Arbeitsrecht

Freistellung von Sachverständigenkosten und Rechtsanwaltshonorar

Aktenzeichen  7 TaBV 80/16

Datum:
13.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AuR – 2017, 464
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BetrVG § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 2 S. 1, § 29 Abs. 2 S. 3, S. 6, § 40 Abs. 1, § 50 Abs. 1, Abs. 2, § 51 Abs. 1 S. 1, § 80 Abs. 3, § 87 Abs. 1, § 111 S. 2
ArbGG § 9 Abs. 5 S. 3, S. 4, § 46 Abs. 2, § 66 Abs. 1 S. 2, § 83 Abs. 1, § 87 Abs. 2
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1, Abs. 2
ZPO § 81, § 85 Abs. 2, § 222, § 233, § 308 Abs. 1 S. 1
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3
RVG § 2 Abs. 1, § 3a

 

Leitsatz

Fasst der Gesamtbetriebsrat vor einer Prozessentscheidung des Erstgerichts nicht einen wirksamen Beschluss, mit dem ein Mangel bezüglich der Einleitung des Beschlussverfahrens geheilt wird, ist er damit grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung des Erstgerichts fehlerhaft ist. Fehlerhaft ist die Entscheidung dann, wenn das Erstgericht das rechtliche Gehör nicht gewährt hat. (Rn. 59 – 92)
1 Die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung führt nicht gem. § 9 Abs. 5 S. 3 und 4 ArbGG zu einer Verlängerung der Berufungsfrist. Der Lauf der Berufungsfrist und der Lauf der Berufungsbegründungsfrist bzw. der Beschwerdebegründungsfrist (§ 87 Abs. 2 ArbGG) des § 66 Abs. 1 S. 2 ArbGG beginnen bereits nach fünf Monaten (Bestätigung BAG BeckRS 2007, 40437). (Rn. 49) (red. LS Thomas Ritter)
2 In Fällen, in denen eine Fristversäumung auf Fehlern des Gerichts beruht, sind bei der Entscheidung über die Wiedereinsetzung vor allem die Grundrechte der Partei aus den Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG zu berücksichtigen. Nach dem Gebot eines fairen Verfahrens darf das Gericht aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten. Beruht die Fristversäumung auf einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung, sind die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung mit besonderer Fairness zu handhaben, es sei denn, die Rechtsmittelbelehrung ist offensichtlich falsch (Bestätigung BAG BeckRS 2007, 40437). (Rn. 55) (red. LS Thomas Ritter)

Verfahrensgang

8 BV 36/15 2016-06-30 Bes ARBGWUERZBURG ArbG Würzburg

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.06.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Sachverständigenkosten und Rechtsanwaltshonorar.
Der Antragsteller ist der Gesamtbetriebsrat der Antragsgegnerin. Der Vorsitzende des Antragstellers ist Herr S….
Die Antragsgegnerin betreibt in R…, G…, M…, Sa…, Sch…, B… und H… Handelslager, in denen jeweils ein örtlicher Betriebsrat gebildet ist.
Für die örtlichen Betriebsräte sind jeweils zwei Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat entsandt. Sie vertreten insgesamt 2.478 Stimmen.
In den verschiedenen Standorten existierten Collibetriebsvereinbarungen, die mit den örtlichen Betriebsräten abgeschlossen waren.
Die Beteiligten verhandelten ab Ende Juli 2010 über eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum Thema „Prämienlohn“.
Mit Schreiben vom 24.09.2010 (Bl. 60 d.A.) informierten die Prozessvertreter des Antragstellers den Prozessvertreter der Antragsgegnerin darüber, dass sie der „Gesamtbetriebsrat sowie die örtlichen Betriebsräte G… und H… mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Angelegenheiten und insbesondere mit der Beratung und Vertretung der Ausarbeitung einer Rahmenvereinbarung bzw. örtlicher Betriebsvereinbarungen beauftragt“ habe. In dem Schreiben heißt es:
Wir dürfen gleichwohl um Bestätigung bitten, dass die hier anfallenden anwaltlichen Gebühren von Ihrer Mandantschaft übernommen werden. Wie üblich sollte hier eine Vereinbarung auf Basis eines Stundenhonorars in Höhe von € 250,00 zzgl. MwSt. pro Aufwandsstunde erfolgen.
In zwei weiteren Schreiben vom 11.10.2010 und 20.10.2010 an den Prozessvertreter der Antragsgegnerin wiesen die Prozessvertreter des Antragstellers darauf hin, dass sie noch keine Bestätigung der Kostenübernahme erhalten hätten, und baten um eine Bestätigung. Eine Reaktion der Antragsgegnerin erfolgte nicht.
Unter dem 06.12.2010 baten die Prozessvertreter des Antragstellers den Prozessvertreter der Antragsgegnerin um Mitteilung, ob „hier die Verhandlungen geführt werden sollen“. Sie kündigten an, sie würden, sollten sie bis 13.12.2010 nichts mehr hören, dem Gesamtbetriebsrat empfehlen, die Einigungsstelle anzurufen.
Mit Schreiben vom 25.04.2012 bestätigte der Prozessvertreter der Antragsgegnerin gegenüber Frau Rechtsanwältin W… unter Bezugnahme auf ein Telefonat am 24.4.2012 einen Termin am 22.05.2012.
Am 16.07.2012 stellten die Prozessvertreter des Antragstellers diesem einen Betrag in Höhe von 11.262,52 € in Rechnung. Die Rechnung bezog sich auf den Zeitraum 30.07.2010 bis 06.12.2010. Die Bezahlung dieser Rechnung mahnten die Prozessvertreter des Antragstellers mit Schreiben vom 28.08.2012 und 24.09.2012 an.
