Aktenzeichen RO 3 K 16.829
SGB VIII SGB VIII § 72a
BaySchFG BaySchFG Art. 16, Art. 18, Art. 41
BayEUG BayEUG Art. 59, Art. 94
Leitsatz
Die Duldung einer Unterrichtstätigkeit ist nicht mit einer erteilten Unterrichtsgenehmigung gleichzusetzen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Mit Einverständnis der Beteiligten kann vorliegend ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Einzelrichterin legt den Antrag der Klägerseite sinngemäß dahingehend aus, dass der Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger zusätzlichen Betriebszuschuss für die Lehrerwochenstunden von Herrn R … im Haushaltsjahr 2015 zu gewähren, ferner dass der Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 2. November 2015, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht, aufgehoben wird und dass der Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 19. April 2016 aufgehoben wird; hilfsweise, dass der Beklagte verpflichtet wird, über den Antrag auf Gewährung weiteren Betriebszuschusses für die Fachakademie für Heilpädagogik Regensburg unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Denn Gegenstand dieser Klage ist nicht der mit Bescheid des Beklagten vom 2. November 2015 gewährte Betriebszuschuss, sondern der Betriebszuschuss, der darüber hinaus betreffend die Unterrichtsstunden von Herrn R … nicht gewährt wurde. Auch der Widerspruch war auf die versagte Bezuschussung der Lehrerwochenstunden der Lehrkraft R … beschränkt gewesen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Betriebszuschüsse nach Art. 41 BaySchFG durch Gewährung weiteren Lehrpersonalzuschusses wegen des Unterrichtseinsatzes von Herrn R … im Haushaltsjahr 2015.
Es besteht auch kein Anspruch des Klägers, dass der Beklagte über den Antrag auf Gewährung weiterer Betriebszuschüsse neu entscheidet.
Der Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 2. November 2015 – soweit er Streitgegenstand ist – und der Widerspruchsbescheid vom 19. April 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Für den notwendigen Personal- und Schulaufwand staatlich anerkannter Berufsfachschulen, Fachschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen und Fachakademien erhält der Schulträger einen Zuschuss (Betriebszuschuss) in entsprechender Anwendung von Art. 16 Abs. 1 BaySchFG und Art. 18 BaySchFG mit der Maßgabe, dass der Versorgungszuschlag 25 v.H. beträgt (Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BaySchFG). Art. 18 Abs. 1 Satz 5 BaySchFG schreibt vor, dass bei der Berechnung der Lehrpersonalzuschusses nur solche Unterrichtsstunden berücksichtigt werden, die von Lehrkräften erteilt werden, die für die Schulart voll ausgebildet bzw. schulaufsichtlich genehmigt sind und deren Besoldung bzw. Entgelt sich nach der Vorschriften für vergleichbare staatliche Lehrkräfte richtet.
Gemäß Art. 18 BayEUG ist die Fachakademie eine berufliche Schule. Nach dem Akteninhalt ist die Fachakademie für Heilpädagogik, die der Kläger betreibt, eine staatlich anerkannte berufliche Schule in privater Trägerschaft; für die Frage der Unterrichtsgenehmigung gilt Art. 94 BayEUG.
Die Unterrichtsgenehmigung nach Art. 94 BayEUG wird erteilt, wenn die Anforderungen an die fachliche und pädagogische Ausbildung nachgewiesen werden und die Anforderungen an die persönliche Eignung erfüllt sind (Art. 94 Abs. 1 BayEUG). Gemäß Art. 94 Abs. 1 Satz 2 BayEUG sind die Anforderungen an die persönliche Eignung einer Lehrkraft erfüllt, wenn in der Person der Lehrkraft keine schwerwiegenden Tatsachen vorliegen, die einer unterrichtlichen oder erzieherischen Tätigkeit (Art. 59 Abs. 1 Satz 1 BayEUG) entgegenstehen. Gemäß Art. 94 Abs. 1 Satz 3 BayEUG liegt die persönliche Eignung insbesondere dann nicht vor, wenn die Lehrkraft rechtskräftig wegen einer Straftat nach §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuches verurteilt worden ist.
Unstreitig lag für die Tätigkeit von Herrn R … eine schulaufsichtliche Genehmigung im Sinne des Art. 18 Abs. 1 Satz 5 BaySchFG im Haushaltsjahr 2015 nicht vor.
