Aktenzeichen 24 Ca 495/17
StVO § 21
BGB § 288 Abs. 5
ArbGG § 12a
Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4.7.2002 (BRTV Bau) § 5 Nr. 7, § 7 Nr. 2.1, Nr. 3.1, Nr. 3.2, § 15 Nr. 1
Leitsatz
1. Ein Arbeitnehmer hat nach § 7 Nr. 3.1 Abs. 1 BRTV Bau auch dann einen tariflichen Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung (Kilometergeld) für mit einem von ihm gestellten Fahrzeug zurückgelegte Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn er die Fahrten nicht mit einem Kraftfahrzeug, sondern mit seinem Fahrrad zurückgelegt. (Rn. 45 – 51) (red. LS Alke Kayser)
2. Zum tariflichen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 7 Nr. 3.2 BRTV Bau auf Verpflegungszuschuss bei einer Abwesenheit von seiner Wohnung aus beruflichen Gründen von mehr als 10 Stunden in einem solchen Fall. (Rn. 37 – 40) (red. LS Alke Kayser)
3. § 288 Abs. 5 BGB findet auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung (Anschluss an LAG Köln BeckRS 2016, 74899; LAG Niedersachsen BeckRS 2017, 113805; s.a. LAG Baden-Württemberg BeckRS 2016, 73949). (Rn. 55) (red. LS Alke Kayser)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 302,66 € brutto (i.W. dreihundertzwei 66/100 EURO) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 53,17 € seit 15.03.2017, weiteren 4,09 € seit 15.04.2017, weiteren 44,99 € seit 15.05.2017, weiteren 61,35 € seit 15.06.2017, weiteren 32,72 € seit 15.07.2017, weiteren 16,36 € seit 15.08.2017, weiteren 44,99 € seit 15.09.2017, weiteren 44,99 € seit 15.10.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 649,20 € brutto (i.W. sechshundertneunundvierzig 20/100 EURO) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 104,00 € seit 15.03.2017, weiteren 5,20 € seit 15.04.2017, weiteren 93,60 € seit 15.05.2017, weiteren 136,80 € seit 15.06.2017, weiteren 79,20 € seit 15.07.2017, weiteren 43,20 € seit 15.08.2017, weiteren 93,60 € seit 15.09.2017 weiteren 93,60 € seit 15.10.2017 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Verzugsschaden in Höhe von 320 € (i.W. dreihundertzwanzig EURO) zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Der Kläger trägt 37/100, die Beklagte 63/100 der Kosten des Rechtsstreits.
6. Der Streitwert wird auf 1.829,02 € festgesetzt.
7. Soweit die Berufung nicht kraft Gesetzes statthaft ist, wird sie nicht gesondert zugelassen.
Gründe
I.
Die zulässige Klage ist, teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung der geltend gemachten Verpflegungszuschüsse i.H.v. insgesamt 302,66 € brutto (Ziffer 2, 7, 11, 16, 20, 24, 28 und 32 des Beklagtenschriftsatzes vom 07.11.2017), auf die Zahlung der geltend gemachten Fahrtkostenerstattung i.H.v. insgesamt 649,20 € brutto (Ziffer 3, 8, 12, 17, 21, 25, 29 und 33 des Beklagtenschriftsatzes vom 07.11.2017) sowie auf die Zahlung des geltend gemachten Verzugsschadens i.Hv. insgesamt 320 € (Ziffer 4, 9, 14, 18, 22, 26, 30 und 34 des Beklagtenschriftsatzes 07.11.2017) . Differenzlohnansprüche des Klägers wegen einer tariflichen Lohnerhöhung (Ziffer 1, 5, 6, 10, 15, 19, 23, 27 und 31 des Beklagtenschriftsatzes vom 07.11.2017) bestehen hingegen nicht.
Im Einzelnen:
1. Der Kläger hat für die geltend gemachten Monate Februar bis einschließlich September 2017 keine Differenzlohnansprüche wegen einer tariflichen Lohnerhöhung.
a. Der Anspruch des Klägers ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Der Gesamttarifstundenlohn für Lohgruppe 4 gem. § 5 Ziffer 3 BRTV Bau betrug gem. § 2 Abs. 6 TV Lohn/West von Februar bis einschließlich Mai 2017 19,09 € brutto und in der Zeit von Juni bis einschließlich September 2017 19,51 € brutto. Die Beklagte hat dem Kläger im Zeitraum Februar bis einschließlich April 2017 einen Stundenlohn i.H.v. 19,10 € brutto und ab Mai 2017 einen Stundenlohn i.H.v. 19,52 € brutto bezahlt.
b. Die von der Beklagten gewährte Zulage ist – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht anrechnungsfest.
aa. Ob eine Tariflohnerhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese.
Andernfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (BAG vom 23.09.2009, Az. 23.09.2009, Rn. 21, zitiert nach juris).
Dies ist der Fall, wenn die Zulage für eine Tätigkeit oder eine Leistung gewährt wird, für die der Tarifvertrag keine Gegenleistung vorsieht und der Arbeitgeber sich eine Anrechnung oder einen Widerruf nicht ausdrücklich vorbehalten hat (BAG vom 23.03.1993, Az. 1 AZR 520/92, AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang).
Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Das gilt auch, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist. Eine neben dem Tarifentgelt gewährte übertarifliche Zulage greift künftigen Tariflohnerhöhungen vor. Für den Arbeitgeber ist regelmäßig nicht absehbar, ob er bei künftigen Tariflohnerhöhungen weiter in der Lage sein wird, eine bisher gewährte Zulage in unveränderter Höhe fortzuzahlen. Dies ist für den Arbeitnehmer erkennbar und Grundlage einer sog. freiwilligen übertariflichen Zulage. Der Anrechnungsvorbehalt ist demgemäß bereits mit der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung oder Zulage hinreichend klar ersichtlich. Erhöht sich die tarifliche Vergütung, entspricht die Zulässigkeit der Anrechnung regelmäßig dem Parteiwillen, weil sich die Gesamtvergütung nicht verringert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der übertarifliche Vergütungsbestandteil als freiwillig oder anrechenbar bezeichnet worden ist. Es reicht aus, dass das Gesamtentgelt übertariflich ist. Der in diesem enthaltene übertarifliche Vergütungsbestandteil hängt von der Höhe des Tarifentgelts ab und ist deshalb variabel. Er entspricht in seiner rechtlichen Bedeutung weder einer anrechenbaren noch einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage (BAG vom 23.09.2009, Az. 23.09.2009, Rn. 21, zitiert nach juris).
Will der Arbeitnehmer geltend machen, das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt setze sich in Wahrheit aus dem Tarifentgelt und einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage zusammen, hat er tatsächliche Umstände vorzutragen, die den Schluss auf eine solche Vereinbarung erlauben. Andernfalls kann die Erhöhung des Tarifentgelts nur dann zu einem effektiv erhöhten Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers führen, wenn das Tarifentgelt das vereinbarte Entgelt übersteigt (BAG vom 23.09.2009, Az. 23.09.2009, Rn. 21, zitiert nach juris).
bb. Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze war die dem Kläger gewährte Zulage i.H.v. 0,45 € brutto pro Stunde auf künftige Tariflohnerhöhungen anrechenbar.
(1) Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Anrechenbarkeit haben die Parteien auch nach dem Vortrag des Klägers nicht getroffen.
(2) Aus dem Vortrag des Klägers wird auch nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist.
Aus dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die gewährte Zulage für eine Tätigkeit oder Leistung gewährt werden sollte, für die der BRTV Bau i.V.m. TV Lohn/West keine Gegenleistung vorsieht. Der Kläger erbringt und erbrachte im Arbeitsverhältnis zur Beklagten lediglich diejenigen Leistungen, die gemäß § 5 BRTV-Bau i.V.m. TV Lohn/West abgegolten werden sollten. Die Zulage sollte weder eine besondere Erschwernis noch eine zusätzliche Tätigkeit oder Leistung des Klägers abgelten.
Nach dem klägerischen Vortrag wurde die Zulage geleistet, weil er dem Vorarbeiter insbesondere im Hinblick auf die Maßgenauigkeit zur Hand gehen sollte. Hieraus ergibt sich aber – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht, dass die Zulage einen eigenständigen Leistungszweck über den dem Kläger zu gewährenden Gesamttarifstundenlohn hinaus aufweist. Vielmehr gehen die vom Kläger vorgetragenen Aufgaben – dem Vorarbeiter im Hinblick auf die Maßgenauigkeit zur Hand gehen – nicht über die in Lohngruppe 4 BRTV Bau enthaltene Tätigkeitsbeschreibung (selbständige Ausführung der Facharbeiten des jeweiligen Berufsbildes) hinaus.
Damit war die Zulage – wie die Beklagte zutreffend ausführt – auf künftige Tariflohnerhöhungen anrechenbar. Eine anderslautende betriebliche Übung konnte aufgrund der oben dargestellten Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts nicht entstehen.
2. Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung der geltend gemachten Verpflegungszuschüsse gem. § 7 Ziffer 3.2 BRTV Bau für den Zeitraum Februar bis einschließlich September 2017 in dem von ihm angegebenen Umfang, der insoweit unstreitig ist.
a. Gem. § 7 Ziffer 3.2 BRTV Bau erhält der Arbeitnehmer, wenn er ausschließlich aus beruflichen Gründen mehr als zehn Stunden von seiner Wohnung abwesend ist, einen Verpflegungszuschuss in Höhe von 4,09 € je Arbeitstag in Betrieben in den alten Bundesländern.
b. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Nachdem – mangels eines anderweitigen Vortrags der Beklagten – davon auszugehen ist, dass die Beklagte eine kostenlose Beförderung des Klägers mit einem von ihr gestellten Fahrzeug nicht übernehmen wollte und der Kläger damit mit einem eigenen Fahrzeug zu den einzelnen Baustellen fahren musste, war der Kläger aus beruflichen Gründen an den von ihm genannten streitgegenständlichen Arbeitstagen mehr als zehn Stunden von seiner Wohnung abwesend.
c. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist des § 15 Ziffer 1 BRTV Bau gewahrt.
3. Der Kläger hat gem. § 7 Ziffer 3.1 Abs. 1 BRTV Bau Anspruch auf die geltend gemachte Fahrtkostenabgeltung i.H.v. € 0,20 je gefahrenen Kilometer für die von ihm angegebenen Monate Februar bis einschließlich September 2017 in dem von ihm angegebenen Umfang, der insoweit unstreitig ist.
a. Nach einer Entscheidung des LAG München vom 24.05.2017 (11 Sa 58/17) ergibt sich die Erstattungsfähigkeit des Fahrrads aus einer Auslegung von Ziffer 3.1 des § 7 BRTV Bau. Das LAG München hat hierzu Folgendes ausgeführt:
aa. Haben die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag mit Rechtsnormen vereinbart, sind diese nach der objektiven Methode auszulegen. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfrei Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge, weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 23.06.2016, Az. 8 AZR 643/14; BAG vom 14.07.2015, Az. 3 AZR 903/13).
bb. Danach ergibt die Auslegung, dass auch die Nutzung eines Fahrrades eine Nutzung eines Fahrzeuges i.S.v. Ziff. 3.1 des § 7 BRTV darstellt.
Zunächst ergibt dies bereits die Auslegung des Wortlauts. Denn die Rede ist in dieser Ziff. 3.1 lediglich von einem Fahrzeug. Insoweit erscheint bereits der Wortlaut als eindeutig und insoweit nicht auslegungsfähig, als zwischen den Parteien völlig unstreitig auch ein Fahrrad ein Fahrzeug darstellt. Dabei ist es auch gleichgültig, ob es sich um ein Fahrzeug i.S.v. § 21 StVO handelt, da jedenfalls auch ein Fahrrad ein Fahrzeug im allgemein gebrauchten Wortsinne ist. Insoweit stellt sich bereits die Frage, ob nach der Wortlautauslegung ohnehin eine weitere Auslegung erforderlich ist. Zwar beinhaltet § 7 BRTV in Ziff. 3.1 keine ausdrückliche Erwähnung des Fahrrades, so dass die Vorschrift an sich auslegungsbedürftig dahingehend ist, ob sie auch den Begriff des Fahrrades erfasst. Die Wortlautauslegung, die aber primär vorzunehmen ist, spricht an sich bereits eindeutig auch für die Einbeziehung des Fahrrades.
Selbst wenn dies nicht als eindeutig anzusehen wäre, insbesondere unter Einbeziehung von Ziff. 2.1 des § 7 BRTV, wo die Rede von der Entfernung über die Bemessung der kürzesten Strecke mit einem PKW vorgenommen wird, so wäre nach den o.g. Auslegungsgrundsätzen jedenfalls der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen. Dieser muss sich auch aus den tariflichen Normen insoweit ergeben, als er dort seinen Niederschlag gefunden haben muss.
Aufgrund der von Seiten des Gerichts eingeholten Tarifauskunft der Tarifvertragsparteien ist aber von diesen eindeutig ein Wille dahingehend geäußert worden, dass die Tarifnorm auch das Fahrrad mit erfassen soll. Dies zeigen die eingeholten Auskünfte, in denen explizit dargelegt ist von allen drei tarifschließenden Parteien, dass der Begriff des Fahrzeuges auch das Fahrrad mit erfassen sollte, insbesondere im Hinblick auf die Abänderung des Tarifwortlauts im Jahre 2002. Dies sollte eine Vereinheitlichung und Verkürzung insoweit darstellen, dass lediglich noch die Fahrzeuge erwähnt werden und keine Differenzierung mehr vorgenommen werden sollte, so dass eine Vereinheitlichung und Verschlankung des Tarifvertrages eintreten sollte. Dieser tatsächlich geäußerte Wille der Tarifvertragsparteien findet auch seinen Niederschlag im Wortlaut in dem Begriff Fahrzeug, der wie oben erwähnt, auch das Fahrrad mit erfasst.