Mit einer weiteren Kostenrechnung an den Antragsteller vom 28.12.2015 forderten dessen Prozessvertreter für ihre Tätigkeit im Zeitraum 04.04.2012 bis 13.12.2012 ein Honorar in Höhe von 15.533,07 €.
In einem Schreiben vom 01.09.2010 mit dem Betreff „BV Prämien Warensammler“ teilten die Prozessvertreter des Antragstellers der Antragsgegnerin mit, der Gesamtbetriebsrat habe sie mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt. In dem Schreiben forderten die Prozessvertreter die Antragsgegnerin auf, bis zum Abschluss einer Rahmenbetriebsvereinbarung nebst ergänzender örtlicher Betriebsvereinbarungen die Prämien im bisherigen Umfang weiterzuzahlen. Ferner heißt es in dem Schreiben:
Wir halten es auch für unzulässig und sehen hierin eine klare Behinderung der Betriebsratstätigkeit, wenn Sie in Ihrem Anschreiben an die Belegschaft vom 31.08.2010 den GBR bzw. die örtlichen Betriebsräte dafür verantwortlich machen wollen, durch entsprechende Druckausübung gegenüber der Belegschaft, dass ab dem September 2010 keine Prämien mehr gezahlt würden, wenn der Gesamtbetriebsrat nicht schnell eine der Antragsgegnerin genehme Betriebsvereinbarung abschließe.
Für dieses Tätigwerden stellten die Prozessvertreter des Antragstellers diesem unter dem 18.07.2012 eine Kostenrechnung in Höhe von 402,82 €.
Bezüglich dieser Kostenrechnung mahnten die Prozessvertreter die Antragsgegnerin unter dem 30.07.2012 die Begleichung an.
Unter dem 02.10.2012 teilte der Prozessvertreter der Antragsgegnerin den Prozessvertretern des Antragstellers mit, in der Honorarerfassung der Rechnung vom 16.07.2012 seien Fahrzeiten enthalten. Er könne sich nicht erinnern, ob bei seiner Mandantin eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach Fahrtzeiten wie Arbeitszeiten vergütet würden. Er schlug vor, eine um fünf Stunden gekürzte Rechnung zu übermitteln, die dann umgehend beglichen werden würde, ansonsten weitere Einwände gegen die erfassten und abgerechneten Zeiten vorbehalten würden.
Herr S… beauftragte die Prozessvertreter des Antragstellers am 10.12.2015 mündlich, bezüglich der genannten Rechnungen das Kostenfreistellungsverfahren durchzuführen.
Daraufhin wurde am 30.12.2015 das vorliegende Verfahren zum Arbeitsgericht Würzburg eingeleitet, mit dem der Antragsteller die Freistellung von den mit der Rechnung vom 27.04.2015 geltend gemachten Kosten anstrebt.
Am 14.01.2016 fand eine Sitzung des Antragstellers in G… statt. Zur Sitzung wurde u.a. für den Betriebsrat R… Herr Mi… eingeladen. Herr Mi… teilte Herrn S… am 08.01.2016 mit, ihm sei eine Teilnahme an der Sitzung am 14.01.2016 in G… nicht möglich, da er einen Termin in R… habe.
Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats lud für Herrn Mi… kein Ersatzmitglied, da Herr Mi… im Betrieb anwesend gewesen sei.
In der Sitzung am 14.01.2016 waren 1.721 Stimmen vertreten. Mit 1.721 Jastimmen beschloss der Gesamtbetriebsrat, die bereits erfolgte Einleitung des Verfahrens zu genehmigen.
Mit Schriftsatz vom 26.01.2016 bestritt die Antragsgegnerin, der Gesamtbetriebsrat habe einen Beschluss gefasst, wonach das Verfahren vor dem Arbeitsgericht eingeleitet und hierfür die Prozessvertreter des Antragstellers hätten beauftragt werden sollen.
Der Antragsteller trug mit Schriftsatz vom 19.05.2016 vor, die Einleitung des vorliegenden Verfahrens sowie die Beauftragung der Prozessvertreter seien in der ordentlichen Sitzung des Gesamtbetriebsrats am 14.01.2016 erfolgt. Hierzu legte der Antragsteller Kopien des Sitzungsprotokolles (auszugsweise) sowie des Einladungsschreibens vor.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2016 rügte die Antragsgegnerin, dass die Beschlussfassung unwirksam sei. Aus dem Sitzungsprotokoll ergebe sich, dass nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend gewesen seien. Es werde daher bestritten, dass alle Gesamtbetriebsratsmitglieder geladen bzw. für ein verhindertes Gesamtbetriebsratmitglied ein Ersatzmitglied geladen worden sei.
Am 09.06.2016 fand vor dem Arbeitsgericht eine mündliche Anhörung statt. Am Ende der Sitzung wurde Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 30.06.2016 bestimmt.
Mit Beschluss vom 30.06.2016 wurde der Antrag abgewiesen.
Der Antragsteller beschloss in seiner Sitzung am 10.11.2016, die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens zu genehmigen.
Der Antragsteller legte am 30.12.2016 gegen den Beschluss Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Nürnberg ein.
Das Erstgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Antrag unzulässig sei, weil es an einem ordnungsgemäßen Beschluss des Antragstellers fehle, das vorliegende Verfahren einzuleiten. Die Anwesenheit von lediglich 1.721 Stimmen gegenüber der Gesamtzahl von 2.478 Stimmen hätte vom Antragsteller erläutert werden müssen.
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 20.01.2017 zugestellt.
