Arbeitsrecht

Genehmigung zur gewerbsmäßigen Ausbildung von Hunden

Aktenzeichen  M 23 K 18.5799

Datum:
27.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42556
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 Buchst. f, § 15 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1. Zum Nachweis der Sachkunde i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung durch Unterlagen aus einer Ausbildung eines privaten Anbieters, die nicht als mit einer Ausbildung bei einer öffentlich-rechtlichen Institution gleichwertig anerkannt ist, muss sich aus den Unterlagen eine hinreichende Fachkompetenz der Prüfer bzw. Ausbilder ergeben.
2. Für den Nachweis der hinreichenden Fachkompetenz von Ausbildern bzw. Prüfern privater Ausbildungsstätten wird von den Ausbildern und Prüfern – prüfungstypisch – eine gegenüber ihren Absolventinnen und Absolventen gehobene Qualifikation gefordert werden können.
3. ….

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼.
IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Soweit die Beteiligten das Verfahren mit Hinblick auf die Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Die verbleibende zulässige Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
Die Beklagte hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung noch auf Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Antragsablehnung war vielmehr rechtmäßig.
Die Klägerin begehrt eine Genehmigung zur gewerbsmäßigen Ausbildung von Hunden nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f i.V.m. § 21 Abs. 4b TierschG. Diese Tätigkeit ist seit dem 1. August 2014 erlaubnispflichtig. Für die Erlaubnisvoraussetzungen findet weiterhin § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung Anwendung, weil es bislang an einer Rechtsverordnung i.S.d. § 11 Abs. 2 TierSchG fehlt (§ 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG).
Danach darf eine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Ausbilden von Hunden nur erteilt werden, wenn die für die Tätigkeit verantwortliche Person aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) hat. Nach§ 11 Abs. 1 Satz 3 TierSchG a.F. sind Nachweise über die Sachkunde beizufügen.
Im vorliegend maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. VG Ansbach, U.v. 17.10.2016 – AN 10 K 16.630 – juris Rn. 25) hat die Klägerin indes keinen vollen Nachweis über ihre Sachkunde erbracht. Der Systematik des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a. F. folgend obliegt es demjenigen, der eine Erlaubnis zum Führen einer gewerblichen Hundeschule beantragt, seine Sachkunde hinreichend nachzuweisen (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.2.2017 – OVG 5 S 6.16 – juris Rn. 4; OVG Lüneburg, B.v. 31.1.2017 – 11 ME 278/16, juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 18.8.2015 – 9 CE 15.934 – juris Rn. 16). Demnach liegt- wovon der Klägerbevollmächtigte aber ausgeht – kein Ermittlungsdefizit der Beklagten vor, wenn sich diese darauf beschränkt, die von Klageseite vorgelegten Unterlagen einer Überprüfung zu unterziehen, ohne ihrerseits weitere Ermittlungen anzustellen.
Der Begriff der Sachkunde unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.2.2017 – OVG 5 S 6.16 – juris Rn. 5; OVG Lüneburg, B.v. 31.1.2017 – 11 ME 278/16, juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 18.8.15 – 9 CE 15.934 – juris Rn. 17). Das Gericht ist daher an die durch die Beklagte dargelegten Kriterien für den Nachweis hinreichender Sachkunde grundsätzlich nicht gebunden.
Der Antragsteller kann seine Sachkunde in einem ersten Schritt auf zwei selbständig nebeneinander stehenden Wegen belegen: Zum einen durch eine Ausbildung und zum anderen durch den bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgang mit Tieren. In beiden Fällen kann die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG zuständige Behörde in Zweifelsfällen in einem zweiten Schritt einen (weiteren) Nachweis in Gestalt eines mit ihr zu führenden Fachgesprächs verlangen. Damit wird dem Antragsteller lediglich eine weitere Möglichkeit geboten, im Rahmen seiner Darlegungs- und Nachweislast den Sachkundenachweis zu erbringen (OVG Lüneburg, B.v. 31.1.2017 – 11 ME 278/16, juris Rn. 7; VG München, U.v. 22.2.2017 – M 23 K 16.13 – juris Rn. 29 f.).
Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgewiesene Ausbildung durch einen privaten Anbieter, die nicht als mit einer Ausbildung bei einer öffentlich-rechtlichen Institution gleichwertig anerkannt ist, müssen die vorgelegten Unterlagen, durch welche die erforderliche Sachkunde nachgewiesen werden soll, ergiebig sein im Hinblick auf die Fragen, welche Inhalte in welchem Umfang vermittelt wurden, ob diese Inhalte vom Erlaubnisbewerber auch verinnerlicht wurden und wiedergegeben werden können, sowie welche Fachkompetenz die jeweiligen Ausbilder hatten (BayVGH, B.v. 31.3.2017 – 9 ZB 16.2601 – juris Rn. 13; OVG Lüneburg, B.v. 27.1.2016 – 11 ME 249/15 – juris). Den Unterlagen muss sich entnehmen lassen, was genau zu einer bestimmten Thematik vermittelt worden sein soll, über welche fachliche Kompetenz die Ausbilder bzw. Prüfer verfügen, ob Erfolgskontrollen durchgeführt wurden und welche Maßstäbe hierfür angelegt wurden, die über eine bloße Teilnahme an einer Veranstaltung hinaus einen Wissensfortschritt belegen können (VG Würzburg, U.v. 11.2.2019 – W 8 K 18.1005 – juris Rn. 36).
Ausgehend von diesen Vorgaben ist nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sowie ihrem sonstigen Vorbringen der Nachweis, dass sie für die beantragte Tätigkeit die erforderliche Sachkunde aufweist, zur Überzeugung des Gerichts zumindest nicht vollständig geführt.
Zwar bestehen keine Bedenken gegen den Umfang des Ausbildungsinhalts. So hat auch die Beklagte ausdrücklich die Ausbildungs- und Prüfungsinhalte unbeanstandet gelassen und deswegen zuletzt in der mündlichen Verhandlung nur noch ein angepasstes praktisches Fachgespräch verlangt.
Jedoch verbleiben im Hinblick auf die praktischen Fertigkeiten der Klägerin gewisse (Rest-) Zweifel dahingehend, ob die Klägerin den Ausbildungsinhalt bezogen auf ihre praktischen Fertigkeiten verinnerlicht hat. So fehlt es an dem ihr obliegenden Nachweis hinreichender Fachkompetenz der Ausbilder bzw. Prüfer. Der Nachweis über die Fachkompetenz der Ausbilder bzw. Prüfer soll der zuständigen Behörde und dem Gericht die Überprüfung ermöglichen, ob der erfolgreiche Abschluss einer entsprechenden Prüfung unter Beteiligung unabhängiger und im Hinblick auf tierschutzrechtliche Belange ausreichend sachkundiger Prüfer erfolgt ist. Hiermit einhergehend wird von den Ausbildern und Prüfern – prüfungstypisch – ohne weiteres eine gegenüber ihren Absolventinnen und Absolventen gehobene Qualifikation gefordert werden können.