Schließlich ergibt sich dieses Auslegungsergebnis insoweit von der Systematik her, als der Tarifvertrag in § 7 Ziff. 2.1 BRTV zwar vom Personenkraftwagen spricht, aber ansonsten in der Regelung Ziff. 3.1 den Begriff Fahrzeug verwendet, wobei es nahegelegen hätte, hätte die Tarifregelung lediglich etwa motorgetriebene Fahrzeuge umfassen sollen, diesen Begriff zu verwenden und nicht den Begriff des Fahrzeuges, der völlig allgemein sämtliche Fahrzeuge aller Art erfasst.
Insofern ist, nachdem die Wortlautauslegung eindeutig ist, auch der Wille der Tarifvertragsparteien eindeutig geäußert wurde und vorliegt, eine weitere Auslegung entbehrlich. Insoweit ist insbesondere auch der tarifliche Gesamtzusammenhang nur für die Auslegung heranzuziehen, um den Anhaltspunkt für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien und den Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend zu ermitteln. Nachdem aber insbesondere der Wille der Tarifvertragsparteien eindeutig bestimmbar ist, kommt es auf den näheren Gesamtzusammenhang nicht mehr an.
Selbst wenn es insoweit zwar nachvollziehbar erscheint, dass es merkwürdig wäre, dass der Arbeitgeber durch das Zurverfügungstellen eines Fahrrades bereits die Fahrtkostenabgeltung ausschließen könne, da auch im weiteren Text der Ziff. 3.1 des § 7 BRTV die Formulierung Fahrzeug verwendet wird, so spricht dies grundsätzlich nicht gegen diesen Inhalt der Tarifnorm. Denn insoweit dürfte auch zu berücksichtigen sein, dass die Zurverfügungstellung eines Fahrrades für den Weg von der Wohnung zur Baustelle und auch die Nutzung des Fahrrades einen absoluten Ausnahmefall darstellen dürfte und daher von den Tarifvertragsparteien vernachlässigbar erschien. Eine Tarifauslegung gegen den ausdrücklichen Willen der Tarifvertragsparteien ist zudem auch dadurch gehindert, weil dies einen Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde. Denn das Gericht würde seine Ansicht an die Stelle der übereinstimmenden Äußerungen der Tarifvertragsparteien stellen. Dies ist nicht Aufgabe der Gerichte. Lediglich bei unklaren Regelungen und unklarem Willen der Tarifvertragsparteien, insbesondere etwa auch divergierendem Willen der Tarifvertragsparteien, kann allenfalls über die Auslegung ein bestimmtes Ergebnis herbeigeführt werden, jedoch nicht gegen den Willen der Tarifvertragsparteien.
b. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist gem. § 15 Ziffer 1 BRTV Bau gewahrt.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 5 Ziffer 7.2 BRTV Bau i.V.m. §§ 286, 288 BGB.
5. Der Anspruch auf den geltend gemachten sonstigen Verzugsschaden i.H.v. insgesamt 320 € ergibt sich aus § 288 Abs. 5 BGB.
Die Neuregelung des § 288 Abs. 5 BGB findet auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung (LAG Köln vom 22.11.2016, Az. 12 Sa 524/16, Rn. 58, zitiert nach juris; LAG Niedersachsen vom 20.04.2017, Az. 5 Sa 1263/16, Rn. 22, zitiert nach juris).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1, 98 ZPO. Als Kostenstreitwert wurden insgesamt 2.788,10 € (Nennwert der geltend gemachen Zahlungsansprüche) berücksichtigt.
III.
Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzen. Er entspricht dem Nennwert der zuletzt anhängigen Zahlungsanträge.
IV.
1. Gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG ist im Urteilstenor klarzustellen, ob die Berufung zugelassen wird. Für eine besondere Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 ArbGG bestand keine Veranlassung. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung aus anderen Gründen, insbesondere gemäß § 64 Abs. 2b ArbGG für den Fall, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,00 übersteigt.
2. Die Parteien können gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht in München einlegen. Im Einzelnen gilt das Folgende: