Aktenzeichen B 8 K 19.725
BAföG § 7 Abs. 3
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagtenpartei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Das Gericht konnte gem. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – in der Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
1. Die zulässige Versagungsgegenklage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat weder vor noch nach seinem Studienabbruch einen Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung nach § 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes – BAföG – für das Studium “Internationales Management”. Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht nach § 1 BAföG für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe des BAföG, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
Für den Zeitraum nach seinem Studienabbruch besteht schon mangels Ausbildung kein Anspruch auf Ausbildungsförderung mehr, § 1 BAföG.
Für den Zeitraum vor seinem Studienabbruch liegen die Fördervoraussetzungen nach Maßgabe des BAföG für den Kläger auch nicht vor. Es handelt sich bei seinem Studium “Internationales Management” an der Hochschule … nicht um eine nach § 7 Abs. 3 BAföG förderfähige Ausbildung:
1.1. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Bachelor-Studiengang “Internationales Management” gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG um eine “weiterführende allgemeinbildende und […] berufsbildende […] Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3” BAföG. Doch fehlen weitere Fördervoraussetzungen.
1.2 Eine andere Ausbildung wird nach einem Ausbildungsabbruch oder Fachrichtungswechsel gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG nur bei Vorliegen eines wichtigen oder unabweisbaren Grundes gefördert. Bei dem vom Kläger begonnenen Studiengang “Internationales Management” handelt es sich um eine andere Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG, da er im vorangegangenen Sommersemester ein Semester BWL an der Hochschule … studiert und daher seine Fachrichtung zum Wintersemester gewechselt hat.
Es handelt sich dabei um einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierten Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsart anstrebt. Dies ist beim Kläger der Fall. Es kann nach dem der zeitlichen Begrenzung der Förderung zugrundeliegenden Zweck der gesetzlichen Regelung vorliegend auch nicht nur von einer Verlagerung des Studienschwerpunktes gesprochen werden (in Abgrenzung zum Fachrichtungswechsel, vgl. BVerwG, B.v. 14.12.1979 – 5 ER 243/79 – FamRZ 1980, 834 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die betroffenen Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind oder sich bei einem Wechsel im vollen Umfang als anrechenbar erweisen (s.a. Ziff. 7.3.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz – BaföGVwV -; BVerwG, B.v. 10.11.1980 – 5 B 12/80 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 22.09.2008 – 12 C 08.1860 juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 15.01.2014 – 12 A 2001/12 – juris Rn. 4 ff.). Dies trägt der Kläger auch nicht vor, sondern lediglich, dass er sein neues Studium “Internationales Management” schnellstmöglich abschließen und sich viele Credits anrechnen lassen wolle. Bei einer nur teilweisen Anrechnung von Studienzeiten der früheren Ausbildung liegt stets ein Fachrichtungswechsel vor (BVerwG, B.v. 10.11.1980 – 5 B 12/80 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 22.09.2008 – 12 C 08.1860 juris Rn. 5).
Für die Anwendung des § 7 Abs. 3 BAföG ist nicht entscheidend, ob die Ausbildung vor dem Abbruch oder dem Fachrichtungswechsel nach dem BAföG gefördert wurde (vgl. BVerwG, U.v. 22.06.1989 – 5 C 42.88 – juris; U.v. 20.10.1989 – 5 C 33.88 – juris; OVG NW, B.v. 17.07.2014 – 12 A 1260/14 – juris).
1.3 Ein wichtiger oder unabweisbarer Grund i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BAföG kommt nicht in Betracht:
1.3.1
Die Regelvermutung des § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG für einen wichtigen Grund greift im Fall des Klägers nicht. Beim erstmaligen Fachrichtungswechsel oder Abbruch der Ausbildung wird in der Regel vermutet, dass die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (wichtiger Grund) erfüllt ist. Hier handelt es sich allerdings nicht um einen erstmaligen Fachrichtungswechsel. Der Kläger hat bereits an der Universität in D. Geologie studiert.
Das Studium der Geologie an der Universität D. ist grundsätzlich zu berücksichtigen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte oder entsprechendem Vortrag des Klägers ist davon auszugehen, dass das Geologie-Studium des Klägers im Ausland an der Universität D. in Bezug auf die Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsgang im Grunde – institutionell – vergleichbar ist, sodass § 7 Abs. 3 BAföG auch zur Anwendung kommt (vgl. Winkler, in BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Ed., Sept. 2020, § 7 BAföG, Rn. 42a mit weiteren Nachweisen).
Das Geologie-Studium an der Universität D. bleibt auch nicht in Anwendung von § 5a BAföG in Gänze unberücksichtigt. Bei der Leistung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Inland bleibt nach § 5a Satz 1 BAföG die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat, längstens jedoch bis zu einem Jahr unberücksichtigt. Das Studium in D. dauerte nach den Angaben des Klägers im behördlichen Verfahren allerdings deutlich länger als ein Jahr. Der Kläger hat dort nach seinen Angaben von Oktober 2011 bis Juli 2013 Geologie studiert.
