Arbeitsrecht

Gutachterkosten für Bewertung von Miteigentumsanteil

Aktenzeichen  M 10 K 16.3161

Datum:
6.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 117947
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 199 Abs. 2
KG Art. 6, Art. 21 Abs. 1
BayGaV § 15 Abs. 1 S. 4, Abs. 2

 

Leitsatz

Für die Gebührenbemessung nach § 15 Abs. 1, Abs. 2 BayGaV ist im Fall der Begutachtung eines Miteigentumsanteils nicht auf den Wert des gesamten Begutachtungsobjekts, sondern auf den Wert des Miteigentumsanteils abzustellen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2015 wird insoweit aufgehoben, als er einen höheren Betrag als 3.694,95 EUR festsetzt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Der Bescheid ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Gebührenbescheid beruht auf § 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Gutachterausschüsse, die Kaufpreissammlungen und die Bodenrichtwerte nach dem Baugesetzbuch vom 5. April 2005, zuletzt geändert am 30. September 2014 (Gutachterausschussverordnung – BayGaV). Die Verordnung beruht wiederum auf § 199 Abs. 2 BauGB und Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz (KG). Gründe für die Unwirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2. Die Satzung wurde im Einzelfall fehlerhaft angewendet. Die Beklagte hat als ermittelten Wert den gesamten Wert der beiden Einheiten Nr. 3 und Nr. 4 herangezogen. Maßgeblich war jedoch der Wert der klägerischen Miteigentumsanteile.
a. Nach § 15 Abs. 1 Satz 4 BayGaV kommt es für die Bemessung der Gebühr auf den ermittelten Wert an. In der Norm und auch in den weiteren Normen der Verordnung ist der Begriff des „ermittelten Werts“ nicht näher bestimmt, so dass er der Auslegung bedarf. Denn in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen ein Miteigentumsanteil zu begutachten ist, lässt der Begriff „ermittelter Wert“ sowohl zu, den Wert des Miteigentumsanteils als auch den Wert des gesamten Begutachtungsobjekts zu Grunde zu legen. Die erstgenannte Interpretation liegt nach dem Wortlaut näher, da der Begriff „ermittelt“ weniger auf einen Zwischenschritt als auf das Endergebnis der Begutachtung verweist.
Auch nach teleologischer Auslegung knüpft § 15 Abs. 1 und 2 BayGaV für die Gebührenberechnung an den Wert des Miteigentumsanteils an. Zwar ist die Gutachterausschussverordnung auch auf § 199 Abs. 2 BauGB gestützt und hat inhaltlich einen baurechtlichen Hintergrund. Der Beklagtenseite ist demnach zuzugestehen, dass der Verordnung der baurechtliche Bezugspunkt des Gebäudes bzw. der Nutzungseinheit naheliegt. Jedoch ist die Gutachterausschussverordnung auch auf Art. 21 KG gestützt und § 15 BayGaV ist Teil des Gebührenrechts. Auch hier gelten somit die in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG niedergelegten Grundgedanken der Bemessung einer Gebühr. Zu berücksichtigen für die Gebührenberechnung sind danach der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten. Nachdem § 15 Abs. 2 BayGaV eine Staffelung nach dem Wert vornimmt und damit nicht auf den Aufwand der konkreten Begutachtung abstellt (dazu § 15 Abs. 3 BayGaV), verbleibt als maßgebliches Kriterium die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten. Im vorliegenden Fall bemisst sich die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger nach seinen Miteigentumsanteilen, nicht nach dem Gesamtwert der beiden Nutzungseinheiten.
Die von der Beklagten angeführte Missbrauchsgefahr bei der vom Gericht gefundenen Auslegung besteht insofern, als ein Miteigentümer durch Begutachtung seines Miteigentumsanteils den Gesamtwert der Immobilie günstiger begutachten lassen kann als die Miteigentümergemeinschaft gemeinsam oder jeder Miteigentümer für seinen Anteil, obwohl für den Gutachterausschuss derselbe Aufwand anfällt. Jedoch verzichtet § 15 Abs. 2 BayGaV gerade darauf, den Aufwand als Maßstab heranzuziehen; er findet nur über § 15 Abs. 3 BayGaV Eingang in die Gebührenbemessung. Auch ist zu bedenken, dass die Begutachtung häufig für Banken oder evt. Immobilienkäufer erfolgt, die sich mit der Begutachtung eines Miteigentumsanteils und dem Zwischenschritt der Objektbewertung möglicherweise nicht zufriedengeben. Seltener werden Miteigentümer aus allgemeinem Interesse den Wert ihrer Immobilie feststellen wollen. Zudem sind umgekehrt ebenso Fälle denkbar, in denen die Miteigentümer untereinander kein gutes Verhältnis haben und ein Miteigentümer dem anderen das Gutachten nicht zur Verfügung stellen wird oder dieser am Inhalt des Gutachtens kein Interesse hat, z.B. weil ein Miteigentümer im Streit seinen Anteil verkauft. Dass ein solcher Miteigentümer über seine Gebühr auch für den Vorteil des anderen Miteigentümers, den Wert seines Anteils errechnen zu können, Gebühren zahlen soll, erscheint nicht interessengerecht.
Somit ist für die Gebührenbemessung nach § 15 Abs. 1, 2 BayGaV im Fall der Begutachtung eines Miteigentumsanteils auf den Wert des Miteigentumsanteils abzustellen.
b. Gegenstand des Gutachtens waren unstreitig nur die Miteigentumsanteile des Klägers. Das geht sowohl aus seinem Antrag hervor, den er in seiner Eigenschaft als Miteigentümer gestellt hat, als auch aus dem Gutachten selbst, welches in Überschrift und Ergebnis auf die Miteigentumsanteile abstellt.
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
4. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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