Aktenzeichen AN 12b D 18.00580
Leitsatz
Tenor
1. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die zulässige Disziplinarklage führt in Anwendung des Art. 11 BayDG zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
I.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche werden auch nicht geltend gemacht. Der Beklagte wurde im Disziplinarverfahren ordnungsgemäß belehrt und angehört (Art. 22 BayDG). Er konnte sich gemäß Art. 32 BayDG abschließend äußern.
II.
Nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung steht der dem Beklagten in der Disziplinarklage zur Last gelegte Sachverhalt fest. Demnach war der Beklagte Nutzer der Telefonnummer … und Gruppenadministrator der WhatsApp Chat session #334: … Vom Anwesen … * in … … aus hatte er die Möglichkeit in seiner Eigenschaft als Gruppenadministrator, den Chat mitzulesen und die eingestellten kinder- und jugendpornographischen Daten zu speichern und anderweitig zu versenden. Infolgedessen empfing, speicherte und versandte er eigeninitiativ im Zeitraum 5. Juli 2015 bis Ende April 2016 mindestens 2.000 bis 3.000 kinder- und jugendpornographische Schriften, was Ihm bekannt war. Der Beklagte hat sich demnach wegen der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften gemäß §§ 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 184c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 52 StGB strafbar gemacht. Dies führte zum einem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 22. August 2016 und zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die tatsächlichen Feststellungen in dem bezeichneten Strafbefehl sind zwar nicht bindend (Art. 55, 25 Abs. 1 BayDG), können aber gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt werden (BayVGH, U.v. 5.11.2014 – 16a D 13.1568 – juris), zumal den tatsächlichen Feststellungen in einem Strafbefehl eine erhebliche Indizwirkung zukommt (BayVGH, U.v. 11.7.2007 – 16a D 06.1183 – juris) und der Beklagte den Sachverhalt im Disziplinarverfahren in keiner Weise bestritten hat. Die Kammer hat die Ausdrucke der Lichtbilder aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft …, die ihr der Kläger zur Verfügung gestellt hat, zudem selbst in Augenschein genommen und festgestellt, dass auf mehreren Bildern Kinder abgebildet sind, die sexuelle Handlungen an sich oder anderen Personen vornehmen oder ihre Genitalien in allein auf das Geschlechtliche reduzierter Weise demonstrativ zur Schau stellen. Auf einem Bild ist ein Kind abgebildet, das einen erigierten Penis in den Mund einführt. Auf einem anderen Foto ist das Bild eines Kindes zu sehen, das einen Penis in der Hand hält. Zum Teil weisen die Aufnahmen gleichzeitig kinder- und tierpornographische Inhalte auf.
Darüber hinaus hat sich der Beklagte an Chats beteiligt und solche als Administrator der WhatsApp-Gruppe mitgelesen, in denen sich Männer unter vollständiger Missachtung der Würde und Schutzbedürftigkeit der Betroffenen über ihre sexuellen Phantasien in Bezug auf minderjährige Mädchen austauschten. Wegen der Einzelheiten dieses Verhaltens des Beklagten wird auf den in der Disziplinarklage wiedergegebenen Inhalt der Unterhaltungen des Beklagten mit seinen Chatpartnern verwiesen. Der Sachverhalt steht fest aufgrund der im Strafverfahren vorgenommenen Auswertung von elektronischen Speichermedien des Beklagten. Auch ist der Beklagten diesen Vorwürfen nicht entgegengetreten.
III.
Durch sein Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen und dadurch ein sehr schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).
Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Vorliegend ist eine solche Einordnung nicht möglich, da der Beklagte in Bezug auf den vorstehend dargestellten Sachverhalt als Privatperson gehandelt hat mit der Folge, dass das Handeln des Beklagten insoweit als außerdienstlich zu qualifizieren ist (vgl. BayVGH, U.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1889 – juris – m.w.N. zur Rechtsprechung).
Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten erfüllt auch die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Nach diesen Vorschriften ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt nach ständiger Rechtsprechung in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, B.v. 19.2.2003 – 2 BvR 1413/01, NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 25/14, juris Rn. 16; U.v. vom 28.7.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2011 (Az. 2 C 16/10) darauf abgestellt, dass bei außerdienstlichen Dienstvergehen regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis ausgelöst wird, wenn es sich um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Verhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG a.a.O). In Anknüpfung an diese Grundsätze sind die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Die von dem Beklagten begangene Straftat der Verbreitung kinderpornographischer Schriften ist gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB mit einer Freiheitstrafe von fünf Jahren belegt und führt zu einem erheblichen Ansehungsschaden für den Kläger, aber auch für die Beamtenschaft an sich.
