hat. Die anerkannten Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt belaufen sich auf 69,60 € (116 km x 2 x 0,30 €); weiter wurde das Abwesenheitsgeld für 22. September 2015 i. H. v. 40,- € anerkannt. Der nicht anerkannte Betrag beläuft sich auf 468,43 €, von denen der Beklagte die Hälfte zu übernehmen hätte (234,22 €). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Mehrkosten durch den entfernteren Sitz der Kanzlei des Klägerbevollmächtigen seien nicht erstattungsfähig, weil es im vorliegenden Fall keiner besonderen Fachkenntnisse des Bevollmächtigten bedürfe und auch keine besonderen Umstände angegeben worden seien, die eine Beauftragung des auswärtigen Rechtsanwalts rechtfertigen würden.
Am …. November 2015 beantragte die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts.
Sie trägt vor, die vollen Reisekosten seien erstattungsfähig, wenn die Partei in ständiger Geschäftsbeziehung die Bearbeitung streitiger Verfahren an den „Hausanwalt“ abgebe. Seit Mitte 2015 übergebe sie die Akten generell an den eingeschalteten Rechtsanwalt.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte den Vorgang am 22. Dezember 2015 der Kammer zur Entscheidung vor. Sie sehe den Zeitraum seit Mitte 2015 als zu kurz an, um von ständiger Geschäftsbeziehung und „Hausanwalt“ zu sprechen. Der Bitte um Vorlage eines Vertrags, aus dem ersichtlich werde, dass alle juristischen Angelegenheiten der Antragstellerin von der eingeschalteten Kanzlei abgewickelt würden, sei der Bevollmächtigte nicht nachgekommen.
Die Antragstellerin führt mit Schriftsatz vom …. Januar 2016 aus, es komme nicht darauf an, wie lange eine Ausgliederung schon vorliege. Es werde anwaltlich versichert, dass eine Ausgliederung seit Mitte 2015 der Fall gewesen sei. Schon vor diesem Zeitpunkt sei die Kanzlei für die Antragstellerin tätig gewesen, jedoch nicht ausschließlich. Die Ausgliederung sei zunächst aufgrund mündlicher Absprache erfolgt. Seit November 2015 liege ein Vertrag vor. Hierzu legt die Antragstellerin eine „Kooperations- und Vergütungsvereinbarung“ vom …. November 2015 vor.
Der Antragsgegner und die Beigeladene stellen keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 1 K 15.1546, verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist nach §§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des ablehnenden Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet. Die Urkundsbeamtin hat die der Antragstellerin entstandenen notwendigen Aufwendungen mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. November 2015 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf lediglich 1.190,10 € festgesetzt. Zu Recht hat sie hinsichtlich der geltend gemachten Reisekosten einen Differenzbetrag i. H. v. 468,43 €, von dem der Beklagte die Hälfte zu übernehmen hätte (234,22 €), nicht anerkannt.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt zur Anerkennungsfähigkeit der Aufwendungen für einen auswärtigen Rechtsanwalt aus (B.v. 26.6.2015 – 4 M 15.1062 – juris Rn. 11 f. m. w. N.):
„Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Eine Einschränkung des Inhalts, dass Reisekosten eines nicht am Sitz des Gerichts tätigen oder wohnenden Rechtsanwalts nur erstattungsfähig seien, wenn seine Zuziehung notwendig war, kennt die VwGO nicht. Die für den Zivilprozess insoweit in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO getroffene Regelung findet über § 173 VwGO keine Anwendung. Der Gesetzgeber wollte die Parteien im Verwaltungsprozess bei der Wahl eines Bevollmächtigten freier stellen …
Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO steht, wonach es sich um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen handeln muss … . Der daraus herzuleitende Grundsatz der Kostenminimierung ist bei der Anwaltswahl mit der Folge zu beachten, dass ohne nähere Prüfung Reisekosten eines Rechtsanwalts nur dann voll zu erstatten sind, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz seines Mandanten oder in dessen Nähe hat. Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beauftragte Rechtsanwalt seine Kanzlei weder am Wohnsitz des Mandanten noch am Gerichtssitz hat, sind grundsätzlich nur bei Vorliegen besonderer Gründe erstattungsfähig. Dies kann der Fall sein, wenn der beauftragte Anwalt etwa über Spezialkenntnisse verfügt und der Streitfall Fachfragen aus diesem Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass ein verständiger Beteiligter die Zuziehung eines solchen Anwalts für ratsam erachten wird. Ein anderer Grund, der die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts rechtfertigen kann, ist ein bestehendes besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Mandanten und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt …“
Besondere Gründe, die die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts in Gestalt des Klägerbevollmächtigten rechtfertigen, liegen hier nicht vor. Die durch dessen Einschaltung verursachten Mehrkosten sind deshalb nicht erstattungsfähig. Der in der Hauptsache zu entscheidende Streitfall, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Werbeanlage zum Inhalt hat, war nicht von besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit, so dass die Einschaltung eines über spezielle Kenntnisse verfügenden Rechtsanwalts nicht erforderlich war; solche werden im Übrigen auch nicht behauptet. Daneben sieht das Gericht für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (22.9.2015) kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Bevollmächtigten und der Antragstellerin, das gerade seine Einschaltung rechtfertigt. Selbst nach dem eigenen Vortrag des Bevollmächtigten bestand die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin erst seit Mitte 2015 und daher nicht länger als rund drei Monate. Auch eine gewisse Ausschließlichkeit der Rechtsberatung der Antragstellerin ist nicht gegeben; insoweit liegt keine Äußerung der Antragstellerin vor. Aus der am …. November 2015 geschlossenen „Kooperations- und Vergütungsvereinbarung“ ergibt sich für den davor liegenden Zeitraum nichts. Von einem „Hausanwalt“ kann daher angesichts der im September erst kurzzeitigen und nicht ausschließlichen oder schwerpunktmäßigen Tätigkeit des Bevollmächtigten für die Klägerin nicht gesprochen werden.
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei, eine Festsetzung des Streitwerts deshalb entbehrlich.