Dieser Nachweis ist der Klägerin – auch unter Berücksichtigung der zuletzt von der C… eingereichten Bescheinigung vom 16. November 2019 – jedenfalls im Hinblick auf die bei der C… abgelegte praktische Prüfung und dem Erstgespräch – nicht gelungen, sodass sie ihrer Darlegungs- und Nachweislast nicht vollständig zur Genüge nachgekommen ist. Dabei erkennt das Gericht zwar an, dass die Prüfer der Praktischen Prüfung und des Erstgesprächs wohl eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Hunden durchaus mitbringen. Dies gilt etwa für die Prüferin Frau J. Ihre Anerkennung als Sachverständige zur Abnahme von Wesenstest ist jedoch dem Sicherheitsrecht zuzuordnen. Diese Qualifikation lässt keinen Rückschluss auf die -hier alleine maßgebliche – erforderliche tierschutzrechtliche Sachkunde zu. Ebenso wenig lässt ihr Beratungsschwerpunkt „Mensch-Hund Beziehung“ einen solchen Rückschluss zu. Dieses Defizit wird vorliegend auch nicht durch die Beteiligung der Frau D. ausgeglichen. Zwar ist diese ausweislich der C…-Bescheinigung eine von einer Tierärztekammer zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin, womit ein Mindestmaß an tierschutzrechtliche Sachkunde einhergehen dürfte. Allerdings ist für sie keine gegenüber ihren Absolventinnen und Absolventen – prüfungstypisch üblicherweise gegebene – gehobene Qualifikation dargelegt. Gleiches gilt für die im Erstgespräch eingesetzte Prüferin Frau E. Für die ebenfalls im Erstgespräch mitwirkende Frau L. fehlt es gänzlich am Nachweis eigener Sachkunde im Bereich des Tierschutzes.
Die damit auch zur Überzeugung des Gerichts bestehen bleibenden Restzweifel berechtigten die Beklagte, von der Klägerin ein dem konkreten Fall angepasstes praktisches Fachgespräch zu verlangen wie es die Beklagte zuletzt in der mündlichen Verhandlung angeboten hat. Insoweit kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die Beklagte zum Nachweis der Sachkunde stets die aktive Mitwirkung eines Amtstierarztes an der Prüfung eines Privatinstituts fordern darf (so wohl VG Würzburg, B.v. 2.4.2015 – W 5 E 15.224 – juris Rn. 38).
Auch dem von Klageseite thematisierten Einwand, wonach die von der Beklagten gewählte Ausgestaltung des Fachgesprächs als „dreiteilige Prüfung“ nicht mit dem Tierschutzgesetz konform sei und überdies gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz verstoße, braucht vorliegend nicht nachgegangen zu werden, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung – und damit im vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung – ausdrücklich nur noch ein angepasstes praktisches Fachgespräch unter Verzicht auf die Durchführung des D.O.Q-Test und auf den mündlichen Teil des Fachgesprächs angeboten hat, das vorliegend zweifelsohne geeignet wäre, die Verinnerlichung der praktischen Ausbildungsinhalte zu belegen.
Nachdem die Klägerin die Teilnahme an diesem von der Beklagten angebotenen praktischen Fachgespräch in der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat, besteht auch kein Raum für eine Verpflichtung der Beklagten zur Neuverbescheidung.
Gegen die von der Beklagten in den Ziffern 4 und 5 getroffenen Nebenentscheidungen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ergibt sich für die Ziffer 5 aus der Bescheidsbegründung eindeutig und zutreffend, dass die durch die sachverständige Gutachtenerstellung des Veterinäramts entfallenden Kosten nicht als Auslagen erhoben werden, vielmehr als hinzuzurechnende Gebühr.
Die Klage war demzufolge abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt im Hinblick auf die Klageabweisung aus § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt bezüglich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits den Rechtsgedanken des § 161 Abs. 2 VwGO. Danach entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Hauptsache. Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten des für erledigt erklärten Klageverfahrens dem Beklagten aufzuerlegen und diese Kosten mit ¼ der Gesamtkosten zu bemessen. Schließlich dürfte die Klage im Hinblick auf die Ziffern. 2 und 3 des Bescheids erfolgreich gewesen sein. Im Hinblick auf Ziffer 3 fehlte es bereits an den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, da der Bescheid in Ziffer 2 weder bestandskräftig (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG) war noch von Gesetzes wegen (Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG) oder aufgrund Anordnung sofort vollziehbar war (Art. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG). Im Übrigen erweist sich die Untersagungsverfügung der Ziffer 2 nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als nicht erforderlich, da die Klägerin keinen Anlass gegeben hat, gegen das ohnehin ohne Genehmigung bestehende Verbot der gewerbsmäßigen Hundeausbildung, zu verstoßen und sie überdies versichert hatte, der begehrten Tätigkeit nicht ohne Genehmigung nachzugehen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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