Arbeitsrecht

Festsetzung der Sachverständigenentschädigung

Aktenzeichen  3 B 14.1431

Datum:
18.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 50788
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 4 Abs. 1 S. 1, § 8, § 22

 

Leitsatz

1 Die gerichtliche Festsetzung der Sachverständigenentschädigung (§ 4 Abs. 1 JVEG) stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung, die auch niedriger ausfallen kann. Mit ihr wird die Festsetzung des Kostenbeamten gegenstandslos. (redaktioneller Leitsatz)
2 Nach dem JVEG ist die versäumte Arbeitszeit eines Sachverständigen nicht mehr zu entschädigen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 10.5125 2012-03-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

Die Sachverständigenentschädigung wird auf 1.763,22 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt antragsgemäß gemäß § 4 Abs. 1 JVEG. Zuständig ist die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 4 Abs. 7 Satz 1, 1. Halbsatz JVEG).
1. Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Mit dem Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung wird die Festsetzung durch den Kostenbeamten gegenstandslos. Die Berichterstatterin hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (vgl. BayLSG, B.v. 6.5.2015 – L 15 RF 9/15 – juris).
2. Die Sachverständigenentschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 27. Juli 2016 wird auf 1.763,22 € festgesetzt:
Fahrtkosten202,50 €
Terminsvorbereitung300,00 €
Reisezeiten712,50 €
Terminsteilnahme112,50 €
Übernachtung154,20 €
Zwischensumme1.481,70 €
MwSt. 19%281,52 €
Sachverständigenentschädigung1.763,22 €
Im Einzelnen:
a. Für die Fahrtkosten ist gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG ein Ersatz in Höhe von 202,50 € zu leisten (675 km à 0,30 €).
b. Für die Terminsvorbereitung erhält der Sachverständige gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG ein Honorar in Höhe von 300,00 € (4h à 75 €).
Die Vergütung erfolgt nach der Honorargruppe M 2 (75 €/h).
Mangels einer vereinbarten oder zugebilligten Vergütung nach § 13 JVEG richtet sich die dem Sachverständigen zustehende Vergütung nach § 9 Abs. 1 JVEG. Die Zuordnung eines Gutachtens zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Die dort normierten Voraussetzungen für die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 liegen nicht vor. Die Abgrenzung zwischen der hier zugrunde zu legenden Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 ist an Hand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlauts vorzunehmen, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden (Ist-Zustands-)Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einer medizinischen Verlaufsprognose vorbehalten sein. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 dient nach dem Wortlaut der Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen.
Ein Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen würde, war hier nicht zu bewältigen. Vielmehr war mittels eines Anamnesegesprächs eine Zustandsbegutachtung durchzuführen, bei der entsprechend der Diagnosekriterien der ICD-10 in erster Linie das Sexualverhalten des Klägers abzufragen und entsprechend der klägerischen Angaben – verminderte sexuelle Appetenz – eine sexuelle Präferenzstörung in der Form der Pädophilie zu verneinen war. Ein besonders hoher Schwierigkeitsgrad der gutachterlich zu klärenden Frage lässt sich insoweit nicht feststellen. Spezielle Kausalzusammenhänge waren nicht zu erörtern.
c. Für seine Reisezeiten erhält der Sachverständige gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG ein Honorar in Höhe von 712,50 € (8h à 75 € und 1 ½ h à 75 €).
d. Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2016 erhält der Sachverständige gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG ein Honorar in Höhe von 112,50 € (1 ½ h à 75 €).
e. Für die Übernachtung (26./27. Juli 2016) erhält der Sachverständige gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 JVEG, § 7 Satz 2 BRKG eine Entschädigung in Höhe von 154,20 €.
d. Der vom Sachverständigen reklamierte Arbeitszeitverlust von 6 Stunden (9 Stunden regelmäßige Arbeitszeit abzgl. 3 Stunden Erstattung für den wahrgenommenen Termin) kann nicht entschädigt bzw. vergütet werden. Unter der Geltung des JVEG ist die versäumte Arbeitszeit eines Sachverständigen nicht mehr zu entschädigen (vgl. BayLSG, B.v. 27.7.2016 – L 15 RF 9/16 – juris Rn. 27 ff).
2. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

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