In der Rechtsmittelbelehrung ist der Hinweis enthalten, dass eine Beschwerde innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses eingelegt werden müsse. Danach heißt es, die Beschwerde sei bereits eingelegt. Im Anschluss daran lautet der Text der Rechtsmittelbelehrung:
Die Beschwerde muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses schriftlich begründet werden.
Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 01.02.2017 durch das Gericht darauf hingewiesen, dass die Frist zur Begründung der Beschwerde am 30.01.2017 abgelaufen sei, ohne dass eine Begründung vorliege.
Dieses Schreiben ging den Prozessvertretern des Antragstellers am 06.02.2017 zu.
Am 20.02.2017 beantragte der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete gleichzeitig die Beschwerde.
Der Antragsteller macht geltend, die Rechtsmittelbelehrungsei falsch gewesen.
Der Antragsteller macht geltend, das Erstgericht habe seine Entscheidung nicht darauf stützen dürfen, er, der Antragsteller, habe zu der von der Antragsgegnerin gerügten Thematik der Ladung der Gesamtbetriebsratsmitglieder und gegebenenfalls relevanter Ersatzmitglieder keinen konkreten Vortrag gebracht. Er habe mit Schriftsatz vom 19.05.2016 zu allen bis dahin vorgebrachten Einwendungen der Antragsgegnerin bezüglich der Beschlussfassung Stellung genommen. Er habe keine Gelegenheit erhalten, sich zu den erstmals im Schriftsatz vom 08.06.2016 geltend gemachten Einwendungen zu äußern. Das Erstgericht wäre verpflichtet gewesen, auf seiner Meinung nach bestehende Mängel hinzuweisen und ihm eine Schriftsatzfrist zu gewähren, um eine Heilung des Mangels zu ermöglichen.
Der Antragsteller macht geltend, aus Sicht des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden habe keine Verhinderung im Sinne der §§ 29 Absatz 2, 25 Absatz 1 Satz 2 BetrVG vorgelegen, da Herr Mi… im Betrieb anwesend gewesen sei.
Der Antragsteller beantragt,
ihm gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Antragsteller beantragt im Übrigen:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.06.2016, Az.: 8 BV 36/15, wird aufgehoben.
2. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller von den Kosten der A… Rechtsanwälte, P…straße xx, … N…, in Höhe von EUR 11.262,52 gemäß Kostenrechnung 2012000695 vom 16.07.2012 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 09.08.2012 freizustellen.
3. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller von den Kosten der A… Rechtsanwälte, P…straße xx, … N…, in Höhe von EUR 15.533,07 gemäß Kostenrechnung 2015001624 vom 28.12.2015 freizustellen.
4. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller von den Kosten der A… Rechtsanwälte, P…straße xx, … N…, in Höhe von EUR 402,82 gemäß Kostenrechnung 2012000705 vom 18.07.2012 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 31.07.2012 freizustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.
Weiter wird beantragt,
die Beschwerde des Beteiligten zu 1 als unzulässig zu verwerfen.
Die Antragsgegnerin macht geltend, die Beschwerde sei unzulässig. Es werde bestritten, dass ein ordnungsgemäßer Beschluss des Gesamtbetriebsrats zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gefasst worden sei.
Darüber hinaus sei die Beschwerde unzulässig, weil die Frist zu ihrer Begründung nicht eingehalten worden sei.
Die Antragsgegnerin führt aus, das Beschlussverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden, da für das Gesamtbetriebsratsmitglied Mi… ein Ersatzmitglied nicht geladen worden sei.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 87 Absatz 1 BetrVG, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 87 Absatz 2, 66 Absatz 1 ArbGG.
Die Beschwerde ist nicht unzulässig, weil der Antragsteller die Frist, innerhalb der die eingelegte Beschwerde zu begründen war, versäumt hat.
Allerdings ist die Begründung der Beschwerde erst nach Ablauf der in § 66 ArbGG vorgeschriebenen Frist erfolgt.
Gemäß § 66 Absatz 1 Satz 2 ArbGG beginnen beide Fristen, die für die Einlegung der Beschwerde und die für deren Begründung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des angefochtenen Beschlusses. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg wurde am 30.06.2016 verkündet. Die Frist zur Begründung der Beschwerde begann daher am 01.07.2016 und endete mit Ablauf des 30.01.2017, § 222 ZPO iVm §§ 187 Absatz 1, 188 Absatz 1 und Absatz 2 BGB. Dagegen ist die Beschwerdebegründung erst am 20.02.2017 bei Gericht eingegangen.
Eine klare gesetzliche Regelung, wie sich § 9 Absatz 5 Satz 3 und 4 und § 66 Absatz 1 zueinander verhalten, besteht nicht. Allerdings entspricht es einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die unterbliebene Rechtsmittelbelehrungnicht gem. § 9 Absatz 5 Satz 3 und 4 ArbGG zu einer Verlängerung der Berufungsfrist führt. Nach der auch zum neuen Recht ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beginnen der Lauf der Berufungsfrist und der Lauf der Berufungsbegründungsfrist bzw. der Beschwerdebegründungsfrist (§ 87 Absatz 2 ArbGG) des § 66 Absatz 1 Satz 2 ArbGG bereits nach fünf Monaten (Bundesarbeitsgericht ‒ 24.10.2006 ‒ 9 AZR 709/05; juris).
Dem Antragsteller war indes Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 233 ZPO.
Ein eigenes Verschulden ist dem Antragsteller nicht zur Last zu legen.
Es liegt auch kein Verschulden der Prozessvertreter des Antragstellers vor, das er sich zuzurechnen hätte, § 85 Absatz 2 ZPO.