Wer kinderpornographische Schriften verbreitet, erwirbt bzw. besitzt trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5/10; BayVGH, U.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1805).
Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Beachtung (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes verstoßen (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
IV.
Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt sehr schwer im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach Art. 11 BayDG ist auch angemessen und erforderlich.
Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5/10; U.v. 28.4.2010 – 16a D 08.2928 und U.v. 5.11.2014 – 16a D 13.1568). Der Beklagte hat mit dem Verbreiten, dem Erwerb und dem Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften ein sehr schweres Dienstvergehen begangen, sodass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis den Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Bewertung bildet.
Fallen einem Beamten – wie hier – mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BVerwG vom 8.9.2004 Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7). Somit bestimmt sich hier die zu bestimmende Disziplinarmaßnahme nach den durch den Beklagten begangenen Straftaten des Verbreitens, des Erwerbs bzw. Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften.
Für das Verbreiten, den Erwerb bzw. Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften gibt es keine Regeleinstufung, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung ist die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufen wird, wird hier maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5/10). Für die disziplinarische Ahndung des außerdienstlichen Verbreitens kinderpornographischer Schriften ist aus dem zum Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bei der Maßnahmebemessung deshalb auf einen Orientierungsrahmen bis zur Verhängung der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst abzustellen (OVG Thüringen, U.v. 8.8.2017 – 8 DO 568/16 – juris).
Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185). Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, U.v. vom 23.7.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229 und B.v. 20.12.2013 – 2 B 35.13, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, B.v. 5.3.2014 – 2 B 111.13 – juris).
Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den „Gleichklang zum Strafrecht“ auch BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, B.v. 14.5.2012 – 2 B 146.11, NVwZ-RR 2012, 658 und vom 25.5.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.
Zu Lasten des Beklagten fällt zunächst erschwerend ins Gewicht, dass er wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitstrafe von acht Monaten verurteilt worden ist. Dieses Strafmaß ist der Grenze angenähert, bei der das Beamtenverhältnis nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG bereits kraft Gesetzes endet.
Aufgrund der konkreten Tatumstände (insbesondere Anzahl, Inhalt der gespeicherten Bilddateien und Dauer des Verhaltens des Beklagten) ist das strafbare Verhalten des Beklagten als besonders verwerflich anzusehen (vgl. zur grds. Berücksichtigungsfähigkeit dieser Kriterien im Fall des Besitzes von kinderpornographischen Dateien BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 14.121 – juris).
So empfang, speicherte und versandte der Beklagte mindestens 2.000 bis 3.000 und somit eine hohe Anzahl kinder- und jugendpornographischer Schriften. Somit handelte es nicht um ein einmaliges Verhalten des Beklagten. Auch wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgeht, dass er – wie er gegenüber der Kriminalpolizeiinspektion … am 6. Mai 2016 darlegte – letztmalig am 30. April 2016 Bilder von minderjährigen Mädchen in Reizwäsche versandt hat und somit seine Aktivitäten nicht – wie im Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 22. August 2016 dargelegt wurde – bis zum 30. Juni 2016 andauerten, hat der Beklagte über einen nicht unbedeutenden Zeitraum von knapp zehn Monaten kinder- und jugendpornographisches Material verbreitet, erworben und besessen, wobei erschwerend hinzukommt, dass der Beklagte ohne das polizeiliche Einschreiten sein strafbares Verhalten fortgesetzt hätte.
Wie bereits dargelegt wurde, zeigen die beim Beklagten vorgefundenen realkinderpornographischen Bilddateien zum Teil den schweren sexuellen Missbrauch an und mit Kindern. So sind auf mehreren Bildern Kinder abgebildet sind, die auf verschiedene Weise sexuelle Handlungen an sich oder anderen Personen vornehmen oder ihre Genitalien in allein auf das Geschlechtliche reduzierter Weise demonstrativ zur Schau stellen. Zum Teil weisen die Aufnahmen gleichzeitig kinder- und tierpornographische Inhalte auf.
