Arbeitsrecht

Feststellungsinteresse

Aktenzeichen  4 AZR 518/12

Datum:
27.8.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 256 Abs 1 ZPO
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Kassel, 26. Mai 2011, Az: 3 Ca 14/11, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 2. März 2012, Az: 3 Sa 953/11, Urteil

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. März 2012 – 3 Sa 953/11 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 – 3 Ca 14/11 – abgeändert:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten, ob sich das monatliche Entgelt des Klägers ab dem 1. August 2006 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) in seiner jeweils gültigen Fassung und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) richtet.
2
Der Kläger und der – nicht tarifgebundene – Rechtsvorgänger der Beklagten, der Verein „P“, schlossen am 5. November 2001 einen Arbeitsvertrag, der unter anderem folgende Regelungen enthält:
        
„2.     
Einstellung
        
2.1.   
Herr U ist mit Wirkung vom 01.10.2001 beim Arbeitgeber als Sozialarbeiter angestellt. …
        
2.2.   
Der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) /Gemeinden gilt nur, soweit ausdrücklich in diesem Vertrag auf ihn Bezug genommen wird.
        
        
        
        
3.    
Vergütung
        
3.1.   
Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem BAT / Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung.
        
        
Der Mitarbeiter erhält eine Vergütung, die der Vergütungsgruppe IVb des BAT entspricht.
        
3.2.   
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, den Arbeitgeber sofort über alle Änderungen, welche die Berechtigung zum Bezug und die Höhe des Ortszuschlags betreffen, zu benachrichtigen. Im übrigen gelten die Regelungen des Paragraphen 29 BAT (Gemeinden).
        
3.3.   
Der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld wird in Anlehnung an den BAT gewährt, jedoch nur in der Höhe der Finanzierungsbewilligung des LWV.
        
3.4.   
Alle Verpflichtungen des Arbeitgebers stehen unter dem Refinanzierungsvorbehalt des LWV. Der Verein verfügt über keine eigenen Mittel zur Begründung des Arbeitsverhältnisses. Insofern sind Abschläge vom BAT möglich bis zur Höhe der zugesagten Refinanzierung.
        
4.    
Arbeitszeit
        
4.1.   
Die Arbeitszeit richtet sich nach den Bestimmungen des BAT (Gemeinden). Die Arbeitszeit beträgt gegenwärtig wöchentlich 28,88 Stunden.
        
4.2.   
…       
        
…       
        
        
11.     
Ausschlussfrist
        
        
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.
        
…“    
        
3
Am 1. Oktober 2005 traten der TVöD-VKA und der TVÜ-VKA in Kraft.
4
Für die Jahre 2005 bis einschließlich 2007 schloss der Kläger mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten jeweils Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag, die – zB für das Jahr 2007 – auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
        
„Zur Kompensation der veränderten Finanzierung im Betreuten Wohnen wird die Eingruppierung und Einstufung nach BAT für das Jahr 2007 beibehalten auf dem Stand 31.12.2004. Bewährungsaufstiege werden 2007 vollzogen zum entsprechenden Datum unter Berücksichtigung der Veränderungspause lt. Zusatzvereinbarung für das Jahr 2005.
        
Tarifliche Gehaltserhöhungen finden nicht statt.
        
Der Mitarbeiter ist damit einverstanden, dass für das Jahr 2007 kein Urlaubsgeld und kein Weihnachtsgeld gezahlt wird.
        
Sollte das Betriebsergebnis es zulassen, wird der Arbeitgeber im Dezember 2007 eine Sonderzahlung vornehmen.“
5
Anders als andere Arbeitnehmer des Rechtsvorgängers des Beklagten lehnte der Kläger eine entsprechende Vereinbarung für das Jahr 2008 gegenüber dem Rechtsvorgänger der Beklagten ab. Im Februar 2008 bot dessen Vorstand den Arbeitnehmern in einer Mitarbeiterversammlung die Einführung des TVöD-VKA mit der Maßgabe an, dass eine halbe Stunde Mehrarbeit zu leisten sei, eine Altersstufensteigerung nicht stattfinde und alle Sonderzahlungen freiwillig seien.
6
Mit einer im August 2009 eingereichten Klage begehrte der Kläger gegenüber dem Rechtsvorgänger des Beklagten beim Arbeitsgericht K die Feststellung, dass sich seine Vergütung nach dem TVöD-VKA richtet. Am 1. Oktober 2009 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf den ebenfalls nicht tarifgebundenen Beklagten über. Am 6. November 2009 schlossen der Kläger und der Rechtsvorgänger des Beklagten in dem zwischen ihnen geführten Rechtsstreit einen gerichtlichen Vergleich. Danach verpflichtete sich der Rechtsvorgänger des Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Frage der Geltung des TVöD-VKA an den Kläger eine Einmalzahlung zu leisten.
7
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 lehnte der Beklagte eine vom Kläger aufgrund einer Überleitung in den TVöD-VKA begehrte Eingruppierung und die Zahlung eines entsprechenden Entgelts ab.
8
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Parteien des Arbeitsvertrags hätten bei dessen Abschluss den Wegfall der Dynamik des Bundes-Angestelltentarifvertrags nicht bedacht. Diese Regelungslücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch Anwendung des TVöD-VKA in seiner jeweils gültigen Fassung einschließlich des TVÜ-VKA zu schließen. Dementsprechend sei er in das Entgeltsystem des TVöD-VKA überzuleiten.
9
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt
        
festzustellen, dass sich seine Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten ab dem 1. August 2006 nach dem TVöD-VKA in seiner jeweils gültigen Fassung, einschließlich des TVÜ-VKA richtet.
10
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags darauf verwiesen, der Arbeitsvertrag enthalte keine planwidrige Regelungslücke. Im Übrigen sei ein etwaiger Überleitungsanspruch des Klägers nach Nr. 11 des Arbeitsvertrags verfallen, jedenfalls verwirkt.
11
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision seinen Klageabweisungsantrag weiter.

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