Zwar hat insbesondere ein Rechtsanwalt die Rechtsprechung zu Beginn und Ende von Rechtsmittelfristen zu kennen. Beachtet ein Rechtsanwalt die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht, berechtigt dies in der Regel nicht, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Vorliegend beruht die Versäumung der Frist indes auf Fehlern des Erstgerichts.
In Fällen, in denen die Fristversäumung auf Fehlern des Gerichts beruht, sind bei der Entscheidung über die Wiedereinsetzung vor allem die Grundrechte der Partei aus den Art. 2 Absatz 1, 20 Absatz 3 und 19 Absatz 4 GG zu berücksichtigen. Nach dem Gebot eines fairen Verfahrens darf das Gericht aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten. Beruht die Fristversäumung auf einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung, sind die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung mit besonderer Fairness zu handhaben, es sei denn, die Rechtsmittelbelehrungist offensichtlich falsch (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 24.10.2006 ‒ 9 AZR 709/05; juris).
Das Erstgericht hat nach Ablauf der Fünfmonatsfrist eine Rechtsmittelbelehrungerteilt, die nicht nur entgegen der Rechtsprechung den Hinweis enthielt, dass die Beschwerde innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung „dieses Beschlusses“ eingelegt werden müsse. Dies allein würde nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen, da diese Rechtsmittelbelehrung, gemessen an der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, offensichtlich falsch ist. Das Erstgericht hat indes darüber hinaus, was zutreffend war, festgestellt, dass die Beschwerde bereits eingelegt sei, und dann darauf hingewiesen, dass die Beschwerde zwei Monate nach Zustellung des Beschwerde zu begründen sei. Durch diese individualisierte Form der Rechtsmittelbelehrunghat das Erstgericht den Eindruck vermittelt, die Begründungsfrist betrage zwei Monate ab der tatsächlichen Zustellung des Beschlusses vom 30.06.2016. Dies ist trotz der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geeignet, Unsicherheit bezüglich der Rechtsmittelfristen zu erzeugen, so dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens die beantragte Wiedereinsetzung zu gewähren war.
Die Beschwerde ist auch nicht deshalb unzulässig, weil, wie die Antragsgegnerin geltend macht, der Antragsteller keinen ordnungsgemäßen Beschluss gefasst habe, gegen die Entscheidung des Erstgerichts Beschwerde einzulegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, bedarf es zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung durch einen ordnungsgemäß beauftragten Verfahrensbevollmächtigten in der Regel keiner gesonderten Beschlussfassung des antragstellenden Gremiums. Nach den auch im Beschlussverfahren geltenden Vorschriften des § 81 ZPO iVm. § 46 Absatz 2 ArbGG ermächtigt die einmal erteilte Prozessvollmacht im Außenverhältnis ‒ in den zeitlichen Grenzen des § 87 ZPO ‒ zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln. Die Bevollmächtigung setzt eine wirksame Beschlussfassung des Gremiums voraus (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 15.10.2014 ‒ 7 ABR 53/12; juris).
Für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, ob der ursprünglich erteilten Vollmacht zur Einleitung des Beschlussverfahrens ordnungsgemäße Beschlüsse des Betriebsrats zugrunde lagen. Dies ist keine Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels, sondern der Zulässigkeit des Antrags. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung des Betriebsrats zur Einleitung des Verfahrens streiten (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 06.12.2006 ‒ 7 ABR 62/05; juris).
Die Beschwerde ist unbegründet.
Dabei kann dahinstehen, ob das Beschlussverfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden ist.
Für die Einleitung eines Beschlussverfahrens sowie die Entscheidung, hierfür einen Rechtsanwalt zu beauftragen, war ein Beschluss des Gesamtbetriebsrats erforderlich, §§ 51, 26 Absatz 2 Satz 1 BetrVG.
Als das Verfahren am 30.12.2015 eingeleitet wurde, lag ein entsprechender wirksamer Beschluss des Antragstellers nicht vor.
Die Prozessvertreter des Antragstellers waren zu diesem Zeitpunkt lediglich durch den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Herrn S…, beauftragt, das Verfahren einzuleiten. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Zwar hätte dieser Mangel durch einen Beschluss des Gesamtbetriebsrats genehmigt werden können. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gesamtbetriebsrat auf seiner Sitzung am 14.01.2016 auch gefasst.
Der Beschluss vom 14.01.2016 ist indes nicht wirksam zustande gekommen.
Die Wirksamkeit eines Beschlusses des Gesamtbetriebsrats setzt die ordnungsgemäße Ladung aller Mitglieder und gegebenenfalls der erforderlichen Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats voraus. Nach § 29 Absatz 2 Satz 3 BetrVG hat der Vorsitzende die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Für ein verhindertes Betriebsratsmitglied hat er nach § 29 Absatz 2 Satz 6 BetrVG das Ersatzmitglied zu laden. Die Einhaltung dieser nach § 51 Absatz 2 Satz 3 BetrVG auch für den Gesamtbetriebsrat geltenden Vorschriften ist wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Beschlusses (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 04.11.2015 ‒ 7 ABR 61/13; juris).
Zur Sitzung am 14.01.2016 ist entgegen § 29 Absatz 2 Satz 6 BetrVG für den nicht anwesenden Herrn Mi… ein Ersatzmitglied nicht geladen worden.
Herr Mi… war verhindert im Sinne der §§ 29 Absatz 2 Satz 6, 25 Absatz 1 BetrVG.
Verhindert ist ein Betriebsratsmitglied dann, wenn es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen sein Amt vorübergehend nicht ausüben kann. Dies ist in tatsächlicher Hinsicht regelmäßig bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit der Fall oder wenn die Abwesenheit – in Abgrenzung zur einer willkürlich behaupteten Verhinderung ‒ objektiv begründet und notwendig ist, so dass es für das Betriebsratsmitglied unzumutbar ist, sein Amt auszuüben.