Art. 18 Abs. 1 Satz 5 BaySchFG lässt insoweit auch keine Duldung einer Unterrichtstätigkeit von Lehrkräften genügen. Die „Duldung“ durch die Regierung der Oberpfalz ist nicht mit der erteilten Unterrichtsgenehmigung gleichzusetzen. Inhaltlich stellt sie nicht mehr als ein bloßes Untätigbleiben – gerade auch hinsichtlich einer Untersagung der Unterrichtstätigkeit nach Art. 95 BayEUG – dar. Die Duldung der Unterrichtstätigkeit von Herrn R … mit E-Mail vom 17. August 2015 ist mit der Erteilung der Unterrichtsgenehmigung auch weder von der Form noch vom Wortlaut her gleichzusetzen. Auch die darin enthaltene Bedingung, dass der Schulträger die „Antwort des StMBW auf das Schreiben der KJF vom 12. 08.2015 akzeptieren wird“, ist erkennbar nicht erfüllt. Denn das Schreiben des Staatsministeriums vom 23. September 2015 hält am Erfordernis der Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses fest, was die Klägerseite gerade nicht akzeptieren wollte und will. Insofern liegt bei der Beklagtenseite auch kein widersprüchliches Verhalten vor. Den Unterricht zu dulden, liegt ggf. im Interesse an der (bloßen) Durchführung des Schulbetriebs in der Erwartung, dass der Schulträger während des Unterrichtsbetriebs die Aufsichtsbehörde durch Vorlage der aus seiner Sicht erforderlichen Genehmigungsunterlagen noch in die Lage versetzt, die Unterrichtsgenehmigung zu erteilen. Alternative wäre die Unterrichtsuntersagung nach Art. 95 BayEUG, bei der aber die Schulaufsichtsbehörde hinreichende Erkenntnisse darüber haben muss, dass die Lehrkraft die erforderliche Eignung nicht besitzt. Dies war aus Sicht des Beklagten aber ebenso noch offen. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Verhalten des Schulträgers, eine Lehrkraft ohne schulaufsichtliche Genehmigung einzusetzen, finanziell unterstützt werden muss, wenn es letztlich nicht zum Ausspruch der Unterrichtsgenehmigung kommt.
Aus dem Wortlaut in Art. 18 Abs. 1 Satz 5 BaySchFG – „… Lehrkräften…schulaufsichtlich genehmigt sind“ – ergibt sich auch nicht, dass dem Vorliegen der Genehmigung gleichzusetzen ist, wenn eine Unterrichtsbzw. schulaufsichtliche Genehmigung für den betreffenden Zeitraum materiell-rechtlich hätte erteilt werden müssen bzw. wenn dies ggf. im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage festgestellt wird. Damit würde auch die nachträgliche Feststellung, dass die schulaufsichtliche Genehmigung hätte erteilt werden müssen, vorliegend der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn Art. 18 Abs. 1 Satz 5 BaySchFG stellt nach dem Wortlaut erkennbar auf das Vorliegen der schulaufsichtlichen Genehmigung ab. Insofern soll der Schulträger gehalten werden, Lehrkräfte erst und nur dann einzusetzen, wenn für sie – zumindest im laufenden Schul- bzw. Haushaltsjahr – die schulaufsichtliche Genehmigung erteilt ist und so gleichsam einerseits deren Geeignetheit und andererseits auch deren „Unbedenklichkeit“ durch die unabhängige Stelle der Schulaufsicht bescheinigt ist. Denn nur dann ist sichergestellt, dass die Lehrkräfte über die fachliche und pädagogische Ausbildung und über die persönliche Eignung als Lehrkraft verfügen. Solange eine Lehrkraft ohne schulaufsichtliche Genehmigung eingesetzt wird, sind diese Kriterien nicht hinreichend sichergestellt. Es ist nicht erkennbar, weshalb Lehrkräfte bezuschusst werden sollen, obwohl ihre Eignung für den Unterrichtsbetrieb in persönlicher und fachlicher Hinsicht nicht hinreichend gesichert ist oder bei denen zumindest unklar ist, ob diese Voraussetzungen erfüllt werden können. Der Träger einer Schule verhält sich nicht rechtskonform, wenn er Lehrkräfte einsetzt, ohne die erforderliche schulaufsichtliche Genehmigung bzw. Unterrichtsgenehmigung vor deren Einsatzerhalten zu haben. Derartiges Verhalten unter Verstoß gegen einschlägiges Recht soll aber gerade nicht in finanzieller Hinsicht noch gefördert werden. Vielmehr soll der Träger der Schule angehalten werden, sich rechtzeitig um die entsprechende schulaufsichtliche Unterrichtsgenehmigung zu kümmern und ggf. vom nicht genehmigten Einsatz von Lehrkräften abzusehen.
