Aktenzeichen M 15 M 17.70434
AsylG § 80
Leitsatz
1 In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts. Dieser beträgt nach § 30 Abs. 1 S. 1 RVG in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000,- €, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500,- €. (Rn. 8) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Sofern der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Gegenstandswert sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls als “unbillig” erweist, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen. Wird im Rahmen einer asylrechtlichen Untätigkeitsklage lediglich die ergebnisoffene Fortsetzung des Asylverfahrens beansprucht, entspricht es daher gerichtlicher Praxis, den Gegenstandswert im Klageverfahren nur auf 2.500,- € festzusetzen (vgl. VG München BeckRS 2016, 47879). (Rn. 9 – 10) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Wird im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht lediglich die Fortsetzung des Asylverfahrens erstrebt, sondern muss das Bundesamt aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung beim Kläger auch das Vorliegen von Abschiebungshindernissen infolge einer psychischen Erkrankung prüfen, rechtfertigt dies eine Festsetzung des Gegenstandswerts der Untätigkeitsklage auf 5.000,- €. (Rn. 10) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2017 im Verfahren M 15 K 16.33172 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Am 26. September 2016 erhob der Kläger und Erinnerungsgegner eine Untätigkeitsklage, die darauf gerichtet war, die Beklagte und Erinnerungsführerin zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zu gewähren, weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Nachdem die Beklagte und Erinnerungsführerin einen ablehnenden Bescheid erlassen hatte, wurde das Verfahren nach beidseitigen Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 (M 15 K 16.33172) in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 14. November 2017 beantragte der Kläger, die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf 492,54 Euro festzusetzen (ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 5.000,- Euro).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts München ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000,- Euro die notwendigen Aufwendungen des Klägers auf insgesamt 492,54 Euro fest.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017, eingegangen am 22. Dezember 2017, hat die Beklagte und Erinnerungsführerin hiergegen die Entscheidung des Gerichts beantragt. Streitgegenstand der Untätigkeitsklage sei allein die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag gewesen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts von 5.000,- Euro sei daher unbillig. Das Klageziel sei weder von der Bedeutung noch vom Aufwand vergleichbar mit einer Sachentscheidung durch das Gericht.
Die Urkundsbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 15 K 16.33172 verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung (§ 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO) ist zulässig aber unbegründet.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts (§ 30 Abs. 1 RVG, § 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000,- Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500,- Euro.
Das Gericht kann allerdings nach § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls „unbillig“ ist.
Im vorliegenden Fall sieht das Gericht den Gegenstandswert des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 5.000,- Euro nicht als unbillig an, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nicht nur die Fortsetzung des Asylverfahrens durch die Beklagte war. Diese hatte vielmehr u.a. als Folge des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2014 (Verfahren M 7 K 13.30492) zu prüfen, ob beim Kläger Abschiebungshindernisse aufgrund einer psychischen Erkrankung vorliegen. Nachdem das Bundesamt trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Klägerbevollmächtigte nicht tätig geworden ist, hat diese Untätigkeitsklage erhoben (Verfahren M 15 K 16.33172) und die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes oder von Abschiebungshindernissen beantragt. Dieses Klagebegehren ist ausnahmsweise aufgrund der verfahrensrechtlichen und prozessualen Vorgeschichte von der Bedeutung für den Kläger und insbesondere im Hinblick auf den Aufwand für die Klägerbevollmächtigte vergleichbar mit einer nicht im Rahmen einer Untätigkeitsklage beantragten (Sach-) Entscheidung durch das Gericht. Der Aufwand für die Klägerbevollmächtigte war aufgrund der Vorgeschichte im vorliegenden Fall nicht deutlich geringer, sondern unterscheidet sich vielmehr vom Aufwand her gerade von den Untätigkeitsklagen in anderen dem Gericht bekannten Konstellationen, in denen seitens der Klagepartei lediglich die – ergebnisoffene – Fortsetzung des Asylverfahrens beantragt wird und in denen das Gericht in ständiger Praxis einen Gegenstandswert von 2.500,- Euro festsetzt (vgl. Urteil vom 4.5.2016 – M 15 K 16.30647).
Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Erinnerungsverfahren nach § 164 VwGO ist unabhängig von der in § 83b AsylG vorgeschriebenen Gerichtskostenfreiheit (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 16.10.2014 – 11 B 789/14.A – NVwZ-RR 2015, 359, juris Rn. 26) gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Anlage 1 Kostenverzeichnis).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).