Aktenzeichen 15-7876827-07-N
ZPO ZPO § 117
Leitsatz
Bei gleichzeitiger Einreichung von Prozesskostenhilfeantrag und Klage (hier Mahnantrag) wird neben dem Prozesskostenhilfeverfahren auch der Rechtsstreit (hier Mahnverfahren) als solcher anhängig. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall, dass der Antragsteller deutlich und unmissverständlich klarstellt, dass er einen Antrag nur bedingt für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen will (ebenso OLG Zweibrücken BeckRS 2000, 30125500). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die sofortige Erinnerung des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 21.11.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten der Erinnerung.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine vom Amtsgericht – Zentralen Mahngericht -Coburg in Rechnung gestellte Verfahrensgebühr.
Am 18.12.2015 beantragte der Antragsteller den Erlass eines Mahnbescheids gegen den Antragsgegner wegen einer Forderung aus Insolvenzanfechtung in Höhe von 425,00 €. Gleichzeitig beantragte er für das Mahnverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 05.02.2016 zurückgewiesen. Daraufhin nahm der Antragsteller am 02.09.2016 die Anträge auf Erlass eines Mahnbescheids und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück.
Am 06.05.2016 stellte die Landesjustizkasse Bamberg dem Antragsteller für das Mahnverfahren 32, 00 € in Rechnung (Kassenzeichen KSB: 616161491903). Gegen diesen Kostenansatz legte der Antragsteller am 16.08.2016 Erinnerung ein. Er trug im Wesentlichen vor, keine Kosten zahlen zu müssen, da er den Mahnantrag nur in Abhängigkeit des erfolgreichen Prozesskostenhilfeantrages gestellt habe. Im Übrigen sei aufgrund des zu keinem Zeitpunkt eingeleiteten Mahnverfahrens eine Kostenpflicht nicht ausgelöst worden.
Nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Coburg wies die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 21.11.2016 die Erinnerung zurück. Gegen diese ihm am 25.11.2016 (oder 06.12.2016) zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller über seine Prozessbevollmächtigten am 06.12.2016 sofortige Beschwerde eingelegt. Neben der Wiederholung seines bisherigen Vortrages hat er ausgeführt, die eigene Sachbehandlung des Zentralen Mahngerichts zeige, dass von einem bedingt gestellten Mahnantrag auszugehen sei. Das Gericht habe nämlich nur den Prozesskostenhilfeantrag behandelt. Über den Mahnantrag habe es zu keinem Zeitpunkt entschieden. Außerdem würde die Sachbehandlung des Gerichts dazu führen, dass das Mahnverfahren für unbemittelte Personen zur Verjährungshemmung entgegen dem gesetzgeberischen Willen nicht (mehr) zur Verfügung stünde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 06.12.2016 verwiesen.
Die Rechtspflegerin hat die sofortige Beschwerde als sofortige Erinnerung behandelt und ihr mit Beschluss vom 08.12.2016 nicht abgeholfen und dem Erinnerungsrichter vorgelegt.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die sofortige Erinnerung des Antragstellers ist gem. § 66 Abs. 2 GKG, § 11 Abs. 2 Sätze 1, 7 RPflG, § 569 Abs. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob der angegriffene Beschluss dem Antragsteller am 25.11.2016 oder am 06.12.2016 zugestellt worden ist. In beiden Fällen wäre die Erinnerungsfrist gewahrt.
Nachdem eine Beschwerde gegen die Erinnerung gegen den Kostenansatz nur statthaft ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € übersteigt (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG) und dies vorliegend nicht der Fall ist, kommt hier nur die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG in Betracht (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 66 GKG Rdnr. 37).
In der Sache ist die sofortige Erinnerung jedoch unbegründet.
Die Rechtspflegerin hat die Erinnerung gegen den Kostenansatz zu Recht zurückgewiesen. Die Staatskasse hat gegen den Antragsteller zutreffend im gegenständlichen Mahnverfahren die nach § 6 Abs. 1GKG i. V. m. Nr. 1100 Kostenverzeichnis zum GKG angefallene 0,5 – Gebühr aus dem Streitwert von 425,00 € (32,00 €) angesetzt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die ausführlichen, erschöpfenden und zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung der Rechtspflegerin vom 21.11.2016 und auf den Nichtabhilfebeschluss vom 08.12.2016 Bezug genommen.
Der Antragsteller hat den Erlass des Mahnbescheids nicht von der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe abhängig gemacht.