Art. 94 Abs. 1 Satz 3 BayEUG schreibt vor, dass die persönliche Eignung insbesondere dann nicht vorliegt, wenn die Lehrkraft rechtskräftig wegen einer Straftat nach bestimmten Paragraphen des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Damit einhergehend muss der Beklagtenseite für die Erteilung der Unterrichtsgenehmigung auch ermöglicht werden zu prüfen, ob eine Verurteilung wegen der dort genannten Straftaten bei der Lehrkraft erfolgt ist oder nicht. Die sachliche Grundlage zur Beurteilung von Art. 94 Abs. 1 Satz 3 BayEUG wurde seitens des Klägers nach Aktenlage aus Sicht der Beklagtenseite nicht geschaffen, wobei hier unentschieden bleiben kann, ob vorliegend die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses betreffend Herrn R … durch den Beklagten verlangt werden konnte. Es kann auch dahinstehen, ob die Voraussetzungen von § 30a BZRG für die Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses vorlagen, mithin ob Herr R … im Rahmen des Rechtskundeunterrichts mit Minderjährigen Kontakt hatte.
Es handelt sich um eine Obliegenheit der Klägerseite, den Antrag spruchreif zu machen, so dass der Beklagte hierüber entscheiden kann.
Der Beklagte muss sich hierbei jedenfalls nicht auf das sog. „Regensburger Modell“ einlassen, insbesondere nicht darauf, dass der Träger der Schule selbst die persönliche Eignung der Lehrkraft statt der Genehmigungsbehörde bestätigt. Wenn der Kläger selbst für seine Lehrkräfte Unbedenklichkeitsbescheinigungen erstellen kann, und andererseits im Hinblick auf die Bezuschussung eigene Interesse verfolgt, wird dem Beklagten die Möglichkeit einer unabhängigen Prüfung der persönlichen Eignung einer Lehrkraft quasi entzogen. Gemäß Art. 94 Abs. 1 Satz 2 BayEUG ist der Beklagte gehalten, die persönliche Eignung einer Lehrkraft zu prüfen. Sollte der Kläger seiner Obliegenheit zur Vorlage der für die Genehmigung des Antrags erforderlichen Unterlagen nicht nachkommen, kann dies zu seinen Lasten gehen. Sollte er wie vorliegend der Auffassung sein, der Vorlagepflicht hinreichend nachgekommen zu sein, so dass der Beklagte nicht oder nicht rechtzeitig über seinen Antrag entschieden hat, hätte es an ihm gelegen, bezüglich der beantragten schulaufsichtlichen Genehmigung entsprechende rechtliche Schritte zu unternehmen.
Dass vorliegend der Antrag des Klägers auf Erteilung der Unterrichtsgenehmigung für Herrn R … spruchreif war, ergibt sich aus den Akten unter Einbeziehung obiger Ausführungen unabhängig von der Frage des Erfordernisses der Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nicht, da nicht erkennbar ist, dass der Beklagte hinreichend in die Lage versetzt war, die Voraussetzungen von Art. 94 Abs. 1 Satz 3 BayEUG zu prüfen, zumal den Akten nicht einmal die Vorlage eines (einfachen) Führungszeugnisses zu entnehmen ist.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz oder Grundsätze von Treu und Glauben berufen. Bereits aus der Bezuschussung für das Haushaltsjahr 2014 (Bescheid v. 12.11.2014 mit Anlage „Prüfungs- und Feststellungsvermerk“, Anlage 2 zum Schreiben des Beklagten vom 30.6.2016) muss ihm bekannt gewesen sein, dass die mangelnde schulaufsichtliche Genehmigung förderschädlich ist. Denn auch die Lehrkraft E … wurde bei der Bezuschussung mangels schulaufsichtlicher Genehmigung nicht berücksichtigt. Darüber hinaus muss dem Kläger schon seit dem Schreiben vom 2. Februar 2012 (Anlage 1 zum Schreiben des Beklagten vom 30.6.2016) bekannt gewesen sein, dass für Unterrichtsstunden von Lehrkräften, für die keine schulaufsichtliche Genehmigung vorliegt, kein Betriebszuschuss erteilt wird.
Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich nicht.
Nach alldem ist die Klage mit der Kostenfolge von § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.