1.3.2
Ein wichtiger Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG besteht abseits der Regelvermutung im Fall des Klägers unter Berücksichtigung seines Vorbringens im behördlichen und gerichtlichen Verfahren nicht:
a. Ein wichtiger Grund ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt eines “Neigungswandels”. Bei einem Wechsel des Studiengangs von BWL zu “Internationalem Management” kann schon nicht von einem beachtlichen Neigungswandel ausgegangen werden. Die Berücksichtigung eines Neigungswandels setzt zudem voraus, dass der Auszubildende vor der Aufnahme der Ausbildung davon ausgegangen ist, das zunächst gewählte Fach entspreche seiner Neigung (vgl. BVerwGE, U.v. 21.06.1990 – 5 C 45/87 – juris Rn. 11; U.v. 25.10.1989 – 5 C 25/86 – juris Rn. 15). Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger hat nach seinem Vorbringen bereits bei Einschreibung in den Studiengang BWL die Erkenntnis gehabt, dass ihm Internationales Management mehr zusage.
b. Es handelt sich bei dem an der Hochschule … begonnenen BWL-Studium auch nicht um ein förderungsunschädliches “Parkstudium”. Ein solches ist regelmäßig darin zu sehen, dass die auszubildende Person wegen hochschulrechtlicher Zulassungsbeschränkungen nicht in der Lage war, die Ausbildung von Anfang an in der Fachrichtung zu betreiben, die der Neigung am meisten entsprochen hätte und die Fachrichtung nach dem Wegfall des Hindernisses gewechselt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1990 – 5 C 67/86 – juris; s.a. Ziff. 7.3.12 BaföGVwV). Dem Kläger war das Studium “Internationales Management” aber nicht – allenfalls auf sehr absehbare Zeit, nämlich bis zur nächsten Einschreibungsmöglichkeit – “versperrt”. Es ist aufgrund seines Vortrages davon auszugehen, dass der Kläger, als er sich für das BWL-Studium im Sommersemester 2018 eingeschrieben hatte, die begründete Aussicht hatte, auch zum Studium “Internationales Management” zugelassen zu werden. Damit besteht aber gerade kein wichtiger Grund, vorher noch ein anderes Studium aufzunehmen. So genügt der Auszubildende z.B. in Fällen des Studienangebots im Jahresrhythmus, sofern die Gewissheit besteht, dass er zum nächstfolgenden Anfangstermin zugelassen wird, seiner Verpflichtung zu einer umsichtigen Planung und zielstrebigen Durchführung der Ausbildung nur, wenn er auf eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung solange verzichtet, bis er einen Studienplatz im Wunschstudium erhält (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.1989 – 5 C 25/86 – juris Rn. 16). Diese Gewissheit bestätigt sich letztlich darin, dass sich der Kläger zum Wintersemester 2018/2019 erfolgreich und ohne Weiteres in den Studiengang “Internationales Management” einschreiben konnte.
c. Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte erkennbar, weshalb dem Kläger die Fortsetzung seiner bisherigen Ausbildung vor Aufnahme des Studiums “Internationales Management” nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet hätte werden können, sodass von einem wichtigen Grund hätte ausgegangen werden können (vgl. etwa BVerwG, U.v. 23.09.1999 – 5 C 19/98 – juris Rn. 11). Auch hier ist auf die grundsätzlich abzuverlangende Verpflichtung zu verweisen, dass der Kläger auf eine andere förderungsfähige Ausbildung solange verzichtet, bis er seinen auf absehbare Zeit möglichen Studienplatz im Wunschstudium erhält (BVerwG, U.v. 25.10.1989 – 5 C 25/86 – juris Rn. 16).
Aus der damit verpassten Gelegenheit, im Rahmen des begonnenen BWL-Studiums Sprachkurse der Universität in Anspruch nehmen oder sich dadurch auf das Studium Internationales Management vorbereiten zu können, ergibt sich keine Unzumutbarkeit im Einzelfall.
Auch ein pauschaler Verweis auf etwaig bessere Berufschancen reicht nicht. Es ist bereits nicht hinreichend ersichtlich, inwiefern sich seine Berufschancen verbessern würden. Darüber hinaus erwächst daraus noch kein wichtiger Grund, da nicht davon auszugehen ist, dass für den Kläger Berufschancen infolge seines begonnenen BWL-Studiums nicht im ausreichendem Maße bestanden hätten.
1.3.3 Es liegt auch kein unabweisbarer Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG vor. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt die Annahme eines unabweisbaren Grunds für einen Fachrichtungswechsel voraus, dass es dem Studenten aus subjektiven, in seiner Person liegenden, oder aber objektiven Gründen unmöglich ist, das Studium in der gewählten Fachrichtung fortzuführen. Ihm muss im Ergebnis keine Möglichkeit der Wahl zwischen einer Fortsetzung der begonnenen Ausbildung und einem Wechsel der Fachrichtung bleiben (zuletzt BayVGH, B.v. 13.08.2019 – 12 ZB 18.2053 – juris Rn. 7; U.v. 14.10.2015 – 12 C 14.2417 – juris Rn. 12, mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, U.v. 19.02.2004 – 5 C 6.03 – juris Rn. 10). Die Beweggründe, die der Kläger für seinen Fachrichtungswechsel geschildert hat, deuten auf keine solche subjektiven oder objektiven Gründe hin, die ein Fortführen unmöglich machten. Ein Festhalten am BWL-Studium erscheint in Anbetracht des Vorbringens des Klägers unter Berücksichtigung des Zwecks der Ausbildungsförderung (s.o.) auch nicht “schlechterdings unerträglich” (vgl. zu diesem Begriff Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 162).
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung – ZPO -.