Arbeitsrecht

Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Aktenzeichen  WXV 3/17 Lw

Datum:
1.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AnwBl – 2018, 492
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 17 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Nr. 2
LwVG § 9

 

Leitsatz

1. Fehlendes Verschulden durch falsche Rechtsmittelbelehrung wird vermutet, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar ist. Offenkundig fehlerhaft ist eine Rechtsmittelbelehrung, wenn sie – ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (Anschluss an BGH BeckRS 2017, 133492). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung, wonach in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Rechtsmittelfrist von einem Monat gilt, ist grundsätzlich nicht offenkundig fehlerhaft, weil es sich um die Regelfrist in der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Auch ein Fachanwalt darf sich grundsätzlich auf eine Rechtsmittelbelehrung verlassen, zumal von einem spezialisierten Spruchkörper. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Den Antragstellern zu 1) und 2) wird Wiedereinsetzung in die Frist des § 63 Abs, 2 Nr. 2 FamFG gewährt.

Gründe

1. Die Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ist nicht eingehalten worden. Danach ist die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen einen Beschluss richtet, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat. Das ist hier der Fall; Gegenstand des Verfahrens ist die von den Antragstellern erstrebte Genehmigung des Kaufvertrages vom 30.12.2015. Die per Fax am 27.04.2017 eingegangene Beschwerde gegen den am 10.04.2017 zugestellten Beschluss ist deshalb erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen.
2. Den Beschwerdeführern ist auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert waren, § 9 LwVG, §§ 17, 18 FamFG).
a) Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Hier ist im angefochtenen Beschluss die Rechtsmittelfrist falsch mit einem Monat angegeben. Diese Vermutung ist nicht deshalb widerlegt, weil die Beschwerdeführer anwaltlich vertreten sind. Auch ein anwaltlich vertretener Beteiligter darf sich im Grundsatz auf die Richtigkeit einer Belehrung durch das Gericht verlassen. Durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung:wird ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der zur Wiedereinsetzung berechtigt, wenn die Belehrung einen unvermeidbaren oder zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum auf Seiten des Beteiligten hervorruft und die Fristversäumnis darauf beruht. Ein vermeidbarer Rechtsirrtum ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschuldbar, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar ist. Offenkundig fehlerhaft ist eine Rechtsmittelbelehrung, wenn sie – ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte; unter diesen Voraussetzungen ist die Vermutung des fehlenden Verschuldens widerlegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18.10.2017 – LwZB 1/17-NJW 2018, 165/166 Rn. 7 zu § 233 ZPO).
(2) Nach diesem Maßstab ist die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss nicht offenkundig fehlerhaft, denn die dort angegebene Frist von einem Monat entspricht der in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Regelfrist (vgl. OLG Frankfurt, Beschuss vom 23.05.2016 – 20 WLw 5/15 – juris Rn. 19; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.12.2011 – 10 W 11/11 -, RdL 2012, 101/102). Entgegen der Auffassung der weiteren Beteiligten zu 2) führt der Umstand, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer Fachanwalt für Agrarrecht ist, zu keiner anderen Beurteilung. Auch ein auf ein Rechtsgebiet spezialisierter Anwalt darf sich grundsätzlich auf eine vom Gericht – zumal von einem auf ein Rechtsgebiet spezialisierten Spruchkörper – erteilte Rechtsbehelfsbelehrung:verlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.09.2017 – V ZB 109/16 – NJW 2018, 164/165 Rn. 15 zu Wohnungseigentumssachen; Beschluss vom 23.09.1993 – LwZR 10/92 – NJW 1993, 3206 zur unrichtigen Belehrung durch einen Fachsenat).

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