Herr Mi… konnte am 14.01.2016 wegen seiner örtlichen Abwesenheit nicht an der Sitzung des Gesamtbetriebsrats teilnehmen. Er gehört dem Betrieb R…/Wü… an. Die Sitzung des Antragstellers vom 14.01.2016 fand in G… statt. Herr Mi… hatte dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats am 08.01.2016 mitgeteilt, dass er am 14.01.2016 wegen eines Termins in R… nicht an der Sitzung teilnehmen könne. Herr Mi… hatte somit eine anderweitige Verpflichtung, die er nicht gleichzeitig mit der Teilnahme an der Sitzung des Gesamtbetriebsrats wahrnehmen konnte. Vielmehr bestand eine zeitlich begründete Interessenkollision.
Diese Tatsachen sind unstreitig.
Aufgrund der Mitteilung des Herrn Mi… hätte ein Ersatzmitglied geladen werden müssen. Es stand insbesondere nicht dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats zu, eine Bewertung des Verhinderungsgrundes vorzunehmen.
Die Frage, welcher Verpflichtung ein Betriebsratsmitglied im Konfliktfall den Vorrang einräumt, entscheidet weder der Arbeitgeber noch das Gremium noch dessen Vorsitzender, sondern ausschließlich das betreffende Betriebsratsmitglied selbst.
Das Betriebsverfassungsgesetz geht davon aus, dass ein Betriebsratsmitglied ungeachtet der Themen einer Betriebsratssitzung für sich entscheiden soll, ob es wegen anderweitiger Pflichten an der Teilnahme an einer Sitzung des Betriebsrats gehindert ist. Diese Entscheidung über eine rein zeitliche Pflichtenkollision hat es eigenverantwortlich zu treffen und darüber zu befinden, welche Pflicht für ihn vorrangig wahrzunehmen ist. Das tatsächliche Vorliegen eines Verhinderungsgrundes aufgrund einer Pflichtenkollision hat der Vorsitzende grundsätzlich nicht nachzuprüfen. Allerdings ist es Aufgabe des Betriebsratsmitglieds, dem Betriebsratsvorsitzenden rechtzeitig das Vorliegen eines Verhinderungsgrundes anzuzeigen. Die Erfüllung dieser Pflicht wird dem Betriebsratsmitglied bereits durch die Angabe der zeitlichen und örtlichen Lage der Betriebsratssitzung ermöglicht (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 15.04.2014 ‒ 1 ABR 2/13 (B); juris).
Herr Mi… hat seine Verhinderung ordnungsgemäß mitgeteilt. Darüber hinaus sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der von Herrn Mi… geltend gemachte Termin in R… nicht bestanden hätte.
Die fehlerhaft unterbliebene Ladung eines Ersatzmitglieds führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses.
Allerdings hätte der Beschluss bis zum Erlass der Entscheidung des Erstgerichts nachträglich geheilt werden können.
Dies ist indes nach dem Vorbringen des Antragstellers frühestens am 10.11.2016 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war der Antrag des Antragstellers durch das Erstgericht bereits als unzulässig abgewiesen worden. Der den Antrag abweisende Beschluss wurde am Ende der Sitzung vom 30.06.2016 verkündet.
Eine Genehmigung durch eine nachträgliche Beschlussfassung ist nicht mehr möglich, wenn der Antrag bereits zu Recht mangels Beschlusses über die Durchführung des Verfahrens oder die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten als unzulässig abgewiesen worden ist. Durch eine nachträgliche Genehmigung darf einer zu Recht ergangenen Prozessentscheidung nicht die Grundlage entzogen werden (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 04.11.2015 ‒ 7 ABR 61/13 unter Hinweis auf den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes 17. April 1984 – GmS-OGB 2/83; juris).
Eine nachträgliche Genehmigung ist allerdings nicht ausgeschlossen, wenn die Prozessentscheidung rechtsfehlerhaft und deshalb aufzuheben ist.
Es ist zweifelhaft, ob die Entscheidung des Erstgerichts ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Bestreitet der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Gesamtbetriebsrats, hat der Gesamtbetriebsrat die Tatsachen vorzutragen, aus denen das Zustandekommen des Beschlusses folgt.
Die Antragsgegnerin hatte im Schriftsatz vom 26.01.2016 die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Antragstellers mit Nichtwissen bestritten. Demgemäß war der Antragsteller auch ohne gerichtlichen Hinweis gehalten, die Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergab, dass der Antragsteller einen rechtswirksamen Beschluss gefasst hatte.
Der Antragsteller hat auf die Rüge der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 19.05.2016 erwidert. Aus dem darin enthaltenen Vorbringen ergab sich, dass bei der Sitzung nicht alle Gesamtbetriebsratsmitglieder anwesend waren. Aus dem sonstigen Sachvortrag und den vorgelegten Unterlagen ergab sich nicht, warum eine vollständige Besetzung des Gremiums am 14.01.2016 nicht gegeben war. Dies wurde von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 08.06.2016 gerügt.
Das Erstgericht hätte daraufhin den Antragsteller veranlassen müssen, seinen Sachvortrag zu ergänzen.
Das Gericht muss den Gesamtbetriebsrat aufgrund des im Beschlussverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes zur Darlegung der Beschlussfassung und zur Vorlage etwaiger schriftlicher Unterlagen wie z.B. der Ladung und der Sitzungsniederschrift auffordern. Stellt sich heraus, dass die Verfahrenseinleitung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, hat das Gericht den Gesamtbetriebsrat im Regelfall auf die Möglichkeit einer Heilung des Verfahrensmangels hinzuweisen und ihm gleichzeitig Gelegenheit zu geben, die fehlende Beschlussfassung nachzuholen oder die fehlerhafte Beschlussfassung zu korrigieren. Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, ob es auf den Mangel hinweist und dem Gesamtbetriebsrat eine Frist zur ordnungsgemäßen Beschlussfassung setzt. Dabei kann es die Erteilung entsprechender Hinweise jedenfalls dann für entbehrlich halten, wenn bereits ein anderer Verfahrensbeteiligter auf den Mangel hingewiesen hat (Bundesarbeitsgericht aaO).
Eine entsprechende Aufforderung des Erstgerichts ist nicht erfolgt.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts war ein entsprechender Hinweis nicht entbehrlich.
Die Antragsgegnerin wies in ihrem Schriftsatz vom 08.06.2016 zwar darauf hin, dass sich aus dem vorgelegten Sitzungsprotokoll ergebe, dass nicht alle Gesamtbetriebsratsmitglieder anwesend waren und nicht klar sei, ob alle Gesamtbetriebsratsmitglieder geladen bzw. die Ersatzmitglieder geladen seien. Nach den zu diesem Zeitpunkt vorgetragenen Tatsachen war nicht klar, ob die Ladung zur Sitzung des Gesamtbetriebsrats ordnungsgemäß erfolgt war.
Nachdem auch die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt nicht behauptete, es liege ein Mangel in der Beschlussfassung vor, weil für Herrn Mi… ein Ersatzmitglied nicht geladen worden war, hätte das Erstgericht zumindest auf die Sachaufklärung hinwirken müssen.
Da dies unterblieben ist, vielmehr das Erstgericht am Ende der Verhandlung am 09.06.2016 einen Verkündungstermin bestimmte, ohne den Antragsteller auf Mängel im Sachvortrag hinzuweisen, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie der Aufklärungspflicht des § 83 Absatz 1 ArbGG vor.
Der Antragsteller konnte somit auch noch nach Erlass des Beschlusses am 30.06.2016 einen heilenden Beschluss fassen.
Ein entsprechender Beschluss des Antragstellers ist am 10.11.2016 erfolgt.
Ob der Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist, kann dahinstehen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 19.04.2017 eingewandt, dass dies nicht der Fall sei. Sie hat verschiedene konkrete Mängel gerügt.
Es war nicht erforderlich, den Sachverhalt insoweit aufzuklären. Der Antrag ist auch unbegründet. Es stünde mit dem Grundsatz der Prozessökonomie im Widerspruch, in aufwendiger Weise den Sachverhalt hinsichtlich der Frage, ob zur Sitzung des Gesamtbetriebsrats am 10.11.2016 dessen Mitglieder ordnungsgemäß geladen, insbesondere ob Ersatzmitglieder zu Recht geladen wurden, aufzuklären, wenn bereits feststeht, dass der Antrag in der Sache nicht begründet ist.
So verhält es sich vorliegend.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, von den Kosten freigestellt zu werden, die seine Prozessvertreter mit der Rechnung 2012000695 vom 16.07.2012 über 11.262,52 € bzw. mit der Rechnung 2015001624 vom 28.12.2015 über 15.533,07 € geltend gemacht haben, §§ 80 Absatz 3, 40 Absatz 1 BetrVG.
Die genannten Rechnungen betreffen nach dem Vorbringen des Antragstellers die Vergütung für die Tätigkeit als Sachverständige. Der Antragsteller beruft sich ausdrücklich darauf, es werde Vergütung für die Tätigkeit als Sachverständige geltend gemacht.
Der Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die dadurch entstehen, dass der Betriebsrat bzw. hier der Gesamtbetriebsrat einen Sachverständigen beauftragt, setzt eine nähere Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber voraus.
§ 80 Absatz 3 BetrVG eröffnet dem Betriebsrat die Möglichkeit, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Voraussetzung ist allerdings eine vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zumindest über den Gegenstand der gutachterlichen Tätigkeit, über die Person des Sachverständigen und über dessen Vergütung. Durch das Erfordernis einer Vereinbarung wird dem Arbeitgeber insbesondere die Möglichkeit eröffnet, im Hinblick auf die von ihm zu tragenden Kosten Einwendungen gegen die Beauftragung eines Sachverständigen zu erheben, dem Betriebsrat seinen Sachverstand oder eigene sachkundige Personen anzubieten und den Gegenstand der Beauftragung des Sachverständigen zuverlässig zu begrenzen. Ein Vergütungsanspruch setzt damit eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über seine Beauftragung voraus (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 11.11.2009 ‒ 7 ABR 26/08; Juris).
Eine solche Vereinbarung ist nicht getroffen worden.
Dass der Antragsteller selbst auf die Antragsgegnerin zugegangen ist, ist nicht ersichtlich, insbesondere von ihm nicht geltend gemacht worden.
Auch eine direkte Vereinbarung zwischen den Prozessvertretern des Antragstellers und der Antragsgegnerin ist nicht zustande gekommen.
Die Prozessvertreter des Antragstellers haben sich zwar mit Schreiben vom 24.09.2010 an die Antragsgegnerin gewandt, angezeigt, dass sie vom Antragsteller sowie den örtlichen Betriebsräten G… und H… mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Angelegenheiten betraut worden seien, und darum gebeten, zu bestätigen, dass die anfallenden Gebühren von der Antragsgegnerin übernommen würden. Die erwünschte Bestätigung hat die Antragsgegnerin indes zu keinem Zeitpunkt abgegeben. Damit liegt auch keine Vereinbarung vor.