Der Umstand, dass der Beklagte das kinder- und jugendpornographische Material nicht nur erworben und besessen hat, sondern auch maßgeblich zu dessen Weiterverbreitung beigetragen hat, kommt erheblich erschwerend hinzu. Nicht entlasten kann den Beklagten in diesem Zusammenhang, dass er nach seinen Angaben in die Rolle des Gruppenadministrators der WhatsApp-Gruppe „hineingeschlittert“ ist. Denn selbst wenn der Beklagte sich um diese Position nicht aktiv bemüht hat, hätte er jederzeit die Möglichkeit gehabt, die Position des Gruppenadministrators seinerseits aufzugeben oder aber die WhatsApp-Gruppe zu verlassen. Erschwerend kommt hinzu, dass es in der WhatsApp-Gruppe nicht nur darum ging, kinderpornographisches Material untereinander zu tauschen, sondern innerhalb der Gruppe von Teilnehmern auch aufgezeigt wurde, wie man sich die reale Möglichkeit verschafft, aktiv kinderpornographische Aufnahmen anzufertigen.
Erschwerend ist ferner die Beteiligung des Beklagten an den unter III.2 der Klageschrift dargelegten Chatunterhaltungen zu sehen. In diesen Unterhaltungen wird der Missbrauch von Kindern drastisch geschildert und der Beklagte stellt sich so dar, dass er Freude am Missbrauch von Kindern hat. Im Verlauf dieser Unterhaltungen werden die Kinder und Jugendlichen zum bloßen Objekt sexueller Begierde degradiert, wobei es dem Beklagten um die Befriedigung eigener sexueller Bedürfnisse unter Außerachtlassung der Interessen und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Kinder und Jugendlichen ging (vgl. zur Berücksichtigung derartiger Chats als die Schwere des Dienstvergehens erhöhender Faktor BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 14.121 – juris). Soweit der Beklagte durch die Darlegung in der Klageerwiderung, dass das zwölf- bis vierzehnjährige Mädchen, das am Ende des Chat-Verlaufs auf einem Video gezeigt wurde, sich freiwillig und aus finanziellen Interessen heraus für die Aufnahmen zur Verfügung gestellt hat, sein Fehlverhalten zu relativieren versucht, verkennt der Beklagte, dass Minderjährige im Hinblick auf die Bildung eines autonomen Willens und in ihrer Einwilligungsfähigkeit stark eingeschränkt sind. Durch diese Aussage übersieht der Beklagte, dass Darsteller in kinder- und jugendpornographischen Schriften gerade nicht freiwillig handeln, sondern durch die Anfertigung derartiger Lichtbildaufnahmen missbraucht werden.
Der Umstand, dass die Verfehlungen des Beklagten bisher – soweit ersichtlich – nur seinen Vorgesetzten und den mit der Durchführung des Disziplinarverfahrens bzw. des Strafverfahrensbetrauten Amtsträgern bekannt geworden sind, kann nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Denn es hängt von Zufälligkeiten ab, ob derartige Vorgänge in die Öffentlichkeit geraten oder nicht. Derartige Zufälle dürfen sich im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern) weder zum Vor- noch zum Nachteil eines Beamten auswirken. Vielmehr ist die Frage, wie sich das disziplinarrechtlich zu beurteilende Verhalten auf den Achtungs- und Vertrauensanspruch des Betroffenen auswirkt, aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen, dem alle einschlägigen Umstände bekannt sind. Ein dergestalt objektiver Maßstab ist auch deshalb angebracht, weil es sich nicht mit Sicherheit ausschließen lässt, dass das Dienstvergehen des Beklagten, würde ihm ein Verbleiben im Beamtenverhältnis ermöglicht, in Zukunft noch bekannt werden könnte (vgl. zu alldem BayVGH, U.v. 28.4.2010 – 16 a D 08.2928 – juris).