Bei gleichzeitiger Einreichung von Prozesskostenhilfeantrag und Klage (hier: Mahnantrag) wird neben dem Prozesskostenhilfeverfahren auch der Rechtsstreit (hier: Mahnverfahren) als solcher anhängig (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., § 117 Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen).
Eine Ausnahme besteht nach herrschender Rechtsprechung nur für den Fall, dass der Antragsteller deutlich und unmissverständlich (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1653 klarstellt, dass er einen Antrag nur bedingt für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen will (vgl. z. B. OLG Köln MDR 2006, 112; OLG Brandenburg MDR 2007, 1262; BGH, FamRZ 2007, 1726; Münchener Kommentar/Wache, 5. Auflage 2016, § 117 ZPO Rdnr. 9; Beck’scher OnlineKommentar ZPO, Vorwerk/Wolf, 22. Edition, § 117 ZPO Rdnr. 17; Zöller, a. a. O.; Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, § 117 ZPO Rdnr. 5; jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
Die Klarstellung, dass keine Anhängigkeit des Rechtsstreits bewirkt werden soll, kann etwa dadurch geschehen, dass die Klageschrift (oder Antragsschrift) als „Entwurf” oder als „beabsichtigte Klage” bezeichnet oder dass die Klageschrift nicht unterschrieben wird. Die Klarstellung kann auch durch die Erklärung erreicht werden, über die Prozesskostenhilfe solle „vorab” entschieden werden oder ihre Erhebung erfolge nur „unter dem Vorbehalt” der Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder die Klage (oder Mahnantrag) werde unter der „Bedingung” der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben (Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Vorwerk/Wolf, 22. Edition, zu § 117 ZPO Rdnr. 17, 17.1, mit zahlreichen Nachweisen; Zöller, a. a. O. mit zahlreichen Nachweisen).
Im Zweifel ist allerdings davon auszugehen, dass das Klage- (bzw. Antrags-) verfahren anhängig wird (Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, § 117 ZPO Rdnr. 5 m. w. N.).
Vorliegend wurde der Mahnantrag unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Der Antragsteller ersuchte gleichzeitig mit Einreichung des Mahnantrags um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ohne auf irgendeine Weise auf eine Bedingtheit hinzuweisen. Seine Prozesshandlung war eindeutig und keiner Auslegung zugänglich. Das Gericht kann, gegebenenfalls nach einem Hinweis nach § 139 ZPO, anhand des Vorbringens und der Anträge eine Prozesshandlung auslegen, wenn sich nicht zweifelsfrei erkennen lässt, was gewollt war. Eine Umformung des eindeutig verlautbarten Willens ist nicht zulässig, nur die Ermittlung des nicht eindeutig geäußerten Willens. Der Antragsteller hat allerdings sein prozessuales Begehren eindeutig geäußert. Ein Hinweis auf die Vorläufigkeit des gleichzeitig eingereichten Mahnantrages beispielsweise in der Antragsschrift zur begehrten Prozesskostenhilfe findet sich an keiner Stelle. Eine solche Klarstellung liegt nicht schon darin, dass dem Sachantrag (hier Mahnantrag) ein Prozesskostenhilfeantrag vorangestellt worden ist, aber in dem Antrag jeder Hinweis darauf fehlt, dass die Erhebung des Mahnverfahrens nur erfolgen soll, wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird (OLG Köln FamRZ 1997, 375 zum Klageverfahren).
Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ist auch nicht entscheidend, dass das Amtsgericht – Zentrale Mahngericht – Coburg zunächst das Prozesskostenhilfeverfahren bearbeitet hat. Die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1100 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG wird nach § 6 Abs. 1 GKG mit der Einreichung des Mahnbescheidsantrages, nicht aber erst mit der Zustellung an die gegnerische Partei, fällig. Antragschrift im vorgenannten Sinn ist jedes Schriftstück, in dem die Absicht des Erlasses eines Mahnbescheids zum Ausdruck kommt. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 GKG entsteht die Verfahrensgebühr mithin in dem Moment, in dem ein Schriftstück im vorgenannten Sinn bei Gericht postalisch oder per Fax eingeht. § 6 GKG setzt keine weitere Bearbeitung des Schriftstücks durch das Gericht voraus. Dem Wortlaut nach differenziert § 6 GKG auch nicht danach, ob die Klageschrift (hier Mahnantrag) aus prozessualen Gründen wirksam oder unwirksam ist (vgl. auch OLG Celle BeckRS 2009, 03100).
Die Erinnerung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung über die Erinnerung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; allerdings entstehen für das Erinnerungsverfahren keine Gerichtsgebühren (§ 11 Abs. 4 RPflG).