Eine Bestätigung kann insbesondere nicht im Schreiben der Prozessvertreter der Antragsgegnerin vom 02.10.2012 gesehen werden. Das Schreiben bezieht sich auf die Rechnung vom 16.07.2012 und enthält ein Vergleichsangebot des Inhalts, dass die Vergütung um die Fahrtzeiten gekürzt werden sollte. Das Angebot ist indes von den Prozessvertretern des Antragstellers abgelehnt worden.
Allerdings kommt vorliegend jedenfalls bezüglich der Kostenrechnung 2015001624 auch eine Vergütung nach § 40 BetrVG in Betracht. Es bestehen insbesondere Zweifel daran, dass die Prozessvertreter des Antragstellers insoweit als Sachverständige tätig waren.
Nach § 40 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Diese Regelung gilt gemäß § 51 Absatz 1 Satz 1 BetrVG für den Gesamtbetriebsrat entsprechend. Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören auch Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder in einem Einigungsstellenverfahren der Betriebsrat zur Durchsetzung oder Ausübung eines von ihm in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrechts für erforderlich halten durfte. Das gilt auch dann, wenn der Betriebsrat einen Rechtsanwalt im Vorfeld eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens oder eines Einigungsstellenverfahrens einschaltet, um seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte durchzusetzen oder wahrzunehmen. Der Arbeitgeber kann nach § 40 Absatz 1 BetrVG zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verpflichtet sein, wenn ein Rechtsanwalt vom Betriebsrat reklamierte Mitbestimmungsrechte gegenüber dem Arbeitgeber außergerichtlich geltend macht oder im Rahmen eines konkreten Konfliktes erwägt, dies zu tun, und die anwaltliche Tätigkeit darauf gerichtet ist, die beschlossene Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens entbehrlich zu machen. Entsprechendes gilt, wenn der Betriebsrat einen Rechtsanwalt damit beauftragt, Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu führen. Dabei geht es um die Ausübung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechte im Vorfeld eines Einigungsstellenverfahrens mit dem Ziel, die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens entbehrlich zu machen. Die Regelungen in § 80 Absatz 3 BetrVG und § 111 Satz 2 BetrVG beschränken das Recht des Betriebsrats auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts außerhalb von gerichtlichen Streitigkeiten und Einigungsstellenverfahren nicht dahingehend, dass dies nur bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich und ansonsten nur aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber in Betracht kommt. Ein Rechtsanwalt kann auch in anderen Fällen hinzugezogen werden, wenn der Betriebsrat dies zur sachgerechten Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben für erforderlich halten darf.
§ 80 Absatz 3 BetrVG und § 111 Satz 2 BetrVG sind zwar die alleinigen Rechtsgrundlagen für die Heranziehung sachkundiger Personen durch den Betriebsrat zum Zwecke seiner Beratung außerhalb von arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren. Diese Regelungen finden keine Anwendung, wenn es um die Vertretung des Betriebsrats bei der Durchsetzung oder Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren oder in deren Vorfeld geht. Die Aufgabe eines Sachverständigen iSd § 80 Absatz 3 BetrVG (und eines Beraters iSd § 111 Satz 2 BetrVG) ist es, die fehlende Sachkunde des Betriebsrats zu ersetzen, ihn also hinsichtlich konkreter Fragestellungen zu beraten, um ihn in die Lage zu versetzen, die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sachkundig führen zu können. Eine Tätigkeit als Sachverständiger bzw. als Berater ist etwa anzunehmen, wenn der Rechtsanwalt zur Beratung über eine vom Arbeitgeber vorgeschlagene komplexe Betriebsvereinbarung oder zur Ausarbeitung des Entwurfs eines schwierigen Interessenausgleichs hinzugezogen wird. Dagegen ist es weder Aufgabe eines Sachverständigen noch Aufgabe eines Beraters, als Vertreter des Betriebsrats aufzutreten und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu führen (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 14.12.2016 ‒ 7 ABR 8/15; juris).
Bei der Beurteilung, ob ein Rechtsanwalt als Sachverständiger handelt, kommt es nicht auf seine Ansicht bzw. die Ansicht des Betriebsrats an. Vielmehr ist dies nach objektiven Gesichtspunkten zu bewerten.
Nach seinem Sachvortrag wurden die Prozessvertreter des Antragstellers im Rahmen von Verhandlungen um eine (neue) betriebliche Einigung für eine Prämienregelung tätig. Während sich die Tätigkeit der Prozessvertreter, die der Rechnung vom 16.07.2012 (2012000695) zugrunde lag, auf die Prüfung und Überarbeitung des Arbeitgeberentwurfs eines Gesamtbetriebsvereinbarung zu dieser Thematik bezog, liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit, auf die sich die Kostenrechnung 2015001624 bezieht, in Verhandlungen über den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung. Dies ergibt sich aus Stundenaufstellung, die der Antragsteller vorgelegt hat.
Auch unter dem Gesichtspunkt des § 40 Absatz 1 BetrVG ist die Kostenrechnung indes nicht berechtigt.
Es ist bereits fraglich, ob die Tätigkeit für den Antragsteller erforderlich im Sinne des § 40 Absatz 1 BetrVG war.
Erforderlich sind nur Kosten, die sich aus der Tätigkeit des Betriebsrats ergeben. Dies setzt voraus, dass die Kosten durch das Tätigkeitwerden im eigenen Zuständigkeitsbereich verursacht worden sind. Nur soweit der Betriebsrat oder einzelne Betriebsratsmitglieder berufen sind, Betriebsratstätigkeit auszuüben, können sie die Erstattung der Kosten bzw. die Freistellung davon fordern. Der Arbeitgeber muss sich nicht mit unnötigerweise verursachten Kosten belasten lassen.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller für den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung „Prämienregelung“ originär zuständig war, § § 50 Absatz 1 BetrVG.
Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegt grundsätzlich dem von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählten Betriebsrat. Dem Gesamtbetriebsrat sind nach § 50 Absatz 1 BetrVG nur solche Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und für die ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung besteht. Ein solches kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Davon ist etwa auszugehen, wenn der Arbeitgeber im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung zu einer Maßnahme oder Leistung nur betriebsübergreifend bereit ist. Kann er über deren „Ob“ mitbestimmungsfrei entscheiden, so kann er ebenso mitbestimmungsfrei darüber befinden, ob eine solche Maßnahme oder Leistung überbetrieblich erfolgen soll. Entscheidet er sich dazu, begründet das eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Unterliegt aber bereits das „Ob“ der Maßnahme oder Leistung der Mitbestimmung, vermögen weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch der bloße Wunsch des Arbeitgebers nach einer betriebsübergreifenden Regelung eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats herbeizuführen (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 23.08.2016 ‒ 1 ABR 43/14).
Zwar stellt möglicherweise die Frage der Zahlung von Prämien eine Angelegenheit dar, die mehrere Betriebe der Antragsgegnerin betreffen. Es sind indes keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hierfür zwingend eine betriebsübergreifende Regelung erforderlich ist. Hierzu haben die Beteiligten nichts vorgetragen.
Im Gegenteil ergibt sich aus dem Vorbringen der Beteiligten, dass auf örtlicher Ebene Betriebsvereinbarungen zu dieser Thematik bestanden. Darüber hinaus beruft sich keiner der Beteiligten darauf, die Antragsgegnerin sei lediglich betriebsübergreifend zur Zahlung einer Prämie bereit.
Dafür, dass die örtlichen Betriebsräte dem Antragsteller gemäß § 50 Absatz 2 BetrVG ein Mandat für den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung erteilt hätten, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
Es war nicht erforderlich, den Sachverhalt insoweit näher aufzuklären.
Auch wenn eine Zuständigkeit des Antragstellers gegeben gewesen wäre, wäre die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, den Antragsteller von den in den Kostenrechnungen geltend gemachten Ansprüchen freizustellen.
Die Prozessvertreter des Antragstellers haben auf der Basis eines Stundensatzes von 250,00 € abgerechnet. Dies entspricht nicht § 2 Absatz 1 RVG. Danach werden die Gebühren für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts nach dem Gegenstandswert berechnet. Etwas anderes gilt allerdings, wenn eine Vergütungsvereinbarung im Sinne des § 3a RVG vorliegt. Dies ist indes nicht der Fall. Zum einen fehlt es bereits an einer entsprechenden Einigung zwischen dem Antragsteller und seinen Prozessvertretern bzw. zwischen der Antragsgegnerin und den Prozessvertretern des Antragstellers. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zum anderen bedarf eine Honorarvereinbarung der Textform. Eine derartige Erklärung insbesondere der Antragsgegnerin liegt nicht vor.
Die Prozessvertreter des Antragstellers könnten somit allenfalls ‒ vorausgesetzt, es war die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats überhaupt gegeben ‒ nach § 2 Absatz 1 RVG abrechnen (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 14.12.2016 ‒ 7 ABR 8/15; juris).
Das erkennende Gericht war nicht gehalten, selbst eine (neue) entsprechende Kostenrechnung zu erstellen. Das in § 308 Absatz 1 Satz 1 ZPO ausdrücklich normierte Prinzip der Bindung des Gerichts an die Parteianträge gilt in gleicher Weise für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren (Bundesarbeitsgericht ‒ Beschluss vom 20.12.1988 ‒ 1 ABR 63/87; juris). Der Antragsteller hat die Freistellung von der mit den Kostenrechnungen 2012000695 und 2015001624 geltend gemachten Vergütungen beantragt. Die Neuberechnung der Anwaltsvergütung auf einer anderen Grundlage stellt ein aliud dar.
Es besteht somit kein Anspruch auf die beantragte Freistellung.
Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, den Antragsteller von der Vergütung aus der Kostenrechnung 2012000705 vom 18.07.2012 freizustellen. Die hierin geltend gemachten Anwaltskosten beziehen sich auf das anwaltliche Schreiben vom 01.09.2010. Es erschließt sich nicht, inwieweit das Schreiben vom 01.09.2010 an die Antragsgegnerin erforderlich im Sinne des § 40 Absatz 1 BetrVG war.
Zum einen bestand keine Veranlassung, die Antragsgegnerin aufzufordern, die Prämien aus den gekündigten Betriebsvereinbarungen zu zahlen. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Prämien weitergezahlt hat.
Darüber hinaus war der Antragsteller nicht dafür zuständig, die Zahlung der Prämien von der Antragsgegnerin einzufordern. Soweit es die Ansprüche einzelner Arbeitnehmer betraf, waren sie von den Arbeitnehmern selbst geltend zu machen. Auch wenn man ein kollektives Verlangen annimmt, bestehende Betriebsvereinbarungen umzusetzen, waren hierfür allenfalls die örtlichen Betriebsräte zuständig.
Schließlich ist nicht ersichtlich, warum es veranlasst war, die Antragsgegnerin darauf hinzuweisen, dass aus Sicht des Antragstellers eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit vorlag. Der Antragsteller hat hierzu keinerlei Tatsachen vorgetragen.
Die Beschwerde war daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde wurde gemäß §§ 92, 72 Absatz 1 ArbGG zugelassen.

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