Hinsichtlich der Form und der Gewichtung des Verschuldens des Beklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass das Tatsachengericht die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären muss, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert war. Denn hat der Beamte zum Tatzeitpunkt an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten oder kann eine solche Störung nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht ausgeschlossen werden und ist die Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten erheblich, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83.08 – BVerwGE 136, 173; B.v. 20.10.2011 – 2 B 61.10, vom 11.1.2012 – 2 B 78.11 und vom 7.11.2014 – 2 B 45/14 – alle juris). Im vorliegenden Fall gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte bei Tatbegehung schuldunfähig oder vermindert schuldunfähig gewesen sein könnte. So hat der Beklagte im Disziplinarverfahren keine hinreichend konkreten Tatsachen aufgezeigt, aus denen sich eine Schuldunfähigkeit oder eine verminderte Schuldunfähigkeit ergeben könnten. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, sich vom 7. Januar 2016 bis 15. März 2016 und somit in einem Zeitraum, der in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Tatzeitraum steht, aufgrund einer schweren depressiven Episode in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden zu haben, allerdings lässt sich dem in der vorgelegten Strafakte enthaltenen Entlassungsbericht des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin … vom 16. März 2016 nichts dafür entnehmen, dass der Beklagte sich im Tatzeitraum in einem Zustand der verminderten Schuldfähigkeit oder der Schuldunfähigkeit befunden hat. In dem Entlassungsbericht wird als Diagnose das Vorliegen einer depressiven Episode ohne psychotische Symptome genannt. Ein derartiger pauschaler Hinweis auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung im Tatzeitpunkt genügt indes nicht, um die Aufklärungspflicht des Gerichts auszulösen (BVerwG, B.v. 15.12.2017 – 2 B 59/17 – juris). Es besteht deshalb kein Anlass zur weiteren Sachaufklärung etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dies wäre eine Ermittlung „ins Blaue hinein“ (vgl. OVG Thüringen, U.v. 8.8.2017 – 8 DO 568/16 – juris). Eine derartige Aufklärungspflicht des Gerichts ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte gegenüber der Landesanwaltschaft … – Disziplinarbehörde – die ihm behandelnden Ärzte und Therapeuten von der Schweigepflicht entbunden hat. Daraus kann nicht zwingend gefolgert werden, dass es ärztliche Aussagen zur einer Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten gibt, die eine weitere Sachaufklärung im Disziplinarverfahren erforderlich machen würden. Aus dem Vorbringen des Beklagten, es habe im Tatzeitraum neben einer hohen psychischen Labilität eine sexuelle Deviation vorgelegen, erschließt sich nicht, inwiefern sich hieraus eine erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verbreiten, den Erwerb und den Besitz kinderpornographischen Materials ergeben kann. Insoweit fehlt es vollständig an der Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Bestätigungen als Anknüpfungspunkt für eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht. Soweit der Beklagte auf den zweiten stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Fachklinik verweist, der einem Suizidversuch folgte, kann daraus schon deshalb nichts für eine verminderte Schuldfähigkeit bzw. Schuldunfähigkeit des Beklagten abgeleitet werden, da dieser Klinikaufenthalt erst im März 2017 und somit nach den streitgegenständlichen Handlungen des Beklagten stattfand.
Die sonstigen Umstände, die zu Gunsten des Beklagten entlastend wirken, besitzen sowohl für sich betrachtet als auch in der Gesamtschau kein derartiges Gewicht, um den endgültigen Vertrauensverlust so zu relativieren, dass vorliegend von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.
Angesichts der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens können weder die bisher beanstandungsfreien dienstlichen Leistungen des Beklagten noch die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 12.7.2006 – 16a D 05.981). Selbst eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist – auch bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 – 2 B 79/11).
Auch das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem er noch nicht mit der Aufdeckung seiner Taten rechnen musste (BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris). Da sich die Handlungen des Beklagten über einen längeren Zeitraum erstreckten, handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat, die zu einer milderen Bewertung führen könnte (BayVGH, B.v. 5.11.2014 – 16a D 13.1568 – juris).
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte fällt die prognostische Gesamtwürdigung für den Beklagten negativ aus. Er hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Integrität des Beamtentums grundlegend zerstört. Der durch das als besonders verwerflich einzustufende Fehlverhalten hervorgerufene Ansehensverlust lässt ihn für eine weitere Verwendung als Beamter untragbar erscheinen. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass sich der Beklagte entsprechend der Bewährungsauflage (wohl erfolgreich) in Therapie begeben hat. Denn ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit kann nicht nur vorliegen, wenn der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen, sondern auch dann, wenn – wie vorliegend – die durch das Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist (vgl. OVG Thüringen, U.v. 8.8.2017 – 8 DO 568/16 – juris).
Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wegen der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des eingetretenen Vertrauensverlustes und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Schuldprinzip (BVerfG, B.v. 18.1.2008 – 2 BvR 313/07). Die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung ist hier geeignet und erforderlich, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus steht der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seine Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 – 1 D 2/03).
Nach allem war daher der Disziplinarklage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.